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Ueber Entzündung und Eiterung

Ueber Entzündung und Eiterung Archiv fiir Physloloa;ie pathologlsehe Anatomic und und f[ir klMsehe Medidn. Bd. XL. (Dritte Folge Bd. X.) Hft. l u. 2. I* Ueber Entznndung und Eiterung. Yon Dr. J. Cohnheim, Assistenten am patl~ologischen lnstitut in Berlin, Wenn man einen Faden quer durch den Balbus eines l'tderes zieht, so entsteht in kUrzerer oder l~ingerer Zeit, beim Kaninchen z. B. schon in circa 24 Stunden, bei Winterfri~schen in 4--6, bei Frtlhlings- oder SommerfrGschen in circa 2--3 Tagen, in der Hornhaut eine Anfangs ganz leichte und matte F~h'bung, die sich allm~hlich his zur v~illigen Opacit~it steigert; weiterhin nimmt die Cornea eine v@ig milchweisse oder mehr grau- oder gelblich- weisse Farbe an, w~ihrend sic gleicbzcitig in ihrer Substanz dicker, abet gewGhnlich auch wcicher wird. Ganz Aehnliches geschieht, in mehr oder weniger heftigcm Grade, wean man die Hornhaut selber mit Cantharidentinctur bestreicbt, oder sic an einer Stelle energisch mit dem Lapisstift bertihrt oder durcb sic selber hindurch einen Faden zieht: immer entwickelt sich eine Triibung, die in den beiden letzten F~illen ihre grGsste St~irkc an dem Orte der Applica- tion, rings um den Aetzschorf, resp. den Faden erreieht. Alles diess ist l~ingst bekannt und der ganze Vorgang seit Jahrhunderten yon den Aerzten, auch beim Mettscben, als traumatische Hornhaut- entzttndung ausreichend gewUrdigt. Wohl nicht wcniger gel~infig ist aber heutzutage Jcdermann, seit den .bekant, ten Arbeiten yon Arohiv L pathol. Anat. Bd. XL. Hft. 1 u. 2. 1 His und Strube, deren Ergebnisse in der Folge yon zahlreichen Untersuehern bestlitigt u~td eigentlicb yon Niemandem in eingehen- der und sachgemiisser Weise bestr~tten worden sind, die Auffas- sung des feineren, mikroskopisehen Vorganges, wonaeh die stern- f~irmigen Hornhautkiirperehen bei der Entziindung zunltehst an Cr~isse zunehmen, anschwelien und weiterhin aus sich heraus, sei es durch direete Theilung der Kerne und der Zellsubstanz selber, sei es dureh endogene Ent~iekelung im Innern tier verg~i~sserten Zellen junge Elemente, Eiterkrperehen erzeugen. So allgemein aber aueh diese Darstelhmg aceeptivt ist und in so plaosibler und einfacher Weise dureh sic der ganze Prozess seheint erkllirt werden zu kSnnen, so sehe ich reich doeh in Folge neuerer Untersuehun- gen genSthigt, derselben ,nut eine theilweise Gtiltigkeit zuzu- sehreiben. Denn allerdings lehrt der erste Bliek in's Mikroskop, class die Triibung tier entzilndeten Cornea bedingt ist dutch ,lie An- wesenheit yon farblosen, ein- oder mehrkernigen, lymphkSrperartigen Elementen, oder, um uns des bequemeren Ausdruckes zu bedienen, EiterkGrpereheu und ebenso leieht istes sieh davon zu tlberzeugen, class der Grad der Triibuug lediglieh abh~ingt yon der Menge tier im Hornhautgewebe befintlliehen Eiterki~rperehen; indess zeigt eine genauere Untersuchung bald, dass diese Eiterki~rperehen nicht die einzigen zelligen Elemente sind, die bei tier Keratitis sieh vor- fiuden. Vielmehr sieht man in der entz(indeten Hornhaut des Frosehes, wenn man sie friseh yore eben getiidteten Thie,'e abtr~gt und sie in reinem Humor aqueus oder ebensogut in ktinstlichem S c h u I t z e'schen Jodserum *) unters Mikroskop bringt, hiiufig sogleich, jedenfalls abet nact~ einem ein- bis zweistilndigen Aufenthalt der- selben in Jodserum, sehon bei einer Lineavergr~sserung yon 180 (Hartnack S. 5), besser nattirlich von 400--450 (Hartnack S. 8), zwiseheu und ausser den EiterkSrperehen tiberall noeh die bekannten, mattgllinzenden, sternf~rmigen Hornhautl~iirperchen, genau in der regelmiissigen Vertheilung und ohne jede erheblichere hbweiehung yon tier Form oder dem Habitus, welehen dieselben in der normalen, durchsicbtigen Cornea haben. Die tibersichtliehsten und am wenigsten zu missdeutenden Blider erh~ilt man yon der- ") Oieses hrchiv Bd. XXX. S. 263. jenigen Keratitis, welehe als Theilprozess der traumatisehen Pan- ophthal[nitis, naeh der Durchziehung des Fadens durch dell Bulbus, sich entwickelt, well ja in diesem Falle die Hornhaut selbst durch alas Trauma ganz unbesch~idigt war. W~ihlt [nan jetzt einen Zeit- punkt, wo die Trtibung noch als eine [nattgrauliche sich kundgibt, wo dem entsprechend die Menge der Eiterktirperchen noch nicht eine tibergrosse ist und breitet alsdann die frisch herausgeschnittene Cornea der Fl~iehe nach eben auf dem Object$1ase aus, was be- kanntlich dutch einen oder ein Paar Einschnitte ohne Miihe er- reicht werden kann, so wird [nan tiber das, was ich soeben her- vorgehoben, keinen Augenblick in Zweifel bleiben. Gleichgfiltig, ob die hintere oder vordere Fl~iche der Hornhaut dem Tubus zu- gewendet ist, im[ner fallen, sobald [nan bei der Einstellung das Epithel passirt hat, zun~ichst ver[niJge ihres st~irkeren Glanzes die l~iterktirperchen auf. Nur sehr wenige von diesen sind verh~ilt- nissm~issig rund, kuglig, die sehr grosse Mehrzahl dagegen haben, so lange das ganze Gewebe noch nicht abgestorben ist, andere For[nen. Viele sieht man in Spindelgestalt, viele andere mehr keulenfiirmig, viele [nit ktirzeren oder l~ingeren, vielgestaltigen Fort- s~tzen, kurz alle die mannigfachen, oft so bizarren Formen, welche die lebenden Eiterktirpchen ver[ntige ihrer Contractilit~it annehmen, undes bedarf hiernach kaum einer besonderen Erw~ihnung, dass [nan ohue jede Mtihe unter den Augen die Gestaltver~inderungen an den einzelnen Zellen vor sich gehen sieht. Dabei ist das Ver- halten der Kerne ein sehr verschiedena.rtiges. An den bei Weitem meisten KiJrperchen nimmt man i[n trischen Zustande yon den Kernen garnichts wahr, da dieselben yon dem gl~inzenden Proto- plasma vi/llig verdeckt werden; diejenigen aber, deren KiJrper stark ausgebreitet ist und welche desshalb auch weniger gl~inzen, und das sind gerade gewi~hnlieh die spindelfi~r[nigen, lassen ohne Mtlhe in ihrem Inneren die Kerne erkennen, oft nur einen, ebenso oft aber auch zwei, drei und selbst uoch mehr. Zwischen den so beschaffenen Eiterktirpercheu taachten dann frtiher oder sp~iter, wie gesagt, die sternfih.migen Hornhautktirperchen auf, i[n[ner selbst- versttindlich als solche [nit roller Sicherheit erkennbar und yon jenen zu unterscheiden ver[niige ihrer viel erheblicheren Griisse, ihres viel geringeren, [natteren Glanzes und der so charakteristisehen Ausl~iufer, die wohl an den meisten Ktirperchen zahlreicher und 1" l~nger, Uberall aber viel steifer und starrer, viel ausgesprocheuer gradlinig contourirt sind, als die urn vieles weicheren und bieg- sameren, ganz unregelm~issig gestalteten Forts~tze, welche die Eiter- zellen ausscbieben. Wie bereits oben hervorgehoben, liegen die sternfiirmigen Hornhautkih'perchen in der normalen Vertheilung; dem gegeniiber ist die Lagerung der Eiterk~rperehen eine durch- aus unregelm~ssige, viele liegen in derselben Ebene mit jenen, zwichen ihnen zerstreut bei gleicher Focaleinstellung siehtbar, an- dere dagegen befinden sieil in der Sehicht zwischen den aufeinan- der folgenden parallelen Lagen von sternfSrmigen Hornhautk~rper- chen und k~nnen daher erst wahrgenommen werden miltelst geringer Hebung oder Senkung des Tubus, eine Anzahl endlich sieht man genau auf oder tiber einem sternfDrmigen KDrperehen, das dann durch die Eiterzelle zum Tlaeil verdeckt wird. Weiterhin liegen sehr viele von den Eiterk~rperchen vereinzelt, bier und da zerstreu't im Gewebe, viele dagegen sind zu kleineren oder gr~sseren, dicht- stehenden Gruppen vereinigt und es begreift sich leicht, dass yon solchen Gruppen ein oder selbst mehrere benachbarte sternf~rmige Hornhautk~rperehen ganz verlegt und dadureh der Wahrnehmung entzogen sein k~nnen. Was aber das Bemerkenswertheste ist fur die Beurtheilung der gegenseitigen Lagerung beider Arten von zelligen Elementen in der entz~ndeten Hornhaul, das ist der Um- stand, dass die Vertheilung der Eiterk~rperehen keine constante, sich gleichbleibende ist. Vielmehr zeigt sich hier genau dasselbe, was uns Recklinghaus en in seinem bekannten Aufsatze tiber Eiter- und Bindegewebsk~rperchen ~) von den in der normalen Cornea vorhandeneu Iymphki~rperartigen Elementen gelehrt hat, die Ki~r- perchen ver~ndern verm~ge ihrer Contractilit~it ihren Ort, sie wan- dern. So kann man unter seinen Augen, im Laufe mehrerer Stunden, ein Eiterki~rperchen langsam vorw~rts riicken sehen, auf ein stern- fi)rmiges Ki~rperchen hinauf oder von demselben hinweg u. dgl., man kann ferner eine kleine Gruppe sich anti,sen sehen, so dass ein bisher verdecktes Hornhautk~rperchen allm~ihlieh in voller Klar- heir sich pr~sentirt und andererseits beobaehtet man, wie mehrere Anfangs vereinzelt gelegene Eiterzellen zu einer Gruppe successive zusammentreten und so ein bisher deutliches, sternf'6rmiges Ele- *) Dieses Arehiv Bd. XXXVIII. S. 157. ment dem Auge des Untersuchers entziehen. Ja, dieses Vermtigen der Locomotion, der Wanderung, halte ieh filr ein so hervorstechen- des Kriterium im Vergleich mit den sternftirmigen HornhautkSrper- chert, die niemals ihren Platz ver~indern, dasses mir zweckmltssig erscheint, im weiteren Laufe dieser Darstellung die letzteren mit dem bequemen und kurzen Ausdrucke der ,,fixen" zu bezeichnen. Der bereits mehl'fach erw~ihnte Umstand aber, dass mehrere dicht bei einander liegende Eiterkiirperchen die Wahrnehmung eines fixen KiJrperchens vollst~tndig unmiJglich maehen kiJnnen, ist der Grund, wesshalb bei einer schr vorgeschrittenen Keratitis, wenn die Hornhaut verdickt, ganz trtlbe, weisslich oder gelblich- weiss aussieht, es so viel schwieriger h~tlt, sich fiber die histo- logischen Verh~iltnisse zu orientiren. Wenigstens bei der Unter- suchung im frischen Zustande; denn bier ist die Menge der Eiter- ktirperehen so gross, sie bilden vielfach so dichte Haufen, dass es in keiner Weise gelingt, an diesen Stellen ausser jenen noch irgend etwas zu erkennen. Das ~indert sieh allerdings schon durch das Absterben; untersucht man eine solche Cornea ca. 24 Stunden, naehdem man sic vom Frosche herausgesehnitten, so haben die EiterkSrperehen sehr an Lichtbrechungsverm~igen eingebUsst, sie sind viel blasser und man kann dann gewi~hnlicti mit mebr oder weniger l)eutlichkeit die mittlerweile viel seblirfer hervorgetretenen fixen KSrperchen zwisehen ihnen wahrnehmen, yon denen ganz besonders die grossen Kerne sehr markirt geworden sin& Indess eignet sieh solch ein Bild doeb sehr wenig fur die eingehende Prfifung; denn frtlher oder sp~iter entwickelen sich ktirnige Trtl- bungen in den zelligen Elementen, die Auslliufer der fixen Ktlr- perehen werden bald verwasehen und undeutlich, endlieh kommt es zu Vibrionenbildung im Gewebe und damit b~rt natUrlieb alles reinliehe, fehlerfreie Untersuehen auf. Unter diesen Umstiinden halte ich es ftir einen wesentliehen Vortheil, ein Reagens zu be- sitzen, welches'es m~glieh maeht, an allen entziindeten Itornhiiuten, in welchem Stadium auch immer, die Verh~iltnisse in bequemer und zuverl~issiger Weise zu studiren, n~tmlich das Goldehlorid. Wendet man dasselbe in der yon mir in einem frtlheren Aufsatze*) vorgeschlagenen Weise (in 89 L6sung, der ein wenig *) Dieses hrchiv Bd. XXXVIII. S. 343. diluirter Essigs~iure zugesetzt ist) bei der Hornhaut an, so f'arben sich, wie ieh diess ebendaselbst bereits beschrieben habe, ausser den Nerven noch die zelligen Elemente roth, blau oder violett, mit dar Reductionsfarbe des Goldes, w~hrend dagegen die Intercellularsubstanz vollstltndig ungef~irbt bleibt und desshalb die zelligen Elemente in ungemeiner Sch~irfe hervortreten l~isst. Das gilt in ganz gleicher Weise von den fixen, wie yon den wandernden KSrperchen in tier normalen Hornhaut und dem entsprechend aueh yon den Eiterzellen der Keratitis, nut kann man im Allgemeinen sagen, class die wan- dernden Kiirperehen ein wenig rascher und auch tiefer geflirbt werden, als die fixen. Der Gewinn, tier aus der Untersuchung vergoldeter Hornhiiute resultirt irn Vergleich mit der friseher, liegt mm nicht bloss darin, dass man solche Objecte beliebig lange und daher mit de~ griissten Musse und Genauigkeit durehmustern kann, sondern noch mehr in dem Umstande, dass in ihnen jede, noch so leise Andeutung eines Zellkiirpers oder Ausl~iufers rait unfehl- barer Sicherheit zur Beobachtung koramt, man desshalb auf die Gegenwart yon Elementen auch dort gefiihrt wird, we man bei der Untersuehung im frischen Zustande nut ganz ungenilgende Andeutungen land. Hierzu kommt aber noch ein, wie mir seheint, nicht zu unterschlitzender Vortheil. Dutch die Vergoldung erlangt die Froschcornea eine gewisse Z~ihigkeit und H~irte, die ftlr einmal es schon erlaubt, Flaehschnitte yon ihr anzufertigen, insbesondere aber es sehr leicht maeht, sie mit Hiilfe von Messer und Pincette in eine Anzahl dUnner Lamellen zu zerlegen, deren jede nut die Dicke yon einer oder zwei Lagen fixer Kiirperehen hat. An den so gewonnenen Lamellen lassen sich begreiflicher Weise alle Details [nit der grSssten Leiehtigkeit und Sicherheit erforschen, und jeder Zeit tiberzeugt man sich hier, (lass, so gross auch die Zahl der Eiterkiirperchen an irgend einer Stelle sein mag, doeh die fixen HornhautklJrperehen mitihren Ausliiufern in der gesetzm~issigen Anordnung wohl er- halten sind*) *) Beil~lufig will ich bemerken, dass f/ir diese Verhiiltnisse es keineswegs erfor- derlich ist, die Cornea in so frischem Zustande in die Goldlgsung zu bringen, wie es ffir die Darstellung der feinsten Nerven geschehen muss. leh habe mit sehr gutein Erfolg entz0ndete Hornh~iute vergoldet yon Thieren, die 6 bis 8 Stunden und l~inger vorher gestorben waren~ oder solehe~ die ich zuvor Vermittelst der Goldmethode leidst es nun fsrnsr ksinsrlei Schwisrigkeit, auch an dsr sntzfindeten Hornhaut des Kaninchsns die analogen Vsrh~iltnisse festzustellen. Denn die Untersuchung der frischen Cornea stiisst hier auf vie[ bedeutendere Hindernisse als beim Frosch. Die Eiterkiirperchen allerdings sind auf den ersten Blick ohne Weiteres zu erkennen und man konstatirt auch hier, sofern man ksine Zeit zwischen tier Abtragung der Hornhaut und der Untersuchung verstreichen liisst, dass die Kiirperchen dis allermannigfachsten Formen darbieten. Dagegen die fixen KiJr- perchen sind anfangs garnicht wahrzunehmen und bei l~ingerem Liegen treten bier noch rascher dis Uebelst~inde auf, die oben ffir die Froschhornhaut betont wurden; tibsrdiess ist die Cornea zu dick, um sins exacts Untersuchung in toto zu ermiiglichen und gute Flachschnitte yon der fi'ischen Membran anzufsrtigen, halts ich fiir ein etwas prek~ires Unternehmen. Nichts abet ist bequsmer, als die Herstelhmg derselben yon vergoldeten, in jeder beliebigen Feinheit und nichts einfacher, als die Untersuchung solcher Schnitte. In diesen sieht man nun immer dis fixen Hornhautktirperchsn mit ihrem anastomosirenden Ausl~iufei'system in ganz gleicher Wsise, ob man eins normale, durchsichtige Col;nea, oder eins trfibe, ver- dickte, entziindete untersuche, und der wesentliche Unterschied zwisshen beiden besteht nur darin, dass in der lstzteren zahllose Eiterkiirperchen zwischen oder fiber den fixen Elementen vertheilt sind. Dis Eite,'ki~rperchen liegen auch hier entweder einzeln oder in kleineren oder griisseren Gruppen ; ausserordentlieh hiiufig stiisst man bier auf spindelf~rmige K(irpercben und dann sieht man nieht selten eine Erseheinung, ffir die sich beim Froseh kaum eine Analogie vorfindet, dass nlimlich drei, vier und mehr Eiter- kiirperchen in gerader Linie hintereinander aufgereiht sind. Das ist in der That Alles, was man auf Fl~ichen- und auf Verticalschnittsn in der entzfindeten Co~'nea des Kaninshens beobachten kann. Ich kenne kein anderes histologisehes Verfabren, das bei der Untersuehung der Keratitis mit der Goldmethode, sowie mit der Prfifung im frisehen Zustande, so welt letztere ausf~ihrbar, con- surriren k~innte. Dass die Chroms~iure, sowie das shromsaure stundenlang in frischem Zustande untersucht hatte; freilich~ wie selbstver- st~indlich, gilt auch hier: je frischer, desto besser. Kali nicht fur die Behandlung der Cornea sich eignen, hat schon His bamarkt und alas haben naeh ibm viela Forseher arfahran. Ebensowenig sind Spiritusprltparata zu gebrauehen und aueh dia Behandlung mit Siiuren halta ich ftir unzweckm,~issig, nicht minder die F~irbung mit Carmin; man siebt mit all' diesem Verfahren die Eitark~rperchan mit ihren Kernen vortrefflieh, dagegen warden die fixen Elementa immer mehr oder weniger undautlieh. Das einziga, was ieh noch allenfalls den genannten Methoden an die Saite setzen m~chte, ist die Erh~irtung der Cornea in Holzessig, in dar Weise, wie His in seiner Arbeit*) es angegeben. FUr die gerin- geran Grada der Entziindung erh~lt man auf diese Waisa Bilder, die als brauehbar bezeichnet warden kSnnan, und yon dar Abbil- dung, die His auf Tar. IV. Fig. 4 gibt, kann man nut sagen, dass diaselbe die natilrliehen Verh~iltnisse ziemlich gatreu wiadergibt; man sieht die fixen Hornhautk~rperchen und ausser ihnen spar- same Eiterk~rperchen. Aber an diesem Bride kann man sogleieh aueh das Mangelhafta der Methode konstatiren, as ist dabei nieht m~glieh auszumaehen, ob ein Eiterki~rparchen, das grade an dar Stelle eines fixen Elementes liegt, auf diesem sich befindet oder in demselben, in seiner Substanz, was sich begreiflieher Waise sehr leieht im frisehen Zustande, unsehwer gew~hnlich aueh am Goldpr~parat feststellen l~sst. Vollends abet, wird die Entzt|ndung intensiver, nimmt die Zahl der EiterkSrparchen sehr bedeutend zu, so wird die Holzessigmethode ganz unzul~inglich, man siaht alsdann nut die Haufen yon Eiterki~rperehen, w~ihrend die fixen Elemente sieh ganz dam Blicke enlziehen und wenn ieh naeh dam nrtheilen soil, was ich bei der Vergleiehufig zweier H~ilften einer entztlnda- ten Kaninehenhornhaut, yon darien die aina mit Goldchlorid, dia andere mit Holzessig behandelt war, gesehen haba, so kann ich das letztera Varfahren far dia st~irkeren Grada der Karatitis nur als eine ziamlich gef~ihrliche Quelle tier T~iuschung bazeiebnan. Zu meinem Bedauern habe ich auch mittelst der Reeklinghau- sen'schen Silbermethode, die ich aus naheliegenden Griinden mit basonderer Erwartung in Anwendung zog, bisher kaina bemerkens- werthen Resultate arhalten, wia ich nieht zwaifle, haupts~ich|ieh ~) W. His, Beitr~ge zur normalen und pathologischen Histologte der Cornea. Basel, 1856. S. 2. desshalb, well das Arg. nitricum, wie bekannt, nur ganz ober- fl~ichlich wirkt und nicht in das Gewebe eindringt. Dass ich end- lich nicht erst versucht habe, die ttornhaut behufs der mikrosko- pischen Prtlfung zuvor zu trocknen, das wird der Leser mir auch ohne besondere Versicherung glauben. Wenn ich bei der bisherigen Darstellung, aus dem oben ge- nannten Grunde yon derjcnigen Keratitis ausgegangen bin, welche im Laufe der Panophthalmitis sich entwickelt, so diirfte es nicht tiber- fliissig sein, hier ausdriicklich zu bemerken, dass auch bei jeder anderen Form der traumatischen Keratitis die mikroskopische Untersuchung vollkommen iibereinstimmende Resultate ergibt. Mag man die Hornhaut mit Cantharidentinctur bestreichen, mag man eine beliebigc Stelle del~elLclJ cauterisiren, oder einen Faden durch die Mitte oder einen anderen Punkt derselben ziehen, immer beruht die Trilbung, welehe sieh alsbald im Laufe dessel- ben und der n~iehsten Tage entwiekelt, auf die Anwesenheit mehr oder weniger zahlreieher Eiterkiirperehen, immer aber bleiben zwischen diesen die fixen Hornhautkiirperchen wohlerhalten. Nicht Alles abet', was ich auf den vorstehenden Seiten ausein- andergesetzt babe, ist so neu, als es vielleicht diesem oder jenem der Leser erscheinen miichte. Denn ill dcm bereils oben citirten Aufsatze hat auch Recklinghausen ausdriicklich bemerkt (S. 180), dass ,es sich leicht feststellen liesse, dass die wesentliche Ver- ~inderung bei leichten Graden der Keratitis darin besteht, dass die beweglichen Kiirperchen an Zahl zugenommen haben." Indess R e c k li n g h a u s e n scheint diese Versuche nicht fiber die leichteren Grade der Entzfindung riinaus verlblgt zu haben und fiberdiess wurde er bei denselben grade yon einem anderen Gedanken gelei- tet. Er unternahm die Aetzungen yon Hornh~iuten, um fiber den etwaigen genetischen Zusammonhang der fixen und der wandern- den Ki~rperchen Aufschlfisse zu erhalten. In dcr That fand er in entzfindeten [Iornh~iuten Elemente, denen er in normalen nicht begegnet war, insbesondere grosse, theils spindelfiirmige, theils mehrstrahlige K(irperchen, deren Ausl~iufer sp~irlicher und meist ktirzer waren, als die der normalen fixen, die selbst an einem Pol ganz abgerundet erschienen und nur noch yon dem anderen lange Aeste ausschickten; und er spricht sich, allerdings mit grosser Reserve, ffir die M~iglichkeit aus, dass man in diesen Formen di- 10 reete Ueberg~inge yon dell fixen zu den ~andernden vor sieh habe. Heutzutage indess, wo wir durch die Untersuehungen Ktihne's aueh an den fixen Hornhautktirperehen die spontanen Gestaltver- itnderungen kennen gelernt haben, yon denen ja tlbrigens aueh R e e k li n g h a use n sehon Andeutungen wahrgenommen, heutzutage, sage ieh, werden wir auf Formen, wie die eben besehriebene, ein besonderes Gewieht kaum noeh legen dilrfen; und wollten wir selbst, so ist doeh in keiner Weise ausgemaeht, ob wir in diesen Formen grade Jugendformen neuer Eiterkth'perehen vor uns haben, zumal de, wie ieh alsbald zeigen werde, aueh in ihnen immer der grosse klare, ftlr die fixen Hornhautkth'perehen eharakteristisehe Kern wohlerbalten ist und ob nicht vie!mehr hier Unter~,angs- formen, so zu sagen, passive Zustlinde vorlie'gen. Man muss, wie mir seheint, hier noch zuriiekhaltender sehliessen, als es yon Reeklinghausen gesehehen; man darf nieht vergessen, dass jene Formen doeh imrner verhliltnissmlissig selten in entzilndeten Hornhiiuten sieh finden und class dieselben jedenfalls in keiner Weise zu verwendea sind ftir die Erkliirung des Ursprungs soleher Eiterki~rperehen, welehe, wie man es ja gewShnliett sieht, in oft so grosser Menge zwisehen ganz unveriinderten, vieistrahligen fixen KSrperehen vertheilt sind. Noch weniger Bedeutung freilieh, als den Zellen selber, bin ich geneigt, der Gestalt tier Kerne beizulegen, in Betreff deter, so viel ich sehe, vielfaeh sehr unvorsiehtige Schltisse gezogen sind. Bier ist es allerdings ein sehr bedauerlieher Umstand, dass matt in den frisehen, lebenden Zellen, wie bekannt, in den bei Weitem meisten Fitllen yon den Kernen garniehts wahrnimmt, dass diesel- ben vielmehr von dem Protoplasma verdeekt werden. Aueh hier abet kommt uns die Goldmethode einigermaassen zu Htilfe. Wie ieh sehon a. a. O. hervorgehoben,-treten in den Goldpraparaten die Zellkerne ilberall mit sehr seharfer, klarer Begrenzung hervor, gewiihnlieh ungefarbt oder doeh jedenfalls viel blasser, als des sie umsehliessende Protoplasma. In der vergoldeten normalen Horn- haut des ausgewaehsenen Frosehes oder Kaninehens sieht man nun die Kerne der fixen Ktirperehen immer als Mare, grosse, wohl deutlieh doppeltcontourirte Bildungen, mit meist zwei Kern- kti,.perehen im hmern, abet in sehr ungleieher Gestalt. Einige sind vollkommen kugelrund, andere elliptiseh, noeh andere ver- 11 bogen und geknickt und zwar sowohl in der Mitte, als auch niiher dem einen oder dem andern Pole; dadurch erhalten die Kerne oft Biscuitform, h~iufig erseheint auch ein Kern abgeschntirt in einen grSsseren und einen viel kleineren Abschnitt; und letzterer kann zuweilen nur durch eine ganz schmale, mehr weniger lang ausgezogcne Brtlcke mit jenem zusammenh~ingen, ja man erh~ilt selbst in seltenen Fiillen Bilder, wo man von einer solchen Ver- bindungsbrticke nichts mehr wahrnimmt, wo sich in der Zelle mithin ein grosser, vielleicht seinerseits verbogener und ein kleiner kugliger oder elliptischer Kern befindet. Ganz ~ihnliche, nur nicht so mannigfache Bilder bieten abgestorbene Corneae dar, in denen die Kerne immer ohne Schwierigkeit gesehen werden ki~nnen. Wenn aber in den normalen Hornh~iuten erwachsener Thiere alle diese Formen sich finden, was kann dann berechtigen, hierin Theilungsvorglinge zu sehen, wie ja viele beim Anblick jeder Biscuitform geneigt sind? Soil man aus dem Nebeneinandervor- kommen all' dieser Formen in normalen Hornhiiuten Uberhaupt einen Schluss ziehen, so liegt es naeh meinem Dafiirhalten viel n~iher anzunehmen, dass die Formen der Kerne nicht constant sind, dass vielmehr, sei es durch active oder vielleicht passive Gestaltver~inderung, ein vorher etliptischer Kern sich verbiegen, einsehnilren u. dgl. kann und umgekehrt. Freilich, ieh bemerke ausdriicklich, auch diess ist nur eine Vermuthung, denn an den lebenden Hornh~iuten sieht man eben nichts yon dem Kern, und an vergoldeten oder abgestorbenen wird man begreiflicher Weise Form- ver~nderungen nieht mehr wahrnehmen wollen. Mag es nun damit sich verhalten, wie aueh immer, jedenfalls, wenn wit die an den Kernen normaler Hornh~ute gemaehten Erfahrungen auf entztindete iibertragen, so ergibt sieh sogleich, class wir damit der Einsicht in die Saehlage um keinen Schritt nliher kommen. Denn man sieht in den entztindeten die Kerne der fixen Kiirperehen eben in keiner Weise anders, als in den normalen; jedes hat seinen grossen Kern, viele der letzteren sind rund oder elliptiseh, andere gekniekt und verbogen, eingesehn0rt und aueb solche siel~t man allerdings, wo einzelne Partikel abgetrennt ersebeinen. Hierauf aber beschr~inkt sich aueh in ihnen Al!es, und ieh brauche nach dent Gesagten nun nicht erst ausdriicklich zu betonen, dass hiermit die fixen Kiirperehen den Eiterk~rperchen, an denen matt, wie 12 bereits oben hervorgehoben, ganz tiberwiegend h~iufig zwei, drei und mehr kleine Kerne sieht, um Nichts ~ihnlicher werden. Um aber gegen jede missverst~indliche Auffassung mich zu schtltzen, will ich bier ganz ausdriicklich hervorheben, dass icb nicht etwa der Ansicht bin, dass die fixen Hornhautkiirperchen niemals yon dem entziindlichen Prozess in Mitleidenschaft gezogen werden. Eine solche Meinung kann man verstlindiger Weise gar- nicht hegen. Sieht man doch, wie im Laufe einer Keratitis die Hornhaut weicher wird, in fiirmlicher Weise abscedirt, wie ein solcher Abscess aufbrechen und Eitermassen und Gewebstheile sich entleeren kiJnnen, der Art, dass ein Substanzverlust, ein Ge- schwtir zurilckbleibt; und wer kiinnte zweifeln, dass bei solchem Ausgange die HornhautkiJrperchen mehr oder weniger schwere Ver- iinderungen erfahren mtissen? Alsdann liegt es ja auf der Hand, dass es f(lr die an einer bestimmten Stelle befindlichen, fixen K(irperchen nicht gleichgiiltig sein kann, ob man einen Faden mitten dureh sie hindurchzieht oder sie mit dem Cauterium miss- handelt. Aber es bedarf solcher aprioristischen Deduetionen gar- nicht, da man ohne alle Schwierigkeit sich davon iiberzeugen kann, dass bei sehr vorgeschrittener Keratitis und besonders in der n~ichsten N~ihe einer directen Reizstelle die fixen Hornhautki~rper- chen einen ausgesprochen kiirnigen Habitus annehmen, dass die Ausl~ufer retrahirt sind, auch wohl Vacuolen im Protoplasma der- selben auftreten, kurz das ursprilngliche, so charakteristiscbe Aus- sehen in nicht unerheblicher Weise sich ~indert. Aber je .weniger derartige Ver~inderungen geleugnet werden kSnnen, um so mehr muss ich dagegen Verwahrung einlegen, denselben eine hi, here Bedeutung zu vindiciren, als sie es wirklich verdienen. Denn was ist mit dem Nachweis derselben gewonnen fiir die Oeschichte einer jtlngeren Keratitis, yon einer Zeit, wo schon die ganze Hornhaut triibe aussieht und das Mikroskop zahllose Eiterzellen zwischen den nocb unver~in derten fixen KSrperchen aufweist? Es mtissen, so meine ich, diese Fragen ganz yon einander getrennt werden. Es muss die Aufgabe einer ganz besonderen Untersuchung sein, die miiglicher Weise passiven Verfinderungen der fixen Hornhaut- ki~rperchen im Verlaufe einer Entziindung zu studiren, eine Unter- suchung, die ich einstweilen bei 8eite gelassen, weil mir die zweite 13 Frage, die nach dem Ursprunge und der Herkunft der Eiterkiir- percben, dringender einer LiJsung bedtirftig schien. Fiir die weitere Bearbeitung dieser Frage konnten bei dem heutigen Standpunkte unserer Wissenschaft nach Ausschluss der fixen Hornhautkiirperchen, wie mir scheint, nnr zwei M(igliehkeiten in Betracht kommen. Entweder die Eiterkiirperchen stammten yon den in der Cornea pr~iexistirenden wandernden, 1zfmphki~rper- artigen Elementen, oder aber sie stammten garnieht aus der Horn- haut selbst, sondern von aussen, sie waren eingewandert. Beides war a priori denkbar. Was den ersten Modus anlangt, so brauche ieh nur an den von Recklinghausen a.a.O, geftihrten Naeh- weis zu erinnern, dass in jeder normalen Cornea sich dergleichen Elemente finden, die in keiner Weise yon Eiterkiirperehen differi- ten und bei den ganz allgemein eingebiirgerten Ansehauungen tiber Zelltheilung und Vermehrung wtlsste ich seheinbar keinen Grund, wesshalb man sich theoretiseb dage~en str~iuben sollte, in den wenigen normalen die Vorfahren der vielen pathologischen KiJrper- ehen zu sehen. Andererseits wird es geniigen, auf Reckling- hausens in der mehr citirten Abhandlung S. 182 ft. beschriebe- nea Versuche binzuweisen, dureh welehe er das Eindringen von Lymphk~irperchen in eine in einen Froschl~mphsack gebrachte Cornea darthat, um auch die zweite Miiglicbkeit plausibel ersehei- nen zu lassen. Eine sorgfiiltigere Erw@ung tier bier obwaltenden Verhiiltnisse liess indess bald die Wagsehale sich zu Uugunst'en des ersten Modus neigen. Denn wenn man bedenkt, wie die Zahl und Vertheilung der wandernden Kiirperehen in der normalen Hornhaut eine so tiberaus wecbselnde ist, der Art, dass man, besonders beim Frosch, h~iufig ganze Gesichlsfelder, selbst einer noeh kleinen VergriJsserung durchmustern kann, ohne auf ein ein- ziges zu stossen, wiihrend dann allerdings an anderen Stcllen zu- fallig einmal mehrere beisammen liegeu kiinnen, so hat es docb, sollte ieh meinen, eine gewisse Schwierigkeit, sich durch die Wueherung derselben den so eonstanten und gleiehartigen Verlauf des entztindlichen Prozesses zu erklliren, es wtirde der letztere, um reich eines allerdings etwas k0hnen Bildes zu bedienen, in seiner Entwicklung zu sehr dem Zufall preisgegeben sein. Dazu kommt aber ein weiterer Punkt, auf den ich gegen den Sehluss dieses Aufsatzes noch einmal des Niiheren werde eingehen 14 mtlssca, dass zwar die Vorstellung vonder Zellenneubildung und Vermehruug durch Theilung oder irgend einen anderen, glcich- werthigen Vorgang eine ganz allgemeiu eingebiirgerte ist, dass in- dess grade an den Lymph- und Eiterkiirperchen Niemand diesen Vorgang wirklich beobachtet hat, dass, um es mit einem Worte zu bezeichnen, noch Niemand unter seinen Augen aus einer Eiter- zelle zwei oder noch mehr kernbaltige Ki~rperchen hat eutstehen sehen. Bei Weitem mehr aber, als diese speculativen Betrachtun- gen, sind fiir reich die Ergebnisse einer systematischen Versuchs- reihe fiber den Gang d~'r traumatischen Keratitis in's Gewicht ge- fallen, yon denen es mir gestattet sein miige, im Folgenden cin- gehender zu berichten. Ich habe n~imlich eine Reiim yon Versuchen unternommen, wie sie in gauz ~ihnlicher x,\Teise auch schon yon Frfiheren, z. B. yon His, yon Langhans*) u. A. ausgefiihrt worden sind, um die entztindlicben Ver~inderungen der Hornhaut nach der Applica- tion eines Reizes der Zeitfolge nach zu studiren, und bin dabei zu Resultaten gekommen, welche allerdings yon denen der friihe- reu Autoren nicht unwesentlich differiren. Es hat sich mir ganz constant ergeben, dass die einfache traumatische Keratitis immer am Rande der Hornhaut beginnt und erstvon da aus gegen das Centrum fortschreitet. Es wird diess Ver- halten, wie ich annehmen duff, Jedermanu ohne Weiteres natiirlich fin(len ftir diejenige Keratitis, welehe im Laufe der Panophtha[mitis sich entwickelt; es gilt indess in ganz derselben Weise auch ftir jede andere Art, mug das Trauma eingewirkt haben, wo es wolle, und es wird sogar, bei der griJsseren Beweiskraft dieser Form, zweckmhssig sein, der folgenden Schilderung diejenige Keratitis zu Grunde zu legen, welche einem auf das Centrum dcr Cornea an- gebl'achten Reize ihre Entstehung verdankt. Die Versuche gerathen am sichersten uud exactesten bei Wintel.fr(ischen, well die relativ grosse Langsamkeit des ganzen Vorganges es leicht macht, an einer bestimmten Zahl yon in etwa 10 -- 12--16 sttindigen Zeitintervallen getiJdteten Thieren alle Stadien des Prozesses vor Augen zu bekom- men, w~ihrend die viel griissere Lebhaftigkeit und Schnelligkeit des Vorganges bei den Frfihlings- und Sommerfri~schen und noch mehr bei Kaninchen leicht die Reinheit der Resultate trfibt, jedenfalls *) Vgl. Zeitschrift f. rationelle Medicm. 3te Reihe. Bd. ill S. ! ft. 15 aber zu grosset Vorsieht nSthigt. Beilliufig gesagt, empfiehlt es sich ferner, hana esculenta und zwar recbt grosse Exemplare der- selben zu benutzen, damit die Cornea Raum genug darbiete filr die tibersichtliehe Entwickelung aller Entziindungsstadien. Wenn man einem Winterfroseh das Centrum der Hornhaut mit einem HiSllensteinstift touchirt und zwar so tier, dass an dieser Stelle das Epithel v~lli~ zerstih't wird und tier Lapis auf das Cor- nealgewebe selbst eindringt, was man sogleich daran bemerkt, dass die geiitzte Stelle nieht mehr eine graue, sondern eine rein weisse Farbe zeigt, und triiufelt sofort hinterher etwas Koehsalz- liSsung in das Auge, so nimmt bekanntlich in kurzer Frist, unter dem Einflusse des Lichtes der Aelzsehorf eine braune Farbe an, die tibrige Cornea abet bleibt zunlichst volikommen durchsichtig. Nach etwa 20--24 Stunden bemerkt man dann um den Aetzseho,'f herum, einen sehr sctamalen, etwas matt und fahl aussehenden Ring, yon diesem at)er welt entfernt und getrennt durch einen breiten Saum ganz durehsichtiger, glltnzender Substanz entlang dem oberen Hornkaulrande, einen wolki~en, mattgrauen Streifen. Wiih- rend sich nun im weiteren Vedaufe das Aussehen des Centrum garnicbt andert, ist es dieser Streifen, der alhn~ihlich an Ausdeh- hung zunimmt und zwar sowohl in der Breite parallel dem Horn- hautrande, als besonders in radilirer Richtung, indem er sieh gegen das Centrum vorsehiebt. GewiShnlieh am dritten Tage hat die Tril- bung den Sehorf erreieht und man sieht jetzt einen m~ichtigen, triiben, grauen Keil, dessert Spitze am oberen Rande des Sehorfes, dessert breite Basis an der oberen Peripherie der Hornhaut gele- gen ist. Mittlerweile hat sieh, indess meistens etwas spliter nnd weniger ausgesproehen, ein ganz ~ihnlieher Keil aueh vom unteren Rande her vorgeschoben, wlihrend dabei der innere (vordere) und iiussere (hintere) peripherisehe Absehnilt der Cornea durehsiehtig bleiben ki~nnen oder doeh nut geriege Triibung erfahren. Unter- sueht man nun noeh spater, so beobaehtet man, wie die Triibung um den Aetzsehorf immer geslittigter wird, ihn, falls es nicht sehon vorher gesehehen, rings umfasst, gleiehzeitig abet sieht man suc- cessive die Peripherie sieh aufbellen, und am 5., 6. Tage ist ge- '~Shnlieh alles, was man sieht, ein mehr oder weniger breiter, milehweisser oder mehr gelbliehweisser Ring um den Aetzsehorf, wlihrend die gauze Peripherie vollkommen klar, gllinzend und 16 durchsichtig erscheint. Was sich beim Winterfrosch im Laufe yon 5- 6 Tagen abgewickelt hat, das geht bei den Sommerfr(Ischen in ganz gleicher Welse, nur erheblich rascher vor sich; bier sieht man gewiibnlich schon nach 24 Stunden eine zusammenh~ingende Triibung yon dem Schorf his zum oberen, resp. unteren Rande und am 3. Tage hat sich h~iufig schon der Prozess rings um den Aetzschorf localisirt. Unterwerfen wit nun diese, so zu sagen, klinischen Beobach- tungen der mikroskopischen A~lalyse, so ergeben sich ziemlich einfache und, wie mir scheint, nieht leicht zu missdeutende Ver- h~iltnisse. In dem braunen, centralen Aetzschorf sieht man in ausgezeichneter Schiinheit das bekannte Recklinghausen'sehe Silberbild, inmitten einer braunen Grundsubstanz die weissen, sternfi~rmigen Figuren feiner Saftkan~ilchen mit ihren vielfiiltigen Anastomosen; in dem schmalen, den Aetzschorf ringsumgebenden fahlen Ring erscbeint, falls nicht etwa, was zuweilen vorkommt, die Silberzeichnung der epithelialen Kittsubstanz in dieser Zone den Haupttheil an der Triibung tr~igt, die Grundsubstanz des Horn- hautgewebes yon leicht ktirnigem nnd gelblichem Anflug, auch die fixen Hornhautk(irperchen sehen, wie bereits vorhin angedeutet, etwas ki)rnig aus, haben aucb wohl Vacuolen und nur spar- same Forts~tze; kaum abet bemerkt man Anfangs zwischen ihnen eid einziges EiterkSrperchen. Soweit als dann die Cornea makros- kopisch durchsichtig und gl~inze~d erscheint, soweit zeigt sie auch mikroskopisch das ganz normale Verhalten; und erst in dem grauen Randstreifen treten zwischen den fixen Kiirperchen, in der oben ausfiihrlich beschriebenen Weise, zahllose Eiterk(irperchen hervor. Weiterhin bezeichnet der geschilderte graue Keil ganz genau die Verbreitung derdichtgedriingten Eiterki~rperchen, immer abet zuniichst so, dass die Menge derselben die reichlichste in dem der Peripherie zugekehrten Abschnitte, in der Basis des Keils ist, w~ihrend sie immer sparsamer und vereinzelter werden in dem gegen das Horn- bautcentrum gerichteten Theile. Erst wenn die Trtlbung sich rings um den Aetzschorf zu concentriren beginnt, werden auch die Eiter- kiirperchen bier dichter und dichter und in jener Anfangs fablen Zone hat ihre Zahl jetzt so zugeuommen, dass man ausser ihnen nichts weiteres, weder Grundsubstanz noch fixe Ki~rperchen, mehr wahrnimmt. Gleichzeitig abet hat (lie Menge der Eiterkiirperchen 17 in der I:Iornhautperipherie gar sehr 'abgenommen und die fixen Kiirperchen priisentiren sich jetzt wieder ganz unverdeckt in der alten Klarheit, so dass sehwerlich in dem unbefangenen Beobaehter die Vermuthuag rege werden k(innte, dass ein so diehter Schwarm wandernder Kiirperchen tiber sie hinweggegaugen, hi dem braunen Aetzsehorf selbst sieht man, wie ich noch bemerken will, zu keiner Zeit EiterkSrperchen. Einen ganz ihnlichen, obwohl im weiteren Verlaufe etwas modificirten Gang nimmt der Prozess, wenn man einen Seidenfaden durch die Mitte der Hornhaut des Frosches zieht und denselben liegen liisst. Sehr bald entsteht rings um den Faden ein sear kleiner weisslicher Kreis; die eigentliehe graue Trtibung beginnt aber auch hier am ob~ren, etwas sp~iter am unteren Rande, und yon bier sehiebt sich dieselbe, im Allgemeinen mit gri~sserer Rapi- dit~t, als ~ach der Cauterisation, successive gegen das Centrum~ den Faden selbst vor. W~ihrend aber bei der durch die Aetzung hervorgerufenen Entziindung dieser Zeitpunkt zugleieh das Signal fiir die beginnende Aufhellung tier Peripherie war, bleibt hier die Triibung eine anhaltende, ja, nimmt tiberall noch zu, die ganze Cornea wird dicker und an mehreren Stellen kann es zu Abscedi- rung und Durehbruch bei leichter Beriihrung kommen. Das mikros- kopisehe Verhalten stimmt gleiehfalls in den Grundziigen mit dem oben geschilderten. Die weissliche Triibung dicht um den Faden verdankt ihren Ursprung haupts~iehlich kleinen radiliren Einrissen in das Oewebe der Hornhaut, in die jetzt Humor aqueus u. drgl. eindringen konnte, hiichstens finder sich bier auch frtih eine leieht gelbliche und kiirnige Beschaffenheit der Substanz; die graue, yon der Peripherie zum Centrum fortschreitende Trtibung aber beruht aueh hier auf der Gegenwart zahlloser Eiterkiirperehen, deren Menge und Anh~iufung hier mit jedem Tage griJsser wird. Selbst- verst~indlieh kann dartiber kein Zweifel sein, class diese con- tinuirlieh sich steigernde Entztindung ihren Grund hat in der bleibenden Anwesenheit des Entziindungsreizes, w~ihrend bei der oben beschriebenen Cauterisation und ihren Folgen sich der Pro- zess naeh einiger Zeit ,,demarkirte." Sollte aber schliesslich noch Jemand die Frage aufwerfen, woher es kommen miige, dass die eitrige Infiltration der Hornhaut des Frosches immer ihren Anfang nehme am oberen, resp. unteren Rande, so weiss ieh hierauf aus Archly f. pathol. Anat. Bd. XL. Hft. I u, "2. 2 18 den anatomischen'Verhiiltnissen keine andere Antwort zn geben, als dass diess die Stellen sind, wo die griissten und reichlichsten Blutgef~isse in die Niihe des Cornealrandes treten; ich hoffe aber noch im Laufe dieser hbhandlung zeigen zu ktinnen, dass eben dieser Umstand vollst~indig ausreicht zu der Erkl~irung jener an- scheinend auffallenden Thatsache. In Betreff der Keratitis bei dem Kaninchen darf ich reich jetzt kurz fassen. Auch hier verl~iuft der Prozess in analoger Weise, wie brim Frosch, sofern nut Sorge getragen ist, dass der applicirte Reiz nicht zugleich eine Verwundung, Continuit~tstrennung der Cornea mit sich bringt. Am einfachsten erreicht man diess auch bier dutch die Cauterisation. Touchirt man irgend eine Stelle der Hornhaut, z. B. das Centrum, energisch mit dem Lapisstift, so entsteht daselbst in kurzer Frist ein brauner Schorf mit ganz schmalem, etwas mattem Hof; einige Stunden nachher aber, w~ihrend zugleich eine Injection tier Conjnnctivalgeflisse sich ausgebildet hat, entsteht eine wolkige, graue Triibung am Rande der Cornea und zwar constant zuerst oben, ein Wenig hinter der Mitte, genau entsprechend der Stelle, wo der M. rectus superior sich inserirt. Diese graue Triibung ist, wie die mikroskopische Untersuchung lehrt, bedingt durch die Gegenwart yon zahllosen Eiterzellen zwischen den fixen Kiirperchen, w[ihrend in dem schmalen, matteren Hof um den Aetzschot'f sich lediglich eine leicht gelbliche Grundsubstanz und etwas scheinbar retrahirte, leicht k(irnig aussehende fixe KSro perchen, dagegen keinerlei Eiterzellen vorfinden. Im weiteren Verlaufe tritt dann auch an anderen Theilen des Hornhautrandes ein graulicher Schimmer auf, w~hrend die in der Mitte des oberen Randes begonnene Trtibung sieh merklich gegen das Centrum bin vorschiebt, ganz in der gleichen Weise, wie wires brim Frosch gesehen. Um diese Zeit, es ist das gew~ihnlich nach ca. 18--24 Stunden, l~isst aber meistens die In- tensifitt des entztlndlichen Prozesses nach, wie man diess an der riick- g~ingigen Injection der Conjunctivalgefiisse controllircn kann; zugleich beginnt schon der Schorf sich theilweise zu liisen und es kommt dann durch die damit einhergehende, ulcerative Er(iffnung des Corneal- gewebes zu Complicationen, welche weiterhin die Reinheit der Beobachtung st(iren. Es sind diess dieselben Complicationen, welche yon vornherein eintreten, wenn man ein StUck der Horn- haut excidirt, oder wenn man einen Faden durch dieselbe irgend 19 wo durcbzieht; grade so aber, wie icb selber erst im Laufe der weiteren Untersuchung dazu gelangt bin, mir Rechenschaft geben zu ktinnen fiber diese eigenthtimlichen Vorg~inge, so muss ich aueb den Leser um die Erlaubniss bitten, die Ertirterung derselben bis sp~iter verschieben zu dilrl'en, lch hoffe dann auch den Ein- wfirfen begegnen zu ktinnen, welche etwa Seitens der Augen~irzte gegen meine Darstellung vom Verlaufe der Keratitis, auf Grund klinischer Erfahrungen sollten erhoben werden. Jedenfalls hatte aber hiernach die Annahme, dass bei der Keratitis die Eiterkiirperchen yon aussen her in die Hornhaut einwanderten, eine unverkennbare Berechtigung. Um so lieber aber babe ich an diesen Gedanken den Faden tier weiteren Untersuchung angekniipfi, als sich bier ein frucbtbarer Boden fiir weitere Experimente darbot, wlihrend ich wenigstens keine Aussicht sah, dem zweiten, oben als mtiglich bezeichneten Modus der Entwickelung der Eiterkgrper- ehen aus den pr~texistirenden wandernden Elementen, dutch den Versuch-oder die Beobachtung n~iher beizukommen. Es lag n~im- lich nahe, dasselbe Verfabren anzuwenden, dessen sich Reckling- hausen bediente, als er die Lymphkiirperchen kenntlich machen wollte, welche er in eine abgestorbene Hornhaut einwandern liess*), d.i. tier Fiitterung derselben mit Partikeln eines unltislichen Farb- stoffs. Man kann zu dem Ende frisch aus der ammoniakalischen Liisung dureh Essigs~iure gefitllte Carmins~iure, man kann fein verriebene Sepiafarbe, man kann recht gut auch das schwarze Pigment melanotischer Geschwillste benutzen, wie es ohne beson- dere Mtihe und ziemlich rein in grossen Massen aus den Melano- sen der Schimmel sich gewinnen l~isst; als den bei Weitem zweck- m~issigsten Farbstoff babe ich iadess Anilinblau befunden, das ich mir, nach dem Rathe meines Freundes Dr. Martius, frisch aus der alkoholischen Liisung mittelst eines grossen Ueberschusses yon Wasser ausf'~illte. Der so gebildete Niederschlag ist ausserordent- lich feinkSrnig und hat dabei, wenigstens in den ersten Tagen, eine sehr geringe Neigung zusammenzuballen; auch ist er voll- kommen unliislich, mit der gri~ssten Sicherheit selbst in sehr klei- hen Kiirnchen zu erkennen und endlich yon geringem specifischen Gewicht, so dass keine Gefahr ist, dass dei'selbe sich im Orga- nismus irgendwo durch seine Schwere anhiiufe und senke. *) a. a. O. S. 18~. 2* 20 Als ich nun an die Erw~igung der Chancen ging, woher die etwa in die Cornea einwandernden Kiirperchen kommen ktinnten, war es allerdings naeh den Ergebnissen der eben mitgetheilten Versuehe unwahrscheinlich, dass diess anderswoher gesehlihe, als yon der ~iusseren Peripherie der Hornhaut. Indess habe ich doch nicht unterlassen wollen, auch die M(iglichkeit des Eindringens yon vorn oder hinten einer experimentellen Prtifung zu unterziehen. Zu- vlirderst brachte ieh einen Tropfen des aufgeschwemmten Anilin- blau in den Conjunctivalsack, den Raum zwischen Cornea und Nickhaut des Frosches und vern~ihte alsdann den freien Rand tier letzteren mit dem die Hornhaut yon oben her tiberragenden Hautsaum; mochte nun die Cornea ganz normal odor dureh locale Cauterisation oder drgl. in EntzUndung versetzt sein, niemals habe ich in derselben ein Kiirperehen gesehen, das blaue KSrnehea gefiihrt h~itte: ein Resultat, das mit denen iilterer Beobachter stimmt, welehe, mit Riicksicht auf therapeutische Zweeke, Versuche iiber das Eindringen fester Partikel, z. B. des Calomelpulvers, in die Hornhaut angestellt, und gleichfalls niemals ein Hineingelangen eonstatirt haben. Alsdann injicirte ieh mittelst einer Pravat'sehen Spritze ohne Verletzung der Hornhaut selber aufgeschwemmtes Anilinblau in die vordere Augenkammer vom Froseh oder Kanin- chert; nach kurzer Frist etablirt sich dana daselbst eine Entztin- dung, es treten mehr oder weniger grosse Mengen yon Eiter- kiirperehen in der Kammer auf und sehr Viele derselben enthal- ten im Innern blaue Kiirnchen. Nach einiger Zeit beginnt dana auch eine Trtibung der Hornhaut, die man nattirlich sehr be- schleunigen und verstlirken kann dutch kiinstliche Application eines besonderen Entziiadungsreizes. So gross abet auch die Zahl der Eiterkiirperchen in der Cornea werden mag, niemals ist ein einziges derselben durch blaue Kiirnchen kenntlich. Damit ist es vollst~indig im Einklang, dass zwar bei jeder Keratitis Eiterkiirper- chen im Humor aqueus sich allm~ihlich anh~iufen, indess, so welt ich gesehen babe, falls das Trauma die Hornhaut allein getroffen hat, immer erst, nachdem deren schon eine gewisse Zahl im Horn- hautgewebe selbst sich etablirt hatte; es ist augenscheinlich ein Hineingelangen der Eiterki/rperchen aus der Hornhaut in die vor- dere Augenkammer nicht bloss miiglieh, sondern, wie die t~gliche Erfahrung zeigt, sogar sehr gewfihnlich, nicht aber eine Wanderung 21 auf dem umgekehrten Wege. Eine dritte M~glichkeit, auf welche allerdings die leitenden Versuche naehdrticklicher hinzuweisen schienen, die der Einwanderung der EiterkOrperchen aus der Sclerotica, konnte ich doeh sofort ausschliessen, da die Sclerotica des Frosches, wie bekannt, aus Knorpel besteht und in diesem, weder im normalen, noch im pathologischen Zustande, jemals Eiterktirperchen zur Beobaebtung gelangen. Unter diesen Um- standen waren, wie man sieht, eigentlieh nur noch zwei Wege iibrig gelassea, von denen bUS die Eiterzellen in die Cornea vor- gedrungen sein konnten, namlieh die Lymph- und die Blutgefltsse und ein Jeder, der mit dem heutigen Standpunkt der Wissenschaft vertraut ist, wird es begreiflich finden, class ich meine Aufmerk- samkeit zun~iehst auf die Lymphwege riehtete. Ein Frosch vertr~gt es sehr gut, wenn man mittels(einer Pravat'sehen Spritze aufgesehwemmte Carminsiiure oder noeh besser Anilinblau in einen Lymphsaek einbringt, falls nut die Menge der auf einmal eingeftlhrten Fltissigkeit einige Kubikcenti- meter nieht tlbersteigt und ieh babe Thiere viele Woehen lang naeb soleben Injectionen taunter und kr~iftig am Leben erhalten. Durchmustert man die Gewebe eines auf diese Weise traetirten Thieres, so findet man nirgend, insbesondere aueh nicht in der Hornhaut, ein Farbstottkiirnehen frei liegen, niemals babe ieh aueh dergleichen innerhalb yon Zellen der normalen Cornea angetroflen. Erregt man nun aber eine Keratitis, gleiehviel ob auf dem Um- wege der Panophthalmitis oder, um jeden Gedanken an eine Extra- vasation auszusehliessen, durch Bepinseln der Cornea mit Cantha- ridentinetur oder dureh eentrale Cauterisation derselben, so wird man immer unter den Eiterktirperehen, welehe in der Hornhauut sich anhiiufen, einzelnen begegnen, welehe blaue Ktirnehen, in mehr oder weniger grosset Menge enthalten, leh kann dabei nicht naehdriicklich genug betonen, class die Farbstoffk(irneben niemals anders, als innerhalb der Eiter- kiirperehen vorkommen; weder frei im C, ewebe, noeh im Innern der fixen Kiirperchen sieht man aueh jetzt nur ein einziges der- artiges Partikelchen. Was aber die Zahl der Farbstoff ftlhrenden Zellen betrifft, so steht sie im Allgemeinen wohl im Einklange mit der Masse des eingeftibrten Farbstoffes; hat man nur einmal etwa einen oder zwei Kubikcentimeter des aufgesehwemmten Anilinblau 22 injicirt, so wird man immer nut in sehr wenigen der Eiterk~rper- ehen blaue K~rnchen finden; verf~ihrt man dagegen so, dass man an mehreren Tagen hintereinandcr, jedesmal in versehiedene Lymph- s~eke, gr~ssere Quanta der gef:~rbten Flllssigkcit einbringt, so kann man es dahin bringen, dass der zehnte bis zwblfte Theft der Eiterkt~rperehen in der entztlndeten Hornhaut Farbstoffk~rnehen enth~ilt. So sieher und unzweideutig hieraus hervorgeht, dass ein Theft der Eiterkbrperehen in der Keratitis yon aussen in die Hornhaut hineingelangt, so wenig lassen sieh daraus zweifellose Sehltisse tiber den Weg derselben herleiten. Denn einestheils k~nnten die K~rperehen direct aus den Lymphwegen aus-, resp. eingewandert sein, undes wih.de dana' die Aufgabe sein, den Lymphbahnen nachzuforschen, welehe die H~hlen der L~(mphs~eke mit dem Ge- webe der Cornea in Verbindung setzen. Indess spricht hiergegen der Umstand, dass, wie ich reich durch besondere Versuche vicl- f~ltig Uberzeugt babe, es fur den beabsichtigten Erfolg vollkommen gleichgtiltig ist, ob mall alas Anilinblau in den Lymphsack des Kopfes oder Rtickens oder in den des Bauehes oder selbst der Unterschenkel injicirt; sobald nur die Menge der eingebraehten Fltissigkeit eine betr~ichtliche ist, so kann man immer sieher sein, einer nieht unerh'eblichen Zahl dureh blaue KSrnchen charakteri- sirter Zcllen in der HoriJhaut zu begegnen. Hiernach lag es nahe, eine indirekte Bahn, so zu sagen, einen Umweg zu vermuthen, auf welchem die K~rperehen aus den Lymphs~ieken in die Horn- haut gelangten, und yon selbst dr~ngte sieh hier der Gedanke an die Blutgef~sse auf. Denn k~rperliche Elemente, welche in die Lymphs~icke des Frosches eingeKlhrt werden, dringen, wie diess sehon Reekling- h ausen in seiner Schri|'t ,,die Lymphgefasse und ihre Beziehung zum Bindegewebe" S.22 besehrieben hat, sehr leicht in die Blut- gef~sse hinein. In der That habe ieh racist schon an demselben Tage, jedenfalls in steigendem Maasse in den folgenden, naehdem ich Anilinblau in einen L~,mphsack gespritzt hatte, blaue KSrnchen in jedem Tropfen Blutes gefunden, welehen ich direct aus dem Herzen oder aus einer beliebigen Vene, z.B. einer der grossen an der Zungenbasis verlaufenden Venen, entleerte. Die bei Weitem meistcn farbigen KiSrnchen lagen, ganz gewiss im Anfang, im 23 Ianern farbloser Blutki~rperchen, und in den ersten Tagen nach der Injection habe ich nur ganz vereinzelte und sehr kleine Ki~rn- chert angetroffen, welche frei in der Biutfliissigkeit schwammen, ilbrigens mi~licher Weise ja auch vorher im Ianern yon Zellen sich befundcn hatten; dass man dergleichen in rothen nicht findet, versteht sich na~iirlich von selbst. Sollte man aber die Frage an reich richten, welche Art der farblosen Blutk~rperchen haupts~ich- lich die Farbstoffktirnchen enthielt und ob sieh tiberhaupt in dieser Beziehung Unterschiede herausstellten, so habe ich diesem Punkte nicht ausreichende Aufmerksamkeit geschenkt, um ihn sicher entscheiden zu k~nnen. So viel ich mich aber ent- sinne, habe ich niemals gef~irbte K~rnehea im Innern der ganz kleinen Elemente gesehen, welche den Kern tother BlutkSrper- then kaum oder nur ganz wenig an Gr~sse ilbertreffen; in allen anderen Typen farbloser Blutk~rperchen glaube ich aber Farb- stoffk~rnchen wahrgenommen zu haben, in den etwas gr~sseren kugligen, in den oft in grosser Zahl im Froschblut vorhandenen spindelF6rmigen, vor Allem aber in den grt~sseren oder durch die amt~boiden Bewegungen ausgezeichneten Formen, und zwar sowohl denen mit dem rein-, als aueh denen mit dem grobgranulirten Protoplasma. Im Allgemeinen aber liess sich auch bier feststellen, dass je gr~sser die Masse des Farbstoffes war, der successive in die Lymphs~cke eingeftihrt worden, desto bedeutender aueh die Zahl der farbige K~rnchen enthaltenden Zellen im Blute wuchs. Ein einfacher Versuch aber musste bei dieser Sachlage darilber cntscheiden, ob das Erscheinen farbstoffftlhrender Eiterzellen in der entztlndeten Hornhaut nach der Injection der Farbe in einen Lymph- sack unabh~ngig neben dem Auftreten der Farbstoffk~rnchen in den weissen Blutk~rperchen einhergehe oder an letzteres, als an eine Mittelstufe, gebunden sei, n~imlich die directe Injection des Farbstoffs in das Blut. Man kann zu diesem Behufe, besonders bei kr~ftigen Exemplaren der R. esculenta, sowohl eine der seit- lichen Rilckenvenen w~thlen, als auch die grosse mittlere Bauch- vene, obwohl der Umstand dem Experimente an letzterer nicht giinstig ist, dass sie geradeweges in die Leber filhrt, in der, worauf ich noch zuriickkommen werde, ohnehin der Farbstoff sich gem anh~iuft; das Sicherste und Bequemste ist abet jedenfalls, dircct in eine der beiden Aorten zu injiciren, was mit HUlfe einer 24 feinen Cantile oder einer fein ausgezogenen Glasriihre ohne alle Schwierigkeit sich ausftlhren l~isst und yon den Thieren ohne allen Schaden vertragen wird. Der Erfolg nach diesen Injectionen, bei denen selbstverst~indlich jedes Extravasat ausgeschlossen werden muss, ist nun vollkommen iibereinstimmend mit dem nach der Einspritzung in die Lymphsticke. In kurzer Frist nimmt eine be- deutende Anzahl weisser Blutkiirperchen Farbstoffkiirnehen in ihrem Innern auf. Und w~ihrend man niemals, selbst Woehen lang naeh diescn Injectionen, sobald sie reinlich ausgeftihrt worden, in den normalen Geweben Farbstoffki~rnchen frei oder innerhalb yon Zellen antrifft, so treten sofort bei einer, wie aueh immer er- zeugten Keratitis eine mehr oder weniger grosse Menge yon Eiter- zellen auf, welche dutch Farbstoffklirnchen kenntlieh sind. Der Schluss, den ich aus diesen beiden sich in wiinschenswerther Weise erg~inzenden Versuchsreihen gezogen, liegt auf der Hand: etlich e Eiterkiirperchenin der entzilndeten Hornhaut sind vor- her farblose Blutkiirperchen gewesen, sie sind aus den Blutgefiissen in die Hornhaut hineingedrungen. Ich hoffe, der Leser wird gem darauf verziehten, dass ich an dieser Stelle die Frage discutire, in welcher Weise man sich die Miiglichkeit der Fortbewegung, der Wanderung der Eiter- kiJrperchen in dem Gewebe der Cornea zu denken habe. Naeh- dem Recklinghausen in seinem mehreitirtenAufsatze alle Argu- mente dafiir zusammengestellt hat, dass die LymphkiJrperchen sich nirgend Wege bohren, dass sie nicht auf ungebahnten Strassen vorw~irts riicken kiinnen, kann man dariiber ja nicht in Zweifel sein, dass auch in der Hornhaut Spalten, Lticken, Kan~ilehen oder wie man es nennen will, jedenfalls priiformirte R~iume sein mUssen, n welchen die Eiterki~rperchen sich fortbewegen, und es kann ge- trost einem Jeden tiberlassen bleiben, welcher der darUber ge- ~iusserten Ansichten er sich anschliessen will. Was tibrigens mich selbst anbetrifft, so bekenne ich bereitwillig, dass ich, trotz aller dagegen erhobenen Einwen dungen, doch die R e c k li n g h a u s e n'sehe Lehre von den Saftkaniilchen im Bindegewebe als die best begrtin- dete ausehe. Dass mittelst der Silbermethode die R e c k li n g h a u s e n - schen Bilder gewonnen werdea, das liegt natiirlieh ausserhaib jeder Discussion, und aueh Schweigger-Seidei wird, wie ich nicht zweifie, bei seiner bekannten Geschicklichkeit diese Bilder in 25 tadelloser ScMirfe erhalten, sobald er sich genau an die Vor- schriften des Erfinders der Methode h~tlt, statt durch willkilrliche und nicht immer glilckliche Modificationen die Reinheit der Re- sultate zu trtiben*). Ein Jeder aber, der sich eingehend mit dem Studium der Cornea besch~tftigt, muss die Ueberzeugung gewinnen, dass die Contouren der fixen Hornhautki~rperchen andere sind, als die Grenzen der weissen sternfiirmigen, strahligen Figuren in der versilberten Hornhaut, und noeh viel mehr gilt diess yon an- deren bindegewebigen H~iuten, z. B. der Mb. nietitans des Frosches, in weleher es miihelos gelingt, durch Arg. nitr. ein schSnes anasto- mosirendes Netzwerk weisser Figuren mit sternf~irmigen Knoten- punkten zum Vorschein zu bringen, wiihrend doch die fixen Kiirperchen der iNickhaut zum bei Weitem griissten Theft eine spindelartige oder selbst rundliche Form mit nur kurzen Ausl~iufern zeigen. Diess, zusammengehalten mit den Ergebnissen der Reck- li ngh a u s e n'sehen ktinstlichen Injectionen des Bindegewebes**) halte ich his auf Weiteres geniigend, um seine Interpretation an- nehmbar erseheinen zu lassen, und ich erkenne hiernach keine Schwierigkeit, jenes Ph~nomen der Wanderung yon L),mphk~irpern in der Hornhaut und im Bindegewebe tiberhaupt zu begreifen, ein Phlinomen, dessert Thats~tehliehkeit tlbrigens aueh diejenigen nieht bestreiten kSnnen und in der That aueh nicht bestreiten, welche der Reeklinghausen'schen Doetrin ihre Zustimmung versagen. FUr eine empfindlichere Lileke in dem Gang der Untersuchung sehe ieh es jedenfalls an, ,lass es mir nicht gegltickt ist, diese Versuehe, die Eiterzellen in der entzilndeten Hornhaut dutch Farb- stoff kenntlieh zu maehen, aueh an Kaninehen auszufiihren. Nieht als oh es nieht geliinge, einen unltislichen Farbstoff ohne St~rung in die Circulation zu bringen: das friseh gef~illte Anilin- blau ist vielmehr so feinkiirnig, dass es mit der griissten Leieh- tigkeit die Lungeneapillaren passirt, und die Thiere eine Injection yon 10--12 Ce. und dartiber yon aufgesehwemmtem Anilinblau in die V. jugularis ohne allen Naehtheil vertragen. Nichts desto- weniger aber habe ieh niemals, mochte ieh an demselben Tage *) Vgl. F. Schweigger-Seldel, die Behand[ung der thierischen Gewebe mit hrg. nitr. hus den Berichten der K~in. S~ichs. Gesellsch. d. Wissensch. Math.-Physik. Classe. 1866. S. 329. **) Die Lymphgefiisse. S. 73. 26 oder sp~iter nach der Injection die Keratitis erzeugen, ein blaue KSrnehen enthaltendes Eiterk(irperchcn in der Hornhaut gefunden, und ebensowenig babe icb in einem Tropfen Blutes weisse Blut- kiirperchen mit Farbstoffpartikeln gesehen. Es erklltrt sich diess aber aus dem bemcrkeuswerthen Umstande, dass sehr bald nach der Einspritzung tier gesammte Farbstoff in den Capillaren der Leber festgehalten wird. Diessgeschieht, wie ich bereits oben an- gedeutet habe, schon beim Froseh, obwohl niemals in dem Grade, wie beim Kaninchen, wo dadurch ganz vollstiindige, nattlrliche blaue Injeetionen des Capillarsystems der Leber entstehen kiinnen, wlihrend gleichzeitig die siimmtlichen tibrigen Blutgefiisse des Kiirpers kein einziges Farbstoffkiirnchen enthalten. Es wird diese Thatsache ohne Zweifel auf der grossen Langsamkeit des Blutstroms in der Leber beruhen; wenigstens sehe ich nicht ab, auf was Anderes dieselbe zuriiekzufilhren sei. Sei dem abet wie ibm wolle, immer- hin wird man bei dieser Sachlage aus dem Misslingen der Experi- mente an S~tugethieren kein Recht herleiten kSnnen, den Sehlilssen Ergebnisse der Frosch- entgegenzutreten, zu welehen die positiven versuehe uns berechtigten. Als ieh im Laufe tier Untersuchung bis zu diesem Punkte gelangt war, war es natttrlich sofort klar, dass dieselbe in einem gef~isslosen Gewebe, wie die Cornea, nicht weiter geftihrt werden konnte. Das Arbeitsterrain musste fortan ein gefiisshaltiges sein, und ich verlegte dasselbe daher in das Mesenterium des Frosches. Als wesentliches Htllfsmittel bei allen weiteren Versuchen diente mir das Curare. Die Dosis, welche den Thieren subcutan beige- bracht wurde, war so gering, dass es 1~- bis 2 Stunden bedurfte, his sie villlig regungslos wurden, und andererseits gewiihnlich nach c. 48 Stunden die Bewegungsf'~ihigkcit wiederkehrte: eine Zeit, die ftir die meisten Versuche und Beobachtungen sich als vollstlindig ausreiehend erwies, die aber natiirlich durch erneute Injection sehr kleiner Dosen Curare beliebig verlitngert werden konnte. Eine so geringe Menge Curare hat, wie bekannt, keinerlei Einfluss auf die Circulation; ebenso gedeihen alle EntzUndungen vortrefflieh bei curarisirten Individuen, eine traumatische Horn- hautentztindung verliiuft bei denselben in keiner Weise anders, als bei nieht curarisirten, und ich will nut beiliiufig erwiihnen, dass jene Keratitisversuche mit Injection farbiger FlUssigkeit in die 27 Blutgef'~isse alle an Thieren ausgeftihrt wurden, welche durch Cu- rare regungslos gemacht waren. Eine Entztindung des Mesen- teriums, d. i. eine Peritonitis, zu erregen gelingt aber auf man- cherlei Art; schon wenn man einen kleinen Wattebausch in die Bauchhiihle des Frosches bringt, entsteht eine allerdings nur leichte EntzUndung; heftiger ist der Effect, wenn man das Mesenterium und den Darm ill der Bauchhiihle mit Cantharidentinctur bestreicht oder eine Stelle desselben energisch mit dem Lapis touchirt, das bei Weitem bequemste Mittel abet zur Erzeugung der Peritonitis ist, den Darm mitsammt dem Mesenterium aus der Bauchhiihle herauszuziehen und ihnder Luft ausgesetzt, bloss liegen zu lassen. An dem freiliegenden Darm und Gekriise sieht man ziemlich rasch eine H~per~imie sich entwickeln, die Gef~sse zeigen eine allm~ihlich immer zunehmende strotzende Ftillung, die sieh an dem Darm selbst als eine diehte, gleiehm~lssige R(ithung kundgibt; weiter- hin, nach Verlauf etlicher Stunden, lagert sich tiber dem Ganzen ein Anfangs leichter, allmlihlich immer diehterer, trtiber Hauch, so dass die einzelnen Gef'~isse nut noch verwaschen und undeut- lieh zu erkennen sind. Endlich nach 15--18, auch wohl erst 24, selbst 36 Stunden ist das Mesenterium und tier Darm ganz tiber- zogen yon einer weichen, mattgraulichen, auch wohl gelblich- grauen, dtinnen und etwas klebrigen Sehicht, die sich ganz nach Art einer fibrin(isen Pseudomembran in kleineren oder gri~sseren zusammenh~ingenden Fetzen yon jenem abziehen liisst, und wie die mikroskopisehe Untersuchung lehrt, ganz aus dichtgedriingten contraetilen Eiterzellen und sear vereinzelten rothen Blutkiirperchen besteht, Alles eingebettet in einem amorphen, ganz schwaeh kiirnigen, dutch Essigsliure raseh und vollstiindig zu kllirenden Material. Ganz der gleiche ist der Verlauf und das Produkt der Entztindung, welche naeh den oben erwlihnten Sehiidlichkeiten in der geschlossenen Bauchhi~hle sich entwiekelt. Niemand abet wird verkennen, dass der soeben geschilderte Prozess vo|lkommen mit dem typisehen Bilde einer Bauehfellentztindung mit fibriniis-eitrigem Exsudate tibereinstimmt, dass wir mithin eine legitime Peritonitis vor uns haben, ,,wie sie im Buche steht." Um nun die mikroskopische Beobachtung des ganzen Vor- ganges in der bequemsten und miiglichst fehlerfreien Weise zu ermiiglichen, verfuhr ich folgendermaassen. Einem miinnlichen 28 Frosche -- mit Rticksicht auf den Eierstock habe ich nur solche zu diesen Experimenten verwendet -- wurde durch eine dutch Haut und Muskulatur gefiihrte Incision in der linken Seite, wo die Leber am wenigsten stiirt, die Bauchhi~hle eriiffnet und die etwa eintretende geringe Blutung dutch einen kalten Schwamm sogleich zum Stehen gebracht. Alsdann wurde derselbe rticklings auf ein Objectglas gelagert, das gross genug war, um das Thier der ganzeu L~inge nach auszubreiten; auf diesem Glase hatte ich mit Canada- balsam eine kreisrunde Glasscheibe yon 12 Mm. Durchmesser und 189 Mm. Dicke aufgekittet, welche ringsum yon einem schmalen, 1 Mm. dicken, gleichfalls mit[elst Canadabalsam befestigten Kork- ring umgcben war. Jetzt wurde der Darm mit Gekriise zur ln- cisionswunde hinausgezogen, zunlichst auf dem Bauche des Frosches selber platt ausgcbreitet und dann rasch tiber jene Seheibe bin- fiber geschlagen, der Art, (lass das Mesenterium auf der Seheibe selbst ruhte, wiihrend tier Darm auf den umgebenden Korkring fiel und bier mittelst kleiner Stecknadeln festgesteekt werden konnte.*) Bei einiger Uebung kann man diess so rasch ausftihren, class keine halbe Minute vergeht yon dem Augenblick des Hervor- ziehens des Darms his zu seiner Lagerung und Befestigung. Da- bei fliesst kein Tropfen Blutes, und Niehts kann, falls man sauber handtirt hat, die Reinlichkeit des Pr~tparates im Geringsten beein- triichtigen. Das so hergestellte Object kann .,nan nun ohne Weiteres, insbesondere ohne Deckglas, sofort unter das Mikroskop bringen, oder wesseu Seele besonders deckglasbedtirftig empfindet, wie W. Krause's in G~ttingcn+), der mag das Mesenterium mit einem kreisfiirmigen, leichten Deekgllischcn bedeeken, das zwar den Gang des ganzen Prozesses zuweilen etwas zu verlangsa~nen scheint, jedoch in keiner irgendwie wesentliehen Weise auf den- selben einwirkt. Als VergrSsserungen bediente ich reich, abge- *) Es empfiehlt sich diese Befestigung des Darms desshalb, weft ohne sic durch den Reiz der Luft bald peristaltische Bewegungen desselben beginnen~ die alsdann die Beobachtung in hohem Grade stSrende Faltungen und Runze- Iungen des Mesenterium in ihrem Gefolge haben. Ich brauche fibrigens wohl nicht erst ausdrficklich zu bemerken, dass ich reich natfirlich zuvor ver- siehert habe, dass die Befestigung des Darms keinerlei Einfluss hat auf den Ablauf der entzfindlichen Erscheinungen. **) Vgl. Schmidt's Jahrbficher. t867. Heft ~. '~9 sehen natilrlich yon der ersten Orientirung, gewiihnlich far die tlbersichtlicheren Veri~iittnisse einer yon 180, ftir das Studium des Details yon 300, 400, 450 (Oc. 3, Syst. 5, 7 und 8 yon Hartnack), aber man kann auch ohne Nachtheil in cinzelnen Fitllen ein lmmersionssystem anwenden. Dafiir braucht man gewiihnlieh keinerlei Sorge zu tragen, dass das Object hinreichend fcucbt er- halten bleibe; denn falls man nur f,qscb gefangene, krliftige Exem- plate gebraucht, so sorgen diese selbst ftir die n~ithige Transsuda- tion, undes genilgt, der Itaut des Thieres selbst immer einiges Wasser dutch aut'gelegte Sehwiimme oder dergleichen zuzuftihren, um sieher zu scin, dass der blossgelcgte Darm und alas Mesenterium nicht eintrockne; schlimmstcn Falls kann man ja auch von Zeit einen Tropfen Jodserum dem Pr@arate zusetzen. Endlieh sei es mir noch gestattet darauf aufmerksam zu machen, dass, wie reich eine vielfttltige Vergleichung gelehrt hat, die Peritonitis mit allen Phasen zwar in ganz gleichartigem Modus, aber um Vieles rascher und energischer bei der R. temporaria ablliuft, als der Esculenta, ohne dass ich einen Grund far diese Differenz beizubringen wtlsste. In dem in der soeben beschriebenen Weise hergerichteten Prliparat erseheint nun die Substanz des Mesenterium selbst als ein blasses Gewebe, dem durch die Gegenwart zahlloser, blasser leicbt welliger und lockiger Fasern der unverkennbare Charakter des fibrillliren Bindegewebes aufgedrUckt wird. Zwischen diesen eigentlichen Bindegewebsfasern bemerkt man eineslheils noch eine, im ganzen sparsame Zahl yon sehr feinen, sich vielfach durchkreuzenden elastisehen Fasern, und zweitens markhaltige und marklose Nerven, welche zum Theil recht breite St~mmchen bilden, zum Theil aber in iiusserst schmale und sehr schwer wahrnehmbare Fasern tiber- geben, deren Verfolgung ftir unsere Auf~abe ohne lnteresse ist. Alsdann fallen yon vornherein tibcrall zahlreiche Kerne auf, und zwar erstens rundliehe, ziemlich grosse und etwas kiirnigt aus- sehende, welche in anniihernd regelmitssigen Abstiinden gegen einander vertheilt sind: diess sind, wie tier Zusatz eines Tropfens einer ~ ' pCtigen Silberliisung zeigt, Kerne des das Mesenterium tlberzieheaden einschichtigen Plattenepithels; und zweitcns etwas st~irker gl~inzende, sehm~ilere aber liingere Kernformen yon Spindel- gestalt, welehe weniger regelmlissig vertheilt zwischen, resp. unter 30 jenen liegen, und zweifelsohne dem Bindegewebe selber ange- hih.en. Von einem Zellprotoplasma sieht man in frischem Zu- stande um diese Kerne nut iiusserst undeutliche Umrisse, ich will jedoch sogleich hervorheben, dass dutch Goldchlorid, auch ge- wiihnlich schon durch Fiirbung mit Jodllisung ein Wenig Zellsub- stanz hauptslichlich an den Polen der Kerne zum Vorscbein kommt, so dass wir hier spindelfiirmige, aber wenig entwickelte Binde- gewebszellen vor uns haben. Ausser diesen stSsst man nur auf vereinzelte wandernde, lymphki~rperartige Elemente im Gewebe; sollten ibrer einmal drei oder vier beisammeu liegen, so ist diess gewi~hnlich in der Niihe eines kleinen Gef~sses. AIs eine mir nicht ganz verslltndlicbe Erscheinung, fiir die icb bei der Esculenta hie eine Analogie gesehen, will ich bei der Temporaria noeh gewisse Reihen zelliger Elemente verzeiehnen, yon denen einzelne Capil- laren und meist kleine Arterien und Venen zu beiden Seiten be- gleitet werden; diese Kiirper markiren sich sehr deutlieh dutch ein sehr grobkiirniges Protoplasma, so wie h~iuflg dutch gelbliche, ~lartige Tropfen in ihrcm lnnern; ich babe dieselben ihre Gestalt, niemals aber ihren Ort ver~ndern sehen, und ich wilrde desshalb am ehesten geneigt sein, sie als eigenthtlmlich modificirte fixe Bindegewebskiirperchen anzusprechen, vielleicht als primitive An- deutung jener Fettgewebsmassen, welche bei den hliheren Wirbel- thieren so gewiihnlich die Gef~isse umgeben. Vor Allem am meisten aber wird die Aufmerksamkeit des Beobachters gefesselt durch die Blutgef'~isse. Bekanntlich gehen beim Frosch, ganz iihnlieh wie bei den Siiugethiereu, eine Anzahl relativ grosser Arterien radienartig yon der Wurzel des Gekrlfses zu dem Darm hintiber, um noeh vor demselben dureh Abgabe sot- lieher, mit einander confluirender Aeste ein System flaeher, der Ansatzlinie des Mesenterium an den Darm entlang verlaufender Arkaden entstehen zu lassen, aus denen die zahlreichen arterielleu Gef~isse direct in den Darm hintlbertreten. Die von diesem zuriick- kehreuden Venen sammeln sicb z. Tb. unter Vermittelung analoger veni~ser Arkaden in eine Anzahl gleichfalls grosser St~imme, die gleichfalls radienartig der Wurzel des Gekriises zustreben und sich bier successive in einen Hauptstamm vereinigen. Von den arteri- ellen Arkaden treten aber auch einzelne Aeste nach riickwlirts, gegen die Mesenteriumwurzel, und vertheilen sich, nach,kUrzerem 31 oder l~lngerem Verlaufe, in relativ weitmaschige, im Mesenterium sich ausbreitcnde Capillarnetze, aus denen sich meist kleine be- sondere Venen sammeln, die an irgend ether Stelle in eine der griisseren, radilir geriehtetcn Venen einmiinden. Auf diese Weise resultirt der besondere Charakter der Gef~issvertheilung im Mesen- terium gegenilber der in anderen KSrpertbeilen: es gibt bier eine relativ grosse Zahl m~chtiger arterieller und veniiser Stlimme, wlihrend die schwlicheren Zweige, sowie die Capillaren nut in ge- ringer Menge sieh vorfinden; immerhin abet gibt es doch alle Arten von Geffissen, und man darf daher vor Lticken in der Beobaehtung unbesorgt seth.' Uebrigens brancht es wohl nicht erst erwUhnt zu werden, class bet den einzelnen Froschindividuen mannigfache Schwankungen in der Anordnung der einzelnen C,e- fiisse vorkommen; bald sieht man die Meh,'zahl paarweise, eine Arterie neben ether Vene angeordnet, ein anderes Mal laufen gerade die meisten einzeln und ungesellig, u. dgl. mehr. Was endlieh die vielbesproehene Frage der die Gef~isse umgebenden Lymph- rltume betrifft, so sieht man allerdings in frisebem Zustande manche griissere Geflisse von ziemlich breiten hellen R~iumen eingescheidet, die gegen das tibrige Mesenterialgcwebe deutlich abgesetzt erscheinen, indess babe ich diess keineswegs an allen, sogar hie an den klei- neren, arteriellen, ven~isen oder capillliren C, el'~ssen wahrgenommen, und jedenfalls hat sieh im weiteren Verlaufe der U ntersuehung Nichts herausgestellt, was fiir ein unte~schiedliches Verhalten dieser Riiume im Vergleieh mit dem Ubrigen Mesenterialgewebe sprechen konnte. Wiehtiger aber als Alles diess, sind die Verhliltnisse der Circulation, zu deren Betrachtung wit jetzt uns wenden wollen. Indem ieh aber einestheils an diesem Ortc die Details des Kreislaufs selbstverslllndlich nur veto Standpunkte der mikros- kopischen Analyse behandeln will, andererseits die normalen Ver- bltltnisse als bckannt voraussetzen kann, darf ich reich darauf be- schrltnken, in der KUrze die Punkte hervorzuheben, welche mir als die maassgebenden und eharakteristisehen for die einzclnen Ab- sehnitte des Gef~isss~,stems erscheinen. Iu dem rasch ausgebrei- teten und unter alas Mikroskop gebrachten Mesenterium stud, wie diess mit nnseren allgemeinen Erfahrungen tibereinstimmt, constant die Arterieu sehm~iler, als die Venen, und zwar lasst sich diess so- 32 wohl an nebeneinander paarweise verlaufenden GePAssen, als auch den einzeln gelegenen durchg~ingig constatiren. Um beispielsweise einige Maasse anzufiihrcn, so babe ich an verschiedenen Indivi- duen bestimmt den Durchmesser yon Arterien und Venen 0,15 und 0,18 Mm.; 0,14 und 0,17; 0,18 und 0,22; 0,14 und 0,20; 0,20 und 0,26 Mm., d. h. die Weite der Venen betrligt darnach mindestens um ein Sechstheil, kann abet auch um die H~ilfte mehr betragen, als die der Arterien. Was aber den Blut- strom in letzteren attlangt, so ist derselbe durch vier Punkte ge- kennzeichnet. Erstens durch die Richtung, welche im Mesenterium yon der Wurzel gegen den Darm gerichtet ist; zweitens durch die grosse Geschwindigkeit, welche es durchaus unmliglich maeht, in dem Strom ein einzelnes Kiirperchen zu unterscheiden; drittens dutch jenen eigenlhiimlicben Charakter des Stroms, auf welchen zuerst Weber*) die Aufmerksamkeit gelenkt hat, und welchen man seitdem mit dem Namen des Axenstroms zu belegen gewohnt ist. Es fiillt eben bekanntlich die rothe Blutsiiule das Lumen des Gef~isses nicht vollsfiindig aus, sondern auf beiden Seiten bleibt zwischen ihr und dem innern Contour der Gef~isswand ein unge- f~rbter Saum yon wechselnder, im Allgemeinen aber ungef'cihr 0,01 Mm. rnessender Breite, in welchem man niemals ein rothes Blutkiirperchen, ~iusserst selten auf kurze Weile ein farbloses auf- tauchen sieht, und in dem daher lediglich Plasma fliesst. Das vierte und bei Weitem auffallendste Kennzeichen des arteriellen Stroms ist endlich die Pulsation. Selbst in sehr kleinen Arterien erkennt man noch jede Systole des Herzens, und zwar, wie diess schon von Anderen, z. B. von Donders, ganz riehtig hervorge- hoben ist, weniger an einer etwaigen Ausdehnung des Gef~isses, als an der rhythmischen Beschleunigung und Verlangsamung des Blutstroms**); es ist, als ob die Bluts~iule immer einen kr~iftigen Stoss bekomme, der sie yon Neuem fortreisst. Von den hier aufgeflihrten Gesichtspunkten aus betrachtct, verh~ilt sich nun die Circulation in den Venen in folgender Weise. Die Richtung ist die der arteriellen entgegengese!zte, vom Darm gegen die Wurzel des Gekri/ses. Die Stromgeschwindigkeit ist er- *) Mfiller's Archly f. Anat. u. Physiol. i837. S. 267. **) Vg[. Donders Physiologie, /ibers. v. Theile. 2teAufl. S. 131. 33 heblich geringer, als in den Arterien, man beginnt von den ein- zelnen BlutkGrperchen eben verwaschene Umrisse zu erkennen. AIsdann hat auch hier tier Strom zwar einen axialen Charakter; indess fur einmal ist die Breite des ungef~rbten Saums gewGhn- lieh etwas geringer, ganz besonders aber zeichnet es den letzteren in den Venen aus, dass hier regelmitssig yon Zeit zu Zeit ein- zelne farblose BlutkGrperchen in ihm erschienen, welehe langsam vorrtleken', aueh wohl einmal eine kurze Zeit ganz still stehen, dann wieder weiter gesehoben werden u. s. f.; man kann eine Vene nicht zwei his drei Minuten beobaehten, ohne dass nicht wenigstens 8--10 farblose KGrperehen das Gesichtsfeld passirten. Von einer Pulsation, einer stossweisen Bewegung endlieh ist natilr- lich in den Venen gar niehts zu sehen, die StrGmung ist eine ganz gleiehartige, continuirliche. Von beiden abweichend und in jeder Beziehung unregelm~ssig und schwankend stellen sieh weiterhin die Capitlaren dar. Es gibt im Mesenterium deren, die weir genug sind, um bequem ein rothes und farbloses, selbst zwei rothe BlutkGrperchen neben einander durchpassiren zu lassen, w~ihrend andere gleichzeitig nut Raum fth. ein einziges bieten, s~immtlieh dutch ihren histologischen Ban als eehte Capillaren eharakterisirt. Aueh die Riehtung des Stroms ist keine vGllig constante, im Allgemeinen zwar von den Arterien zu den Venen, abet hiiufig genug stoekt hier und da in einem Zweig auf kUrzere oder l~ngere Zeit die Bewegung ganz, ein ander Mal kann die Riehtung selbst auf Strecken complet umsehlagen u. dgl. m. So ist aueh die Gesehwindigkeit eine sehr ungleiche; immer wohl ist sie so gering, dass man ohne Weiteres die einzelnen KGrperchen erkennen kann, bald aber be- wegen dieselben sieh in einem Capillarzweige eontinuirlieh fort, bald, wie gesagt, tritt ein zeitweiser Stillstand ein, der zuweilen nut die farblosen, zuweilen abet auch in gleieher Weise die rothen trifft. Dabei verdient aber entsehieden hervorgehoben zu werden, dass man ganz unzweifelhaft den Eindruek erh[ilt, als werden die farblosen KGrperehen stets langsamer fortgeschoben, als die ge- f~irbten. Welter aber ist es bei tier Enge der Capillaren selbst- verst~ndlieh, class in ihnen ein besonderer Axenstrom sieh nieht markiren kann, die KGrperehen berflhren ilberall die Wand, die rothen ebenso wie die farblosen. Endlieh ist bekanntlich sehon Archiv. f. pathol. Anat. Bd. XL. Hit. I u. 2. 3 34 in den Haarr~hrchen keinerlei Andeutung der Pulsation mehr er- halten. Aber in dieser Weise, wie ich sie so eben zu schildern ver- sucht babe und wie man sie filglich als die physiologisehe, nor- male bezeichnen daft, erhalten sich die GeFfisse und der Kreislauf am blossgelegten Mesenterium nich| lange, und gar oft wiirde die Zeit, welche auf die Darstellung verwendet wurde, hinreiehen, um dieselbe nicht mehr als getreu erscheinen zu lassen. Della sehr raseh entwickelt sich eine Reihe van Ver~inderungen, deren End- product die eben besehriebene Exsudatschieht ist, und welehe ieh jetzt den Leser bitten will, im Eiozelnen mit mir zu verfolgen. Dabei will ieh aber van vornherein betonen, dass nicht bloss, wie bereits oben angedeutet, der ganze Vorgang in sehr vorschie- dener Zeit sich entwickela kann, sondern dass auch die einzelnen Stadien des Prozesses van sehr wechselnder Dauer sind; bei dem einen Frosch vergehen wahl acht Stunden, bis eine Phase sich ausbildet, die bei einem zweiten schon in drei eingetreten, und wlihrend einmal irgend ein Stadium in einer Stunde abl~uft, be- daft es dazu vielleicht deren vier bei einem andern anscheinend gleich kr~iftigen und gleich grossen Individuum. hber wie ungleich auch immer die Zeitdauer der einzelnen Phasen bemessen sein mag, immer gehen dieselben in einer bestimmten Reihenfolge vat sich, in der wir sie im Folgenden betrachten'wollen. Das Erste n~imlieh, was geschieht, ist eine Erweiterung der hrterien. Sofort nach der Blosslegung des Mesenteriums pflegt, ohne dass eine etwa vorhergehende Vereogerung sieh con- statiren Iltsst*), die Dilatation der hrterien zu beginnen, so dass sie bereits nach 10--15 Minuten eine sehr ausgesprochene sein kann. Van da ab nimmt sie stetig, mit hiJchstens ganz kleinen 9 und kurzen Intermissionen und Remissionen, zu uod hat gewiJhn- lieb schon nach ein his zwei Stunden ihren HtJhepunkt erreicht, auf dem sie sich nun wlihrend des ganzen weiteren Prozesses or- h~ilt oder hiJehstens um einige Hundertstel eines Millimeter van ibm wieder abf'fillt. Der Gesammteffect dieser Erweiterung kann ") Man mfisste dean die oben geschilderte Beschaffenheit der hrterien gleich nach der Bloss|egung selbst als Effect einer sogleich erfolgten Verengerung ansehen wollen, wogegen abet die dann zu statuirende rapide 6eschwiadig- keit der Eantraction sprechen wiirde. 35 einen sehr hohen Grad erreichen; so ist nichts hitufiger, als dass man eine Arterie von 0,14 im Durchmesser auf 0,22, eine von 0,15 auf 0,24 steigen sieht; ich babe aber auch an einer Arterie, die Anfangs 0,15 maass, bereits nach 45 Minuten die Weite auf 0,31, und an einer anderen von 0,14 binnen einer Stunde auf 0,35 Mm. bestimmt; auf mehr als das Doppelte des ursprUnglichen Durchmessers kann demnach eine Arterie sich erweitern. Dazu kommt noch Eines. W~ihrend Anfangs s~immtliche Arterien gerade gestreckt oder mit nur ganz leichten Krihnmungen verlaufen, treten constant an sehr vielen ira blossliegenden Mesenterium die bedeu- tendsten Schllingelungen auf, und da diess eben nur auf einer Ver- llingerung des Gef~isses beruht, so mag man daraus ableiten, um wie Vieles der Rauminhalt einer dilatirten und zugleich geschl[in- gelten Arterie zugenommen hat. Uebrigens ist die Erweiterung der arteriellen Gef'~isse, mligen sic noch gestreckt oder geschl~ingelt verlaufen, soweit sic blossliegen, durchgehends eine gleichmlissige; nur in vereinzelten F~illen trifft man bei der Durchmusterung des Pr~iparats mitten im Verlaufe einer Arterie pliitzlicl~ auf eine Stelle, die der Art verengt ist, dass das. Lumen vielleicht nur den dritten Theft desjenigen betrligt, welches das Gef[iss gleich hinter dieser Stelle zeigt; dicht vor derselben, nach dem Herzen zu, st0sst man dann fast regelm~ssig auf eine gleichfalls circumscripte Stelle, wo die Arterie im gerade entgegengesetzten ungewShnlich erweitert ist, his auf das doppelte vielleicht des unmittelbar vorher befindlichen Abschnittes. Ich kann nicht sagen, worauf diese Unregelm~issig- keiten, die man auch wohl, ohne bemerkbare Veranlassung unter seinen hugen sich entwickeln sieht, und welche Stunden lang an- halten kiinnen, zurtickzufilhren sind; wir werden jedoch weiler unten noch einmal gentithigt sein darauf zurtick zu kommen, weft sich an solchen Stellen abweichende und recht instructive Ver- h~iltnisse ausbilden ktinnen. Auf die Dilatation der Arterien folgt eine gleiehe in den Venen, indess in sehr viel langsamerer Weise, und ganz regelm~issig gibt es im Lat~fe des Prozesses ein Stadium, in welchem die Venen yon den Arterien an Weite tibertroffen werden. Jedoch, was in der Rasehheit des Vorganges bier fchlt, das wird um so gewisser in der Grtisse und schliesslichen Ausdehnung desselben ersetzt, und nach einiger Frist kommt endlich doch immer das ursprtlngliehe 3* 36 gegenseitige Verhltltniss wieder ann~ihernd zur Geltung. In meinen Aufzeiehnungen finde ich u. A. eine Vene yon ursprUnglieh 0,16 in 3 Stunden gestiegen auf 0,24, eine andere von 0,17 auf 0,29, eine von 0,13 in vier Stunden auf 0,28, eine yon 0,21 auf 0,44 Mm.; aueh hier kann, wie man sieht, das Doppelte des an- f~ngliehen Lumens erreieht, ja ilberstiegen werden. Dabei sieht man in den um Vieles dehnbareren Venen Schl~ingelungen und KrUmmungen niemals auftreten, auch partielle Verengerungen und Erweiterungen entsinne ieh reich nieht gesehen zu haben, jeden- falls nie auch nur ann~ihernd in der Weise, wie bei den Arterien. Was abet die Beschaffenheit de,' Gefiisswiinde in den erweilerteu Gefiissen anlangt, so ist der einzige Unterschied, welchen sie gegen das ursprtlngliche Aussehen bieten, dass sie etwas sehmliler er- scheinen ; soust abet bilden sie nach wie vor ein auf dem optisehen L~ingssehnitte llingsfaseriges Gewebe, an den Arterien ganz wie bei den Venen, hiichstens ein Wenig dicker. -- Die Capillaren endlich und die an ihnen vorgehenden Ver~inderungen empfiehlt es sich, weiter.unten im Zusammenhange zu betraehten. In derselben Zeit aber, wlihrend diese Erweiterung der Ge- ~sse sich entwickelt, erfiihrt auch die Geschwindigkeit des Blut- stroms in ihnen Verfinderungen, zunlichst schwankender Art. In einigen Gefiissen, gleichviel ob Arterien, ob Venen, tritt yon An- fang an mit fortgehender Dilatation eine Verlangsamung des Blut- stroms ein, in anderen sieht [nan dagegen keinerlei Wechsel in der Geschwindigkeit, und in noch anderen glaubt man sogar eine Be- schleunigung zu bemerken, obwobl diese begreiflieher Weise sehr schwer mit Sicherheit festzustellen ist. Aber noeh auffallendere Schwankungen kommen vor. Man kann in einem Ge~sse, dessen Blutsh'om bereits eine ausgesprochene Verlangsamung erlitten, yon Neuem eine erhebliche Zunahme der Geschwindigkeit beobaehten, ohne dass damit eine mevkbare Verengerung des Ge~sslumens einherginge. Indessen so wechselnd dennoch Anfangs diese Ver- h,~iltnisse sein miigen, immer uad ausnahmslos entwickelt sich, sobald die DiLatation der Gefltsse eine Weile lang, ein, zwei Stun- den vielleicht, angehalten, eine Herabsetzung der Stromge- schwindigke it in ihnen. Mikroskopisch gibt sich diese Verlang- samung des Blutstroms dadurch kund, dass man binfort die ein- zelnen Blutkiirperchen in ihren Contouren unterseheiden kann, 37 ohne Schwierigkeit gewtihnlich schon in den Arterien, vollends ganz sicher in den Venen, wo ohnehin die Stromgeschwindigkeit yon vornherein eine geringere war. Um vicles evidenter wird jetzt auch der optische Effect der Pulsation in den Arterien. Wenn man eine Stelle in einer Arterie anhaltend fixirt, so ist es als ob die mit der vorhergehenden Welle heraugeschwemmte Blatmasse jetzt ruhig ausfliessen wolle, his plStzlich ein neuer, gewaltiger Stoss sic erfasst und sie unwiederbringlich dahinreisst. Und uoch Eines ist anders geworden, der Blutstrom hat den axialen Charakter eingebUsst. Man sieht nicht mehr zu beiden Seiten der rothen Bluts~iule eine ungefiirbte, ktirperchcnlose Plasmaschicht, sondern die Blutmassc filllt das ganze Lumen des Gef:~isses aus, und die Kiirperchen erreichen Uberall den inneren Contour der Gef~isswand. Dabei ist es abet sehon an den Arterien ganz unverkennbae, dass gerade die farblosen Ktirperchen der Gef~isswand zustreben; an der scheinbar ausfliessenden Wclle, in dem Augenblick der gr~issten Verlangsamung des Blutstroms, sieht man gerade in der Peripherie der ganzen Bluts~lule die weissen Blutkiirperchen auf die Gef'~iss- wand zurollen, gleich als wollten sic dort zur Ruhe kommen, wenn nicht die neue Welle sic unbarmherzig fortstiesse. Das ist abet, mit Ausnahme der oben erw~ihnten, erst spiiter genauer zu be- trachtenden Stellen, auch Alles, was man weiterhin an den Arterien wahrnehmen kann, und wir haben daher um so besser Musse, unsere ungetheilte Aufmerksamkeit zun~iehst den Venen zuzu- wenden. Denn in diesen beginnt alsbald, langsam und unter den Augen des Beobaehters, ein iiberaus charakteristisehes Verh~iltniss sich aus- zubilden; die peripherische Zone des Blutstroms, die ursprilng- liche Plasmaschicht filllt sich mit zahllosen farblosen Blutkiirperchen. In der Richtung yon den Capillaren rUcken in langsamer, zuweilen etwas ruckweiser Bewegung einzelne weisse Klir- perchen in's Gesichtsfeld, um alsbald an irgend einem Punkte der Gef'fisswand zur Ruhe zu kommen, dauernd oder vielleicht nut erst auf eine gewisse Zeit, naeh der sic noch einmal eine kurze Strecke fortgefiihrt werden kiinnen. Immer griisser aber wird alim~ihlich die Menge der Zellen, die sich in derRandsehicht anh~iufen und zu den, yon den Capillaren her vorgeschobenen kommen bier und da noch einzelne, die aus dem centralen Blutstrom auftaucben und gleichfalls an der 38 Wand sich lagern. Der endliche Effect dieses Vorganges ist, dass nach k0rzcrer oder l~ingerer Frist die gesammte Randzone des Geflisses ausgeftlllt ist yon farblosen Kt~rperchen, so dass man auf dem optisehen L~lngsschnitt eine einfache, fast ununterbrochene Rcihe kugliger, wcisser Blutk~rperchen, entlang dem inneren Con- tour dor Gef~sswand sieht, w~ihrend bei der Hebung des Tubus, wenn man auf die obere Wand des Gefiisses einstellt, eine Art Pilaster dichtgedr~ingter farbloser Zellen die Wand ttberlagert. Es ist, so zu sagen, ein einschichtiger, aber vollst~ndiger Wall un- bewegter, weisser KSrperchen, der rings in der ganzen Peripherie das Gef'~ss austapeziert, und wenn einmal, wie diess nicht selten vorkommt, eine Lttcke in diesen Wall gerissen wird, dadurch dass einzelne der K~rperchen vom Blutstrome mit ergriffen und fort- gezogen werden, so wird dieselbe alsbald wieder von nachrttcken- den Ank~mmlingen ausgefttllt. Innerhalb dieses Walles aber fliesst mit gleichm~issiger Geschwindigkeit die rothe Bluts~ule dahin, ohne dass je ein gef~rbtes K~rperchen sich aus dem Zusammenhange mit den anderen 18ste, und ich kenne keinen Gegensatz, der aus- gepr~gter sein kSnnte, als der zwischen der continuirlich str~men- den rothen centralen S~ule und der ruhenden Randschicht unge- fiirbter K~rperchen. Nicht lange aber hltlt dieser Zustand an, so wird das beob- achtende Auge gefesselt durch einen sehr unerwarteten Vorgang. An dem ~usseren Contour der Vcnenwand entstehen einzelne kleine, farblose, knopff'6rmige Erhebungen, gleich als triebe die Gef~ss- wand selber buckelartige Ausw0chse. Diese AuswUchse werden langsam und ganz allm/ihlich grosset, nach einiger Zeit scheint aussen auf dem Gefitsse eine Halbkugel zu liegen yon der Grt~sse etwa eines halbert weissen Blutk~rperchens, weiterhein verwandelt sich die Halbkugel in ein birnft~rmiges Gebilde, das mit dem an- geschwollenen Ende yon dem Gef~sse abgekehrt ist und mit dem zugespitzten in der Wand des letzteren wurzelt. Jetzt beginnen yon dem Umfang des birnf'drmigen K~rperchens feine Forts[ltze und Zacken auszustrahlen und wlihrend bisher der ganze Contour ein mehr oder weniger abgerundeter war, nimmt jenes jetzt sehr mannichfaltige Gestalten an. Vor Allem abet entfernt sich die Haupt- masse des Kbrperchens, das angeschwollene, zaekig gewordene Ende, immer mehr yon der Ge~sswand, indem das zugesehltrfte 39 Ende sich allm~hlich in einen immer l~ingeren, feinen Stiel aus- zieht, den ich bis 0,05, ja 0,07 Mm. L~nge habe erreichen sehen. Endlich aber l~st sich dieser Stiel yon dem Punkte der Wand, in dem er bisher festgesessen, und wit haben jetzt ein farbloses, etwas gl~nzendes, contractiles K~rperchen vor uns mit einigen kurzen und einem sehr langen Ausl~ufcr, dessen Gr~sse v~llig Ubereinstimmt mit der eines weissen Blutkttrperchens, in dem man nicht selten schon bei irgend einer Gestaltver~inderung im frischen Zustande, jedesfalls nach Behandlung mit Reagentien, einen oder mehrere Kerne wahrnimmt und welches mithin in keiner Weise sich unterscheidet von einem farblosen Blutk'~rperchen selbst. Es geh~rt aber ein nicht geringer Grad yon Selbsttiberwin- dung und entsagender Beschr~inkung dazu, den Blick unverweilt auf diesem einen Punkt ru.hen zu lassen. Denn w[ihrend der immerhin langen Zeit, die yon der ersten buckelartigen Hervor- treibung his zur Losliisung des Kiirperchens vergeht -- es kann sich dieser Prozess tiber eine Zeit yon mehr als zwei Stunden ausdehnen, oft allerdings auch viel rascher ablaufen, hat sich an vielen anderen Stellen der Gefiisswand eine grosse Anzahl anderer farbloser Kiirperchen hervorgesehoben,, und wenn alan einen Augen- blick alas Auge tiber den ganzen im Gesichtsfeld liegenden Ab- sehnitt der Vene hingleiten llisst, so bekommt man nebeneinander alle die Stadien zu Gesichte, welehe man so eben hintereinander an dem einen Ktlrperchen sich hatte abwickeln sehen. Kleinere und etwas griJssere buckelartige Auswtichse, birnfiirmige Elemente, mit kilrzerem oder l~ingerem Stiele in der Gef~isswand festwurzelnd, alles sieht man gleichzeitig in wechselnder Menge vor sich; yon den langgestielten Ktirperchen liegen einige vollkommen ruhig, andere aber gew~ihren das sehr eigenthilmliche Schauspiel, dass sie mit dem angeschwollenen Ende, ihrer eigentlichen KiJrpermasse, kleine schaukelnde, pendelartige Bewegungen machen, wlihrend der Stiel festhaftet. 'Allmlihlich wird aber die Zahl der hervor- tretenden farblosen Kiirperehen griisser und griisser und drei his vier Stunden etwa, nachdem die erste Ansehwellung an der Aussen- seite der Vene sieh gezr ist dieselbe rings umgeben yon einem zwar einfachen aber dichten Ring solcher K~rperchen, die gleieh starrenden Pf'dhlen um sie aufgepflanzt sind. Und noch einige Stunden sp~iter, so ist es nicht mehr eine einfache Schicht farb- 40 loser KSrperchen, welche das Gef~ss rings umschliesst, sondern ein wahrer Wald, ein Schwarm derselben breitet sich auf allen Seiten aus, 4, 6 und mehr aufeinander folgende Reihen unregel- m~issig, abet dicht stehender Kt~rperchen folgen yon innen nach aussen aufeinaader, die K~rperehen der innersten Reihe in der oben beschriebenen Weise mit ktirzeren oder l~ngeren 8tielen in der Gefiisswand festhaftend, die der zun~chst nach aussen folgen- den Reihen noch sehr deutlich gew~hnlich durch die langausgezo- genen, gegen die Vene gerichteten Forts~tze charakterisirt, die in den ~usseren Reihen immer kiirzer werden, so dass man schliess- lich nichts anderes sieht, als die gewi~hnlichen, so wechselnden Gestalten contracfiler Blut- oder EiterkDrperchen. In einigen Stunden sagte ich; doch nach dem eben Vorausgeschickten ist diess cure grano salis zu verstehen. Denn in dem ganzen Vor- gange der Entzfindung gibt es keine Phase, die unregelm~lssiger abliefe, als eben diess Hervortreten farbloser KDrperchen am lius- seren Umfang der Venen; w~hrend ich bei eiuzelnen Individuen, besonders yon Temporaria, bereits 3--4 Stunden naeh tier Bloss- legung des Mesenterium dasselbe beobachtet, sind bei anderen- 12, ja 15 Stunden und drtiber vergangen, ohne dass aueh nur leise Anf~nge deutlieh wurden; und nicht bloss bei verschiedenen Indi- viduen zeigt sich solche Ungleichheit, sondern sogar bei einem und demselben Frosehe kann man eine bestimmte Vene bereits ein oder zwei Stunden im Auge behalten, ohne dass der Gef~ss- conlour die geringste Ver~nderung zeigt, undes gentigt vielleicht, das Pr~,iparat um einen oder ein paar Millimeter zu verschieben, um sofort auf ein anderes Gefliss zu stossen, das bereits ganz von seinem Ktirperchenring umschlossen ist. W[ihrend dieses all- mlihliehen und mit der Zeit immer stiirkeren Hervortretens farb- loser Kiirperchen am ~iusseren Umfang des Gef~isses, das ich, wie ich noch bemerken will, an s~immtlichen im Gekriise verlaufenden Venen, yon den kleinsten his zu den Hauptst~immen, beobaehtet habe, erh~ilt sich im Innern derselben der vorher ausgebildete und oben eiagehender beschriebene Zustand ganz unver~indert; nach wie vor lagert in der inneren Randsehicht eine einfache, ununter- brochene Lage weisser Blutkiirperchen, innerhalb deren der rothe Strom continuirlich dahin fliesst. Nicht fiberfliissig dtirfte es end- lich sein~ noch ausdriickli~h hervorzuheben, class niemals zwisehen 41 den, an der Aussenwand des Gef'~sses hervorgetretenen farblosen Ktirperchen auch nur ein einziges rothes Blutk~rperchen zum Vorschein kommt. Diese einzige Thatsache wird gentigen, um reich gegen den etwaigen Verdaeht einer so groben T~iusehung zu schlltzen, es kiinnten jene, aussen um die Vene sieh anhliufenden Ktirperchen, sei es yon der Ferne her herangeschwemmt, sei es durch eine Verletzung des Gef'~sses selber hinausgelangt sein. In der That wird, wie ich annehmen daft, meine obige Sehilderung, so unvoll- kommen sie auch den merkwllrdigen Vorgang wiedergeben mag, doeh sehon in jedem Unbefangenen die Ueberzeugung geweekt haben, dasses sich bier um ein Hervordringen farbloser Blutktirperchen aus dem Innern der Vene dureh die intaete Gef~isswand hindureh naeh aussen handelt. Dass die aussen sich anh~iufenden Kiirperchen iden'tiseh sind mit den farblosen Eiementen des Blutes, das ist each den aufgefllhrten Kennzeiehen derselben selbstverst~indlieh; abet nut durch die so eben gegebene Deutung ist es, wie mir scheint, mtlglich, alle Details des Vorgangs zu erkl~iren. Nichts Evidenteres vollends kann es geben, als die Verfolgung des letzteren an solchen Thieren, denen man mittelst der frtiher auseinandergesetzten Verfahren einen Theft der weissen Blutktirperchen mit Farbestoffkiirnehen impr~ignirt hat; wiederholt babe ich hier gesehen, wie ein Klirn- chert yon Anilinblau fiihrendes K~lrperchen zuerst sich ruhig an einem Punkte der Gef'fisswand festlegte, wie dann each einiger Zeit der beschriebene Buckel am ~iusseren Ge~sscontour zum Vor- sehein kam, der allm~ihlich wuchs und wuchs, bald auch einzelne blaue Klirnchen zeigte, und wie schliesslich ein mit diesen erftUl- tes eontractiles farbloses Kiirperchen mit einem langen Stiel in der Venenwand festsass, w~ihrend jetzt an der entsprechenden Stelle im Innern .des Gef'~sses eine gewiihnliehe, Farbstofikiirnehen- baare weisse Blutzelle lag. Wenn abet bei den grtisseren Venen, wegen der relativ zu bedeutenden Dicke ihrer Wandung, es bei der Profilansicht~ die doch allein entscheidend sein kann, kaum mliglich sein dUrfte, den letzten und unanfechtbarsten Beweis zu ftihren, dass man niimlieh ein und dasselbe Blutkiirperchen gleich- zeitig halb aussen und halb innen an der Gef~sswand wahrnimmt, 42 so gelingt dieas um so sicherer an den kleinen Venen und ganz besonders an den Capillaren. Wir haben in dem Gange unserer Darstellung die letzteren bisher ganz bei Seite gelassen, es erscheint daher an der Zeit, aueh ihnen jetzt uasere Auhnerksamkeit zuznwenden. Um die- selbe Zeit, a18 zuerst die Arterien und sp~ter die Venen so bedeu- tend sich erweiterten, Bind auch die Capillaren, welche Anfangs oft nur ais ganz blasse Streifen, in denen relativ weuige and h~iufig ganz vereinzelte Blutk0rperchen sich fortschoben, wahrge- nommen wurden, um Vieles deutlicher und auff'dlligeP geworden. So +nahe es aber aueh, nach dem Vorausgesehickten liegt, auch diess~ auf eine Dilatation der Haarr0hrchen zu beziehen, so unter- st0tzeh doch die lVlessungen eine solehe Deutung nur wenig; aller- dings werden auch die Capillaren weiter, aber ieh babe die Zu- nahme des Durchmessers gew0hnlich nur ein Sechstheil, hie mehr als ein Viertel betragen sehen; and es kann demnaeb keinem Zweifel unterliegen, dass jener Sehein einer Erweiterung wesent- lieh nut auf einer st~trkeren und dichteren F011ung der Capillaren mit Blutk0rperehen beruht. Beil[iufig will ich bier bemerken, dass ieh spontane Verengerungen und Erweiterungen yon Capillaren, wie sie Strieker an der ausgeschnittenen Niekhaut des Frosches ,~ beobachtet bat*), im ausgebreiteten Mesenterium niemals wahr- genommen habe, ohne dass ich nattirlich desshalb behaupten m0ehte, dass dieselben nieht vorkommen k0nnten; fflr den Vor- gang, der uns beschliftigt, seheinen sie jedenfall8 unerheblieh. Was aber den Blutstrom in den Capillaren des l~ngere Zeit blossliegenden Gekr0ses betritft, so zeigt er in Bezug auf Richtuug, Geschwindig- keit und Gleichmlissigkeit ganz dieselben Schwankungen, wie in normalen Verh~tltnissen. Es gibt etliche Capillaren, in denen mit unver~nderlieher Gesehwindigkeit, in durehaus gleiehartiger Riehtung und Regelm~ssigkeit die Blutk0rperchen sich fort bewe- gen, rothe und weisse dureheinander, letztere nur, wie bereits frtlher bemerkt, gew0hnlich etwas langsamer, so dass auch wohl einmal eines kurze Zeit an der Wand kleben bleibt und in retar- dirten Etappen fortgeschoben wird. In anderen Capillaren dagegen *) Wien. akad, Sitzungsber. Math.-naturw. C1, 2. Abthlg. +LI. 16--26 u. LII. 379--394. 43 wird allm~lhlich die Bewegung der Blutkiirperchen eine immer ver- ziigertere, ja sie kann endlich ganz still stehen, so dass dann das Haarriihrchen auf ktirzere oder l~ingere Streeken vollgestopft ist yon unbewegten rothen und farhlosen Blutkiirperchen, yon denen ailer- dings, wo beide Arten beisammen liegen, die letzteren gewlihn- lich die Randschicht einnehmen. Dieser StiUstand, oder um mich des klassichen Ausdruckes zu bedienen, diese Stase kann Stunden lang anhalten, his sie dutch einen mehr oder weniger pllitzliehen Impuls wieder gellist wird, die Kiirperehen wieder in Fluss gera- then*). Endlich gibt es noch ein, so zu sagen, Mittelglied zwi- sehen jenem continuirlichen Strom und dieser Stase; in einigen besonders der weiteren Capillaren sieht man nicht selten eine ruhende und eine striimende Schicht. Es kann die erstere die ganze Peripherie, die Randzone, inne haltea, wiihrend dann im Centrum noeh K(irperehen sich fortbewegen, ebenso gut aber kann eine ganze dem einen Gef~lsscontour angrenzende Hiilfte des Lumens nut unbewegte K(irperchen enthalten, w~ihrend in der anderen H~Ufte ein continuirlieher, rascherer oder langsamer Strom fortgeht. Dabei will ieh abet ausdrtlcklieh betonen, dass die ru- hende Schieht keineswegs, wie bei den Venen, nur farblose Ele- mente enth~ilt, sondern ebensowohl ktinnen zwisehen diesen aueh rothe unbewegt der Ge~sswand anliegen. Ganz entsprechend diesen Ungleichheiten entwickelt sich nun der weitere Vorgang in sehr wechselnder Weise. An denjenigen Capillaren, in denen der Blutstrom continuirlich mit gleichmiissiger Geschwindigkeit fortgeht, tritt keinerlei Ver~inderung ein; man mag dieselben so viele Stunden lang beobachten, als man will, hie wird man die leiseste Aenderung in der Reinheit des Centrums und in dem ganzen Habitus des Gef~lsses wahrnehmen, so lange eben die *) )'on dieser Stase, die jeden hugenblick wieder riickg~tngig werden kann, ist nat/irlleh sorgffiltig zu unterseheiden ein anderer Zustand, den ich wiederholt in einzelnen oberfiiichlich gelegenen Capillaren sich habe entwickeln sehen, wenn das Mesenterium nicht feucht genug erhalten war. huch bier ist im Geffisse v(illige Ruhe, aber zugletch sind die Contouren der rothen Bltttk(ir- perchen ver]oren gegangen, der Farbstoff derselben ist diffundirt und der ganze Inhalt tier Capillare erscheint gleiehm~issig rothgefiirbt, endlich werden die Kerne der BlutkSrperchen deutltcher. Solch ein Stillstand kann niemals wieder rfickg~ingig werden, die Blutkiirperchen selbst sind bier todt, zerstSrt, wie es scheint, als Effect der Verdunstung. 44 Blutbewegung regelm~issig andauert. Ucberall dagegen, wo ein einigermaassen anhaltender, sei es vollst~indiger, sei es partieller Stillstand sich etablirt hat, da beginnen aucl~ in kurzer Zeit neue Zust,~nde sich zu entwickeln. Das Erste, was man an solchen Stellen beobachtet, ist, dass die bisher kugligen farblosen Blut- kiJrperchen Formver~nderungen zeigen, die mehr oder weniger rasch und mehr oder weniger ausgiebig sein kiJnnen, immer aber den bekannten Charakter der ami~boiden Bewegungen zeigen. Von da ab wXihrt es denn nicht lange, dass man an einer Stelle, wo innen in der Capillare eia weisses K~rperchen liegt, aussen am Gefiiss- contour eine kleine buckelartige Erhebung oder auch wohl einen feinen stachelartigen Auswuchs sieht, der allm~ihlich grt~sser und grt~sser wird, und schliesslich, ganz wie bei den Venen, in ein farbloses K~rperchen sich verwandelt, das nut noch mittelst eines langausgezogenen Stieles mit der CapiUarwand zusammenh~lngt, um im weiteren Verlaufe sieh vSllig davon abzultisen. W~lhrend dieses oft sehr langsam sich abwickelnden Vorganges bekommt man garnicht selten jenes Bild zu Gesicht, das auch den letzten Zweifel in der Deutung desselben verscheuehen muss, das Bild eines K~rperehens nitmlich, das mit einem Theile seiner Substanz noch innerhalb, mit dem anderen bereits ausserhalb der Capillar- wand gelegen ist. Aber in den HaarrShrchen sind es nicht bloss, wie in den Venen, farblose Blutk~rperchen, welche das Inhere des Gefasses verlassen, sondern auch rothe gelangen hier dutch die Wand hindurch nach aussen. W~ihrend das Auge vielleicht noch an einer Gruppe yon farblosen Zellen h~ingt, welche mehr oder weniger vollst~indig die Capillarwand durchbrochen hubert und nun in der bekannten, oben gesehilderten Weise das Gef'~ss um- starrcn, f'dllt mit einem Male zwisehen jenen aussen am Gef'~iss- contour ein rundliches Ktirperchen auf, das durch die gelbe 6der gelbgrilne charakteristische H~imoglobinfarbe sofort sich als Theil eines rothen Blutk~rperchens kundgibt. Dieser gefiirbten Partikel finder man dann, wenn man die Capillaren durchmustert, garnicht wenige; sie haben wechsclnde Grt~sse und Gestalt, bald sind sie kaum halb so gross, wie der Kern eines rothen Blntkt~rperchens, bald tibertreffen sie diesen an Volum, bald erreichen sie selbst die Gr~sse eines halben rothen Blutktirperchens; und wIthrend die 45 kleineren yon ihuen alle ganz oder ann~ihernd kuglig erscheinen, stellen die griisseren sich oft als der Fl~iche naeh gebogene Seheiben dar. Nicht einen Augeublick aber kann man im Zweifel sein, dass alle diese Partikel wirklich Theile tother Blutki~rperehen sind; denn ganz gewiihnlieh sieht man genau an der entspreehenden Stelle im Iunern der Cal~illare die iibrige, meistens den Kern ent- haltende Masse des Kiirperchens, welche mit jenen liusseren Par- tikeln durch einen schmalen, vonder Capillarwand umsehlossenen Hals in Verbindung steht. Man sieht, es sind diess Bilder, wie sie auch Strieker in abgeschnittenen Sttlcken yon Froschlarven- sehw~lnzen erhalten und in der zweiten, oben citirten Abhandlung beschrieben hat; die Blutk~rperehen erseheinen, wie durch die Gef'~sswand hindurchgezw~ingt und von ]etzterer in Wespentaillen- form. eingeschnUrt. Und in dieser unglticklichen Situation habe ieh die BlutkSrperchen Stunden lang verharren gesehenl Vollends, wenn nun die Stase in der betreffenden Capillare sich grade wieder liist, der Blutstrom vofi Neuem in Fluss gerlith, so bekommt man oft genug das curiose Sehauspiel, dass der innerhalb des Gef~tsses befindliche Theil des so eingezw~ingten Kiirperchens unaufhiirlieh yon dem vorilberrollenden rothen und weissen Blutk(irperehen ge- peitscht und in pendelnde Bewegung versetzt wird, w~ihrend der ausserhalb gelegene die ungestiirteste Ruhe bewahrt. Aber noch klltglicher kann es ihnen ergehen. Wenn, wie es ja zuweilen ge- schieht, in einer bisher im Zustande der Stase gewesenen Capillare plStzlieh die Striimung wieder beginnt, so habe ich mehrmals gesehen, wie die innere (dann gewiihnlich gri~ssere) Hitlfle eines eingezw~ingten Blutkiirperehens mit einem Schlage vonder ~iusseren abgerissen und ~un das verstilmmelte, sieh aber zweifelsohne so- gleieh wieder in Scheibenform legende Element fortgeschwemmt wurde. Merkwiirdiger Weise aber sieht man zuweilen solehe Am- putation aueh ohne jene pllitzliche Einwirkung; gerade bei ganz allm~ihlieher Wiederherstellun~ der Str(imung habe ich gleiehfalla die Abtrennung des inneren K(irperchentheils vom ~iusseren gese- hen, gleieh als wenn die sieh zusammenschliessende Capillarwand selber das Kiirperehen zerschnitte. Indess ereilt doeh nicht alle eingezwilngte Blutk~rperchen ein so trauriges Geschick, vielmehr gelingt es etlichen, mit heiler Haut und unversehrt die Gefltsswand zu passiren Ieh habe diess zu zwei Malen mit relativ grosset 46 Geschwindigkeit vor sich gehen sehen; durch eine, sonst in keiner Weise aulf~illige Stelle der Wand einer Capillare schltlpften hinter- einander eines, dann ein zweites und ein drittes rothes Blutkiirper- chen hindurch und hinter ihnen schloss sich die Wand, ohne auch nut noch einem einzigen der hurtig fliessenden Kiirpercben den Durchtritt zu gestatten. Doch schehat diess nicht die Regel zu sein. Denn ganz tiberwiegend h/iufig beobachtet man, wie ein Ktirperchen, yon dem Anfangs nut ein ganz kleines Partikelchen aussen war, vielleicht eine Stunde spliter schon zur H~llfte ausser- halb der ~'and liegt, und wieder vielleicht eine Stunde sp[iter findet man an derselben Stelle aussen am Capillargefliss ein ganzes, in- tactes rothes Blutktirperchen, wi~hrend yon dem eingezw/ingten nichts mehr zu sehen ist. So kommt es denn, dass 12--18--24 Stunden naeh der Blosslegung des Mesenterium eine grosse Menge der Capillaren rings umgeben sind yon dichten Ringen ktirperlieher Elemente,-yon denen die Mehrzahl farblose, contractile Zellen, die Minderzahl rothe Kiirperchen sind, und zwar 1) gewi~hnliche, un- versehrte, kernhaltige Blutscheiben und 2)kleinere kuglige oder elliptisehe, kernlose und anscheinend homogene Kiirperchen, letz- tere ohne Zweifel die Rudimente der in der geschilderten Weise verstiimmelten Blutscheiben. Eine so allgemein gehaltene Zeit- angabe ist man in der That zu machen geniithigt, weil begreiflicher Weise bei der grossen Inconstanz und Unregelm~issigkeit der ganzen Vorglinge im Capillars~ystem die einzelnen Phasen derselben sich jeder, auch nur ann~ihernden Zeitbestimmung entziehen~). blachdem wir uns jetzt die Prozesse, welche an den Gef~lssen der Reihe nach ablaufen, in ihren Details vorgeftihrt haben, wird es zweckm~issig und dem Leser erwtinscht sein, den Gang unse- rcr Schilderung an dieser Stelle auf eine kurze Zeit zu unter- brechen, um zuvor jene merkwllrdigen Vorglinge, soweit es angeht, einer erkliirenden Analyse zu unterziehen. Bei diesem Versuche *) Ich habe, nach ]~ingerem Sehwanken, auf die Ahbildung der geschilderten Vorg/inge ganz verzichtet, ffir einmal weil die Bilder mit solcher Leichtigkeit und Sicherheit zu gewinnen sind, dass sie gewiss Niemandem, der nach meinen Vorschl/igen verf/ihrt, entgehen k6nnen, haupts/ichlich aber, well Vor- g~nge, wie diese, welche jeden Moment wechseln, Vorwurf einer Zeichnung nicht sein, eine Wiedergabe daher bloss h~tte falsche Vorstellungen in ihrem Gefolge haben k6nnen. 47 abet stossen wir sofort auf ein Hinderniss, das sich nicht ganz ohne Zubtilfenahme einer Hypothese beseitigen llisst. Worauf n~imlich, so fragt es sieh, beruht die Dilatation der Geflisse, der Avtorien wie der Venen? Vor Allem auf einer Liihmung ihrer Muskeln, so mtlssen wit ohne Zweifel statuiren, so lange wenig- stens alas anatomische Substrat erweiternder Vorrichtungen nicht besser festgestellt ist, als bisher. Diese L~ihmung abet kann eine directe sein, im vorliegenden Falle viclleicht dutch den Einfluss der Luft, sic kann indess ebensowohl auf reflectorischem Wege, dutch Vermittelung etwaiger scnsibler Nervenfasern zu Stande ge- kommen sein. Zwisehen diesen beiden Erkl~irungsweisen zu ent- seheiden, sehe.ieh bei dem jetzigen Stand unserer Kenntnisse und bei dem Mangel maassgebender Versuche, die auch ich nicbt an- gestellt habe, vor der Hand keine Mi~gliehkeit, und wit mtissen daher diese erste Frage zum Theft ungeliist lassen, eine Frage, deren Bedeutung tlbrigens weniger ftir den uns speeiell besehltfti- genden Fall, als bei tier Uebertragung der bier gewonnenen Re- sultate auf die Lehre yon dem Entzilndungsprozess ganz im All- gemeinen hervortritt. -- Verziehten wir abet hiernach auf die voile Aufkl~rung dieses ersten Vorganges, so stellt sieh weiterhin dee zweite als ein um Vieles einfacherer dar. Denn die Erweite- rung der Gef~isse kann an sieh, wie das wohl zuerst yon Brticke klar gezeigt worden ist*), sowohl yon einer Beschleunigung, als yon einer Verlangsamung des Blutstroms in ihnen begleitet sein. Die mit der Dilatation der Arterien einhergehende Verringerung des Widerstandes muss der ersteren, die Vergriisserung des Strom- bettes dagegen der lelzteren zu Gute kommen. A priori ist in der That nieht zu construiren, welches der beiden Motive das stltrkere sein wird, und nur die direete Beobachtung kann hier maassge- bend sein. Diese aber entseheidet, wie oben auseinandergesetzl, dahin, dass, sobald die Dilalation eine gewisse Dauer gewonnen, nut noeh das verlangsamende Moment zur Geltung kommt. Wit stoeken daher erst wieder bei dem dritten Punkte, den ich aller- dings fiir vielleicht den sehwierigsten in der ganzen Aufgabe balte, nehmlich dem Naehweise, woher es komme, class die farblosen Blutk~l,'perchen sich mit solcher Constanz *) Arch. f. physiolog. Heilkunde. IX. Jahrg. 1850. S. 493. 48 in der Randzone der vent~sen Gefiisse anh~iufen. Urn abet diesem Urnstande einigermaassen beizukomrnen, erschelnt es n~thig, vorerst dic normalen Verh~ltnisse yon diesern Gesichts- punkte aus einer ErSrterung zu unterziehen. Wir haben bereits oben gesehen, wie auch w~ihrend des nor- rnalen Kreislaufs in der yon rothen Blutk~rperchen freien, Plasma ftihrenden Randschicht der Venen regelm~issig einzelne farblose Blutk~rperchen erscheinen und mit langsamer Geschwindigkeit fort- geschoben werden. Fib' dieses eigenthUrnliche Verhltltniss siud verscbiedene Erkl~rungen beigebracht worden. Man hat den farb- losen BlutkSrperchen eine besondere Klebrigkeit vindicirt, durch welche sie der Gefdsswand mit einiger Z~ibigkeit anbaften sollten, man hat ferner gerade den gefiirbten Blutk~rperchen eine gewisse Attraction zu einander zugeschrieben, we]che die weissen zwinge, das Feld zu r~umen und sich auf die Seite zu fltichten, man hat endlich in der gr~sseren, zwar nicht specifischen, aber absoluten Schwere der -- doch nut bei den S~iugethieren gr~sserenl weissen Blutk~rperchen den Grund daftlr gesucht, lndessen keine dieser Annahmen kann, wie eine genauere Erw~gung der Verh~ilt- nisse sogleich zeigt, als genligend angesehen werden; und ich selbst kenne nut eine Erkl~rung, welche, soweit ich sehe, ziem- lich allen Anforderungen ~erecht wird, d. i. diejenige, welche Donders darilber aufgestellt hat*). Darnach wird, da nach der Axe des GeFdsses hiu die Stromgeschwindigkeit zunimmt, das kuglige weisse BlutkSrperchen in seiner der Axe zun~ichst befind- lichen H~lfte yon einem rascheren Strorne getroffen, als in der von jener abgewendeten; das Ktirperchcn erftihrt daher nicht bloss cine Fortbewegung in der directen Stromesrichtung, sondern zu- gleich eine Axendrehung, unter welchen beiden es, wie tinsehwer einzusehen, schliesslich gegen die Peripherie des Gef'~isses hin be- wegt werden muss. Die abgeplattete Gestalt der rothen Blutkbr- perchen dagegeu, welche, wie man sich aufs Evidenteste beim Frosehe Uberzeugen kann, imrner mit dern L~ngsdurchrnesser pa- rallel der Gef'dssaxe sich fortbewegen, bringt es mit sich, dass an ihnen der Strom immer gleichzeiti~ nut eine schr schmale Kante trifft, mithin eine Axendrehung nicht einzutreten braucht. Nur *) Physiologie, fibers, v. Theile, 2teAufl. S. |35. 49 auf diese Weise wird, wie mir scheint, aueb die Thatsache ver- st~indlich, dass auch in den gr~sseren Venen, die aus dem Zu- sammenfluss kleinerer sieh bilden, immer sogleich die farblosen Blutk~rperchen die Randsehieht aufsuehen und innehalten. Dass Ubrigens aueh in den Arterien die weissen Blutki~rperchen mit Vorliebe der Wand sieh anschliessen, mithin aus dem Verhalten des arteriellen Blutstromes ein Einwand gegen die Don ders'sche Hypothese nicht hergeleitet werden kann, das ergibt sich eines- thefts daraus, dass, wie oben erw~ihnt, aueh in ihnen ab und zu ein farbloses K~rperehen in der per~herischen Plasmaschieht er- scheint, ganz besonders aber aus dem gleichfalls oben geschilder- ten Verhalten bei verbreitertem und in Folge dessen verlangsamtem Blutstrom. Hier, woes eben m~glich ist, die eiuzelnen KSrper- chert besser zu erkennen, sieht man im Momente des quasi.Aus- fliessens einer Welle gerade die weissen BlutkSrperehen alle in der Peripherie, und nur der immer erneute Pulsstoss ist tier augenseheinliehe Grund, wesshalb das Ph~inomen sieh bier nicht in der Regelmlissigkeit ausbildet, wie in dem continuirlich fliessen- den Venenstrom. Wenn man diese Ansehauungen festh~lt, so ltisst sich das uns beseh~ifligende Ph~inomen der Anh~iufung der weissen Blut- k~rperchen in tier Randschicht der venSsen Gef~isse in, wie mir scheint, ziemlich plausibler Weise deuten. Es ist vor Allem die Herabsetzung der Stromgeschwindigkeit, in der die Ursaehe ge- sucht werden muss. Denn nati|rlieh muss sich dieselbe gerade in der Randschicht, in tier ohnehin tier Strom am langsamsten fliesst, am stltrksten geltend machen, und Folge dessen k~nnen die farb- losen Ktirperchen, welehe vorher in kurzen, verz~igerten Bewegun- gen fortgeschoben wurden, leicbt ganz zur Ruhe kommen und lie- gen bleiben. Indem nun aber fortw~ihrend mit jeder Systole eine neue Quantit~it Blutes mit rothen und weissen BlutkSrperchen in die Capillaren und yon da aus in die Venen hineingetrieben wird, so werden zwar die rothen in freilieh etwas verlangsamtem, indess doeh confinuirliehem Strome fortgeftihrt, die farblosen aber, yon denen diess und jenes, und dann wieder eines und allm~ihlieh immer mebr an der Wand liegen bleiben, milssen schliesslieh in dem gesarnmten Gebiet der dilatirten Venen in der Randschicht sich ansammeln. In der That sieht man, wie es oben beschrie- Archly f. pathol. Anat. Bd. XL. Hft. ! u. 2. 4 50 ben ist, immer neue Ktirperchen in der Riehtung yon den Capil- laren her die Gef~sswand entlang in das Gesichtsfeld vorrUcken, um sieh successive hier anzuhiiufen; und es bilden diese bereits yon vornherein in der Randschicht selbst befindliehen und in dieser herangeschwemmten Zellen die ganz iiberwiegend grosse MajoritY, gegenUber denen, welche aus dem Innern des Ge- flisses hervortauchen und erst unler den Augen in die Rand- schieht sich hineinbegeben. Von den-letzteren bleibt allerdings nichts welter tlbrig, als anzunehmen, dass es versehleppte Nach- ztigler sind, die aus irgend .einem Grur~de in den axialen Gegen- den der Vene zuriickgehalten worden und jetzt erst die Miiglich- keit gewonnen batten, fret den eigenen Bewegungsimpulsen zu folgen. Zu Gunsten der vorstehend entwickelten Auffassung sprieht in, wie mir scheint, beachtenswerther Weise das Verhalten jener eigenthilmlichen Stellen in den Arterien, deren Betrachtung wir uns bis zu einem splitcren Augenblicke verschoben batten. Es waren diess, wie der Leser sich erinnern $'ird, Stellen, an denen sich, ohne erkcrmbare ~iussere Ursache, das Lumen der Arterie in sehr betriichtlichem Maasse verengerte, wlihrend unmittelbar vor dcmselben, nach dem Herzen zu, meistens alas Gef~iss eine gleich- falls nut lokale, sehr erhebliche Erweiterung zeigte; und ieh habe auch sehon oben angcftihrt, dass diese Unregelmlissigkeiten sehr lange andauern und vielleicht erst nach mehreren Stunden, schein- bar ebenso grundlos, wie sie gekommen, versehwinden kiinnen. In diesem besehr~inkten Bezirk einer pli~tzlich eintretenden und endenden, dabei so bedcutenden Dilatation erleidet begreiflicher Weise der Blutstrom cine ganz gewaltige Verlangsamung; auf das Bequemste erkennt man gew~ihnlich die einzelnen Klirperche~, und wiederholt habe ich die Bewegung in diesem Abschnitte der Ar- terie augenseheinlich langsamer gesehen, als selbt in eiller benach- barten Vene. Und w~ihrend iiberall sonst in der Arterie die Pul- sation, wie wir geschen, der ruhigen Lagerung yon Zellen in d~.r Randschicht im Wege ist, daft man in eben diesem Absehnitt, in welchem aueh, aus nahelicgenden Griinden, der Pulseffeet nur zu sehr geringer Geltung kommen kanl~, falls nur die Verengerung resp. Erweiterung lange gen~lg anh~lt, mit Sieherheit darauf reeh- nen~ dass nach einiger Zeit die weissen Blutkiirperehen sieh in 51 der Randschicht ansammeln. Zwar pflegt die Anh~iufung gewiihn- lich nieht einc so dichte und gleichmlissige zu werden, wie in den Venen, indess babe ieh doeh bisweilen ein nahezu vollstiindiges Lager farbloser Zellen die inhere Wand der Arterie in diesem Bezirke austapezieren gesehen. Soviel ich urtheilen kann, erkliirt sieh diess recht gut aus tier oben vorgetragenen Ueberlegung, die mithin, wie gesagt, wieder darin iht'e Sttltze finder. Die Vorgiinge in den Capillal'en, mit der im Allgemeinen griisseren und dichteren Anh~iufung von Blutktirperchen in ihnen und den im Einzelnen so bedeutenden Schwankungen in der Stromgeschwindigkeit, der Vertheilung der K(irperchen in ihnen u. dgl. m., wie es oben eingehender zu schildern versucht wurde~ alle diese Verh~ltnisse, sage ich, erklliren sieh so einfaeh und ohne Sehwierigkeit vor Allem aus den gleichzeitigen Zustlanden tier arteriellen und venSsen Gefiisse, dasses iiberfltissig erseheint, bei ihrer Betraehtung des LUngeren zu verweilen. Somit wiiren wit denn bei derjenigen Frage angelangt, welche ohne Zweifel in tier ganzen Untersuchung am meisten geeignet ist, Jedermanns Inter- esse zu fesseln, nehmlich der Frage: auf welehe Weise kom- men die BlutkSrperchen aus den Gef~issen heraus? oder um dieselbe sogleich in die zwei aufzuliisen, aus welchen sie in Wahrheit sich zusammensetzt, auf welehem Wege und dutch welehe Kraft gelangen die KiJrperchen dutch die Gef'~sswand hindureh ins Freie? Denn, um unsere Aufmerksamkeit sogleieh dem ersten Theil der Frage zuzuwenden, dartiber wird, naeh den welter oben beigebraehten Eriirterungen, der Leser mit mir tiber- einstimmender Meinung sein, class priiformirte Wege, kantilehenar- tige Riiume in der Gef'asswand vorhanden sein mtlssen, dutch welehe die BlutkiJrperehen naeh aussen vordringen, und schwerlieh wird Jemand den Gedanken in sich aufsteigen lassen, dass lath- lose Blutktirperchen im Stande seien, eine solide, r gesehlos- sene Wand zu durehbrechen. Erwagen wit abet unter diesem Gesiehtspunkte den anatomisehen Ban der GeF',isswlinde, so ergibt sich sogleich, dass die wesentliehe Substanz aller drei eigentliehen GeFassh~iute eine bindegewebige ist. Adventitia und Intima beste- hen bekanntlich ganz aus Bindegewebe, abet aueh in der Media sind ja ~lie glatten Muskelfasern nut in eine bindegewebige Grund* lage, so zu sagen, eingebettet, wenn wir wenigstens yon den At* 4* 52 terien kleineren und mittleren Kalibers absehen, in denen aller- dings die Muskelfasern so dieht stehen und so bedeutend ent- wiekelt sind, class sie unzweifelhaft den ganz tiberwiegenden An- theil, das Haupteonstituens der Media ausmaehen; indess wir dtirfen ja diese Gef'~isse, ebenso wie die mit dem m~iehtig ent- wiekelten Lager elastisehen Gewebes in ihrer Wand ohne Gefahr bei unserer Betraehtuug bei Seite lassen, da, wie wir gesehen, aus den Arterien ttberhaupt ein Austritt yon Ktlrperehen nieht start hat. Wenn somit die Hauptmasse der Gefasswandung tiber- all sonst bindegewebiger 51atur ist, so sind unsere Erfabrungen tiber die M~gliehkeit der Fortbewegung yon Lymphktirperehen in diesem Gewebe viel zu gesiehert, um bier noeh irgend weleher Sehwierigkeit Raum zu lassen; es bleibt vielmehr lediglieh noeh die einfaehe Lage platter Epithelien iibrig, welehe die innerste Fl~iehe der Intima in Arterien und Venen tlberzieht, und der, naeh der Untersuehung der letzten Jahre, ja aueh die Capillarwand zu- gereehnet werden muss*). Von den epithelialen H~iuten, insbe- sondere den einsehiehtigen, haben uns aber die Arbeiten yon Reeklinghausen, Oedmanson u. A. ja aueh gelehrt, dass sie keine eontinuirliehe, gesehlossene Membranen bilden, sondern dass sieh in ihnea constant rundliehe oder mehr elliptisehe Oeff- nungen, yon ihnen sogenaante ,,Stomata" vorfinden, yon weehseln- der Zahl und verschiedener, ohne Zweifel auch nach bestimmten *) Auf Grund einer grossen Zahl yon Silberinjeetionen der 6efasse yon FrSsehen und Kaninehen~ die ich gelegentlich der in Rede stehenden Untersuehung ausgefiihrt, kann ich in diesem fiir racine ganze huffassung principiell wich- tigen Punkte mich nur mit roller Ueberzeugung fiir die yon huerbaeh, heby u. h. vertheidigte Lehre yore Ban der Capillaren aussprechen. Selhst- verst~indlich bin ich nicht gewillt, die Richtigkeit der Bilder in Zweifel zu ziehen, wclche Stricker und Federn als Effect der Silberinjeetion (in den Wien. akad. Sitzungsber. Math.-naturw. Cl. Bd. LIll) besehrieben und abge- bildet haben, und zwar um so weniger, als ich durch die Giite der Herren Verf. persSnlich Gelegenheit gehabt babe, reich yon der Treue der Zeich- nungen zu fiberzeugen. Indess geht hieraus meiner Meinung naeh nur her- vor, dass darch hrg. nitr. in Capillaren zwei verschiedene Liniensysteme zum Vorsehein kommen kSnnen, eines, welches in Gestalt geschl,~tngelter Ffiden, wie es scheint, das Gel'fiss umwindet, und ein zweites, das einer epithelialen Kittsabstanz entsprieht; es muss die Aufgabe weiterer Untersuehung sein, die Bedingungen ausfindig zu machen, unter denen das eine oder das andere der Systeme dutch Silber kenntlich gemacht wird. 53 physiologischen Zust~inden schwankender Grt~sse. Dass nun solche Stomata auch im Gef~tssepithel vorhanden sind, darilber gibt die Injection einer SilberlSsung sogleich die voilste Gewissheit. Nach einer solchen Injection, zu der ieh reich, bei Fr~schen wie bei Kaninchen mit dem besten Erfolge einer w~issrigen H~llensteinlt~- sung yon 1/4 pCt. Gehalt bediente, treten bekanntlich im ganzen Gefiisssystem haarscharfe, regelm~ssig mit einander anastomosi- rende schwarze Linien auf, durch welche in Arterien, Capillaren und Venen immer Felder abgegrenzt werden, in deren Mitte ein Epithelkern liegt. Diese Felder sind am schmalsten, dagegen re- lativ lang, daher ganz spindelf~rmig auf der arteriellen Seite, sie sind breiter und etwas kiirzer, daher mehr rautenf~rmig, auf der venSsen, Uberdiess sind die Contouren der arteriellen Epithelien mehr geradlinig, die der ven~sen dagegen leieht wellig; das Ca- pillarepithel h~lt zwiscben beiden Formen die Mitte und den Ueber- gang inne. Was aber sogleich gerade bei der saubersten Injection auff'~Ult, sind kleine schwarze Flecke oder auch kleine ungef'~irbte, aber yon einer schwarzen Peripherie eingefasste Kreise, durch welche die Linien der epithelialen Kittsubstanz sehr h~ufig unter- brochen sind, und zwar mit besonderer Vorliebe an Stellen, wo die Ecken mehrerer Zellen zusammenstossen. Bei Weitem am sch~trfsten und grSssten sind die Flecke, wenn die Filllung der Gef'~sse dureh die Injection eine recht pralle geworden, und die Ge~sswand in m(iglichster Gl~itte und faltenlos vor Augen liegt: ein Verhalten, das, wie mir scheint, gar sehr filr die huffassung jener Zeichnungen als Oeffnungen, Liicken sprieht. Hierauf be- ruht es auch obne Zweifel, dass die Stomata immer in griisster Zahl und Regelm~issigkeit in den Venen, demn~ichst in den Capil- laren, am schw~ichsten dagegen und in viei geringerer Menge in den hrterien zum Vorschein kommen, da eben die Venen, zumal wenn man die Injectionsmasse direct in sie (z. [L yon der Pfort- ader aus gegen den Darm) treibt, sich viel leichter und vollst~in- diger schon bald nach dem Tode des Thieres, wo doeh die Ein- spritzung ausgefilhrt werden muss, ausdehnen lassen. Hiernach darf das Vorhandensein yon Oeffnungen, can~ilehenartigen Liieken in der GeFfisswand wohl filr mehr als ein hypotbeti~s angese- hen werden, und ich meinestheils zweifie nicht, dass auch fiir die einfachen Transsudationsvorgltnge diese Kaniilchen in Betracht 54 kommen dUrften. Wenigstens in pathologisehen Zustlinden, welehe mit einer Erweiterung dee Gef'~isse einhergehen; denn es liegt auf der Hand, dass jede Gerdssdilatation den Ltichern muss zu Gute kommen, und dass mithin die so gewaltige Erweiterung, deren die Venen f'dhig sind, yon dem erheblichsten Einfluss auf die Grtisse der Stomata sein muss, wlihrend bei so engen Rtihren, wie den Capillaren, aueh eine relativ geringere husdehnung sehon eine nicht zu untersehlitzende Bedeutung haben kann. Wenn somit der Weg klargestellt ist, auf welehem die Blutkiirperehen durch die Gef'~sswand hindurch naeh aussen drin- gen, so dUrfen wit jetzt sofort an die Erw~igung der Kr~ifte ge- hen, unter deren Einwirkung die Auswanderung zu Stande kommt. Was zuniichst die farblosen Ki~rperehen betrifft, welche ja ftir die Venen allein, fur die Capillaren wenigstens hauptsliehlich mit in Betracht kommen, so wird bier die ganze Frage yon einem Ge- setze beherrseht, dessert in der obigen huseinandersetzung sehon beilliufige Erw~.hnung geschehen, und das dahin geht~ dass die weissen Blutktirperchen, so lange sie im ununter- brochenen Strome fort[aufen und unaufhtirlieh reon andern Ktlrperehen, rothen wie farblosen, beriihrt und gestossen werden, stets Kugelform innehalten, dass dagegen, sobald sie irgeudwo auf l~ingere Zeit inRuhe kommenundhtlehstens yon langsam und gleichmlissig fliessendem Plasma umsptilt wer- den, in kurzer Frist amiiboide Bewegungen an 4hnen auftreten. Es kanu an dieser Stelle auf eine theoretische Er- i~rterung dieser durch die Beobachtung festgestellten Erfahrung verziehlet werden, und nut der flUchtige Hinweis auf die nahelie- gende, auch durch anderweitige Thatsachen gesttitzte und bereits yon Andern, z. B. Kiihne, M. Schultze etc., ge~iusserte hnnahme mag gestattet sein, dass die Kugelform der 8riisstmiigliehen Con- traction der Ki~rperchen, dem, so zu sagen, Tetanus entspreche; jedesfalls, welche Bewandtniss auch immer es damit haben mlige, die Gilltigkeit des angefiihrten Gesetzes selber zu constatiren, ist zu jeder Zeit sehr leicht. Im normalen Kreislauf werden begreif- licher Weise amllboide Bewegungen an den weissen Blutktlrper- chert nur in den Capillaren zu Stande kommen ktlnnen, und auch hier, wie man sich an der Froschschwimmhaut tiberzeugen kann, nur selten in erheblicherem Grade, da gewiihnlich die Sloekungen 55 im CapiUarkreislauf zu kurze Zeit anzudauern pflegen, um der st~irkern Entwickelung des Phlinomens Raum zu geben. Anders aber in pathologischen Zust~inden, im blossliegenden Mesenterium. Schon oben, bei Gelegenheit der Schilderung der Vorg~inge in den Capillaren, habe ich hervorgehoben, dass in den ruhenden Schich- ten des eapillaren Blutstroms sehr bald energische Formver~inde- rungen def. farblosen Blutkiirperehen sich einstellen; nicht weni- get deutlieh abet liisst sieh diess an den Venen beobaehten, so- bald bier die weissen Kiirperchen in tier Randschieht sich ange- hliuft haben und zur Ruhe gelangt sind. Man sieht dann yon ihnen einen oder mehrero Fortslitze ausgehen, sie ziehen sich der Litnge nach etwas aus, die vorher abgerundeten Contouren neh- men unregehn~issige und eekige Gestalt an u. dgl. m. So wenig abet ouch yon vornhereiu die Richtuog der Fortsatzbildung eine bestimmte und vorgeschriebene is(, so ergibt sich doeh aus einer einfaeheo Ueberlegung, dass tier sehliessliche Effect der am6boiden Bewegungen immer ein Eindringen in die Gefiisswand sein muss. Sehon der zwar nieht erhebliehe, abet doch immer positive Sei- tendruck wird zweifellos die Riehtung der Formver~nderungen in gewissem Grade beeinflussen; aber wtirden aueh die Bewegungen in anderem Sinne eingeleitet werden, so k(innen dieselben doch weder in seitlicher Riehtung ein griisseres Maass erreichen, well hier ja alsbald die benachbarten farbloseu Klirperchen ein Hinder- niss ~ntgegenstellen, und noch viel weniger in der Richtung ge- gen den centralen Strom, da aueh hier erstens die re(hen Kiir- perehen ein Vorw~irtsrUekeu nicht gestatten, tiberdiess vermuthlieh das vorwitzige weisse Blutk(irperehen alsbald yore Strome gefasst und fortgezogen wttrde. Sonach bleibt allein die Miigliehkeit des Vorschiebens der Fortsiitze gegeu diejenigen Stellen der Gef~iss- wand, wo der geringste oder kein Widerstand ihnen begegnet, und diess sind die Stomata und die Kaniilchen des Bindegewebes, in welche die Ki~rperchen mithin naeh kUrzeren oder llingeren h'rfahrten immer hineingerathen mtissen, um so jenen Ausmarsch anzutreten, als (lessen Resultat wit die eigenthtimlichen Vorglinge am iiusseren Contour der Gef'~isswand kennen gelernt haben. So wohl es abet aueh gelungen sein mag, bis hieher alle Vor- giinge aus bekannten und feststehenden physiologisehen Erfahrun- gen, ohue Zuhtilfenahme einer unbewiesenen Annahme, zu erklii- 56 ren, so kann doch die so eben entwickelte Auffassung nicht fflr die rothen Blutkiirperchen genilgen, von denen wir oben geschen haben, dass auch sic die Wand der Capillaren passiren. Denn den rothen Blutkiirperchen wohnt eine Contractilit~it, wclche sic zu spontancn Formveriindcrungen bef~ihigte, nicht innc, und alle Bewe- gungen, welehe sie ausftihren, mtissen auf Impulse zuriickgcfUhrt wer- den, die yon aussen auf sic einwirken, dieselben sind passiver 5htur. Indessen hat es doch, meiner Meinung nach, keine Schwierigkeit, das Motiv aufzudecken, welches die rothen Ktirperehen aus den Ge- flissen hinaustreibt. Es ist der gesteigerte Blutdruck. Denn es leuchtet ohne Weiteres ein, dass, sobald die Arterien sich er- weitern, in Folge der damit einhergehenden Verminderung des Widerstandes in ihnen, der Druck hinter ihnen, in den Capillaren, in gleichem Maasse zunehmen muss. Ob nun diese Steigerung des Blutdruekes erheblieh genug werden kann, um die rothen Ktirperchen durch die zwar etwas gedehntc, ttbrigens abet nicht welter vorbereitete Capillarwand hindurch zu pressen, das muss dahin gestellt bleiben; jedenfalls abet wird man ohne besondere Scrupel dieselbe als dafttr ausrcichend ansehen dtlrfen, wenn zu- vet dutch emigrirte farblose Ktirperehen eine gewisse Erweiterung der Stomata, wie sic ja bei einer ttaut yon der Zartheit der Ca- pillarwand reeht wohl gedacht werden kann, bewirkt worden ist. Und in tier That sieht man rothe Ktirperchen niemals die Gefitss- wand durehbrechen, ohne dass zuvor weisse hindurehpassirt sind, und wenn man irgend we ein ganzes rothes Blutk~irperchen oder einen Theil desselben ausserhalb der Capillarwand antrilR, so kann man immer mit Sicherheit darauf rechnen, dass in der unmittel- baren Ntihe auch einige farblose Zellen in dem Gewebe um die Capillare liegen. Auf diese Weise erkl~irt es sieh ferner, dass.dem Austreten der BlutkSrperchen aus den Capillaren immer, wie oben eingehender beschrieben ist, ein Stadium partieller oder vollstlan- diger Ruhe der Blutk~rperchen in ihnen vorangehen muss, und wie andererseits aus HaarrShrchen, in dcnen der Blutstrom con- tinuirlich und ununterbrochen fortgeht, niemals K~irperchen hin- ausgelangen. Mit Rtieksieht auf diese Erfahrungen filrchte ich aueh nicht, dass Jemand, entgegen meiner Darstellung, fur die Vorgiinge in den Vcnen dem Blutdruck eine grtissere Relic zu vindiciren geneigt sein mticbte, als diejenige isb welche ich selbst 57 fur ihn in Anspruch genommen; und zwar fllrchte ich es um so weniger, als, aus bekannten Grtlnden, der Druck in den Venen schwerlich eine irgend wie nennenswerthe Steigerung w~thrend all dieser Prozesse erfahren dtlrfte. Man wird demnach das Ergeb- niss all dieser Erw~tgungen dahin feststellen mtissen, dass der wesentliche und dominirende Antheil an dem ganzen Ablauf der Erscheinungen der Contractilit~tt der farblosen Blutk~rperchen ge- bUhrt, und dass daneben, in zweiter~Linie, fur die rothen KSr- perchen in den Capillaren der Blutdruck zur Geltung kommt*). *) Ich habe, was der Leser gewiss mit Befriedigung wahrgenommen haben wird, es unterlassen, soweit es nicht eben das VersRindaiss und die Achtung vor dem Rechte Anderer erforderte, meiner Darstellung durch eine Menge von Citaten and daran geknfipfte Kritik eine ziemlich hillige und doch etwas zweifelhafte Bereicherung zu geben. Indessen kann ich doch an dieser Stelle nicht umhin, wenigsteas zweier yon den ~ilteren Autoren zu gedenken, se! es auch nur, um dem berlihmten Ausspruche des alten Rabbi auch meiner- seits die Ehre zu geben, welcbe ihm gerade in unserer Wissenschaft so reiohlich gebiihrt. In erster Linie erinnere ich an Zimmermann, der, wie sich die ~lteren unter den Lesern wohl noch erlnnern werden, mit der gr~ssten Lebhaftigkeit fortdauernd (vgl. Medicin. Zeitung des Vereins ffir Heilkunde in Preussen. Jahrg. 1852. S. 64, 144, $39) die Meinung ver- tbeidigte, alle zelligen Elemente in den entz/indlichen Exsudaten und lnfil- traten seien urspriinglich farblose BlutkSrperchen gewesen: eine Meinung, die er freilich nur auf die unhaltbare und leicht zu widerlegende Hypothese stfitzen konnte, dieselben seien aus zerrissenen Capillaren extravasirt. Mit noch grSsserem Vergniigen aber citire ich eine Ste]le aus William A ddisons Consumption and scrophula (London 1849, p. 82), auf die Herr Professor Virchow die Gfite hatte, reich aufmerksam zu machen: ,,During inflammation, so lautet wSrtlich diese Stelle, using the word in the general sense here indicated -- there is more or less marked increase of colourless elements and protoplasma in the parts affected. At first ~ in the first stage -- these elements adhere but slightly along the inner margin or boundary of the nutrient vessels, and are therefore still within the influence of the circulating current; belonging, as it were, at this period, as much or rather to the blood, thon to the fixed solid. Secondly -- in the se- cond stage -- they are more firmly fixed in the walls of the vessels, and therefore now without the influence of the clrcu]ating current. Thirdly -- in the third stage -- new elements appear at the outer border of the vessels, where they add to the texture, form a new product, or are liberated as an excretion. Hinterher, nachdem zwei Decennien unser Wissen mit einer Fdlle der wichtigsten Thatsachen bereichert haben, ist es natfirlich nicht schwer~ die zum Theil etwas fremdartigen Dcutungen und Schlfisse zu wider- 58 Wenn wir jetzt naeh diesen Ertirterungen, yon denen ieh be- daure, dass sie einen so grossen Raum erfordert haben, den Fa- den der direeten Beobaehtung des blossliegenden Mesenteriums wieder aufnehmen, so ist es glilcklieher Weise mtiglieh, alles Weitere in wenigen Worten kurz zusammenzufassen. W~ihrend an den Ge~ssen alle die Vorglinge sich ab~ewickelt haben, die wir der Reihe nach in allen ihren Einzelheiten kennen gelernt haben, hat das ilbrige Gewebe des Mesenteriums in keiner Weise sieh verlindert. Die Grundsubstanz des Bindegewebes ist genau so durchsiehtig wie vorher, die Kerne, die epithelialen sowohl wie die bindegewebigen, sind an derselben Stelle und in der gleiehen Gestalt mit ungenfinderter Klarheit und Deutlichkeit siehtbar, so- weit sie nicht etwa yon ausgetretenen Blutkiirperehen verdeckt werden. Aber freilich sind es bald nut noeh wenige Stellen, we sie dem beobaehtenden Auge ohne jedes Hinderniss sieh pr~isen- tiren; denn allm~ihlich rUeken die ausgewanderten Blutktirperehen, die in der ersten Zeit naeh dem Beginn der Emigration lediglieh in tier n~iehsten Umgebung der Gef'~sse gelagert waren, intoner weiter nach aussen, yon den Gef~ssen fort, wlihrend der Platz, den sie verlassen, alsbald yon neuen Auswanderern eingenommen wird; und einige Stunden, nachdem der Ausmarsch in ergiebige- rem Maasse angefangen, ist jede Stelle des Mesenteriums in mehr odor weniger reichliehem Maasse yon weissen Blqtktirperchen er- fiillt, mit denen sieh nattlrlieh die etwaigen pr~iexistirenden wan- dernden Bindegewebsk~h'perchen in ununterscheidbarer Weise ver- mengen. Am l~ingsten pflegt sieh gewiihnlich die Umgebung der isolirt verlaufenden Arterien und der Capillaren mit eontinuirliehem Blutstrom yon farblosen K~rperchen frei zu halten, sehliesslich aber gelangen dieselben, natUrlich yon benaehbarten Gef'~ssen her, auch ill diese Gegenden. Inzwisehen bleiben die ausgetretenen rothen Blutktirperchen meist in der nlichsten Umgebung der Ca- pillaren ruhig liegen, zuweilen wird aber aueh eines odor das an- dere gleichsam flott gemacht und mehr odor weniger weit davon- gefilhrt, ohne Zweifel durch eine zuf~llig stiirkere Transsudation oder irgend ein anderes ~iusseres Accidens. Wenn man aber in legen, welche der Autor an seine Wahrnehmungen geknfipft hat; indess wet- den wir selbstverstfindlieh desshalb nicht anstehen, der exacten und treuen Beobachtung an sich die vollste, ungetheilteste knerkennung zu zol|en. 59 dieser Weise eine Stelle des Gekr~ses ganz allmlihlich mit farb- losen, contractilen Zellen sich ftillen sieht, so ger~ith man oftmals dartiber in Verlegenheit, ob diese Kiirperchen innerhalb des Me- senterialgewebes sich fortbewegen oder auf dessen Oberfl[iche, tiber ihm. Indessen 'gibt es ein sehr einfaches Mittel, um hier- tiber ins Klare zu ko~men; man braucht nut mittelst eioes Tropfens einer i/4procentigen Hilllensteinliisung am frisch bloss- gelegten Mesenterium in der gewlihnlichen Weise das Epithel kenntlich zu machen, um hinfort einen sehr zuverl~tssigen Maas- stab fur die Lage der Kiirperchen in H~inden zu haben. Das Bild, das man dadurch erhitlt, ist genau dasselbe, wie es fiber- haupt dureh Reeklinghausen's Silbermethode am Epithel er- zielt wird, die epitheliale Kittsubstanz tritt in haarscharfen, sehwarzen Linien mit den Stomata hervor; und unter dieser Silberdeeke geht die Circulation*) und alle anderen Prozesse an den Gef'~issen, bis zur Auswanderung der Kfirpe, rchen, ga~z unge- schw~icht vor sieh, und wenn diess Verfahren tiberhaupt einen Einfluss hat auf den Ablauf dieser Vorg[inge, so ist es h~ehstens ein begtinstigender und beschleunigender. Ich will dabei allerdings nieht versehweigen, dass es kaum je, bei vorsiehtiger Application der Silberltisung, gelingt, die Epithellage in ihrer gesammten Ausdehnung in der gewollten Weise zu kennzeiehnen; indess ist die Anwesenheit solcher Lticken, wo alas Silber nicht eingewirkt hat, gerade meiner Meinung nach ein Vortheil, der die Verglei- chung sehr erleiehtert. Man fiberzeugt sieh jetzt sogleieh ohne alle Miihe, dass ein Theft der farblosen Zellen unter dem Epithel, also im Mesenterialgewebe, ein anderer Theil fiber jenem sich be- findet. In Wirklichkeit ist ja auch Beides plausibel genug. Am bequemsten iibersieht man den Saehverhalt an den relativ gros- sen, radiiir verlaufenden Mesenterialvenen, die so dick sind, dass unmittelbar fiber und unter ihnen das Epithel gelagert ist, sic selbst mithin die ganze Dieke der Gekriisplatte, zwisehen beiden Epithellagen einnehmen. Beobaehtet man eine dieser Venen in einem Mesenterium, dessen Epithel versilbert ist, so erkennt man ganz evident, wie alle zu den Seitea der Vene heraustretenden Kiirperchen sich in das Gewebe des Mesenterium begeben und in *) H6chstens leidet einmal eine sehr oberflfichlich verlaufende Capillare. 6O ihm unter dem Epithel fortrUcken; bei der Einstellung auf die dem Tubus zugekehrte Oberfl~iche der Vene dagegen, wo gewiJhn- lich die Silberzeichnung die ltickenhafteste ist, sieht man Zellen aus dem Gef'dsse hervorkommen und emporsteigen, von denen man nicht zweifelhaft sein kann, dass sie bald oberhalb des Epi- thelniveaus gelegen sind, und sobald sie sich abll~sen, auf der freicn Fl~che des letzteren fortkrieehen oder auch wohl fortschwim- men; gerade diese Zellen sind es, die, wie ich oben schon er- w~hnt habe, man garnicht selten, w~ihrend sie noch mit langen Stielen in der Gef~sswand festsitzen, mit ihrer Hauptmasse, ihrem Kt~rper kleine schaukelnde, pendelartige Bewegungen machen sieht. So tritt demnaeh ein Theil der auswandernden Blutkt~r~ perchen ganz direct auf die freie Fl~che des Peritoneum, aber auch yon denen, die ursprtinglich in das Bindegewebe des Mesen- terium hineingetreten sind, gelangen weiterhin auch noch sehr viele, ja die sehr tiberwiegende Mehrzahl an die Oberfl~che des- selben, ein Vorgang, der durch die Anwesenheit der Stomata zu einem sehr einfachen und erkltirlichen sich gestaltet. Damit ist es dann, wie man sieht, zugleich mSglieh gewesen, eine Frage zur Erledigung zu bringen, welche bereits vor einigen Jahren meh- rere Forscher besch~iftigt hat, und an deren Li~sung auch ich selbst reich mit freilich, wie ieh sehr bereitwillig zugestehe, man- gelhaften Methoden versueht habe*), n~imlieh tier Frage nach der Betheiligung des Epithels bei der Entztindung der serasen H~iute. Was ich selbst damals und mit mir Andere vermutheten, dass n~imlieh das Epithcl nichts mit der Zellbildung zu thun habe, sondern lediglich, wenn iiberhaupt, dutch Abstossung zu Grunde gehe, das hat die jetzige Untersuehung erwiesen. Wie oben her- vorgehoben, geschieht die Infiltration des Mesenterium mit weissen Blutk~rperchen bei der Entztindung in ganz gleicher Weise bei versilbertem und bei nicht versilbertem Epithel, und mehr noch, selbst wenn ein blossgelegtes 5iesenterium sieh bereits mit un- zahligen farblosen K~rperchen bedeckt, ja wenn bereits eine dUnne fibrinSs-zellige Schicht es Uberzogen hat, so gelingt es doch noeh sehr h~iufig, nach sorgf~tltiger Entfernung der letzteren, *) Dieses Archiv Bd. XXll. S. 516; ferner (Rindfleisch) Bd. XXIII. S. 519 und (Neumann) Bd. XX[V. S. 202. 6i darunter mittelst Htillenstein das Epithel zum Vorschein zu brin- gen. Zu gleichem Resultate ist tibrigens auf ~ihnlichem Wege auch sehon Oedmanson gekommen*), und auch Rindfleisch wird wohl heute seine damaliga Ansicht yon der directen Trans- formation der Epithelzellen in Eiterktirperchen kaum noch aufrecht erhalten. Wir dUrfen hier die Schilderung yon der Entwickelung und dem Verlaufe der Peritonitis abbrechen, und zwar um so eher, als in den meisten F~llen der Frosch eine so writ gediebene Entztln- dung nieht tiberlebt. Allerdings habe ich in seltenen F~illen ein Thier sich noch erholen sehen, naehdem schon eine dicke zellen- reiche Pseudomembran bride Fl~ichen des Mesenteriums und den Darm ilberzogen und ich Darm und GekrSse, gleichgiltig ob mit der Pseudomembran oder nach Abstreifung der letzteren, wieder in die BauchhShle zuriickgebracht hatte; so vollstiindig restituirten sich dann die Frllsche, dass man ihaen sp~iter in keiner Weise an- merken konnte, da~s sie eine Peritonitis durchgemacht, was iibri- gens regelmlissig geschieht, wenn man den Prozess friiher unter- bricht, die Eingeweide reponirt und die Bauchhtihlenwunde sehliesst. Diess beil~iufig; unsere Darstellung des Verlaufes der Peritonitis aber, sage ich, diirfen wir tlier abschliessen, naehdem wir den Prozess dutch alle seine Phasen, yon dem Momente an, we das zarte und durchsichtige, ganz normale Mesenterium mit der BauchhShle her- vorgezogen wurde, bis dahin begleitet haben, we es nicht bless in seinem Gewebe durchsetzt ist von dichtgedr~ingten contractilen, rnehrkernigen Zellen, sondern we aueh eine mehr oder weniger dieke zellenerfiillte fibriniise Schicht beide Fl~ichen desselben tiber- zieht. Denn miltlerweile hat natiirlich die Transsudation yon Plasma aus den Gefltssen auch nie aufgehi/rt, ja ohne Zweifel, wie bet dora gesteigerten Drucke in den Capillaren leieht verst~ndlich, war sir erheblich tiber das Normale gestiegen, und Niemand wird es Wunder nehmen, dass das transsudirte Plasma unter dem Zutritt der Luft alsbald geronnen ist and so das amorphe Material zu der Pseudo- membran geliefert hat, in wetehem die Zellen eingebettet erseheinen. Indess k(innte doch gerade dieser Umsiand in Jemandem Zweifel darilber erwecken, ob die ganzen Vorg~nge am Mesenterium aueh *) Dieses Archly Bd. XXVIII. S. 368. 62 wirklich als Typen einfach entzilndlicher Prozesse angcsehen werden dtirften, oder oh nicht vielleicht gerade der freie Zutritt tier Luft hier gcwisse Eigcnthtimlichkeiten erzeuge, welche nicht ohnc Wei- teres eine allgemeine Uebertragung auf anderwcitige EntzUndungen gestatten. In der That wird man den Einfluss der Luft, aueh ab- gesehen yon tier irritirenden, entztindungserregenden Eigensehaft, nicht gering ansehlagen diirfen; ieh erinnere nut daran, class im blossliegenden Mesenterium das Blur auch in den Venen den arte- riellen Charakter beibehalten muss, und ieh will keineswegs in Abrede stellen, dass nicht auf diese Veriinderung des Gasweehsels vielleicht einige der beobachteten Erseheinungen zuriiekzufllhren seien, obwohl wir far die Deutung und Erkl~lrung derselben mit anderen, bekannteren Motiven ausgereieht haben. Indessen lehrt das Experiment, alas hier allein entscheiden kann, class wirklich jede Entztlndung, welches auch immer ihre Ursaehe sein mtige, in derselben Weise verliiuft, wie die Prozesse atn blossliegenden Me- senterium. Es liess sieh alas sehr leieht feststellen, indem man mittelst eines der oben erwlthnten Ve,'fahren, etwa dutch Touchiren mit Arg. nitr., in der BauchhtJhle selbst eine Peritonitis erzeugte, und nun yon Zeit zu Zeit das Mesenterium untcr das Mikroskop brachte, was ja, wenn man in tier yon mir beschriebenen Weise zu Werke geht, ausserordentlich rasch ausgefllhrt werden kann. Dabei ttberzeugt man sich denn aufs Vollstlindigste, dass bier naeh einander nile jene Zustiinde sich entwickeln, mit denen unsere Un- tersuchung am blossliegenden Mesenterium uns bekannt gemacht hat; zuerst die Erweiterung der Gef~isse, weiterhin die Verlangsa- mung des Blutstroms, die Anhliufung der farblosen BlutkiJrperchen in tier Randschicht der Venen und die Stasen etc. in den Capillaren, endlich auch die Auswanderung der weissen Klirperel.,en aus Venen und Capillaren, resp. der rothen aus letzteren. C, enau auf diese Weise kommt aueh hier endlich die dichte Infiltration des mesen- terialen Bindegewebes mit farblosen, mehrkernigen Zellen zu Stande, so wie die Massenansammlung der letzteren auf der freien Flliche des GekriJses, in der Peritonealhiihle, und wir werden hinfort keinen Anstand nehmen dtirfen, diese gesammten Vorg,'inge als ein- faeh entztindliche aufzufassen und zu bezeichnen. Ebensowenig wtirde ich ziJgern, far diese ins Gewebe infiltrirten und auf die Oberflitehe exsudirten Zellen die unstreitig hequemere und kurze Bezeiehnung 63 yon ,Exsudat- oder Eiterkiirperchen" zu gebrauchen, wenn ftir einen solchen besottderen Namen jetzt noch ein Bediirfniss oder ein Motiv vorbanden w,~re, nachdem sich die 1,1cntitlit der farblosen Blutktirperchen mit ihnen noch in einem viel hiJheren Maasse herausgestellt hat, als dieselbe schon vorhcr und seit'lange von Virchow u. A. vertheidigt worden ist. Selbstverstlindlich habe ich es nicht unversucht gelassen, die in vieler Beziehung bemerkenswerthen Vor~inge, zu deren Beob- achtung das blossgelegte Mesenterium des Froscbes die Gelegenheit geboten, auch an Siiugethieren zu verifieireu. Ich benutzte zu dem Ende sanz junge Kaninchen und Kiitzcben, welche ich 5, 6 Stunden lang durch Aether in vollstliadigster Narsose erhielt. Die Thiercben waren auf einem heizbaren Objecttisch gelagert, dessert Temperatur so viel es anging, auf 38--40 o gehalten wurde; zu einer seitlichen Bauehwunde wurden ibnen nun ein Paar Dilnndarmschlingen aus der Bauehhiihle hervorgeholt and das ausgebreitete Mesenterium in lthnlieher Weise, wie beim Frosch und unter Zusatz yon Jodserum unters Mikroskop gebracht. Sehr bald tritt dann die Gef'~issdilatation ein und naeh vielleieht einigen Schwankungen aueh die Verlang- samung des Blutstroms. Weiterhiu h~iu/'en sieh nun, wie man be- sonders leiebt an kleineren Gef~issen (nieht den radiltr zum Darm sich erstreckenden, sondern solchen, welche anniihernd parallel dem Ansatze des Gekriises gerade zwischen zwei radi~iren quer ver- laufen) constatiren kann, die farblosen Blutk(irperchen in der Rand- schieht der Venen und auch Capillaren an und kommen bier zur Ruhe; und wiederholt habe ich denn auch die beginnende Aus- wanderung aus beiden direct beobachtet, ganz genau in derselben Weise wie beim Frosch, zuerst die kleine buckelartige Erhebung am ~iussern Gefiisscontour, die gr(isser und gr(isser wurde, bis endlich eomplette Ki~rperehen nur noch mit langausgezogcnem Stiel in der C, ef~isswand festhafteten, und auch dieser sich spliter ab- liiste. Diess Alles babe ieh, wie gesagt, unter meinen Augen vor sieh gehen sehen, indess ist mir ein Mehreres nicht geglUckt, ins- besondere babe ieh kei~Je st~lrkeren eitrigen lnfiltrationen des Me- senterialgewebes oder erheblichere Exsudationen erzielen kiinnen. Es hatte diess wohl wesentlich seinen Grund in den vielerlei ~usseren Schiidlichkeiten, die auf alas Object einwirkten. Ftlr einmal liess es sich, bei der augenscheinlichen Complicirtheit tier ganzen Vor- 64 richtung, trotz aller Sorgfalt doch nicht verhindern, dass nicht ein- zelne Theile der blossliegenden Eingeweide ab und zu trocken und damit nattlrlich sogleich an diesen Stellen die Circulation vernichtet wurde; ferner war es absolut unmiiglicb, die ganze Masse der vor- liegenden Darmschlingen nebst Gekr~se auf gleichm~lssiger Blut- temperatur zu erhalten, und diesen Umst~inden, im Vereine mit noch manchen andern, muss es ohne Zweifel zugeschrieben werden, dass eher nekrotische Zust~tnde, als ein entziindlieher Prozess sich entwickelte. Ueberdiess starben die Thiere auch meistens nach c. 6, 7 Stunden, was jedesfalls z. Th. auf reflectorische Einfltisse yon Seiten des blossgelegten Peritoneum auf die Innervation des Herzens zurUckgefiihrt werden muss. So sehr ich aber bei dieser Sachlage auch bedaure, nicht augenftilligere Ergebnisse mit diesen Versuchen erreicht zu haben, so halte ieh doch, was ich beobachtet, fur aus- reichend, um die Uebertragung der beim Frosch festgestellten Er- fahrungen auch auf die Stiugethiere zu rechtfertigen. Dazu kommt, dass ich wiederholt an frisch get~dteten Kaninchen in entztindeten Geweben Zustiinde habe constatiren k~nnen, welche aufs Vollst,'tn- digste den Froschbildern entspreehen, und zwar sowohl bei ktinst- licher, traumatischer Peritonitis, als insbesondere bei spontaner fibrini}s-eitriger Pleuritis und Pericarditis, wie dieselbe bekanntlich in epidemischer Weise zuweilen in Kaninchenst~lllen herrscht. Hier sah man nach vorsichtiger Entfernung der zarten Pseudomembran in der ausgebreiteten ser~sen Haut alle kleineren und mittleren Venen, sowie s~mmtliche Capillaren in ihrem ganzen Verlaufe rings begleitet, so zu sagen, eingescheidet yon mehrfachen Lagen farb- loser Blutk~irperehen, zwischen denen an den Capillaren auch ein- zelne rothe sicb fanden. Hiernach wird, yon den tbeorelischcn GrUnden ganz zu schweigen, wohl der vorhin gezogene Schluss nicht als zu ktlhn bezeiehnet werden kannen. leh hege aber zu grosse Achtung vor dem Leser, um ihm noeh mit dem ausdrUckliehen Hinweise darauf I~tstig fallen zu sollen, dass die am Mesenterium ermittelten Gesetze ganz allgemeine Gel- tung haben for die Entztlndung geflisshaltiger Organe tlberhaupt. Selbstverstlindlieh wird allerdings die besondere Anordnung und Vertheilung der Gef'fisse yon einigem Einflusse sein; dean wiihrend in dem an Venen so reiehen und an Capillaren dagegen relativ armen Mesenterium ganz unzweif,:lhaft der hiiehst ttberwiegende 65 Theil der Zellen yon den Venen geliefert wird, so wird gewiss in Organen, die mit Capillaren reichlicher ausgestattet sind, wie z. B. schon die Serosa des Darms selber, wie ferner die Pleura und und volleads das Lungengewebe, auch der Antheil der Capillaren an dem Prozess ein gr~sserer sein; ein Umstand, der nach de[n, was wit oben gesehen, sich sogleich dadurch kundgeben muss, dass die Menge der rothen Blutk~rperehen in dem entzUndlichen Infiltrat oder. Exsudat eine viel betriichtlichere ist; ich brauche aber nur an die Jedermann gel~ufige Erfahrung yon der croupi)sen Pneumonie zu erinnern, um die Wahrscheinlichkeit dieser Auffassung einleuchten zu lassen. Aber nicht fur die gefiisshaltigen Or~ane allein finden jene Thatsachen ihre Verwerthung. Auch auf die Vorg~nge bei der Keratitis werfen sie eiu helles Licht, und die Frage, welche wit oben aufgeworfen hatten, nach der Herkunft der EiterkSrperchen in der entzUndeten Hornhaut, hat dadurch ihre Beantwortung gefunden; was wir aus den Farbstoffversuchen geschlossen, dass n~imlich min- destens ein Theil der Eiterki)rperchen aus dem Blute stamme, das ist jetzt durch die directe Beobachtung erwiesen. Nichtsdestowe- niger ]iegen gerade in der Cornea die Dinge nicht so einfach, wie man nach dem Bisherigen zu glauben versucht sein ktinnte, und es ist jetzt ein um so dringenderes Bedtirfniss, aus der Geschiehte der Keratitis dasjenige nachzuholen, was wir uns noch bis sp~ter verschoben hatten, als sonst leicht gerade hierauf prineipielle Ein- wlinde gegen meine SchlUsse k6nnten gegrtindet werden. Wir haben oben die Sehilderung yon dem Verlaufe einer durch centrale Cauterisation erzeugten HornhautentzUndung vom Kaninchen in dem Augenblick unterbrochen, als, wie wir damals hervorhoben, mit der beginnenden AblSsung des Aetzschorfes gleichzeitig Com- plicationen sich entwickelten, welche fortan die Reinheit der Bilder und der aus ihnen sich ergebenden SchlUsse beeintr~ichtigen; Com- plicationen, wie sie in gleicher Art von vornherein die Beobach- tung der Keratitis beim Kaninchen stBren, welche nach Excision eines Hornhautsttickchens oder nach dem Hindurchziehen eines Fadens durch eine Stelle der Cornea entsteht. Ich denke hierbei vor Allem an jenen weisslichen, milchglasfarbenen Hof, welcher sich, wie diess schon His vollkommen richtig beschrieben, in etwas schwankender, aber immer sehr kurzer Zeit -- zuweilen schon nach 1--2, bei anderen Thieren erst in 6w8 Stunden und dar- Archiv f, pathol, Anat. nd. XL. Hft. 1 u. 2. 66 tiber --um den Faden odor um den Substanzverlust entwiekelt, und zuweilen nur sehr schmal bleibt, indess in manchen F~tllon doeh eine Breite in radi~irer Richtung yon 2 Mm. und mehr erreiehen kann. Auch in Betreff der mikroskopischen Besehaffenheit des weissliehen Holes daft ich fast vollst~indig auf die Besehreibung und Abbildung verweisen, welche His auf pag. 86 und Taf. IV. Fig. 5 seiner Beitdige yon dem yon ibm sogenannten ,engeren Reizbezirk" gegeben hat; es fallen bier vor Allem sehr sonder- bare, geradlinige, z. Th. reeht lange, r~hrenartige Bildungen auf, welche zahlreiche Kerne enthalten und dadurch oft ein perlsehnur- artiges Ansehen haben; dieselben sind gr~sstentheils radi~ir gestellt, yon dem Umfang der durch den Faden etc. erzeugten Oeffnung gegen die Peripherie der Cornea gerichtet, dabei aber kommt es nieht selten vor, dass viele nebeneinander liegende einen parallelen Verlauf innehalten und sich mit anderen schneiden und kreuzen, welche in tieferen Schichten des Gewebes gelegen sind. Auf diesen, aus so eigenthfimliehen und seheinbar fremdartigen Bildungen be- stehenden Hof, der genau so welt in die Tiefe der Hornhaut geht, als die applieirte Verletzung, folgt naeh aussen eine breite giirtel- fSrmige Zone, in weleher die Cornea vollkommen durehsiehtig ist und wo zwischen den vielen Hornhautk~rperchen kaum hier und da eine vereinzelte wandernde Zelle anzutreffen ist, und erst am Hornhautrande -- in His ,,weiterem Reizbezirke" -- triift man dann wieder auf eine reiehlichere Menge yon Eiterkiirperehen, die hier unmittelbar die Randgefitssschlingen umgeben; hat die Verletzung wirklich im Hornhautcentrum Statt gefunden, so liegt dieser ,weitere Reizbezirk" immer in der schon oben betonten Stelle des hnsatzes vom M. rectus superior, wo die reiehlir und griissten Gef'fisse an die Cornea herantreten; ist es dagegen eine vom Centrum entferntere Stelle, die verwundet war, so sind es die dieser am n~ichsten gelegenen Gef~sse, in deren Nachbar- sehaft die Infiltration des Gewebes mit Eiterkiirperchen beginnt. Man sieht, die Uebereinstimmung meiner hngaben mit denen yon His kann nicht vollst~indiger gedaeht werden. hber wie sind jene merkwtirdigen Bildungen zu deuten? Denn dass die yon His gegebene Erkllirung, dieselben seien aus Umwandlungen der fixen ttornhautkiirperchen hervorgegangen, nieht aufreeht erhalten werdon kann, dartiber gibt die Untersuehung 67 ether solchen Itornhaut nach der Vergoldung die sofortige Gewiss- heit: man sieht dann auf feinen Flachschnitten ilbera]l, selbst noch ganz dicht am Rande der Wunde, zwischen und unter den dichtgedr~ingten RShren die fixen Hornhautk~rpercben mit allerdings etwas verkilrzten und verkilmmerten Ausl~iufern, auch sonderbaren grossk~rnigen und vacuolenartigen Bildungen, aber mit dem ganz unver~nderten, einfachen, grossen klaren Kern und in der ganz regelm~ssigen Lagerung. Andererseits werden die R~hren dutch Gold ganz genau gef~rbt, wie Eiterk~rperehen selber, und auf dem geheizten Objecttisch hat es in tier That an der frisch berausge- schnittenen Hornhaut keine Schwierigkeit, sieh davon zu Uberzeugen, dass jene R~ihren nichts sind als hinter einander aufgereihte Eiter- k~rperchen. Wie vortreffiich aber aucb die Eiterzellen des ,wei- teren Reizbezirkes" auf die yon uns aufgedeckte (~uelle sich zu- rUckf0hren lassen, so wird man doch vernilnftiger Weise, in Betracht des zwischen beiden befindlichen ganz unver~nderten Hornhautgiirtels, die Zellen des engeren Bezirks davon nicht ab- leiten k~nnen; und ich leugne nicht, dass mir gerade diese Ver- hitltnisse lange Zeit nicht geringe Bedenken verursacht haben. Indessen das R~thsel hat sich auf eine, allerdings ziemlich unerwartete, aber daftlr desto einfachere Weise gel~st. Hliufig n~mlich st~sst man innerhalb des engeren Reizbezirkes, mitten zwischen jenen rShrenartigen Zellenreihen, wie diess auch Lang- hans *) ganz richtig gesehen und beschrieben hat, auf mehr oder weniger zahreiche, unzweifelhafte Fetttr~pfchen, die thetis auf oder in Zellen, theils fret im Gewebe gelegen sind, gewShnlich nur als kleine Kligelchen sich darstellen, zuweilen aber auch zu m~ichtigen Oeltropfen anwachsen k~nnen und dana als kurze, abet breite ra- ditire Fettstreifen den centralen Hof durchziehen, indem sie die Undurchsichtigkeit desselben natfirlich ganz gewaltig erh~hen. Es wilrde nun selbstverst~nd|ich im Widerspruch mit allen sonstigen biologischen Erfahrungen stehen, wollte man annehmen, dass in so kurzer Zeit -- schon nacb 2 Stunden habe ich diese Fettmassen angetroffen -- so grosstropfiges Fett sich an einem Orte sollte gebildet haben, der vorher vollst~indig fettfrei war, und mit Noth- wendigkeit wird man darauf gedr~ingt, dieses Fett als von aussen *) a. a. O. S. ~6. 5~ 68 hereingekommen anzusehen. In der That braucht man naeh der Quelle desselben nieht welt zu suchen, lm oberen inneren Winkel der Augenh6hle des Kaninchens liegt bekanntlich die m~chtige Harder'sche Drfise, die ganz den Bau einer grossen, zusammenge- setzten Talgdrtlse hat. Dem entsprechend ist das Sekret, welches diese DrUse hinter der Nickhaut in den Conjunctivalsack ergiesst, ein t~liges, und man kann niemals die sp~rliche FlUssigkeit unter- suchen, welche im normalen Zustande die Conjunctiva bespillt, ohne einige Fettktlgelchen darin zu flndea. Gerade nun, wie beim Menschen auf Beizung der Cornea eine einfach w,'isserige FlUs- sigkeit yon der Thr~lnendrUse entleert wird, so ergiesst auf den- selben Reiz die Harder'sche DrUse des Kaninchens Oel in den Conjunctivalsack. Sehr bald nach der Verletzung der Hornhaut nimmt die Menge des Fettes im Conjunctivalsack ganzgewaltig zu, und dieses Oel ist es eben, das dureh den Lidschlag tiber die ganze vordere Fl~che des Bulbus hinilbergesptUt, in das Ge- webe der Cornea eindringt, wo dasselbe er~ffnet ist, und sich in die fcinen radi~ren Bisse fortschiebt, welche z. B. der durchgezo- gene Faden erzeugt hat. Hierin liegt nun der Schlilssel auch filr die r~hrenartigen Eiterzellenreihen. Denn in Wirklichkeit ist die Bildung des mil- chigten centralen Hofes nicht der erste wahrnehmbare Effect nach der Verletzung der Hornhaut, vielmehr geht dem immer, wie die Augen~irzte seit Jahrhunderten festgestellt hahen, eine lebhafte Di- latation und verst~rkte Ftlllung, eine [njeciion der Conjunctivalge- f'~sse voran. Bei sehr reizbaren Thieren kann man schon 20-- 30 Minuten nach der Verletzung der Cornea eine starke Gef~ssin- jection in der Conjunctiva auftreten sehen, die dann oft yon einem starren Oedem der Bindehaut begleitet wird, so dass selbst in einer Stunde sich eine vollst~ndige Chemosis entwickeln kann; bei an- deren, torpideren Individuen steigert sich nach der Verwundung ganz allm~hlich die R~thung in der Conjunctiva, und 4, selbst 6 Stunden und mehr noch k~nnen vergehen, ehe die Injection eine gleiehm~ssige und dichte geworden. Hand in Hand mit dieser In- jection und Schwellung der Bindehaut geht aber immer das Auf treten yon Eiterk~rperchen im Conjunctivalsack, und wlihrend das Sekret der normalen, blassen Conjunctiva nur ganz vereinzelte L?mphi[iJrperchen enthiilt, steigert sich nach einer Verletzung der 69 Cornea die Menge derselben in mehr oder weniger kurzer Zeit in ganz enormer Weise. Hiermit ist dann aber aueh sogleich das Signal gegeben ftlr das Erscheinen der Eiterkiirperchen in der Um- gebung der verletzten Stelle, in der Hornhaut, und niemals sieht man hier frtlher EiterkSrperchen, ehe diesclben in einigermaassen reichlicher Menge den Conjunctivalsack erftlllen; sie dringen aus diesem dutch denselben Mechanismus und zun~ichst auf demselben Wege in die Hornhaut ein, wie das Oel, um allerdings weiterhin sich in die Bahnen der Saftkan~ilchen zu begeben. Mittelst dieser Auffassung begreifen sich alle, anscheinend noch so unerkl~irlichen Vorglinge ganz einfaeh. Es erkl~irt sich, wie es kommen kann, dass man das eine Mal im engeren Reizbezirk nur Fett, ein an- deres Mal nut die riihrenartigen Zellenreihen, und wieder ein anderes Mal Beides neben einander trifft: denn die Vorg~inge der Oelse- cretion und der Production yon Eiterkiirperchen sind in der Con- junctiva an verschiedene, yon einander unabhlingige Apparate ge- bunden; cs erkl~irt sich, wie nach einem central applicirten Reiz, tier nur nicht zugleich das Gewebe der Cornea erilffnet, wie z. B. der Cauterisation mittelst des Lapis, ein solcher centraler Reizbe- zirk nicht entsteht, und erst dann die Eiterkiirperchen in der Umgebung des Schorfes auftreten, wenn dieselben entweder yon der Peripherie heran gedrungen sind oder aber die hbl~lsung des Schorfes sich bereits eingeleitet hat; es erkl[trt sich endlich ohne Schwierigkeit, warum beim Frosch, der erstens eine Fett secernirende Drtise nicht hat und bei dem zweitens, vermtige der verschwinden- den Entwickelung einer CoDjunctiva, eine Anh~iufung yon Eiterkiir- perchen in dem Raum zwischen Cornea und Nickhaut hie in be- merkenswerther Weise zu Stande kommt, ein solcher ,engerer Reizbezirk" sogleich nach einer Verletzung oder Misshandlung der Hornhaut sich nicht ausbildet. Allerdings bin ich nun bis heute nieht in der Lage entscheiden zu kiinnen, ob und einen wie grossen Antheil an dem huftreten der Eiterkiirperchen im Con- junctivalsack die Epithelien desselben haben, oder ob, was ja nahe genug liegt anzunehmen, auch ftir sie die Quelle allein in den Blutgef~ssen zu suchen ist; immerhin aber wird Jedermann jetzt zugcben, dass eine, die Entstehung der Eiterkiirperchen in der Hornhaut selbst negirende Auffassung in diesen scheinbar wider- sprechenden Verhliltnissen eine neue Sttltze gewonnen hat. 70 Dieser in der obigen Weise begrilndeten Lehre von tier Ge- schichte der Keratitis werden, so hoffe ich, auch die Ophthalmo- logen unbedenklich beitreten k~nnen. Nicht nut ist es den Augen- ~irzten seit Alters her gel~iufig, dass jede acute Keratitis mit einer Injection der Conjunctivalget~sse einhergeht, ja beginnt, sondern man unterscheidet ja auch besondere Formen der Hornhautentzlin- dung unter dem Namen der marginalen, der Randkeratitis, die ohne Weiteres in der hier vorgetragenen Auffassung ihre Begrtindung finden, man weiss ferner, dass jede diffuse Keratitis bis zum Rand reicht und ganz gewShnlich in der N~ihe der normalen Randgefiisse ihre gr~sste Intensit~it zeigt; und ich erinnere vollends an die so- genannte btlschelf'6rmige Keratitis, bei der die vordrin~enden Ge- fiisse immer, wie man sagt, ,ein Exsudat vor sich herschieben". Alsdann ist es ja m~glich gewesen, die aUtltgliche Erfahrung, dass gerade um einen eingedrungenen Fremdk~rper sich die eitrige In- filtration entwickelt, auf einfach mechanische Verh~iltnisse zurllck- zufUhren. Wenn endlich die klinische Beobachtung ganz unzweifel- haft zeigt, dass das sogenannte torpide Hornhautinfiltrat ganz gewShnlich mit einer Verf~irbung an irgcnd einer beliebigen Stelle der Cornea beginnt, so darf doch auch hier die seit lange festste- hende Erfahrung nicht vernachl~issigt werden, dass der h~iuflgste Ausgangspunkt dieser Affection eine Verletzung der Hornhaut ist; ja, vielleicht geh~rt unter diese Kategorie auch ein grosset Theil der tibrigen F~ille bei Thr~inensackleiden, wo nur das Trauma, wie so leicht m~glich, tibersehen worden. Jedenfalls aber muss, bei dem Mangel jeder histologischen Untcrsuchung von frischen F~Ulen solcher Infiltrate, auch noch die MSglichkeit often gehalten bleiben, dass eine an einer Stelle der Hornhaut auftretende Verf'~rbung nicht immer auf einer Infiltration yon Eiterki~rperchen beruht, sondern dass vielmehr irgend welche Ver~nderungen im Intercellulargewebe oder irgcnd welche nekrotisirende Prozesse vorliegen, zu denen erst die Eiterinfiltration als ein Secund~ires hinzutritt. Und ftlrs zweite darf man, wenn man die Geschichte eitriger Infiltrate in der Horn- haut vom blossen Auge wiirdigen will, nicht vergessen, dass iiber die ganze Ausdehnung der Cornea, ganz besonders die peripheren Theile, schon eine sehr grosse Zahl von Eiterk6rperchen verbreitet sein kann, ohne dass dieselben desshalb far die makroskopische Betrachtung sich kundgeben, w~ihrend ganz die gleiche Menge so- 71 fort erheblich auff'~illt, sobald sic zusammenriicken und sich auf einen ganz kleinen Raum concentriren. Wie man sieht, llige noch keine Nothwendigkeit vor, selbst gegenUber positiv entgegenstehen- den Erfal~rungen die Waffen zu strecken, die ich indess, wie ge- sagt, noch nicht ftlr hinreichend sichergestellt ansehen kann. Nachdem jetzt, [lurch die auf den letzten Seiten mitgetheilten Untersuchungsresultate, auch eine Gefahr beseitigt ist, welche unscre gesammte Aufstellung zu bedrohen schien, werden wir uns nicht l~ingcr der Fragc entziehen wollen, ob tiberhaupt neben dcm in der vorliegenden Untersuchung nachgewiesenen Vorgang noch ein ande- rer Modus der Genese der Eiterkiirperchen zuzulassen ist, und ein wie grosser Antheil an der entztlndlichen Production in diesem Falle der Exsudation, oder wie man wohl zweckm~issiger es be- zeichnen wtirde, der Emigration zugeschrieben werden mtisse, gegentiber den anderen etwaigen Prozessen. Abet dutch die vor- stehende Untersuchung hat, wie mir scheint, auch diese Fragestel- lung eine Verschiebung erfahren. Denn wenn, bei dem gegenwiir- tigen Standpunkt der Wissenschaft, ausser den Gef~issvorg~ingen tibcrhaupt nut noch an eine Herleitung der Eiterkiirperchen yon den im Gewebe pr~iexistirenden Zellen gedacht werden kann, so ist im Eingang dieser Arbeit der Nachweis gefilhrt worden, dass die fixen KSrperchen des Bindegewebes in keiner Weise bei der Zellen- production betheiligt sind; und es bleibt hiernach, wie bereits oben betont, nut tibrig, auf die wandernden Ktirperchen zu recurriren. Nun aber wird, nach den in diesem Aufsatz mitgetheilten Beob- achtungen, Niemand sich der Ueberzeugung verschliessen wollen, dass auch die normaler Weise im Bindegewebe vorkommenden Iymphkiirperchenartigen Elemente ursprUnglich aus dem Blute stammen, ausgewanderte weisse Blutkiirperchen sind. Man braucht ja nur an die so leicht auftretenden, vortibergehenden Stauungen in gewissen Bezirken des Venensystems, vollends abet an die so gewi~hnlichen, partiellen Stockungen im Capillarkreislauf zu denken, um ein vereinzeltes Austreten weisser Blutkiirperchen begrciflich genug zu finden; und wenn bei den obigen Farbstoffversuchen nicht auch einmal ein farbstofffiihrendes Kiirperchen in der normalen Hornhaut, dem normalen Bindegewebe iiberhaupt angetroffen wurde, so crkl~irt sich diess ganz einfach daraus, dass die Bewegungen der mit fremden Partikeln Uberladenen Kiirperchen, wie durch die di- 72 recte Beobachtung festgestellt ist, triiger sind, als die der davon freien. Unter diesen Umst~inden wird mithin die Frage so gestellt werden milssen, ob die weisseu Blutk~rperchen, nachdem sie das Gef'dss verlassen, im Stande sind, aus sich heraus neue farblose Elemente zu erzeugen, oder, mit anderen Worten ausgedrUckt, ob jemals, im normalen und im entziindeten Zustande, mehr farblose Blutk~rperchen in den Geweben auftreten k~nnen, als aus den Ge- fiissen ausgewandert sind. Diese Frage mit voller Sicherheit zu entscheiden, das bin ich, wie ich bereitwillig zugebe, nicht im Stande; ganz unzweifelhaft ist die Emigration nur festgestellt ftir diejenigen Zellen in der Keratitis, welche, nach der Injection yon Anilinblau ins Blut, Farbstoflk~rnchen enthalten, und diess war doch nur ein Bruchtheil der ganzen Menge. Aber auf der einen Seite muss man sich erinnern, dass der ganze Vorgang der Emigration nicht etwa ein sp~irlicher und vereinzelter ist, sondern dass, wie wir gesehen haben, unz~ihlige Mengen yon KSrperchen die Get~sse verlassen, Mengen, die an sich vSllig ausreichen, das Gesammtre- sultat, die Endproducte des entztlndlichen Prozesses zu liefern. Und im Gegensatze dazu muss ich jetzt aufs Nachdrtlcklichste be- tonen, worauf ich schon oben andeutungsweise hingewiesen, dass der ganze Vorgang der Theilung von Eiterk~rperchen und der daraus hervorgehenden Neubildung derselben nur ein hypotbetischer, nicht ein bewiesener ist. Noch Niemand hat selbst wenn er le- bende EiterkSrperchen unter den allergiinstigsten Verhllltnissen viele Stunden lang beobachtet hat, aus einem EiterkSrperchen zwei oder mebrere entstehen sehen; uud auch mir selbst, der ich doch gewiss an einem zweckm~issigen Orte und unter zweckmllssigen Bedingungen, am blosgelegten Mesenterium untersucht habe, ist niemals auch nur eine Andeutung eines derartigen Herganges zu Gesichte gekommen; m~gen die Formver~tnderungen noch so leb- haft sein, so kann daraus woh! eine sehr ausgiebige Locomotion resultiren, das Eiterk6rperchen bleibt aber immer Eines und unge- tbeilt. Denn es gen~lgt natUrlich nicht, dass man einmal w~ihrend der Formver~inderungen ein Partikelchen vo/n ZellkSrper sich ab- schnUren, auch wohl weiterhin eigene Contractilit~itsvorg~inge an diesem auftreten sieht, man muss es vielmehr bis zu der GrSsse eines Eiterk~rperchens wachsen sehen, und vor Allem aucll Kerne in ihm nachweisen k~nnen: und das ist noch yon Keinem Be- 73 schehen. Darnach soil also die MSglichkeit, dass an jedem belie- bigen Orte aus alten weissen BlutkSrperchen neue entstehen k6nnen, nicht geleugnet werden, aber wissenschaftlicli sichergeste|lt ist dieser Vorgang bisher nicht, und wit miissen daher, wie mir scheint, unser Urtheil vorl~ufig dahin zusammenfassen: das Eine ist bypothetisch, das Andere bewiesen. Wenn: aber Jemand gegen diese Deduction den Einwurf erheben sollte, dass es unmiiglich scheine, die enormen Mengen Eiterkiirperchen, welche bei einer aeuten Phlegmone, einer Peritonitis producirt wtirden, lediglich auf die Gesammtmenge der im Biute kreisenden farblosen KSrperchen zurtickzufiibren, so habe ich darauf Mehreres zu erwidern. FUr einmal unterschiitzt man die Zahl der im Kreislauf des normalen Individuum befindlichen weissen Blutktirperchen. Ich leugne es nicht, dass in einem aus der Ader gelassenen Tropfen Blut erst auf c. 300--400 rothe ein farbloses Kiirperchen kommt; abet diess ist nicht das Verh~iltniss, das innerhaib der Circulation selbst Start hat. Wenigstens nur im Herzen und in den griisseren Geftissen, allenfalls in allen Arterien; in den kleinen Venen und Capillaren dagegen ist die Menge der farblosen Elemente eine relativ viel griissere, und wepn das Blut aus tier Ader gelassen wird, so fliessen aus diesen die weissen BlutkSrperehen nur zum geringsten Theil aus, sie kleben dort lest und werden, so zu sagen, zurtickgehalten. Man lasse ein Thief sich aus den durehsehnittenen HalsgeFfissen verbluten, immer wird man, wenn man vorsichtig einen an kleinen Gefiissen reichen Kiir- pertheil desselben unter das Mikroskop bringt, doch bestimmt in ihnen noch eine Anzahl farbloser antreffen, die nicbt mit ausge- flossen sind; und ebenso ist es eine alte Erfahrung, dass wenn man yon der Aorta aus: das Gef~sssystem eines Thieres mittclst Serum oder dgl. auszuwaschen versucht, es ohne Sehwierigkeit ge- lingt, die rothen, niemals dagegcn alle farblosen Blutklirperehen hinauszudr~ingen. LiC~r demnach an sich schon die Verhiiltnisse fiir die Emigration g i!n~stige~ ats es naeh den gewiihnlichen An- vahmen scheinen sollte, so kommt dazu noeh ein anderer, ent- sehieden viel wichtigerer Umsta~d. ~,aC~allerdings dis Zahl der in einem gegebenom~i~blieke~ ~ih~erhalb eines bestimmten Geflissbezirkes befindliehen:'W~issen Blutl~rperehen viel zu gerin: sein, um Material for eine irgend namhafte Anh~iufung yon Eiter- kSrperehen im Gewebe herzugeben; aber man darf bier nicht ausser 74 Aeht lassen, dass dutch den Blutstrom an den betreffenden Ort immer neue und neue Mengen farbloser Elemente geftihrt werden, die nun daselbst dem Schicksal der Exmission verfallen. W~ihrend dieser Zeit nun, die doch iiber Stunden und Tage sich auszudehnen pflegt, geht ununterbrochen die Neubildung farbloser BlutkSrperchen vor sich, und zwar an denjenigen Orten und in denjenigen Or~ ganen, yon denen wir durch sichere physiologische Erfahrungen wissen, dass in ihnen solche Elemente erzeugt werden, nlimlich den Lymphdrtisen und der Milz; und in der That gerathen w~ihrend der entziindlichen Prozesse gerade diese Organe in einen Zustand ausgesprochenster Hyperplasie; wir sehen bei einer Phlegmone sehr friih schon die benachbarten Lymphdriisen anschwellen, wir constatiren bei einer biliiisen Pneumonie immer den frischen Milz- tumor, nnter dessen Einfluss die Leukocytose sich ausbildet, auf welche bei allen diesen Zust~inden Virchow schon vor vielen Jahren aufmerksam gemacht hat. Man sieht, es ist nut niithig, die bisherigen Anschauungen in der Weise zu modificiren, dass man den Ort der Zellenneubildung aus dem Bindegewebe in die Lymphdrtisen, resp. die Milz verlegt; in derselben Zeit und mit dem- selben Material, in der und aus welchem die Bindegewebskiirperchen die Ftille der neuen Zellen zu erzeugen vermochten, werden auch die Lymphdrtlsen und die Milz es kiinnen, und zwar zweifelsohne noch besser, da ja in ihnen yon Anfang an die ph),siologischen Bedingun8en ttlr die Production farbloser Blutkiirperehen gege- ben sind. Durch die auf den vorstehenden Bl~ittern mitgetheilten Ver- suche und Beobachtungen wird es nun, wie mir seheint, n~thig, die bisherige Theorie yon tier acuten Entztindung in einigen Ba- ziehungen zu modificiren. Wenigstens von derjenigen Form der acuten Entztindung, welehe mit einer Eiterung (ira allgemeinen Sinne des Wortes, gleiehviel ob zelliger oder eitriger Infiltration, ob Abscess, ob Exsudat) einhergeht, d. i. aber, wie sogleich in die Augen flillt, diejenige Form, fur welehe seit Alters her der legitime Name der ,,Entztindung" in Gebraueh ist, yon der die bertihmten vier Cardinals~mptome des Tumor, Dolor, Calor und Rubor aufgestellt sind und an die jeder Arzt zuerst denkt~ wenn 75 er die Bezeichnung ,,Entziindung" hiirt. Fiir diese Species der Entztindung treten hinfort die Gefiisse wieder mehr in den Vor- dergrund. Ohnc Geflisse keine Entztindung, die Geflisserweite- rung, die Injection und Ityperlimie ist das nothwendig erste Sta- dium jener; in gef~sshaltigen Theilen sind es eben die hier be- findliehen Gefitsse selber, in gefiisslosen die der Nachbarschaft, welche, wie sic in normalen Vcrhiiltnissen der Evnlihrung jener vorstehen, so auch der Ausgangspunkt der entztindlichen Vorg~inge werden. Als zweites Postulat fiir das Zustandekommen eitriger Prozesse hat sich die Anwesenheit yon Hohlr~lumen ergeben, welche eine Fortbewegung und eine Anhliufung der farblosen Blutzellen gestatten. Da nun doch nut sehr wenige Blutgefiisse direct an die gri~sseren Hi~hlen des K(irpers grenzen, so muss lfier vor Allem ein Gewebe in Betracht kommen, das canli|chenartige, dilatirbare Riiume enth~ilt, und diess ist das Bindegewebe. Darin liegt derGrund, warum nach wie vor die Eiterung an das Bindegewebe gekntipft bleibt, und zwar an alles Bindegewebe, soweit es derartige Kan~ile darin gibt. Man kennt aber unter den Geweben der Bindesubstanz nur eines, in dem solche R~iume nicht vorhanden sind, n~imlich den Knorpel. Die Knorpelhiihlen sind abgeschlossen, sic communi- ciren nicht mit einander, und im Knorpel mit der festen und un- nachgiebigen, dabei nicht unterbrochenen Intercellularsubstanz kiinnen Lymphkiirperchen daher nicht wandern. Abet im Knorpel hat auch noch Niemand eine wirklicheEiterung beobachtet. Wenn man durch den Bulbus des Frosches einen Faden hindurch- zieht und ihn sechs, sieben Tage lang liegen l~isst, so ist nach dieser Zeit das ganze Auge vereitert, nut in der doch zweimal durchstochenen, knorpligen Sklera kommt, wie bereits oben or- wlihnt, niemals ein EiterkiJrperchen zum Vorschein, sie bleibt 8anz unver~indert; und wenn man dutch den Knorpeltiberzug der Condylen des Femur oder der Tibia yore Kaninchen einen Faden hindurch- legt, so entsteht bald die heftigste, eitrige Knie~elenkentztindung, welche vielleicht selbst den Tod des Thieres nach sich ziehen kann, niemals aber sieht man im Knorpcl, ausser der directen Zerstii- rung dutch Nadel und Faden und ausser einer ~iusserst schmalen kiirnigten Zone dicht um die Wunde, irgend eine Ver:dnderung, niemals, selbst nach fflnf, sechs Tagen auch nut ein einziges Eiter- kiirperchen im Gewebe desselben. Selbstverstiindlich leugne ich 76 night, dass auch der Knorpel Veritnderungen erfahren kann; sieht man doch im Laufe mannigfacher Prozesse die erheblichsten StG- rungen in ihm sigh entwickeln, abet diese StGrungcn haben Nights zu thun mit entztindlichen Vorg~lngen der Art, wie sie uns bier besch~ftigcn, die Producte dieser Ver~nderungen sind nicht con- tractile Elemente, also keine, die den EiterkGrperchen k~nnten gleichgestcllt werden. Alles Ubrige Bindegewebe abet fUhrt, wie bekannt, kan~llchenartige Hohlr~umc, dasselbe ist mithin das eigent- liehe Terrain dcr Eiterung, und so erkl~irt es sigh denn auch, dass die eitrigen Prozesse in den zusammengesetzten Organen ihren Ab- lauf im interstitiellen Gewebc nehmen. Allerdings haltc ich reich nun noch welt davon entfernt, etwa eine neue Theorie der Entziindung aufstellen zu kGnnen. Schon in der obigen Darstellung habe ich ausdrtleklich betont, dass ich gleich die ersten Vorg~inge an den Gef'dssen, die Dilatation derselben, night ohne Zuhtilfcnahme unbewiesener Hypothesen deuten kGnne. Eine andere, erhebliche Schwierigkeit liegt darin; wie zu erkil~ren, dass nieht aus Venen, die in Folge einer Stauung dilatirt sind, die KGrperchen auswandern; wiewohl der Unterschied zwischen dem zwar mit vcrringerter Oeschwindigkeit, aber doch continuirlich fliessenden Blutstrom der Gef'dsse eines entzUndeten Organs und jenem in einer gestauten Vene auf der Hand liegt. Und am wenigsten bin ich im Stande, eine Erkll~rung dafUr zu geben, warum die ausgetretenen BlutkGrperchen sigh immer an die Stelle des Reizes hinbegeben; wiewohl auch hierftlr das Beispiel der verwundeten Hornhaut uns die Nothwendigkeit des Individualisirens gezeigt hat. Alle diese und flhnliche Fragen kGnnen natUrligh night durch einfache theoretische Erw~gungen, sondern nur auf Grund experimenteller Prtlfung einer Erledigung entgegengeftlhrt werden, aber es ist, glaube ich, doch schon ein Gewinn, dass es mGgligh geworden, die Fragen zu pr~tcisiren. Ueberdiess abet ergeben sigh aus den in diesem Aufsatze niedergelegten Thatsachen einige.Folgerun- gen und Schlilsse, welchc, wie ich hoffe, dem Arzte und Anatomen night unwillkommen sein werden. Vor Allem, was ich schon mehr- faeh hervorgehoben, hat die ftir die klinische Beobachtung so auff'dl- lige Initialhyper~mie ihre sichere Begrtindung gefunden. Weiterhin erkl~irt sich jetzt ohne Schwierigkeit die t~gliche Beobachtung, dass eine bereits eingcleitcte Entztindung ohne alle Sch~ldigung der In. 77 tegrit~it des betroffenen Theiles wieder riickg~ingig werden kann; man sieht die schon getrUbte Cornea sieh vollst~indig wieder auf- heilen, eine bereits sehmerzhaft intumescirte, lebhaft gertithete Stelle der Haut und des Unterhautgewebes wieder erblassen und voll- stiindig wieder abschwellen : was ist jetzt einfacher, als die Deutung, dass ebenso wie das transsudirte Plasma wieder resorbirt wird, so auch die aus den Gefiissen herbeigewanderten Lymphktirperchen den Platz wieder verlassen, sieh in die Nachbarschaft und die Lymphgef'~isse ,,vertheilen" und so das noch nicht passiv we- sentlich geseh~idigte Gewebe unver[indert zUrtickbleibt? Ieh erinnere ferner daran, dass nun eine durchaus rationelle Erklltrung ftir die yon allen guten Praktikern jeder Zeit anerkannte, heilsame Wirkung loealer und allgemeiner Blutentziehungen gegeben ist; und daran, wie plausibel jetzt die alte Erfahrung erscheint, dass unter dem Ein- fluss energischer K~ilte, welche eine Erweiterung der Gef~isse nicht zu Stande kommen l~isst, auch die Entwickelung der Eiterung ge- hemmt wird, w~ihrend im Gegentheil erhiihte W~irme dieselbe be- giinstigen muss. Und ferner um noch ein Paar Erfahrungen mehr anatomischer Art herausgreifen, so erinnere ich an eine Thatsache, auf die Traube sehon seit lange die Aufmerksamkeit gelenkt hat, dass niimlich bei jeder Nephritis Eiterki~rperchen im Harn auftreten, ohne dass" die anatomische Untersuchung irgend eine complicirende Cystitis oder Pyelitis nachweist: es sind diess aus den Glomeruli emigrirte farblose Blutkiirperchen; und schliesslieh mtichte ich noch mit besonderem Naehdrucke auf die Pneumonie hinweisen, in deren Verlauf so enorme Mengen yon Eiterki~rperchen in den Alveolen sieh anhiiufen kiinnen, ohne dass doch das dieselben umschliessende Bindegewebe irgend eine Spur einer Ver~inderung zeigt, und ohne dass man auch in den platten Epithelien der Alveolen, deren Existenz Uberhaupt erst dutch einen mehrj~ihrigen erbitterten Kampf hat gesiehert werden miissen, irgend Etwas wahrnimmt, was be- reehtigen kiinnte, in ihnen die Quelle der Eiterkiirperchen zu suehen. Berlin, im Mai 1867. Nachtrag. Seitdem die vorsiehenden Bl~itter niedergesehrieben worden, haben ia No. 31 des Centralbl. f. d. med. Wiss. v. 1867, v. 78 13. Juli die Herren Hoffmann und Recklinghausen eine kurze Mittheilung publicirt, welche dieselbe Frage behandelt, deren LSsung in obiger Arbeit versucht wurde; und wenngleich jene Mittheilung nur als eine vorliiufige angesehen werden darf, so mag es mir dennoch .gestattet sein, mit wenigen Worten meinen Standpunkt gegeniiber derselben anzudeuten, und zwar um so mehr, als die Herren Verfasser schon durch die Ergebnisse ihrer bisherigen Yersuche in einen directen Widerspruch mit den yon mir gezogenen Schliissen gerathen zu sein glauben. In Wirklichkeit freilich halte ich diesen Widerspruch nut fiir einen scheinbaren. Denn nicht bloss ist in jener Publication keine meiner positiven Angaben bestritten, sondern meines Erach- tens niJthigt auch keiner der Versuche der Herren Verfasser zu Schliissen, welche mit den meinigen unvertr~iglich w~iren. Wenn sie einestheils bei ihren Farbstoffversuchen Gewicht darauf legen, dass nach Einbringung yon Zinnober in die Schenkellymphs~icke des Frosehes rothe Kiirnchen auch frei in der Gewebsfltlssigkeit verschiedener Organe angetroffen wurden, so babe ich selbst, im Bewusstsein der Mebrdeutigkeit der au den Lymphs~icken ange- gestellten Experimente die wesentliche Entscheidung in Versuehen erstrebt, bei denen ich den Farbstoff direct in die Blutgefiisse ein- ftihrte: Versucbe, die ich gerade in den letzten zwei Woeben, seit der vorl~iufigen Mittheilung der Wtirzburser Autoren, mehrfaeh wiederholt habe, ohne dasses mir jemals gelungen w~ire, ausser- halb der Blutwege Farbstoffkiirnehen anzutreffen, die nicht im In- nern von Zellen sieh befanden. -- Dass andererseits die genann- ten Herren nach Einbringung von Zinnober in die Schenkell),mph- s~icke des Frosches aueh in der normalen, nicht entzllndeten Hornhaut, sowie in dem interstitiellen Bindegewebe der ilbrigen Organe spltrliche, zinnoberhaltige wandernde K(irperchen angetrof- fen haben, ist eine Thatsache, von der zwar ich selbst mich nicht babe mit Sicherheit iiberzeugen ki~nnen, miiglieher Weise aber nur desshalb, weil ich zu geringe Massen des Farbstoffes applicirt hatte; jedenfalls steht dieselbe aber so wenig im Gegen- satze zu meinen oben entwickelten Anschauungen, dass ich sie vielmehr ohne Weitercs in meinem Sinne verwerthen kiinnte. Eine noch griissere Bedeutung messen aber die Herren Verfasser ihrem Versuch 4 bei, dureh welchen allerdings, wie es scheint, 79 der unzweifelhafte Beweis geliefert ist, dass eine vom Organismus abgetrennte Hornhaut in sich selbst neue contractile Zellen pro- duciren kann. Hier ist mm leider in der kurzen Mitthcilung keine Andeutung dariiber enthalten, (lurch welche Vorg~inge diese Zellenneubildung zu Stande kommc; indess wird man nach dem, was Recklinghausen selbst frfiher angegeben und was ich im Eingange des vorliegenden Aufsatzes beigcbracht habe, yon den fixen, sternfiirmigen Kiirpern fiiglich absehen diirfen, und wesent- lich auf die wandernden recurriren wollen. In Betreff dieser abet' habe ich, wie der Leser sich erinuern wird, derartige Vorg~inge keinesweges in Abrede gestellt. Ich habe ausdrticklich die Miig- lichkeit der Bildung neuer Elemente aus ihnen zugelassen, und nur bestritten, dass dieser Vorgang ein bereits bewiesener sei: wozu ich doch bis vor der in Rede stehenden vorliiufigen Mitthei- lung ein unbestreitbares Recht hatte. Wenn jetzt durch den Ver- such der beiden Herren diese Thatsache ganz sichergestellt ist, so wird Niemand bereitwilliger sein, als ich, dieselbe zu acceptiren. Die Frage aber wird dann erst recht so gestellt werden mtissen, wie ich es bereits oben im Texte angedeutet habe, wie viel im Verlaufe der entztindlichen Prozesse im Organismus auf den yon mir nachgewiesenen Modus der Zellenaus-, resp. Einwanderung, wie viel auf die Zellenneubildung aus den bereits im Gewebe pr~i- formirten Zellen in loco komme. Eine Frage, wie diese, schon jetzt, ohne eingehende, neue Versuche in dieser Richtung, beant- worten und entscheiden zu wollen, davon bin ich welt entfernt; so viel sich indess einstweilen tibersehen l~isst, so scheint eines- thefts die unfehlbare Constanz der Dilatationsvorgiinge an den Ge- fiissen im Anfange der Entztindung, zusammengehalten wit der Massenhaftigkeit der Auswanderungsph~inomene, anderntheils abet ganz besonders die oben beschriebenen Versuche tiber den r~ium- lichen Ablauf der einfachen traumatischen Keratitis doch meiner Meinung nach gar sehr dafiir zu sprechen, dass bei der acuten exsudativen oder eitrigen Entztindung -- und yon einer anderen haben wir ja tibcrhaupt nicht gehandelt -- den EMigrations- und Immigrationsvorg~ingen ein grosser, vermuthlich tiberwiegcnder Antheil zugeschrieben werden muss. Berlin, 26. Juli 1867. http://www.deepdyve.com/assets/images/DeepDyve-Logo-lg.png Archiv für Pathologische Anatomie und Physiologie und für Klinische Medicin Unpaywall

Ueber Entzündung und Eiterung

Archiv für Pathologische Anatomie und Physiologie und für Klinische MedicinSep 1, 1867

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Unpaywall
ISSN
0720-8723
DOI
10.1007/bf02968135
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Abstract

Archiv fiir Physloloa;ie pathologlsehe Anatomic und und f[ir klMsehe Medidn. Bd. XL. (Dritte Folge Bd. X.) Hft. l u. 2. I* Ueber Entznndung und Eiterung. Yon Dr. J. Cohnheim, Assistenten am patl~ologischen lnstitut in Berlin, Wenn man einen Faden quer durch den Balbus eines l'tderes zieht, so entsteht in kUrzerer oder l~ingerer Zeit, beim Kaninchen z. B. schon in circa 24 Stunden, bei Winterfri~schen in 4--6, bei Frtlhlings- oder SommerfrGschen in circa 2--3 Tagen, in der Hornhaut eine Anfangs ganz leichte und matte F~h'bung, die sich allm~hlich his zur v~illigen Opacit~it steigert; weiterhin nimmt die Cornea eine v@ig milchweisse oder mehr grau- oder gelblich- weisse Farbe an, w~ihrend sic gleicbzcitig in ihrer Substanz dicker, abet gewGhnlich auch wcicher wird. Ganz Aehnliches geschieht, in mehr oder weniger heftigcm Grade, wean man die Hornhaut selber mit Cantharidentinctur bestreicbt, oder sic an einer Stelle energisch mit dem Lapisstift bertihrt oder durcb sic selber hindurch einen Faden zieht: immer entwickelt sich eine Triibung, die in den beiden letzten F~illen ihre grGsste St~irkc an dem Orte der Applica- tion, rings um den Aetzschorf, resp. den Faden erreieht. Alles diess ist l~ingst bekannt und der ganze Vorgang seit Jahrhunderten yon den Aerzten, auch beim Mettscben, als traumatische Hornhaut- entzttndung ausreichend gewUrdigt. Wohl nicht wcniger gel~infig ist aber heutzutage Jcdermann, seit den .bekant, ten Arbeiten yon Arohiv L pathol. Anat. Bd. XL. Hft. 1 u. 2. 1 His und Strube, deren Ergebnisse in der Folge yon zahlreichen Untersuehern bestlitigt u~td eigentlicb yon Niemandem in eingehen- der und sachgemiisser Weise bestr~tten worden sind, die Auffas- sung des feineren, mikroskopisehen Vorganges, wonaeh die stern- f~irmigen Hornhautkiirperehen bei der Entziindung zunltehst an Cr~isse zunehmen, anschwelien und weiterhin aus sich heraus, sei es durch direete Theilung der Kerne und der Zellsubstanz selber, sei es dureh endogene Ent~iekelung im Innern tier verg~i~sserten Zellen junge Elemente, Eiterkrperehen erzeugen. So allgemein aber aueh diese Darstelhmg aceeptivt ist und in so plaosibler und einfacher Weise dureh sic der ganze Prozess seheint erkllirt werden zu kSnnen, so sehe ich reich doeh in Folge neuerer Untersuehun- gen genSthigt, derselben ,nut eine theilweise Gtiltigkeit zuzu- sehreiben. Denn allerdings lehrt der erste Bliek in's Mikroskop, class die Triibung tier entzilndeten Cornea bedingt ist dutch ,lie An- wesenheit yon farblosen, ein- oder mehrkernigen, lymphkSrperartigen Elementen, oder, um uns des bequemeren Ausdruckes zu bedienen, EiterkGrpereheu und ebenso leieht istes sieh davon zu tlberzeugen, class der Grad der Triibuug lediglieh abh~ingt yon der Menge tier im Hornhautgewebe befintlliehen Eiterki~rperehen; indess zeigt eine genauere Untersuchung bald, dass diese Eiterki~rperehen nicht die einzigen zelligen Elemente sind, die bei tier Keratitis sieh vor- fiuden. Vielmehr sieht man in der entz(indeten Hornhaut des Frosehes, wenn man sie friseh yore eben getiidteten Thie,'e abtr~gt und sie in reinem Humor aqueus oder ebensogut in ktinstlichem S c h u I t z e'schen Jodserum *) unters Mikroskop bringt, hiiufig sogleich, jedenfalls abet nact~ einem ein- bis zweistilndigen Aufenthalt der- selben in Jodserum, sehon bei einer Lineavergr~sserung yon 180 (Hartnack S. 5), besser nattirlich von 400--450 (Hartnack S. 8), zwiseheu und ausser den EiterkSrperehen tiberall noeh die bekannten, mattgllinzenden, sternf~rmigen Hornhautl~iirperchen, genau in der regelmiissigen Vertheilung und ohne jede erheblichere hbweiehung yon tier Form oder dem Habitus, welehen dieselben in der normalen, durchsicbtigen Cornea haben. Die tibersichtliehsten und am wenigsten zu missdeutenden Blider erh~ilt man yon der- ") Oieses hrchiv Bd. XXX. S. 263. jenigen Keratitis, welehe als Theilprozess der traumatisehen Pan- ophthal[nitis, naeh der Durchziehung des Fadens durch dell Bulbus, sich entwickelt, well ja in diesem Falle die Hornhaut selbst durch alas Trauma ganz unbesch~idigt war. W~ihlt [nan jetzt einen Zeit- punkt, wo die Trtibung noch als eine [nattgrauliche sich kundgibt, wo dem entsprechend die Menge der Eiterktirperchen noch nicht eine tibergrosse ist und breitet alsdann die frisch herausgeschnittene Cornea der Fl~iehe nach eben auf dem Object$1ase aus, was be- kanntlich dutch einen oder ein Paar Einschnitte ohne Miihe er- reicht werden kann, so wird [nan tiber das, was ich soeben her- vorgehoben, keinen Augenblick in Zweifel bleiben. Gleichgfiltig, ob die hintere oder vordere Fl~iche der Hornhaut dem Tubus zu- gewendet ist, im[ner fallen, sobald [nan bei der Einstellung das Epithel passirt hat, zun~ichst ver[niJge ihres st~irkeren Glanzes die l~iterktirperchen auf. Nur sehr wenige von diesen sind verh~ilt- nissm~issig rund, kuglig, die sehr grosse Mehrzahl dagegen haben, so lange das ganze Gewebe noch nicht abgestorben ist, andere For[nen. Viele sieht man in Spindelgestalt, viele andere mehr keulenfiirmig, viele [nit ktirzeren oder l~ingeren, vielgestaltigen Fort- s~tzen, kurz alle die mannigfachen, oft so bizarren Formen, welche die lebenden Eiterktirpchen ver[ntige ihrer Contractilit~it annehmen, undes bedarf hiernach kaum einer besonderen Erw~ihnung, dass [nan ohue jede Mtihe unter den Augen die Gestaltver~inderungen an den einzelnen Zellen vor sich gehen sieht. Dabei ist das Ver- halten der Kerne ein sehr verschiedena.rtiges. An den bei Weitem meisten KiJrperchen nimmt man i[n trischen Zustande yon den Kernen garnichts wahr, da dieselben yon dem gl~inzenden Proto- plasma vi/llig verdeckt werden; diejenigen aber, deren KiJrper stark ausgebreitet ist und welche desshalb auch weniger gl~inzen, und das sind gerade gewi~hnlieh die spindelfi~r[nigen, lassen ohne Mtlhe in ihrem Inneren die Kerne erkennen, oft nur einen, ebenso oft aber auch zwei, drei und selbst uoch mehr. Zwischen den so beschaffenen Eiterktirpercheu taachten dann frtiher oder sp~iter, wie gesagt, die sternfih.migen Hornhautktirperchen auf, i[n[ner selbst- versttindlich als solche [nit roller Sicherheit erkennbar und yon jenen zu unterscheiden ver[niige ihrer viel erheblicheren Griisse, ihres viel geringeren, [natteren Glanzes und der so charakteristisehen Ausl~iufer, die wohl an den meisten Ktirperchen zahlreicher und 1" l~nger, Uberall aber viel steifer und starrer, viel ausgesprocheuer gradlinig contourirt sind, als die urn vieles weicheren und bieg- sameren, ganz unregelm~issig gestalteten Forts~tze, welche die Eiter- zellen ausscbieben. Wie bereits oben hervorgehoben, liegen die sternfiirmigen Hornhautkih'perchen in der normalen Vertheilung; dem gegeniiber ist die Lagerung der Eiterk~rperehen eine durch- aus unregelm~ssige, viele liegen in derselben Ebene mit jenen, zwichen ihnen zerstreut bei gleicher Focaleinstellung siehtbar, an- dere dagegen befinden sieil in der Sehicht zwischen den aufeinan- der folgenden parallelen Lagen von sternfSrmigen Hornhautk~rper- chen und k~nnen daher erst wahrgenommen werden miltelst geringer Hebung oder Senkung des Tubus, eine Anzahl endlich sieht man genau auf oder tiber einem sternfDrmigen KDrperehen, das dann durch die Eiterzelle zum Tlaeil verdeckt wird. Weiterhin liegen sehr viele von den Eiterk~rperchen vereinzelt, bier und da zerstreu't im Gewebe, viele dagegen sind zu kleineren oder gr~sseren, dicht- stehenden Gruppen vereinigt und es begreift sich leicht, dass yon solchen Gruppen ein oder selbst mehrere benachbarte sternf~rmige Hornhautk~rperehen ganz verlegt und dadureh der Wahrnehmung entzogen sein k~nnen. Was aber das Bemerkenswertheste ist fur die Beurtheilung der gegenseitigen Lagerung beider Arten von zelligen Elementen in der entz~ndeten Hornhaul, das ist der Um- stand, dass die Vertheilung der Eiterk~rperehen keine constante, sich gleichbleibende ist. Vielmehr zeigt sich hier genau dasselbe, was uns Recklinghaus en in seinem bekannten Aufsatze tiber Eiter- und Bindegewebsk~rperchen ~) von den in der normalen Cornea vorhandeneu Iymphki~rperartigen Elementen gelehrt hat, die Ki~r- perchen ver~ndern verm~ge ihrer Contractilit~it ihren Ort, sie wan- dern. So kann man unter seinen Augen, im Laufe mehrerer Stunden, ein Eiterki~rperchen langsam vorw~rts riicken sehen, auf ein stern- fi)rmiges Ki~rperchen hinauf oder von demselben hinweg u. dgl., man kann ferner eine kleine Gruppe sich anti,sen sehen, so dass ein bisher verdecktes Hornhautk~rperchen allm~ihlieh in voller Klar- heir sich pr~sentirt und andererseits beobaehtet man, wie mehrere Anfangs vereinzelt gelegene Eiterzellen zu einer Gruppe successive zusammentreten und so ein bisher deutliches, sternf'6rmiges Ele- *) Dieses Arehiv Bd. XXXVIII. S. 157. ment dem Auge des Untersuchers entziehen. Ja, dieses Vermtigen der Locomotion, der Wanderung, halte ieh filr ein so hervorstechen- des Kriterium im Vergleich mit den sternftirmigen HornhautkSrper- chert, die niemals ihren Platz ver~indern, dasses mir zweckmltssig erscheint, im weiteren Laufe dieser Darstellung die letzteren mit dem bequemen und kurzen Ausdrucke der ,,fixen" zu bezeichnen. Der bereits mehl'fach erw~ihnte Umstand aber, dass mehrere dicht bei einander liegende Eiterkiirperchen die Wahrnehmung eines fixen KiJrperchens vollst~tndig unmiJglich maehen kiJnnen, ist der Grund, wesshalb bei einer schr vorgeschrittenen Keratitis, wenn die Hornhaut verdickt, ganz trtlbe, weisslich oder gelblich- weiss aussieht, es so viel schwieriger h~tlt, sich fiber die histo- logischen Verh~iltnisse zu orientiren. Wenigstens bei der Unter- suchung im frischen Zustande; denn bier ist die Menge der Eiter- ktirperehen so gross, sie bilden vielfach so dichte Haufen, dass es in keiner Weise gelingt, an diesen Stellen ausser jenen noch irgend etwas zu erkennen. Das ~indert sieh allerdings schon durch das Absterben; untersucht man eine solche Cornea ca. 24 Stunden, naehdem man sic vom Frosche herausgesehnitten, so haben die EiterkSrperehen sehr an Lichtbrechungsverm~igen eingebUsst, sie sind viel blasser und man kann dann gewi~hnlicti mit mebr oder weniger l)eutlichkeit die mittlerweile viel seblirfer hervorgetretenen fixen KSrperchen zwisehen ihnen wahrnehmen, yon denen ganz besonders die grossen Kerne sehr markirt geworden sin& Indess eignet sieh solch ein Bild doeb sehr wenig fur die eingehende Prfifung; denn frtlher oder sp~iter entwickelen sich ktirnige Trtl- bungen in den zelligen Elementen, die Auslliufer der fixen Ktlr- perehen werden bald verwasehen und undeutlich, endlieh kommt es zu Vibrionenbildung im Gewebe und damit b~rt natUrlieb alles reinliehe, fehlerfreie Untersuehen auf. Unter diesen Umstiinden halte ich es ftir einen wesentliehen Vortheil, ein Reagens zu be- sitzen, welches'es m~glieh maeht, an allen entziindeten Itornhiiuten, in welchem Stadium auch immer, die Verh~iltnisse in bequemer und zuverl~issiger Weise zu studiren, n~tmlich das Goldehlorid. Wendet man dasselbe in der yon mir in einem frtlheren Aufsatze*) vorgeschlagenen Weise (in 89 L6sung, der ein wenig *) Dieses hrchiv Bd. XXXVIII. S. 343. diluirter Essigs~iure zugesetzt ist) bei der Hornhaut an, so f'arben sich, wie ieh diess ebendaselbst bereits beschrieben habe, ausser den Nerven noch die zelligen Elemente roth, blau oder violett, mit dar Reductionsfarbe des Goldes, w~hrend dagegen die Intercellularsubstanz vollstltndig ungef~irbt bleibt und desshalb die zelligen Elemente in ungemeiner Sch~irfe hervortreten l~isst. Das gilt in ganz gleicher Weise von den fixen, wie yon den wandernden KSrperchen in tier normalen Hornhaut und dem entsprechend aueh yon den Eiterzellen der Keratitis, nut kann man im Allgemeinen sagen, class die wan- dernden Kiirperehen ein wenig rascher und auch tiefer geflirbt werden, als die fixen. Der Gewinn, tier aus der Untersuchung vergoldeter Hornhiiute resultirt irn Vergleich mit der friseher, liegt mm nicht bloss darin, dass man solche Objecte beliebig lange und daher mit de~ griissten Musse und Genauigkeit durehmustern kann, sondern noch mehr in dem Umstande, dass in ihnen jede, noch so leise Andeutung eines Zellkiirpers oder Ausl~iufers rait unfehl- barer Sicherheit zur Beobachtung koramt, man desshalb auf die Gegenwart yon Elementen auch dort gefiihrt wird, we man bei der Untersuehung im frischen Zustande nut ganz ungenilgende Andeutungen land. Hierzu kommt aber noch ein, wie mir seheint, nicht zu unterschlitzender Vortheil. Dutch die Vergoldung erlangt die Froschcornea eine gewisse Z~ihigkeit und H~irte, die ftlr einmal es schon erlaubt, Flaehschnitte yon ihr anzufertigen, insbesondere aber es sehr leicht maeht, sie mit Hiilfe von Messer und Pincette in eine Anzahl dUnner Lamellen zu zerlegen, deren jede nut die Dicke yon einer oder zwei Lagen fixer Kiirperehen hat. An den so gewonnenen Lamellen lassen sich begreiflicher Weise alle Details [nit der grSssten Leiehtigkeit und Sicherheit erforschen, und jeder Zeit tiberzeugt man sich hier, (lass, so gross auch die Zahl der Eiterkiirperchen an irgend einer Stelle sein mag, doeh die fixen HornhautklJrperehen mitihren Ausliiufern in der gesetzm~issigen Anordnung wohl er- halten sind*) *) Beil~lufig will ich bemerken, dass f/ir diese Verhiiltnisse es keineswegs erfor- derlich ist, die Cornea in so frischem Zustande in die Goldlgsung zu bringen, wie es ffir die Darstellung der feinsten Nerven geschehen muss. leh habe mit sehr gutein Erfolg entz0ndete Hornh~iute vergoldet yon Thieren, die 6 bis 8 Stunden und l~inger vorher gestorben waren~ oder solehe~ die ich zuvor Vermittelst der Goldmethode leidst es nun fsrnsr ksinsrlei Schwisrigkeit, auch an dsr sntzfindeten Hornhaut des Kaninchsns die analogen Vsrh~iltnisse festzustellen. Denn die Untersuchung der frischen Cornea stiisst hier auf vie[ bedeutendere Hindernisse als beim Frosch. Die Eiterkiirperchen allerdings sind auf den ersten Blick ohne Weiteres zu erkennen und man konstatirt auch hier, sofern man ksine Zeit zwischen tier Abtragung der Hornhaut und der Untersuchung verstreichen liisst, dass die Kiirperchen dis allermannigfachsten Formen darbieten. Dagegen die fixen KiJr- perchen sind anfangs garnicht wahrzunehmen und bei l~ingerem Liegen treten bier noch rascher dis Uebelst~inde auf, die oben ffir die Froschhornhaut betont wurden; tibsrdiess ist die Cornea zu dick, um sins exacts Untersuchung in toto zu ermiiglichen und gute Flachschnitte yon der fi'ischen Membran anzufsrtigen, halts ich fiir ein etwas prek~ires Unternehmen. Nichts abet ist bequsmer, als die Herstelhmg derselben yon vergoldeten, in jeder beliebigen Feinheit und nichts einfacher, als die Untersuchung solcher Schnitte. In diesen sieht man nun immer dis fixen Hornhautktirperchsn mit ihrem anastomosirenden Ausl~iufei'system in ganz gleicher Wsise, ob man eins normale, durchsichtige Col;nea, oder eins trfibe, ver- dickte, entziindete untersuche, und der wesentliche Unterschied zwisshen beiden besteht nur darin, dass in der lstzteren zahllose Eiterkiirperchen zwischen oder fiber den fixen Elementen vertheilt sind. Dis Eite,'ki~rperchen liegen auch hier entweder einzeln oder in kleineren oder griisseren Gruppen ; ausserordentlieh hiiufig stiisst man bier auf spindelf~rmige K(irpercben und dann sieht man nieht selten eine Erseheinung, ffir die sich beim Froseh kaum eine Analogie vorfindet, dass nlimlich drei, vier und mehr Eiter- kiirperchen in gerader Linie hintereinander aufgereiht sind. Das ist in der That Alles, was man auf Fl~ichen- und auf Verticalschnittsn in der entzfindeten Co~'nea des Kaninshens beobachten kann. Ich kenne kein anderes histologisehes Verfabren, das bei der Untersuehung der Keratitis mit der Goldmethode, sowie mit der Prfifung im frisehen Zustande, so welt letztere ausf~ihrbar, con- surriren k~innte. Dass die Chroms~iure, sowie das shromsaure stundenlang in frischem Zustande untersucht hatte; freilich~ wie selbstver- st~indlich, gilt auch hier: je frischer, desto besser. Kali nicht fur die Behandlung der Cornea sich eignen, hat schon His bamarkt und alas haben naeh ibm viela Forseher arfahran. Ebensowenig sind Spiritusprltparata zu gebrauehen und aueh dia Behandlung mit Siiuren halta ich ftir unzweckm,~issig, nicht minder die F~irbung mit Carmin; man siebt mit all' diesem Verfahren die Eitark~rperchan mit ihren Kernen vortrefflieh, dagegen warden die fixen Elementa immer mehr oder weniger undautlieh. Das einziga, was ieh noch allenfalls den genannten Methoden an die Saite setzen m~chte, ist die Erh~irtung der Cornea in Holzessig, in dar Weise, wie His in seiner Arbeit*) es angegeben. FUr die gerin- geran Grada der Entziindung erh~lt man auf diese Waisa Bilder, die als brauehbar bezeichnet warden kSnnan, und yon dar Abbil- dung, die His auf Tar. IV. Fig. 4 gibt, kann man nut sagen, dass diaselbe die natilrliehen Verh~iltnisse ziemlich gatreu wiadergibt; man sieht die fixen Hornhautk~rperchen und ausser ihnen spar- same Eiterk~rperchen. Aber an diesem Bride kann man sogleieh aueh das Mangelhafta der Methode konstatiren, as ist dabei nieht m~glieh auszumaehen, ob ein Eiterki~rparchen, das grade an dar Stelle eines fixen Elementes liegt, auf diesem sich befindet oder in demselben, in seiner Substanz, was sich begreiflieher Waise sehr leieht im frisehen Zustande, unsehwer gew~hnlich aueh am Goldpr~parat feststellen l~sst. Vollends abet, wird die Entzt|ndung intensiver, nimmt die Zahl der EiterkSrparchen sehr bedeutend zu, so wird die Holzessigmethode ganz unzul~inglich, man siaht alsdann nut die Haufen yon Eiterki~rperehen, w~ihrend die fixen Elemente sieh ganz dam Blicke enlziehen und wenn ieh naeh dam nrtheilen soil, was ich bei der Vergleiehufig zweier H~ilften einer entztlnda- ten Kaninehenhornhaut, yon darien die aina mit Goldchlorid, dia andere mit Holzessig behandelt war, gesehen haba, so kann ich das letztera Varfahren far dia st~irkeren Grada der Karatitis nur als eine ziamlich gef~ihrliche Quelle tier T~iuschung bazeiebnan. Zu meinem Bedauern habe ich auch mittelst der Reeklinghau- sen'schen Silbermethode, die ich aus naheliegenden Griinden mit basonderer Erwartung in Anwendung zog, bisher kaina bemerkens- werthen Resultate arhalten, wia ich nieht zwaifle, haupts~ich|ieh ~) W. His, Beitr~ge zur normalen und pathologischen Histologte der Cornea. Basel, 1856. S. 2. desshalb, well das Arg. nitricum, wie bekannt, nur ganz ober- fl~ichlich wirkt und nicht in das Gewebe eindringt. Dass ich end- lich nicht erst versucht habe, die ttornhaut behufs der mikrosko- pischen Prtlfung zuvor zu trocknen, das wird der Leser mir auch ohne besondere Versicherung glauben. Wenn ich bei der bisherigen Darstellung, aus dem oben ge- nannten Grunde yon derjcnigen Keratitis ausgegangen bin, welche im Laufe der Panophthalmitis sich entwickelt, so diirfte es nicht tiber- fliissig sein, hier ausdriicklich zu bemerken, dass auch bei jeder anderen Form der traumatischen Keratitis die mikroskopische Untersuchung vollkommen iibereinstimmende Resultate ergibt. Mag man die Hornhaut mit Cantharidentinctur bestreichen, mag man eine beliebigc Stelle del~elLclJ cauterisiren, oder einen Faden durch die Mitte oder einen anderen Punkt derselben ziehen, immer beruht die Trilbung, welehe sieh alsbald im Laufe dessel- ben und der n~iehsten Tage entwiekelt, auf die Anwesenheit mehr oder weniger zahlreieher Eiterkiirperehen, immer aber bleiben zwischen diesen die fixen Hornhautkiirperchen wohlerhalten. Nicht Alles abet', was ich auf den vorstehenden Seiten ausein- andergesetzt babe, ist so neu, als es vielleicht diesem oder jenem der Leser erscheinen miichte. Denn ill dcm bereils oben citirten Aufsatze hat auch Recklinghausen ausdriicklich bemerkt (S. 180), dass ,es sich leicht feststellen liesse, dass die wesentliche Ver- ~inderung bei leichten Graden der Keratitis darin besteht, dass die beweglichen Kiirperchen an Zahl zugenommen haben." Indess R e c k li n g h a u s e n scheint diese Versuche nicht fiber die leichteren Grade der Entzfindung riinaus verlblgt zu haben und fiberdiess wurde er bei denselben grade yon einem anderen Gedanken gelei- tet. Er unternahm die Aetzungen yon Hornh~iuten, um fiber den etwaigen genetischen Zusammonhang der fixen und der wandern- den Ki~rperchen Aufschlfisse zu erhalten. In dcr That fand er in entzfindeten [Iornh~iuten Elemente, denen er in normalen nicht begegnet war, insbesondere grosse, theils spindelfiirmige, theils mehrstrahlige K(irperchen, deren Ausl~iufer sp~irlicher und meist ktirzer waren, als die der normalen fixen, die selbst an einem Pol ganz abgerundet erschienen und nur noch yon dem anderen lange Aeste ausschickten; und er spricht sich, allerdings mit grosser Reserve, ffir die M~iglichkeit aus, dass man in diesen Formen di- 10 reete Ueberg~inge yon dell fixen zu den ~andernden vor sieh habe. Heutzutage indess, wo wir durch die Untersuehungen Ktihne's aueh an den fixen Hornhautktirperehen die spontanen Gestaltver- itnderungen kennen gelernt haben, yon denen ja tlbrigens aueh R e e k li n g h a use n sehon Andeutungen wahrgenommen, heutzutage, sage ieh, werden wir auf Formen, wie die eben besehriebene, ein besonderes Gewieht kaum noeh legen dilrfen; und wollten wir selbst, so ist doeh in keiner Weise ausgemaeht, ob wir in diesen Formen grade Jugendformen neuer Eiterkth'perehen vor uns haben, zumal de, wie ieh alsbald zeigen werde, aueh in ihnen immer der grosse klare, ftlr die fixen Hornhautkth'perehen eharakteristisehe Kern wohlerbalten ist und ob nicht vie!mehr hier Unter~,angs- formen, so zu sagen, passive Zustlinde vorlie'gen. Man muss, wie mir seheint, hier noch zuriiekhaltender sehliessen, als es yon Reeklinghausen gesehehen; man darf nieht vergessen, dass jene Formen doeh imrner verhliltnissmlissig selten in entzilndeten Hornhiiuten sieh finden und class dieselben jedenfalls in keiner Weise zu verwendea sind ftir die Erkliirung des Ursprungs soleher Eiterki~rperehen, welehe, wie man es ja gewShnliett sieht, in oft so grosser Menge zwisehen ganz unveriinderten, vieistrahligen fixen KSrperehen vertheilt sind. Noch weniger Bedeutung freilieh, als den Zellen selber, bin ich geneigt, der Gestalt tier Kerne beizulegen, in Betreff deter, so viel ich sehe, vielfaeh sehr unvorsiehtige Schltisse gezogen sind. Bier ist es allerdings ein sehr bedauerlieher Umstand, dass matt in den frisehen, lebenden Zellen, wie bekannt, in den bei Weitem meisten Fitllen yon den Kernen garniehts wahrnimmt, dass diesel- ben vielmehr von dem Protoplasma verdeekt werden. Aueh hier abet kommt uns die Goldmethode einigermaassen zu Htilfe. Wie ieh sehon a. a. O. hervorgehoben,-treten in den Goldpraparaten die Zellkerne ilberall mit sehr seharfer, klarer Begrenzung hervor, gewiihnlieh ungefarbt oder doeh jedenfalls viel blasser, als des sie umsehliessende Protoplasma. In der vergoldeten normalen Horn- haut des ausgewaehsenen Frosehes oder Kaninehens sieht man nun die Kerne der fixen Ktirperehen immer als Mare, grosse, wohl deutlieh doppeltcontourirte Bildungen, mit meist zwei Kern- kti,.perehen im hmern, abet in sehr ungleieher Gestalt. Einige sind vollkommen kugelrund, andere elliptiseh, noeh andere ver- 11 bogen und geknickt und zwar sowohl in der Mitte, als auch niiher dem einen oder dem andern Pole; dadurch erhalten die Kerne oft Biscuitform, h~iufig erseheint auch ein Kern abgeschntirt in einen grSsseren und einen viel kleineren Abschnitt; und letzterer kann zuweilen nur durch eine ganz schmale, mehr weniger lang ausgezogcne Brtlcke mit jenem zusammenh~ingen, ja man erh~ilt selbst in seltenen Fiillen Bilder, wo man von einer solchen Ver- bindungsbrticke nichts mehr wahrnimmt, wo sich in der Zelle mithin ein grosser, vielleicht seinerseits verbogener und ein kleiner kugliger oder elliptischer Kern befindet. Ganz ~ihnliche, nur nicht so mannigfache Bilder bieten abgestorbene Corneae dar, in denen die Kerne immer ohne Schwierigkeit gesehen werden ki~nnen. Wenn aber in den normalen Hornh~iuten erwachsener Thiere alle diese Formen sich finden, was kann dann berechtigen, hierin Theilungsvorglinge zu sehen, wie ja viele beim Anblick jeder Biscuitform geneigt sind? Soil man aus dem Nebeneinandervor- kommen all' dieser Formen in normalen Hornhiiuten Uberhaupt einen Schluss ziehen, so liegt es naeh meinem Dafiirhalten viel n~iher anzunehmen, dass die Formen der Kerne nicht constant sind, dass vielmehr, sei es durch active oder vielleicht passive Gestaltver~inderung, ein vorher etliptischer Kern sich verbiegen, einsehnilren u. dgl. kann und umgekehrt. Freilich, ieh bemerke ausdriicklich, auch diess ist nur eine Vermuthung, denn an den lebenden Hornh~iuten sieht man eben nichts yon dem Kern, und an vergoldeten oder abgestorbenen wird man begreiflicher Weise Form- ver~nderungen nieht mehr wahrnehmen wollen. Mag es nun damit sich verhalten, wie aueh immer, jedenfalls, wenn wit die an den Kernen normaler Hornh~ute gemaehten Erfahrungen auf entztindete iibertragen, so ergibt sieh sogleich, class wir damit der Einsicht in die Saehlage um keinen Schritt nliher kommen. Denn man sieht in den entztindeten die Kerne der fixen Kiirperehen eben in keiner Weise anders, als in den normalen; jedes hat seinen grossen Kern, viele der letzteren sind rund oder elliptiseh, andere gekniekt und verbogen, eingesehn0rt und aueb solche siel~t man allerdings, wo einzelne Partikel abgetrennt ersebeinen. Hierauf aber beschr~inkt sich aueh in ihnen Al!es, und ieh brauche nach dent Gesagten nun nicht erst ausdriicklich zu betonen, dass hiermit die fixen Kiirperehen den Eiterk~rperchen, an denen matt, wie 12 bereits oben hervorgehoben, ganz tiberwiegend h~iufig zwei, drei und mehr kleine Kerne sieht, um Nichts ~ihnlicher werden. Um aber gegen jede missverst~indliche Auffassung mich zu schtltzen, will ich bier ganz ausdriicklich hervorheben, dass icb nicht etwa der Ansicht bin, dass die fixen Hornhautkiirperchen niemals yon dem entziindlichen Prozess in Mitleidenschaft gezogen werden. Eine solche Meinung kann man verstlindiger Weise gar- nicht hegen. Sieht man doch, wie im Laufe einer Keratitis die Hornhaut weicher wird, in fiirmlicher Weise abscedirt, wie ein solcher Abscess aufbrechen und Eitermassen und Gewebstheile sich entleeren kiJnnen, der Art, dass ein Substanzverlust, ein Ge- schwtir zurilckbleibt; und wer kiinnte zweifeln, dass bei solchem Ausgange die HornhautkiJrperchen mehr oder weniger schwere Ver- iinderungen erfahren mtissen? Alsdann liegt es ja auf der Hand, dass es f(lr die an einer bestimmten Stelle befindlichen, fixen K(irperchen nicht gleichgiiltig sein kann, ob man einen Faden mitten dureh sie hindurchzieht oder sie mit dem Cauterium miss- handelt. Aber es bedarf solcher aprioristischen Deduetionen gar- nicht, da man ohne alle Schwierigkeit sich davon iiberzeugen kann, dass bei sehr vorgeschrittener Keratitis und besonders in der n~ichsten N~ihe einer directen Reizstelle die fixen Hornhautki~rper- chen einen ausgesprochen kiirnigen Habitus annehmen, dass die Ausl~ufer retrahirt sind, auch wohl Vacuolen im Protoplasma der- selben auftreten, kurz das ursprilngliche, so charakteristiscbe Aus- sehen in nicht unerheblicher Weise sich ~indert. Aber je .weniger derartige Ver~inderungen geleugnet werden kSnnen, um so mehr muss ich dagegen Verwahrung einlegen, denselben eine hi, here Bedeutung zu vindiciren, als sie es wirklich verdienen. Denn was ist mit dem Nachweis derselben gewonnen fiir die Oeschichte einer jtlngeren Keratitis, yon einer Zeit, wo schon die ganze Hornhaut triibe aussieht und das Mikroskop zahllose Eiterzellen zwischen den nocb unver~in derten fixen KSrperchen aufweist? Es mtissen, so meine ich, diese Fragen ganz yon einander getrennt werden. Es muss die Aufgabe einer ganz besonderen Untersuchung sein, die miiglicher Weise passiven Verfinderungen der fixen Hornhaut- ki~rperchen im Verlaufe einer Entziindung zu studiren, eine Unter- suchung, die ich einstweilen bei 8eite gelassen, weil mir die zweite 13 Frage, die nach dem Ursprunge und der Herkunft der Eiterkiir- percben, dringender einer LiJsung bedtirftig schien. Fiir die weitere Bearbeitung dieser Frage konnten bei dem heutigen Standpunkte unserer Wissenschaft nach Ausschluss der fixen Hornhautkiirperchen, wie mir scheint, nnr zwei M(igliehkeiten in Betracht kommen. Entweder die Eiterkiirperchen stammten yon den in der Cornea pr~iexistirenden wandernden, 1zfmphki~rper- artigen Elementen, oder aber sie stammten garnieht aus der Horn- haut selbst, sondern von aussen, sie waren eingewandert. Beides war a priori denkbar. Was den ersten Modus anlangt, so brauche ieh nur an den von Recklinghausen a.a.O, geftihrten Naeh- weis zu erinnern, dass in jeder normalen Cornea sich dergleichen Elemente finden, die in keiner Weise yon Eiterkiirperehen differi- ten und bei den ganz allgemein eingebiirgerten Ansehauungen tiber Zelltheilung und Vermehrung wtlsste ich seheinbar keinen Grund, wesshalb man sich theoretiseb dage~en str~iuben sollte, in den wenigen normalen die Vorfahren der vielen pathologischen KiJrper- ehen zu sehen. Andererseits wird es geniigen, auf Reckling- hausens in der mehr citirten Abhandlung S. 182 ft. beschriebe- nea Versuche binzuweisen, dureh welehe er das Eindringen von Lymphk~irperchen in eine in einen Froschl~mphsack gebrachte Cornea darthat, um auch die zweite Miiglicbkeit plausibel ersehei- nen zu lassen. Eine sorgfiiltigere Erw@ung tier bier obwaltenden Verhiiltnisse liess indess bald die Wagsehale sich zu Uugunst'en des ersten Modus neigen. Denn wenn man bedenkt, wie die Zahl und Vertheilung der wandernden Kiirperehen in der normalen Hornhaut eine so tiberaus wecbselnde ist, der Art, dass man, besonders beim Frosch, h~iufig ganze Gesichlsfelder, selbst einer noeh kleinen VergriJsserung durchmustern kann, ohne auf ein ein- ziges zu stossen, wiihrend dann allerdings an anderen Stcllen zu- fallig einmal mehrere beisammen liegeu kiinnen, so hat es docb, sollte ieh meinen, eine gewisse Schwierigkeit, sich durch die Wueherung derselben den so eonstanten und gleiehartigen Verlauf des entztindlichen Prozesses zu erklliren, es wtirde der letztere, um reich eines allerdings etwas k0hnen Bildes zu bedienen, in seiner Entwicklung zu sehr dem Zufall preisgegeben sein. Dazu kommt aber ein weiterer Punkt, auf den ich gegen den Sehluss dieses Aufsatzes noch einmal des Niiheren werde eingehen 14 mtlssca, dass zwar die Vorstellung vonder Zellenneubildung und Vermehruug durch Theilung oder irgend einen anderen, glcich- werthigen Vorgang eine ganz allgemeiu eingebiirgerte ist, dass in- dess grade an den Lymph- und Eiterkiirperchen Niemand diesen Vorgang wirklich beobachtet hat, dass, um es mit einem Worte zu bezeichnen, noch Niemand unter seinen Augen aus einer Eiter- zelle zwei oder noch mehr kernbaltige Ki~rperchen hat eutstehen sehen. Bei Weitem mehr aber, als diese speculativen Betrachtun- gen, sind fiir reich die Ergebnisse einer systematischen Versuchs- reihe fiber den Gang d~'r traumatischen Keratitis in's Gewicht ge- fallen, yon denen es mir gestattet sein miige, im Folgenden cin- gehender zu berichten. Ich habe n~imlich eine Reiim yon Versuchen unternommen, wie sie in gauz ~ihnlicher x,\Teise auch schon yon Frfiheren, z. B. yon His, yon Langhans*) u. A. ausgefiihrt worden sind, um die entztindlicben Ver~inderungen der Hornhaut nach der Applica- tion eines Reizes der Zeitfolge nach zu studiren, und bin dabei zu Resultaten gekommen, welche allerdings yon denen der friihe- reu Autoren nicht unwesentlich differiren. Es hat sich mir ganz constant ergeben, dass die einfache traumatische Keratitis immer am Rande der Hornhaut beginnt und erstvon da aus gegen das Centrum fortschreitet. Es wird diess Ver- halten, wie ich annehmen duff, Jedermanu ohne Weiteres natiirlich fin(len ftir diejenige Keratitis, welehe im Laufe der Panophtha[mitis sich entwickelt; es gilt indess in ganz derselben Weise auch ftir jede andere Art, mug das Trauma eingewirkt haben, wo es wolle, und es wird sogar, bei der griJsseren Beweiskraft dieser Form, zweckmhssig sein, der folgenden Schilderung diejenige Keratitis zu Grunde zu legen, welche einem auf das Centrum dcr Cornea an- gebl'achten Reize ihre Entstehung verdankt. Die Versuche gerathen am sichersten uud exactesten bei Wintel.fr(ischen, well die relativ grosse Langsamkeit des ganzen Vorganges es leicht macht, an einer bestimmten Zahl yon in etwa 10 -- 12--16 sttindigen Zeitintervallen getiJdteten Thieren alle Stadien des Prozesses vor Augen zu bekom- men, w~ihrend die viel griissere Lebhaftigkeit und Schnelligkeit des Vorganges bei den Frfihlings- und Sommerfri~schen und noch mehr bei Kaninchen leicht die Reinheit der Resultate trfibt, jedenfalls *) Vgl. Zeitschrift f. rationelle Medicm. 3te Reihe. Bd. ill S. ! ft. 15 aber zu grosset Vorsieht nSthigt. Beilliufig gesagt, empfiehlt es sich ferner, hana esculenta und zwar recbt grosse Exemplare der- selben zu benutzen, damit die Cornea Raum genug darbiete filr die tibersichtliehe Entwickelung aller Entziindungsstadien. Wenn man einem Winterfroseh das Centrum der Hornhaut mit einem HiSllensteinstift touchirt und zwar so tier, dass an dieser Stelle das Epithel v~lli~ zerstih't wird und tier Lapis auf das Cor- nealgewebe selbst eindringt, was man sogleich daran bemerkt, dass die geiitzte Stelle nieht mehr eine graue, sondern eine rein weisse Farbe zeigt, und triiufelt sofort hinterher etwas Koehsalz- liSsung in das Auge, so nimmt bekanntlich in kurzer Frist, unter dem Einflusse des Lichtes der Aelzsehorf eine braune Farbe an, die tibrige Cornea abet bleibt zunlichst volikommen durchsichtig. Nach etwa 20--24 Stunden bemerkt man dann um den Aetzseho,'f herum, einen sehr sctamalen, etwas matt und fahl aussehenden Ring, yon diesem at)er welt entfernt und getrennt durch einen breiten Saum ganz durehsichtiger, glltnzender Substanz entlang dem oberen Hornkaulrande, einen wolki~en, mattgrauen Streifen. Wiih- rend sich nun im weiteren Vedaufe das Aussehen des Centrum garnicbt andert, ist es dieser Streifen, der alhn~ihlich an Ausdeh- hung zunimmt und zwar sowohl in der Breite parallel dem Horn- hautrande, als besonders in radilirer Richtung, indem er sieh gegen das Centrum vorsehiebt. GewiShnlieh am dritten Tage hat die Tril- bung den Sehorf erreieht und man sieht jetzt einen m~ichtigen, triiben, grauen Keil, dessert Spitze am oberen Rande des Sehorfes, dessert breite Basis an der oberen Peripherie der Hornhaut gele- gen ist. Mittlerweile hat sieh, indess meistens etwas spliter nnd weniger ausgesproehen, ein ganz ~ihnlieher Keil aueh vom unteren Rande her vorgeschoben, wlihrend dabei der innere (vordere) und iiussere (hintere) peripherisehe Absehnilt der Cornea durehsiehtig bleiben ki~nnen oder doeh nut geriege Triibung erfahren. Unter- sueht man nun noeh spater, so beobaehtet man, wie die Triibung um den Aetzsehorf immer geslittigter wird, ihn, falls es nicht sehon vorher gesehehen, rings umfasst, gleiehzeitig abet sieht man suc- cessive die Peripherie sieh aufbellen, und am 5., 6. Tage ist ge- '~Shnlieh alles, was man sieht, ein mehr oder weniger breiter, milehweisser oder mehr gelbliehweisser Ring um den Aetzsehorf, wlihrend die gauze Peripherie vollkommen klar, gllinzend und 16 durchsichtig erscheint. Was sich beim Winterfrosch im Laufe yon 5- 6 Tagen abgewickelt hat, das geht bei den Sommerfr(Ischen in ganz gleicher Welse, nur erheblich rascher vor sich; bier sieht man gewiibnlich schon nach 24 Stunden eine zusammenh~ingende Triibung yon dem Schorf his zum oberen, resp. unteren Rande und am 3. Tage hat sich h~iufig schon der Prozess rings um den Aetzschorf localisirt. Unterwerfen wit nun diese, so zu sagen, klinischen Beobach- tungen der mikroskopischen A~lalyse, so ergeben sich ziemlich einfache und, wie mir scheint, nieht leicht zu missdeutende Ver- h~iltnisse. In dem braunen, centralen Aetzschorf sieht man in ausgezeichneter Schiinheit das bekannte Recklinghausen'sehe Silberbild, inmitten einer braunen Grundsubstanz die weissen, sternfi~rmigen Figuren feiner Saftkan~ilchen mit ihren vielfiiltigen Anastomosen; in dem schmalen, den Aetzschorf ringsumgebenden fahlen Ring erscbeint, falls nicht etwa, was zuweilen vorkommt, die Silberzeichnung der epithelialen Kittsubstanz in dieser Zone den Haupttheil an der Triibung tr~igt, die Grundsubstanz des Horn- hautgewebes yon leicht ktirnigem nnd gelblichem Anflug, auch die fixen Hornhautk(irperchen sehen, wie bereits vorhin angedeutet, etwas ki)rnig aus, haben aucb wohl Vacuolen und nur spar- same Forts~tze; kaum abet bemerkt man Anfangs zwischen ihnen eid einziges EiterkSrperchen. Soweit als dann die Cornea makros- kopisch durchsichtig und gl~inze~d erscheint, soweit zeigt sie auch mikroskopisch das ganz normale Verhalten; und erst in dem grauen Randstreifen treten zwischen den fixen Kiirperchen, in der oben ausfiihrlich beschriebenen Weise, zahllose Eiterk(irperchen hervor. Weiterhin bezeichnet der geschilderte graue Keil ganz genau die Verbreitung derdichtgedriingten Eiterki~rperchen, immer abet zuniichst so, dass die Menge derselben die reichlichste in dem der Peripherie zugekehrten Abschnitte, in der Basis des Keils ist, w~ihrend sie immer sparsamer und vereinzelter werden in dem gegen das Horn- bautcentrum gerichteten Theile. Erst wenn die Trtlbung sich rings um den Aetzschorf zu concentriren beginnt, werden auch die Eiter- kiirperchen bier dichter und dichter und in jener Anfangs fablen Zone hat ihre Zahl jetzt so zugeuommen, dass man ausser ihnen nichts weiteres, weder Grundsubstanz noch fixe Ki~rperchen, mehr wahrnimmt. Gleichzeitig abet hat (lie Menge der Eiterkiirperchen 17 in der I:Iornhautperipherie gar sehr 'abgenommen und die fixen Kiirperchen priisentiren sich jetzt wieder ganz unverdeckt in der alten Klarheit, so dass sehwerlich in dem unbefangenen Beobaehter die Vermuthuag rege werden k(innte, dass ein so diehter Schwarm wandernder Kiirperchen tiber sie hinweggegaugen, hi dem braunen Aetzsehorf selbst sieht man, wie ich noch bemerken will, zu keiner Zeit EiterkSrperchen. Einen ganz ihnlichen, obwohl im weiteren Verlaufe etwas modificirten Gang nimmt der Prozess, wenn man einen Seidenfaden durch die Mitte der Hornhaut des Frosches zieht und denselben liegen liisst. Sehr bald entsteht rings um den Faden ein sear kleiner weisslicher Kreis; die eigentliehe graue Trtibung beginnt aber auch hier am ob~ren, etwas sp~iter am unteren Rande, und yon bier sehiebt sich dieselbe, im Allgemeinen mit gri~sserer Rapi- dit~t, als ~ach der Cauterisation, successive gegen das Centrum~ den Faden selbst vor. W~ihrend aber bei der durch die Aetzung hervorgerufenen Entziindung dieser Zeitpunkt zugleieh das Signal fiir die beginnende Aufhellung tier Peripherie war, bleibt hier die Triibung eine anhaltende, ja, nimmt tiberall noch zu, die ganze Cornea wird dicker und an mehreren Stellen kann es zu Abscedi- rung und Durehbruch bei leichter Beriihrung kommen. Das mikros- kopisehe Verhalten stimmt gleiehfalls in den Grundziigen mit dem oben geschilderten. Die weissliche Triibung dicht um den Faden verdankt ihren Ursprung haupts~iehlich kleinen radiliren Einrissen in das Oewebe der Hornhaut, in die jetzt Humor aqueus u. drgl. eindringen konnte, hiichstens finder sich bier auch frtih eine leieht gelbliche und kiirnige Beschaffenheit der Substanz; die graue, yon der Peripherie zum Centrum fortschreitende Trtibung aber beruht aueh hier auf der Gegenwart zahlloser Eiterkiirperehen, deren Menge und Anh~iufung hier mit jedem Tage griJsser wird. Selbst- verst~indlieh kann dartiber kein Zweifel sein, class diese con- tinuirlieh sich steigernde Entztindung ihren Grund hat in der bleibenden Anwesenheit des Entziindungsreizes, w~ihrend bei der oben beschriebenen Cauterisation und ihren Folgen sich der Pro- zess naeh einiger Zeit ,,demarkirte." Sollte aber schliesslich noch Jemand die Frage aufwerfen, woher es kommen miige, dass die eitrige Infiltration der Hornhaut des Frosches immer ihren Anfang nehme am oberen, resp. unteren Rande, so weiss ieh hierauf aus Archly f. pathol. Anat. Bd. XL. Hft. I u, "2. 2 18 den anatomischen'Verhiiltnissen keine andere Antwort zn geben, als dass diess die Stellen sind, wo die griissten und reichlichsten Blutgef~isse in die Niihe des Cornealrandes treten; ich hoffe aber noch im Laufe dieser hbhandlung zeigen zu ktinnen, dass eben dieser Umstand vollst~indig ausreicht zu der Erkl~irung jener an- scheinend auffallenden Thatsache. In Betreff der Keratitis bei dem Kaninchen darf ich reich jetzt kurz fassen. Auch hier verl~iuft der Prozess in analoger Weise, wie brim Frosch, sofern nut Sorge getragen ist, dass der applicirte Reiz nicht zugleich eine Verwundung, Continuit~tstrennung der Cornea mit sich bringt. Am einfachsten erreicht man diess auch bier dutch die Cauterisation. Touchirt man irgend eine Stelle der Hornhaut, z. B. das Centrum, energisch mit dem Lapisstift, so entsteht daselbst in kurzer Frist ein brauner Schorf mit ganz schmalem, etwas mattem Hof; einige Stunden nachher aber, w~ihrend zugleich eine Injection tier Conjnnctivalgeflisse sich ausgebildet hat, entsteht eine wolkige, graue Triibung am Rande der Cornea und zwar constant zuerst oben, ein Wenig hinter der Mitte, genau entsprechend der Stelle, wo der M. rectus superior sich inserirt. Diese graue Triibung ist, wie die mikroskopische Untersuchung lehrt, bedingt durch die Gegenwart yon zahllosen Eiterzellen zwischen den fixen Kiirperchen, w[ihrend in dem schmalen, matteren Hof um den Aetzschot'f sich lediglich eine leicht gelbliche Grundsubstanz und etwas scheinbar retrahirte, leicht k(irnig aussehende fixe KSro perchen, dagegen keinerlei Eiterzellen vorfinden. Im weiteren Verlaufe tritt dann auch an anderen Theilen des Hornhautrandes ein graulicher Schimmer auf, w~hrend die in der Mitte des oberen Randes begonnene Trtibung sieh merklich gegen das Centrum bin vorschiebt, ganz in der gleichen Weise, wie wires brim Frosch gesehen. Um diese Zeit, es ist das gew~ihnlich nach ca. 18--24 Stunden, l~isst aber meistens die In- tensifitt des entztlndlichen Prozesses nach, wie man diess an der riick- g~ingigen Injection der Conjunctivalgefiisse controllircn kann; zugleich beginnt schon der Schorf sich theilweise zu liisen und es kommt dann durch die damit einhergehende, ulcerative Er(iffnung des Corneal- gewebes zu Complicationen, welche weiterhin die Reinheit der Beobachtung st(iren. Es sind diess dieselben Complicationen, welche yon vornherein eintreten, wenn man ein StUck der Horn- haut excidirt, oder wenn man einen Faden durch dieselbe irgend 19 wo durcbzieht; grade so aber, wie icb selber erst im Laufe der weiteren Untersuchung dazu gelangt bin, mir Rechenschaft geben zu ktinnen fiber diese eigenthtimlichen Vorg~inge, so muss ich aueb den Leser um die Erlaubniss bitten, die Ertirterung derselben bis sp~iter verschieben zu dilrl'en, lch hoffe dann auch den Ein- wfirfen begegnen zu ktinnen, welche etwa Seitens der Augen~irzte gegen meine Darstellung vom Verlaufe der Keratitis, auf Grund klinischer Erfahrungen sollten erhoben werden. Jedenfalls hatte aber hiernach die Annahme, dass bei der Keratitis die Eiterkiirperchen yon aussen her in die Hornhaut einwanderten, eine unverkennbare Berechtigung. Um so lieber aber babe ich an diesen Gedanken den Faden tier weiteren Untersuchung angekniipfi, als sich bier ein frucbtbarer Boden fiir weitere Experimente darbot, wlihrend ich wenigstens keine Aussicht sah, dem zweiten, oben als mtiglich bezeichneten Modus der Entwickelung der Eiterkgrper- ehen aus den pr~texistirenden wandernden Elementen, dutch den Versuch-oder die Beobachtung n~iher beizukommen. Es lag n~im- lich nahe, dasselbe Verfabren anzuwenden, dessen sich Reckling- hausen bediente, als er die Lymphkiirperchen kenntlich machen wollte, welche er in eine abgestorbene Hornhaut einwandern liess*), d.i. tier Fiitterung derselben mit Partikeln eines unltislichen Farb- stoffs. Man kann zu dem Ende frisch aus der ammoniakalischen Liisung dureh Essigs~iure gefitllte Carmins~iure, man kann fein verriebene Sepiafarbe, man kann recht gut auch das schwarze Pigment melanotischer Geschwillste benutzen, wie es ohne beson- dere Mtihe und ziemlich rein in grossen Massen aus den Melano- sen der Schimmel sich gewinnen l~isst; als den bei Weitem zweck- m~issigsten Farbstoff babe ich iadess Anilinblau befunden, das ich mir, nach dem Rathe meines Freundes Dr. Martius, frisch aus der alkoholischen Liisung mittelst eines grossen Ueberschusses yon Wasser ausf'~illte. Der so gebildete Niederschlag ist ausserordent- lich feinkSrnig und hat dabei, wenigstens in den ersten Tagen, eine sehr geringe Neigung zusammenzuballen; auch ist er voll- kommen unliislich, mit der gri~ssten Sicherheit selbst in sehr klei- hen Kiirnchen zu erkennen und endlich yon geringem specifischen Gewicht, so dass keine Gefahr ist, dass dei'selbe sich im Orga- nismus irgendwo durch seine Schwere anhiiufe und senke. *) a. a. O. S. 18~. 2* 20 Als ich nun an die Erw~igung der Chancen ging, woher die etwa in die Cornea einwandernden Kiirperchen kommen ktinnten, war es allerdings naeh den Ergebnissen der eben mitgetheilten Versuehe unwahrscheinlich, dass diess anderswoher gesehlihe, als yon der ~iusseren Peripherie der Hornhaut. Indess habe ich doch nicht unterlassen wollen, auch die M(iglichkeit des Eindringens yon vorn oder hinten einer experimentellen Prtifung zu unterziehen. Zu- vlirderst brachte ieh einen Tropfen des aufgeschwemmten Anilin- blau in den Conjunctivalsack, den Raum zwischen Cornea und Nickhaut des Frosches und vern~ihte alsdann den freien Rand tier letzteren mit dem die Hornhaut yon oben her tiberragenden Hautsaum; mochte nun die Cornea ganz normal odor dureh locale Cauterisation oder drgl. in EntzUndung versetzt sein, niemals habe ich in derselben ein Kiirperehen gesehen, das blaue KSrnehea gefiihrt h~itte: ein Resultat, das mit denen iilterer Beobachter stimmt, welehe, mit Riicksicht auf therapeutische Zweeke, Versuche iiber das Eindringen fester Partikel, z. B. des Calomelpulvers, in die Hornhaut angestellt, und gleichfalls niemals ein Hineingelangen eonstatirt haben. Alsdann injicirte ieh mittelst einer Pravat'sehen Spritze ohne Verletzung der Hornhaut selber aufgeschwemmtes Anilinblau in die vordere Augenkammer vom Froseh oder Kanin- chert; nach kurzer Frist etablirt sich dana daselbst eine Entztin- dung, es treten mehr oder weniger grosse Mengen yon Eiter- kiirperehen in der Kammer auf und sehr Viele derselben enthal- ten im Innern blaue Kiirnchen. Nach einiger Zeit beginnt dana auch eine Trtibung der Hornhaut, die man nattirlich sehr be- schleunigen und verstlirken kann dutch kiinstliche Application eines besonderen Entziiadungsreizes. So gross abet auch die Zahl der Eiterkiirperchen in der Cornea werden mag, niemals ist ein einziges derselben durch blaue Kiirnchen kenntlich. Damit ist es vollst~indig im Einklang, dass zwar bei jeder Keratitis Eiterkiirper- chen im Humor aqueus sich allm~ihlich anh~iufen, indess, so welt ich gesehen babe, falls das Trauma die Hornhaut allein getroffen hat, immer erst, nachdem deren schon eine gewisse Zahl im Horn- hautgewebe selbst sich etablirt hatte; es ist augenscheinlich ein Hineingelangen der Eiterki/rperchen aus der Hornhaut in die vor- dere Augenkammer nicht bloss miiglieh, sondern, wie die t~gliche Erfahrung zeigt, sogar sehr gewfihnlich, nicht aber eine Wanderung 21 auf dem umgekehrten Wege. Eine dritte M~glichkeit, auf welche allerdings die leitenden Versuche naehdrticklicher hinzuweisen schienen, die der Einwanderung der EiterkOrperchen aus der Sclerotica, konnte ich doeh sofort ausschliessen, da die Sclerotica des Frosches, wie bekannt, aus Knorpel besteht und in diesem, weder im normalen, noch im pathologischen Zustande, jemals Eiterktirperchen zur Beobaebtung gelangen. Unter diesen Um- standen waren, wie man sieht, eigentlieh nur noch zwei Wege iibrig gelassea, von denen bUS die Eiterzellen in die Cornea vor- gedrungen sein konnten, namlieh die Lymph- und die Blutgefltsse und ein Jeder, der mit dem heutigen Standpunkt der Wissenschaft vertraut ist, wird es begreiflich finden, class ich meine Aufmerk- samkeit zun~iehst auf die Lymphwege riehtete. Ein Frosch vertr~gt es sehr gut, wenn man mittels(einer Pravat'sehen Spritze aufgesehwemmte Carminsiiure oder noeh besser Anilinblau in einen Lymphsaek einbringt, falls nut die Menge der auf einmal eingeftlhrten Fltissigkeit einige Kubikcenti- meter nieht tlbersteigt und ieh babe Thiere viele Woehen lang naeb soleben Injectionen taunter und kr~iftig am Leben erhalten. Durchmustert man die Gewebe eines auf diese Weise traetirten Thieres, so findet man nirgend, insbesondere aueh nicht in der Hornhaut, ein Farbstottkiirnehen frei liegen, niemals babe ieh aueh dergleichen innerhalb yon Zellen der normalen Cornea angetroflen. Erregt man nun aber eine Keratitis, gleiehviel ob auf dem Um- wege der Panophthalmitis oder, um jeden Gedanken an eine Extra- vasation auszusehliessen, durch Bepinseln der Cornea mit Cantha- ridentinetur oder dureh eentrale Cauterisation derselben, so wird man immer unter den Eiterktirperehen, welehe in der Hornhauut sich anhiiufen, einzelnen begegnen, welehe blaue Ktirnehen, in mehr oder weniger grosset Menge enthalten, leh kann dabei nicht naehdriicklich genug betonen, class die Farbstoffk(irneben niemals anders, als innerhalb der Eiter- kiirperehen vorkommen; weder frei im C, ewebe, noeh im Innern der fixen Kiirperchen sieht man aueh jetzt nur ein einziges der- artiges Partikelchen. Was aber die Zahl der Farbstoff ftlhrenden Zellen betrifft, so steht sie im Allgemeinen wohl im Einklange mit der Masse des eingeftibrten Farbstoffes; hat man nur einmal etwa einen oder zwei Kubikcentimeter des aufgesehwemmten Anilinblau 22 injicirt, so wird man immer nut in sehr wenigen der Eiterk~rper- ehen blaue K~rnchen finden; verf~ihrt man dagegen so, dass man an mehreren Tagen hintereinandcr, jedesmal in versehiedene Lymph- s~eke, gr~ssere Quanta der gef:~rbten Flllssigkcit einbringt, so kann man es dahin bringen, dass der zehnte bis zwblfte Theft der Eiterkt~rperehen in der entztlndeten Hornhaut Farbstoffk~rnehen enth~ilt. So sieher und unzweideutig hieraus hervorgeht, dass ein Theft der Eiterkbrperehen in der Keratitis yon aussen in die Hornhaut hineingelangt, so wenig lassen sieh daraus zweifellose Sehltisse tiber den Weg derselben herleiten. Denn einestheils k~nnten die K~rperehen direct aus den Lymphwegen aus-, resp. eingewandert sein, undes wih.de dana' die Aufgabe sein, den Lymphbahnen nachzuforschen, welehe die H~hlen der L~(mphs~eke mit dem Ge- webe der Cornea in Verbindung setzen. Indess spricht hiergegen der Umstand, dass, wie ich reich durch besondere Versuche vicl- f~ltig Uberzeugt babe, es fur den beabsichtigten Erfolg vollkommen gleichgtiltig ist, ob mall alas Anilinblau in den Lymphsack des Kopfes oder Rtickens oder in den des Bauehes oder selbst der Unterschenkel injicirt; sobald nur die Menge der eingebraehten Fltissigkeit eine betr~ichtliche ist, so kann man immer sieher sein, einer nieht unerh'eblichen Zahl dureh blaue KSrnchen charakteri- sirter Zcllen in der HoriJhaut zu begegnen. Hiernach lag es nahe, eine indirekte Bahn, so zu sagen, einen Umweg zu vermuthen, auf welchem die K~rperehen aus den Lymphs~ieken in die Horn- haut gelangten, und yon selbst dr~ngte sieh hier der Gedanke an die Blutgef~sse auf. Denn k~rperliche Elemente, welche in die Lymphs~icke des Frosches eingeKlhrt werden, dringen, wie diess sehon Reekling- h ausen in seiner Schri|'t ,,die Lymphgefasse und ihre Beziehung zum Bindegewebe" S.22 besehrieben hat, sehr leicht in die Blut- gef~sse hinein. In der That habe ieh racist schon an demselben Tage, jedenfalls in steigendem Maasse in den folgenden, naehdem ich Anilinblau in einen L~,mphsack gespritzt hatte, blaue KSrnchen in jedem Tropfen Blutes gefunden, welehen ich direct aus dem Herzen oder aus einer beliebigen Vene, z.B. einer der grossen an der Zungenbasis verlaufenden Venen, entleerte. Die bei Weitem meistcn farbigen KiSrnchen lagen, ganz gewiss im Anfang, im 23 Ianern farbloser Blutki~rperchen, und in den ersten Tagen nach der Injection habe ich nur ganz vereinzelte und sehr kleine Ki~rn- chert angetroffen, welche frei in der Biutfliissigkeit schwammen, ilbrigens mi~licher Weise ja auch vorher im Ianern yon Zellen sich befundcn hatten; dass man dergleichen in rothen nicht findet, versteht sich na~iirlich von selbst. Sollte man aber die Frage an reich richten, welche Art der farblosen Blutk~rperchen haupts~ich- lich die Farbstoffktirnchen enthielt und ob sieh tiberhaupt in dieser Beziehung Unterschiede herausstellten, so habe ich diesem Punkte nicht ausreichende Aufmerksamkeit geschenkt, um ihn sicher entscheiden zu k~nnen. So viel ich mich aber ent- sinne, habe ich niemals gef~irbte K~rnehea im Innern der ganz kleinen Elemente gesehen, welche den Kern tother BlutkSrper- then kaum oder nur ganz wenig an Gr~sse ilbertreffen; in allen anderen Typen farbloser Blutk~rperchen glaube ich aber Farb- stoffk~rnchen wahrgenommen zu haben, in den etwas gr~sseren kugligen, in den oft in grosser Zahl im Froschblut vorhandenen spindelF6rmigen, vor Allem aber in den grt~sseren oder durch die amt~boiden Bewegungen ausgezeichneten Formen, und zwar sowohl denen mit dem rein-, als aueh denen mit dem grobgranulirten Protoplasma. Im Allgemeinen aber liess sich auch bier feststellen, dass je gr~sser die Masse des Farbstoffes war, der successive in die Lymphs~cke eingeftihrt worden, desto bedeutender aueh die Zahl der farbige K~rnchen enthaltenden Zellen im Blute wuchs. Ein einfacher Versuch aber musste bei dieser Sachlage darilber cntscheiden, ob das Erscheinen farbstoffftlhrender Eiterzellen in der entztlndeten Hornhaut nach der Injection der Farbe in einen Lymph- sack unabh~ngig neben dem Auftreten der Farbstoffk~rnchen in den weissen Blutk~rperchen einhergehe oder an letzteres, als an eine Mittelstufe, gebunden sei, n~imlich die directe Injection des Farbstoffs in das Blut. Man kann zu diesem Behufe, besonders bei kr~ftigen Exemplaren der R. esculenta, sowohl eine der seit- lichen Rilckenvenen w~thlen, als auch die grosse mittlere Bauch- vene, obwohl der Umstand dem Experimente an letzterer nicht giinstig ist, dass sie geradeweges in die Leber filhrt, in der, worauf ich noch zuriickkommen werde, ohnehin der Farbstoff sich gem anh~iuft; das Sicherste und Bequemste ist abet jedenfalls, dircct in eine der beiden Aorten zu injiciren, was mit HUlfe einer 24 feinen Cantile oder einer fein ausgezogenen Glasriihre ohne alle Schwierigkeit sich ausftlhren l~isst und yon den Thieren ohne allen Schaden vertragen wird. Der Erfolg nach diesen Injectionen, bei denen selbstverst~indlich jedes Extravasat ausgeschlossen werden muss, ist nun vollkommen iibereinstimmend mit dem nach der Einspritzung in die Lymphsticke. In kurzer Frist nimmt eine be- deutende Anzahl weisser Blutkiirperchen Farbstoffkiirnehen in ihrem Innern auf. Und w~ihrend man niemals, selbst Woehen lang naeh diescn Injectionen, sobald sie reinlich ausgeftihrt worden, in den normalen Geweben Farbstoffki~rnchen frei oder innerhalb yon Zellen antrifft, so treten sofort bei einer, wie aueh immer er- zeugten Keratitis eine mehr oder weniger grosse Menge yon Eiter- zellen auf, welche dutch Farbstoffklirnchen kenntlieh sind. Der Schluss, den ich aus diesen beiden sich in wiinschenswerther Weise erg~inzenden Versuchsreihen gezogen, liegt auf der Hand: etlich e Eiterkiirperchenin der entzilndeten Hornhaut sind vor- her farblose Blutkiirperchen gewesen, sie sind aus den Blutgefiissen in die Hornhaut hineingedrungen. Ich hoffe, der Leser wird gem darauf verziehten, dass ich an dieser Stelle die Frage discutire, in welcher Weise man sich die Miiglichkeit der Fortbewegung, der Wanderung der Eiter- kiJrperchen in dem Gewebe der Cornea zu denken habe. Naeh- dem Recklinghausen in seinem mehreitirtenAufsatze alle Argu- mente dafiir zusammengestellt hat, dass die LymphkiJrperchen sich nirgend Wege bohren, dass sie nicht auf ungebahnten Strassen vorw~irts riicken kiinnen, kann man dariiber ja nicht in Zweifel sein, dass auch in der Hornhaut Spalten, Lticken, Kan~ilehen oder wie man es nennen will, jedenfalls priiformirte R~iume sein mUssen, n welchen die Eiterki~rperchen sich fortbewegen, und es kann ge- trost einem Jeden tiberlassen bleiben, welcher der darUber ge- ~iusserten Ansichten er sich anschliessen will. Was tibrigens mich selbst anbetrifft, so bekenne ich bereitwillig, dass ich, trotz aller dagegen erhobenen Einwen dungen, doch die R e c k li n g h a u s e n'sehe Lehre von den Saftkaniilchen im Bindegewebe als die best begrtin- dete ausehe. Dass mittelst der Silbermethode die R e c k li n g h a u s e n - schen Bilder gewonnen werdea, das liegt natiirlieh ausserhaib jeder Discussion, und aueh Schweigger-Seidei wird, wie ich nicht zweifie, bei seiner bekannten Geschicklichkeit diese Bilder in 25 tadelloser ScMirfe erhalten, sobald er sich genau an die Vor- schriften des Erfinders der Methode h~tlt, statt durch willkilrliche und nicht immer glilckliche Modificationen die Reinheit der Re- sultate zu trtiben*). Ein Jeder aber, der sich eingehend mit dem Studium der Cornea besch~tftigt, muss die Ueberzeugung gewinnen, dass die Contouren der fixen Hornhautki~rperchen andere sind, als die Grenzen der weissen sternfiirmigen, strahligen Figuren in der versilberten Hornhaut, und noeh viel mehr gilt diess yon an- deren bindegewebigen H~iuten, z. B. der Mb. nietitans des Frosches, in weleher es miihelos gelingt, durch Arg. nitr. ein schSnes anasto- mosirendes Netzwerk weisser Figuren mit sternf~irmigen Knoten- punkten zum Vorschein zu bringen, wiihrend doch die fixen Kiirperchen der iNickhaut zum bei Weitem griissten Theft eine spindelartige oder selbst rundliche Form mit nur kurzen Ausl~iufern zeigen. Diess, zusammengehalten mit den Ergebnissen der Reck- li ngh a u s e n'sehen ktinstlichen Injectionen des Bindegewebes**) halte ich his auf Weiteres geniigend, um seine Interpretation an- nehmbar erseheinen zu lassen, und ich erkenne hiernach keine Schwierigkeit, jenes Ph~nomen der Wanderung yon L),mphk~irpern in der Hornhaut und im Bindegewebe tiberhaupt zu begreifen, ein Phlinomen, dessert Thats~tehliehkeit tlbrigens aueh diejenigen nieht bestreiten kSnnen und in der That aueh nicht bestreiten, welche der Reeklinghausen'schen Doetrin ihre Zustimmung versagen. FUr eine empfindlichere Lileke in dem Gang der Untersuchung sehe ieh es jedenfalls an, ,lass es mir nicht gegltickt ist, diese Versuehe, die Eiterzellen in der entzilndeten Hornhaut dutch Farb- stoff kenntlieh zu maehen, aueh an Kaninehen auszufiihren. Nieht als oh es nieht geliinge, einen unltislichen Farbstoff ohne St~rung in die Circulation zu bringen: das friseh gef~illte Anilin- blau ist vielmehr so feinkiirnig, dass es mit der griissten Leieh- tigkeit die Lungeneapillaren passirt, und die Thiere eine Injection yon 10--12 Ce. und dartiber yon aufgesehwemmtem Anilinblau in die V. jugularis ohne allen Naehtheil vertragen. Nichts desto- weniger aber habe ieh niemals, mochte ieh an demselben Tage *) Vgl. F. Schweigger-Seldel, die Behand[ung der thierischen Gewebe mit hrg. nitr. hus den Berichten der K~in. S~ichs. Gesellsch. d. Wissensch. Math.-Physik. Classe. 1866. S. 329. **) Die Lymphgefiisse. S. 73. 26 oder sp~iter nach der Injection die Keratitis erzeugen, ein blaue KSrnehen enthaltendes Eiterk(irperchcn in der Hornhaut gefunden, und ebensowenig babe icb in einem Tropfen Blutes weisse Blut- kiirperchen mit Farbstoffpartikeln gesehen. Es erklltrt sich diess aber aus dem bemcrkeuswerthen Umstande, dass sehr bald nach der Einspritzung tier gesammte Farbstoff in den Capillaren der Leber festgehalten wird. Diessgeschieht, wie ich bereits oben an- gedeutet habe, schon beim Froseh, obwohl niemals in dem Grade, wie beim Kaninchen, wo dadurch ganz vollstiindige, nattlrliche blaue Injeetionen des Capillarsystems der Leber entstehen kiinnen, wlihrend gleichzeitig die siimmtlichen tibrigen Blutgefiisse des Kiirpers kein einziges Farbstoffkiirnchen enthalten. Es wird diese Thatsache ohne Zweifel auf der grossen Langsamkeit des Blutstroms in der Leber beruhen; wenigstens sehe ich nicht ab, auf was Anderes dieselbe zuriiekzufilhren sei. Sei dem abet wie ibm wolle, immer- hin wird man bei dieser Sachlage aus dem Misslingen der Experi- mente an S~tugethieren kein Recht herleiten kSnnen, den Sehlilssen Ergebnisse der Frosch- entgegenzutreten, zu welehen die positiven versuehe uns berechtigten. Als ieh im Laufe tier Untersuchung bis zu diesem Punkte gelangt war, war es natttrlich sofort klar, dass dieselbe in einem gef~isslosen Gewebe, wie die Cornea, nicht weiter geftihrt werden konnte. Das Arbeitsterrain musste fortan ein gefiisshaltiges sein, und ich verlegte dasselbe daher in das Mesenterium des Frosches. Als wesentliches Htllfsmittel bei allen weiteren Versuchen diente mir das Curare. Die Dosis, welche den Thieren subcutan beige- bracht wurde, war so gering, dass es 1~- bis 2 Stunden bedurfte, his sie villlig regungslos wurden, und andererseits gewiihnlich nach c. 48 Stunden die Bewegungsf'~ihigkcit wiederkehrte: eine Zeit, die ftir die meisten Versuche und Beobachtungen sich als vollstlindig ausreiehend erwies, die aber natiirlich durch erneute Injection sehr kleiner Dosen Curare beliebig verlitngert werden konnte. Eine so geringe Menge Curare hat, wie bekannt, keinerlei Einfluss auf die Circulation; ebenso gedeihen alle EntzUndungen vortrefflieh bei curarisirten Individuen, eine traumatische Horn- hautentztindung verliiuft bei denselben in keiner Weise anders, als bei nieht curarisirten, und ich will nut beiliiufig erwiihnen, dass jene Keratitisversuche mit Injection farbiger FlUssigkeit in die 27 Blutgef'~isse alle an Thieren ausgeftihrt wurden, welche durch Cu- rare regungslos gemacht waren. Eine Entztindung des Mesen- teriums, d. i. eine Peritonitis, zu erregen gelingt aber auf man- cherlei Art; schon wenn man einen kleinen Wattebausch in die Bauchhiihle des Frosches bringt, entsteht eine allerdings nur leichte EntzUndung; heftiger ist der Effect, wenn man das Mesenterium und den Darm ill der Bauchhiihle mit Cantharidentinctur bestreicht oder eine Stelle desselben energisch mit dem Lapis touchirt, das bei Weitem bequemste Mittel abet zur Erzeugung der Peritonitis ist, den Darm mitsammt dem Mesenterium aus der Bauchhiihle herauszuziehen und ihnder Luft ausgesetzt, bloss liegen zu lassen. An dem freiliegenden Darm und Gekriise sieht man ziemlich rasch eine H~per~imie sich entwickeln, die Gef~sse zeigen eine allm~ihlich immer zunehmende strotzende Ftillung, die sieh an dem Darm selbst als eine diehte, gleiehm~lssige R(ithung kundgibt; weiter- hin, nach Verlauf etlicher Stunden, lagert sich tiber dem Ganzen ein Anfangs leichter, allmlihlich immer diehterer, trtiber Hauch, so dass die einzelnen Gef'~isse nut noch verwaschen und undeut- lieh zu erkennen sind. Endlich nach 15--18, auch wohl erst 24, selbst 36 Stunden ist das Mesenterium und tier Darm ganz tiber- zogen yon einer weichen, mattgraulichen, auch wohl gelblich- grauen, dtinnen und etwas klebrigen Sehicht, die sich ganz nach Art einer fibrin(isen Pseudomembran in kleineren oder gri~sseren zusammenh~ingenden Fetzen yon jenem abziehen liisst, und wie die mikroskopisehe Untersuchung lehrt, ganz aus dichtgedriingten contraetilen Eiterzellen und sear vereinzelten rothen Blutkiirperchen besteht, Alles eingebettet in einem amorphen, ganz schwaeh kiirnigen, dutch Essigsliure raseh und vollstiindig zu kllirenden Material. Ganz der gleiche ist der Verlauf und das Produkt der Entztindung, welche naeh den oben erwlihnten Sehiidlichkeiten in der geschlossenen Bauchhi~hle sich entwiekelt. Niemand abet wird verkennen, dass der soeben geschilderte Prozess vo|lkommen mit dem typisehen Bilde einer Bauehfellentztindung mit fibriniis-eitrigem Exsudate tibereinstimmt, dass wir mithin eine legitime Peritonitis vor uns haben, ,,wie sie im Buche steht." Um nun die mikroskopische Beobachtung des ganzen Vor- ganges in der bequemsten und miiglichst fehlerfreien Weise zu ermiiglichen, verfuhr ich folgendermaassen. Einem miinnlichen 28 Frosche -- mit Rticksicht auf den Eierstock habe ich nur solche zu diesen Experimenten verwendet -- wurde durch eine dutch Haut und Muskulatur gefiihrte Incision in der linken Seite, wo die Leber am wenigsten stiirt, die Bauchhi~hle eriiffnet und die etwa eintretende geringe Blutung dutch einen kalten Schwamm sogleich zum Stehen gebracht. Alsdann wurde derselbe rticklings auf ein Objectglas gelagert, das gross genug war, um das Thier der ganzeu L~inge nach auszubreiten; auf diesem Glase hatte ich mit Canada- balsam eine kreisrunde Glasscheibe yon 12 Mm. Durchmesser und 189 Mm. Dicke aufgekittet, welche ringsum yon einem schmalen, 1 Mm. dicken, gleichfalls mit[elst Canadabalsam befestigten Kork- ring umgcben war. Jetzt wurde der Darm mit Gekriise zur ln- cisionswunde hinausgezogen, zunlichst auf dem Bauche des Frosches selber platt ausgcbreitet und dann rasch tiber jene Seheibe bin- fiber geschlagen, der Art, (lass das Mesenterium auf der Seheibe selbst ruhte, wiihrend tier Darm auf den umgebenden Korkring fiel und bier mittelst kleiner Stecknadeln festgesteekt werden konnte.*) Bei einiger Uebung kann man diess so rasch ausftihren, class keine halbe Minute vergeht yon dem Augenblick des Hervor- ziehens des Darms his zu seiner Lagerung und Befestigung. Da- bei fliesst kein Tropfen Blutes, und Niehts kann, falls man sauber handtirt hat, die Reinlichkeit des Pr~tparates im Geringsten beein- triichtigen. Das so hergestellte Object kann .,nan nun ohne Weiteres, insbesondere ohne Deckglas, sofort unter das Mikroskop bringen, oder wesseu Seele besonders deckglasbedtirftig empfindet, wie W. Krause's in G~ttingcn+), der mag das Mesenterium mit einem kreisfiirmigen, leichten Deekgllischcn bedeeken, das zwar den Gang des ganzen Prozesses zuweilen etwas zu verlangsa~nen scheint, jedoch in keiner irgendwie wesentliehen Weise auf den- selben einwirkt. Als VergrSsserungen bediente ich reich, abge- *) Es empfiehlt sich diese Befestigung des Darms desshalb, weft ohne sic durch den Reiz der Luft bald peristaltische Bewegungen desselben beginnen~ die alsdann die Beobachtung in hohem Grade stSrende Faltungen und Runze- Iungen des Mesenterium in ihrem Gefolge haben. Ich brauche fibrigens wohl nicht erst ausdrficklich zu bemerken, dass ich reich natfirlich zuvor ver- siehert habe, dass die Befestigung des Darms keinerlei Einfluss hat auf den Ablauf der entzfindlichen Erscheinungen. **) Vgl. Schmidt's Jahrbficher. t867. Heft ~. '~9 sehen natilrlich yon der ersten Orientirung, gewiihnlich far die tlbersichtlicheren Veri~iittnisse einer yon 180, ftir das Studium des Details yon 300, 400, 450 (Oc. 3, Syst. 5, 7 und 8 yon Hartnack), aber man kann auch ohne Nachtheil in cinzelnen Fitllen ein lmmersionssystem anwenden. Dafiir braucht man gewiihnlieh keinerlei Sorge zu tragen, dass das Object hinreichend fcucbt er- halten bleibe; denn falls man nur f,qscb gefangene, krliftige Exem- plate gebraucht, so sorgen diese selbst ftir die n~ithige Transsuda- tion, undes genilgt, der Itaut des Thieres selbst immer einiges Wasser dutch aut'gelegte Sehwiimme oder dergleichen zuzuftihren, um sieher zu scin, dass der blossgelcgte Darm und alas Mesenterium nicht eintrockne; schlimmstcn Falls kann man ja auch von Zeit einen Tropfen Jodserum dem Pr@arate zusetzen. Endlieh sei es mir noch gestattet darauf aufmerksam zu machen, dass, wie reich eine vielfttltige Vergleichung gelehrt hat, die Peritonitis mit allen Phasen zwar in ganz gleichartigem Modus, aber um Vieles rascher und energischer bei der R. temporaria ablliuft, als der Esculenta, ohne dass ich einen Grund far diese Differenz beizubringen wtlsste. In dem in der soeben beschriebenen Weise hergerichteten Prliparat erseheint nun die Substanz des Mesenterium selbst als ein blasses Gewebe, dem durch die Gegenwart zahlloser, blasser leicbt welliger und lockiger Fasern der unverkennbare Charakter des fibrillliren Bindegewebes aufgedrUckt wird. Zwischen diesen eigentlichen Bindegewebsfasern bemerkt man eineslheils noch eine, im ganzen sparsame Zahl yon sehr feinen, sich vielfach durchkreuzenden elastisehen Fasern, und zweitens markhaltige und marklose Nerven, welche zum Theil recht breite St~mmchen bilden, zum Theil aber in iiusserst schmale und sehr schwer wahrnehmbare Fasern tiber- geben, deren Verfolgung ftir unsere Auf~abe ohne lnteresse ist. Alsdann fallen yon vornherein tibcrall zahlreiche Kerne auf, und zwar erstens rundliehe, ziemlich grosse und etwas kiirnigt aus- sehende, welche in anniihernd regelmitssigen Abstiinden gegen einander vertheilt sind: diess sind, wie tier Zusatz eines Tropfens einer ~ ' pCtigen Silberliisung zeigt, Kerne des das Mesenterium tlberzieheaden einschichtigen Plattenepithels; und zweitcns etwas st~irker gl~inzende, sehm~ilere aber liingere Kernformen yon Spindel- gestalt, welehe weniger regelmlissig vertheilt zwischen, resp. unter 30 jenen liegen, und zweifelsohne dem Bindegewebe selber ange- hih.en. Von einem Zellprotoplasma sieht man in frischem Zu- stande um diese Kerne nut iiusserst undeutliche Umrisse, ich will jedoch sogleich hervorheben, dass dutch Goldchlorid, auch ge- wiihnlich schon durch Fiirbung mit Jodllisung ein Wenig Zellsub- stanz hauptslichlich an den Polen der Kerne zum Vorscbein kommt, so dass wir hier spindelfiirmige, aber wenig entwickelte Binde- gewebszellen vor uns haben. Ausser diesen stSsst man nur auf vereinzelte wandernde, lymphki~rperartige Elemente im Gewebe; sollten ibrer einmal drei oder vier beisammeu liegen, so ist diess gewi~hnlich in der Niihe eines kleinen Gef~sses. AIs eine mir nicht ganz verslltndlicbe Erscheinung, fiir die icb bei der Esculenta hie eine Analogie gesehen, will ich bei der Temporaria noeh gewisse Reihen zelliger Elemente verzeiehnen, yon denen einzelne Capil- laren und meist kleine Arterien und Venen zu beiden Seiten be- gleitet werden; diese Kiirper markiren sich sehr deutlieh dutch ein sehr grobkiirniges Protoplasma, so wie h~iuflg dutch gelbliche, ~lartige Tropfen in ihrcm lnnern; ich babe dieselben ihre Gestalt, niemals aber ihren Ort ver~ndern sehen, und ich wilrde desshalb am ehesten geneigt sein, sie als eigenthtlmlich modificirte fixe Bindegewebskiirperchen anzusprechen, vielleicht als primitive An- deutung jener Fettgewebsmassen, welche bei den hliheren Wirbel- thieren so gewiihnlich die Gef~isse umgeben. Vor Allem am meisten aber wird die Aufmerksamkeit des Beobachters gefesselt durch die Blutgef'~isse. Bekanntlich gehen beim Frosch, ganz iihnlieh wie bei den Siiugethiereu, eine Anzahl relativ grosser Arterien radienartig yon der Wurzel des Gekrlfses zu dem Darm hintiber, um noeh vor demselben dureh Abgabe sot- lieher, mit einander confluirender Aeste ein System flaeher, der Ansatzlinie des Mesenterium an den Darm entlang verlaufender Arkaden entstehen zu lassen, aus denen die zahlreichen arterielleu Gef~isse direct in den Darm hintlbertreten. Die von diesem zuriick- kehreuden Venen sammeln sicb z. Tb. unter Vermittelung analoger veni~ser Arkaden in eine Anzahl gleichfalls grosser St~imme, die gleichfalls radienartig der Wurzel des Gekriises zustreben und sich bier successive in einen Hauptstamm vereinigen. Von den arteri- ellen Arkaden treten aber auch einzelne Aeste nach riickwlirts, gegen die Mesenteriumwurzel, und vertheilen sich, nach,kUrzerem 31 oder l~lngerem Verlaufe, in relativ weitmaschige, im Mesenterium sich ausbreitcnde Capillarnetze, aus denen sich meist kleine be- sondere Venen sammeln, die an irgend ether Stelle in eine der griisseren, radilir geriehtetcn Venen einmiinden. Auf diese Weise resultirt der besondere Charakter der Gef~issvertheilung im Mesen- terium gegenilber der in anderen KSrpertbeilen: es gibt bier eine relativ grosse Zahl m~chtiger arterieller und veniiser Stlimme, wlihrend die schwlicheren Zweige, sowie die Capillaren nut in ge- ringer Menge sieh vorfinden; immerhin abet gibt es doch alle Arten von Geffissen, und man darf daher vor Lticken in der Beobaehtung unbesorgt seth.' Uebrigens brancht es wohl nicht erst erwUhnt zu werden, class bet den einzelnen Froschindividuen mannigfache Schwankungen in der Anordnung der einzelnen C,e- fiisse vorkommen; bald sieht man die Meh,'zahl paarweise, eine Arterie neben ether Vene angeordnet, ein anderes Mal laufen gerade die meisten einzeln und ungesellig, u. dgl. mehr. Was endlieh die vielbesproehene Frage der die Gef~isse umgebenden Lymph- rltume betrifft, so sieht man allerdings in frisebem Zustande manche griissere Geflisse von ziemlich breiten hellen R~iumen eingescheidet, die gegen das tibrige Mesenterialgcwebe deutlich abgesetzt erscheinen, indess babe ich diess keineswegs an allen, sogar hie an den klei- neren, arteriellen, ven~isen oder capillliren C, el'~ssen wahrgenommen, und jedenfalls hat sieh im weiteren Verlaufe der U ntersuehung Nichts herausgestellt, was fiir ein unte~schiedliches Verhalten dieser Riiume im Vergleieh mit dem Ubrigen Mesenterialgewebe sprechen konnte. Wiehtiger aber als Alles diess, sind die Verhliltnisse der Circulation, zu deren Betrachtung wit jetzt uns wenden wollen. Indem ieh aber einestheils an diesem Ortc die Details des Kreislaufs selbstverslllndlich nur veto Standpunkte der mikros- kopischen Analyse behandeln will, andererseits die normalen Ver- bltltnisse als bckannt voraussetzen kann, darf ich reich darauf be- schrltnken, in der KUrze die Punkte hervorzuheben, welche mir als die maassgebenden und eharakteristisehen for die einzclnen Ab- sehnitte des Gef~isss~,stems erscheinen. Iu dem rasch ausgebrei- teten und unter alas Mikroskop gebrachten Mesenterium stud, wie diess mit nnseren allgemeinen Erfahrungen tibereinstimmt, constant die Arterieu sehm~iler, als die Venen, und zwar lasst sich diess so- 32 wohl an nebeneinander paarweise verlaufenden GePAssen, als auch den einzeln gelegenen durchg~ingig constatiren. Um beispielsweise einige Maasse anzufiihrcn, so babe ich an verschiedenen Indivi- duen bestimmt den Durchmesser yon Arterien und Venen 0,15 und 0,18 Mm.; 0,14 und 0,17; 0,18 und 0,22; 0,14 und 0,20; 0,20 und 0,26 Mm., d. h. die Weite der Venen betrligt darnach mindestens um ein Sechstheil, kann abet auch um die H~ilfte mehr betragen, als die der Arterien. Was aber den Blut- strom in letzteren attlangt, so ist derselbe durch vier Punkte ge- kennzeichnet. Erstens durch die Richtung, welche im Mesenterium yon der Wurzel gegen den Darm gerichtet ist; zweitens durch die grosse Geschwindigkeit, welche es durchaus unmliglich maeht, in dem Strom ein einzelnes Kiirperchen zu unterscheiden; drittens dutch jenen eigenlhiimlicben Charakter des Stroms, auf welchen zuerst Weber*) die Aufmerksamkeit gelenkt hat, und welchen man seitdem mit dem Namen des Axenstroms zu belegen gewohnt ist. Es fiillt eben bekanntlich die rothe Blutsiiule das Lumen des Gef~isses nicht vollsfiindig aus, sondern auf beiden Seiten bleibt zwischen ihr und dem innern Contour der Gef~isswand ein unge- f~rbter Saum yon wechselnder, im Allgemeinen aber ungef'cihr 0,01 Mm. rnessender Breite, in welchem man niemals ein rothes Blutkiirperchen, ~iusserst selten auf kurze Weile ein farbloses auf- tauchen sieht, und in dem daher lediglich Plasma fliesst. Das vierte und bei Weitem auffallendste Kennzeichen des arteriellen Stroms ist endlich die Pulsation. Selbst in sehr kleinen Arterien erkennt man noch jede Systole des Herzens, und zwar, wie diess schon von Anderen, z. B. von Donders, ganz riehtig hervorge- hoben ist, weniger an einer etwaigen Ausdehnung des Gef~isses, als an der rhythmischen Beschleunigung und Verlangsamung des Blutstroms**); es ist, als ob die Bluts~iule immer einen kr~iftigen Stoss bekomme, der sie yon Neuem fortreisst. Von den hier aufgeflihrten Gesichtspunkten aus betrachtct, verh~ilt sich nun die Circulation in den Venen in folgender Weise. Die Richtung ist die der arteriellen entgegengese!zte, vom Darm gegen die Wurzel des Gekri/ses. Die Stromgeschwindigkeit ist er- *) Mfiller's Archly f. Anat. u. Physiol. i837. S. 267. **) Vg[. Donders Physiologie, /ibers. v. Theile. 2teAufl. S. 131. 33 heblich geringer, als in den Arterien, man beginnt von den ein- zelnen BlutkGrperchen eben verwaschene Umrisse zu erkennen. AIsdann hat auch hier tier Strom zwar einen axialen Charakter; indess fur einmal ist die Breite des ungef~rbten Saums gewGhn- lieh etwas geringer, ganz besonders aber zeichnet es den letzteren in den Venen aus, dass hier regelmitssig yon Zeit zu Zeit ein- zelne farblose BlutkGrperchen in ihm erschienen, welehe langsam vorrtleken', aueh wohl einmal eine kurze Zeit ganz still stehen, dann wieder weiter gesehoben werden u. s. f.; man kann eine Vene nicht zwei his drei Minuten beobaehten, ohne dass nicht wenigstens 8--10 farblose KGrperehen das Gesichtsfeld passirten. Von einer Pulsation, einer stossweisen Bewegung endlieh ist natilr- lich in den Venen gar niehts zu sehen, die StrGmung ist eine ganz gleiehartige, continuirliche. Von beiden abweichend und in jeder Beziehung unregelm~ssig und schwankend stellen sieh weiterhin die Capitlaren dar. Es gibt im Mesenterium deren, die weir genug sind, um bequem ein rothes und farbloses, selbst zwei rothe BlutkGrperchen neben einander durchpassiren zu lassen, w~ihrend andere gleichzeitig nut Raum fth. ein einziges bieten, s~immtlieh dutch ihren histologischen Ban als eehte Capillaren eharakterisirt. Aueh die Riehtung des Stroms ist keine vGllig constante, im Allgemeinen zwar von den Arterien zu den Venen, abet hiiufig genug stoekt hier und da in einem Zweig auf kUrzere oder l~ngere Zeit die Bewegung ganz, ein ander Mal kann die Riehtung selbst auf Strecken complet umsehlagen u. dgl. m. So ist aueh die Gesehwindigkeit eine sehr ungleiche; immer wohl ist sie so gering, dass man ohne Weiteres die einzelnen KGrperchen erkennen kann, bald aber be- wegen dieselben sieh in einem Capillarzweige eontinuirlieh fort, bald, wie gesagt, tritt ein zeitweiser Stillstand ein, der zuweilen nut die farblosen, zuweilen abet auch in gleieher Weise die rothen trifft. Dabei verdient aber entsehieden hervorgehoben zu werden, dass man ganz unzweifelhaft den Eindruek erh[ilt, als werden die farblosen KGrperehen stets langsamer fortgeschoben, als die ge- f~irbten. Welter aber ist es bei tier Enge der Capillaren selbst- verst~ndlieh, class in ihnen ein besonderer Axenstrom sieh nieht markiren kann, die KGrperehen berflhren ilberall die Wand, die rothen ebenso wie die farblosen. Endlieh ist bekanntlich sehon Archiv. f. pathol. Anat. Bd. XL. Hit. I u. 2. 3 34 in den Haarr~hrchen keinerlei Andeutung der Pulsation mehr er- halten. Aber in dieser Weise, wie ich sie so eben zu schildern ver- sucht babe und wie man sie filglich als die physiologisehe, nor- male bezeichnen daft, erhalten sich die GeFfisse und der Kreislauf am blossgelegten Mesenterium nich| lange, und gar oft wiirde die Zeit, welche auf die Darstellung verwendet wurde, hinreiehen, um dieselbe nicht mehr als getreu erscheinen zu lassen. Della sehr raseh entwickelt sich eine Reihe van Ver~inderungen, deren End- product die eben besehriebene Exsudatschieht ist, und welehe ieh jetzt den Leser bitten will, im Eiozelnen mit mir zu verfolgen. Dabei will ieh aber van vornherein betonen, dass nicht bloss, wie bereits oben angedeutet, der ganze Vorgang in sehr vorschie- dener Zeit sich entwickela kann, sondern dass auch die einzelnen Stadien des Prozesses van sehr wechselnder Dauer sind; bei dem einen Frosch vergehen wahl acht Stunden, bis eine Phase sich ausbildet, die bei einem zweiten schon in drei eingetreten, und wlihrend einmal irgend ein Stadium in einer Stunde abl~uft, be- daft es dazu vielleicht deren vier bei einem andern anscheinend gleich kr~iftigen und gleich grossen Individuum. hber wie ungleich auch immer die Zeitdauer der einzelnen Phasen bemessen sein mag, immer gehen dieselben in einer bestimmten Reihenfolge vat sich, in der wir sie im Folgenden betrachten'wollen. Das Erste n~imlieh, was geschieht, ist eine Erweiterung der hrterien. Sofort nach der Blosslegung des Mesenteriums pflegt, ohne dass eine etwa vorhergehende Vereogerung sieh con- statiren Iltsst*), die Dilatation der hrterien zu beginnen, so dass sie bereits nach 10--15 Minuten eine sehr ausgesprochene sein kann. Van da ab nimmt sie stetig, mit hiJchstens ganz kleinen 9 und kurzen Intermissionen und Remissionen, zu uod hat gewiJhn- lieb schon nach ein his zwei Stunden ihren HtJhepunkt erreicht, auf dem sie sich nun wlihrend des ganzen weiteren Prozesses or- h~ilt oder hiJehstens um einige Hundertstel eines Millimeter van ibm wieder abf'fillt. Der Gesammteffect dieser Erweiterung kann ") Man mfisste dean die oben geschilderte Beschaffenheit der hrterien gleich nach der Bloss|egung selbst als Effect einer sogleich erfolgten Verengerung ansehen wollen, wogegen abet die dann zu statuirende rapide 6eschwiadig- keit der Eantraction sprechen wiirde. 35 einen sehr hohen Grad erreichen; so ist nichts hitufiger, als dass man eine Arterie von 0,14 im Durchmesser auf 0,22, eine von 0,15 auf 0,24 steigen sieht; ich babe aber auch an einer Arterie, die Anfangs 0,15 maass, bereits nach 45 Minuten die Weite auf 0,31, und an einer anderen von 0,14 binnen einer Stunde auf 0,35 Mm. bestimmt; auf mehr als das Doppelte des ursprUnglichen Durchmessers kann demnach eine Arterie sich erweitern. Dazu kommt noch Eines. W~ihrend Anfangs s~immtliche Arterien gerade gestreckt oder mit nur ganz leichten Krihnmungen verlaufen, treten constant an sehr vielen ira blossliegenden Mesenterium die bedeu- tendsten Schllingelungen auf, und da diess eben nur auf einer Ver- llingerung des Gef~isses beruht, so mag man daraus ableiten, um wie Vieles der Rauminhalt einer dilatirten und zugleich geschl[in- gelten Arterie zugenommen hat. Uebrigens ist die Erweiterung der arteriellen Gef'~isse, mligen sic noch gestreckt oder geschl~ingelt verlaufen, soweit sic blossliegen, durchgehends eine gleichmlissige; nur in vereinzelten F~illen trifft man bei der Durchmusterung des Pr~iparats mitten im Verlaufe einer Arterie pliitzlicl~ auf eine Stelle, die der Art verengt ist, dass das. Lumen vielleicht nur den dritten Theft desjenigen betrligt, welches das Gef[iss gleich hinter dieser Stelle zeigt; dicht vor derselben, nach dem Herzen zu, st0sst man dann fast regelm~ssig auf eine gleichfalls circumscripte Stelle, wo die Arterie im gerade entgegengesetzten ungewShnlich erweitert ist, his auf das doppelte vielleicht des unmittelbar vorher befindlichen Abschnittes. Ich kann nicht sagen, worauf diese Unregelm~issig- keiten, die man auch wohl, ohne bemerkbare Veranlassung unter seinen hugen sich entwickeln sieht, und welche Stunden lang an- halten kiinnen, zurtickzufilhren sind; wir werden jedoch weiler unten noch einmal gentithigt sein darauf zurtick zu kommen, weft sich an solchen Stellen abweichende und recht instructive Ver- h~iltnisse ausbilden ktinnen. Auf die Dilatation der Arterien folgt eine gleiehe in den Venen, indess in sehr viel langsamerer Weise, und ganz regelm~issig gibt es im Lat~fe des Prozesses ein Stadium, in welchem die Venen yon den Arterien an Weite tibertroffen werden. Jedoch, was in der Rasehheit des Vorganges bier fchlt, das wird um so gewisser in der Grtisse und schliesslichen Ausdehnung desselben ersetzt, und nach einiger Frist kommt endlich doch immer das ursprtlngliehe 3* 36 gegenseitige Verhltltniss wieder ann~ihernd zur Geltung. In meinen Aufzeiehnungen finde ich u. A. eine Vene yon ursprUnglieh 0,16 in 3 Stunden gestiegen auf 0,24, eine andere von 0,17 auf 0,29, eine von 0,13 in vier Stunden auf 0,28, eine yon 0,21 auf 0,44 Mm.; aueh hier kann, wie man sieht, das Doppelte des an- f~ngliehen Lumens erreieht, ja ilberstiegen werden. Dabei sieht man in den um Vieles dehnbareren Venen Schl~ingelungen und KrUmmungen niemals auftreten, auch partielle Verengerungen und Erweiterungen entsinne ieh reich nieht gesehen zu haben, jeden- falls nie auch nur ann~ihernd in der Weise, wie bei den Arterien. Was abet die Beschaffenheit de,' Gefiisswiinde in den erweilerteu Gefiissen anlangt, so ist der einzige Unterschied, welchen sie gegen das ursprtlngliche Aussehen bieten, dass sie etwas sehmliler er- scheinen ; soust abet bilden sie nach wie vor ein auf dem optisehen L~ingssehnitte llingsfaseriges Gewebe, an den Arterien ganz wie bei den Venen, hiichstens ein Wenig dicker. -- Die Capillaren endlich und die an ihnen vorgehenden Ver~inderungen empfiehlt es sich, weiter.unten im Zusammenhange zu betraehten. In derselben Zeit aber, wlihrend diese Erweiterung der Ge- ~sse sich entwickelt, erfiihrt auch die Geschwindigkeit des Blut- stroms in ihnen Verfinderungen, zunlichst schwankender Art. In einigen Gefiissen, gleichviel ob Arterien, ob Venen, tritt yon An- fang an mit fortgehender Dilatation eine Verlangsamung des Blut- stroms ein, in anderen sieht [nan dagegen keinerlei Wechsel in der Geschwindigkeit, und in noch anderen glaubt man sogar eine Be- schleunigung zu bemerken, obwobl diese begreiflieher Weise sehr schwer mit Sicherheit festzustellen ist. Aber noeh auffallendere Schwankungen kommen vor. Man kann in einem Ge~sse, dessen Blutsh'om bereits eine ausgesprochene Verlangsamung erlitten, yon Neuem eine erhebliche Zunahme der Geschwindigkeit beobaehten, ohne dass damit eine mevkbare Verengerung des Ge~sslumens einherginge. Indessen so wechselnd dennoch Anfangs diese Ver- h,~iltnisse sein miigen, immer uad ausnahmslos entwickelt sich, sobald die DiLatation der Gefltsse eine Weile lang, ein, zwei Stun- den vielleicht, angehalten, eine Herabsetzung der Stromge- schwindigke it in ihnen. Mikroskopisch gibt sich diese Verlang- samung des Blutstroms dadurch kund, dass man binfort die ein- zelnen Blutkiirperchen in ihren Contouren unterseheiden kann, 37 ohne Schwierigkeit gewtihnlich schon in den Arterien, vollends ganz sicher in den Venen, wo ohnehin die Stromgeschwindigkeit yon vornherein eine geringere war. Um vicles evidenter wird jetzt auch der optische Effect der Pulsation in den Arterien. Wenn man eine Stelle in einer Arterie anhaltend fixirt, so ist es als ob die mit der vorhergehenden Welle heraugeschwemmte Blatmasse jetzt ruhig ausfliessen wolle, his plStzlich ein neuer, gewaltiger Stoss sic erfasst und sie unwiederbringlich dahinreisst. Und uoch Eines ist anders geworden, der Blutstrom hat den axialen Charakter eingebUsst. Man sieht nicht mehr zu beiden Seiten der rothen Bluts~iule eine ungefiirbte, ktirperchcnlose Plasmaschicht, sondern die Blutmassc filllt das ganze Lumen des Gef:~isses aus, und die Kiirperchen erreichen Uberall den inneren Contour der Gef~isswand. Dabei ist es abet sehon an den Arterien ganz unverkennbae, dass gerade die farblosen Ktirperchen der Gef~isswand zustreben; an der scheinbar ausfliessenden Wclle, in dem Augenblick der gr~issten Verlangsamung des Blutstroms, sieht man gerade in der Peripherie der ganzen Bluts~lule die weissen Blutkiirperchen auf die Gef'~iss- wand zurollen, gleich als wollten sic dort zur Ruhe kommen, wenn nicht die neue Welle sic unbarmherzig fortstiesse. Das ist abet, mit Ausnahme der oben erw~ihnten, erst spiiter genauer zu be- trachtenden Stellen, auch Alles, was man weiterhin an den Arterien wahrnehmen kann, und wir haben daher um so besser Musse, unsere ungetheilte Aufmerksamkeit zun~iehst den Venen zuzu- wenden. Denn in diesen beginnt alsbald, langsam und unter den Augen des Beobaehters, ein iiberaus charakteristisehes Verh~iltniss sich aus- zubilden; die peripherische Zone des Blutstroms, die ursprilng- liche Plasmaschicht filllt sich mit zahllosen farblosen Blutkiirperchen. In der Richtung yon den Capillaren rUcken in langsamer, zuweilen etwas ruckweiser Bewegung einzelne weisse Klir- perchen in's Gesichtsfeld, um alsbald an irgend einem Punkte der Gef'fisswand zur Ruhe zu kommen, dauernd oder vielleicht nut erst auf eine gewisse Zeit, naeh der sic noch einmal eine kurze Strecke fortgefiihrt werden kiinnen. Immer griisser aber wird alim~ihlich die Menge der Zellen, die sich in derRandsehicht anh~iufen und zu den, yon den Capillaren her vorgeschobenen kommen bier und da noch einzelne, die aus dem centralen Blutstrom auftaucben und gleichfalls an der 38 Wand sich lagern. Der endliche Effect dieses Vorganges ist, dass nach k0rzcrer oder l~ingerer Frist die gesammte Randzone des Geflisses ausgeftlllt ist yon farblosen Kt~rperchen, so dass man auf dem optisehen L~lngsschnitt eine einfache, fast ununterbrochene Rcihe kugliger, wcisser Blutk~rperchen, entlang dem inneren Con- tour dor Gef~sswand sieht, w~ihrend bei der Hebung des Tubus, wenn man auf die obere Wand des Gefiisses einstellt, eine Art Pilaster dichtgedr~ingter farbloser Zellen die Wand ttberlagert. Es ist, so zu sagen, ein einschichtiger, aber vollst~ndiger Wall un- bewegter, weisser KSrperchen, der rings in der ganzen Peripherie das Gef'~ss austapeziert, und wenn einmal, wie diess nicht selten vorkommt, eine Lttcke in diesen Wall gerissen wird, dadurch dass einzelne der K~rperchen vom Blutstrome mit ergriffen und fort- gezogen werden, so wird dieselbe alsbald wieder von nachrttcken- den Ank~mmlingen ausgefttllt. Innerhalb dieses Walles aber fliesst mit gleichm~issiger Geschwindigkeit die rothe Bluts~ule dahin, ohne dass je ein gef~rbtes K~rperchen sich aus dem Zusammenhange mit den anderen 18ste, und ich kenne keinen Gegensatz, der aus- gepr~gter sein kSnnte, als der zwischen der continuirlich str~men- den rothen centralen S~ule und der ruhenden Randschicht unge- fiirbter K~rperchen. Nicht lange aber hltlt dieser Zustand an, so wird das beob- achtende Auge gefesselt durch einen sehr unerwarteten Vorgang. An dem ~usseren Contour der Vcnenwand entstehen einzelne kleine, farblose, knopff'6rmige Erhebungen, gleich als triebe die Gef~ss- wand selber buckelartige Ausw0chse. Diese AuswUchse werden langsam und ganz allm/ihlich grosset, nach einiger Zeit scheint aussen auf dem Gefitsse eine Halbkugel zu liegen yon der Grt~sse etwa eines halbert weissen Blutk~rperchens, weiterhein verwandelt sich die Halbkugel in ein birnft~rmiges Gebilde, das mit dem an- geschwollenen Ende yon dem Gef~sse abgekehrt ist und mit dem zugespitzten in der Wand des letzteren wurzelt. Jetzt beginnen yon dem Umfang des birnf'drmigen K~rperchens feine Forts[ltze und Zacken auszustrahlen und wlihrend bisher der ganze Contour ein mehr oder weniger abgerundeter war, nimmt jenes jetzt sehr mannichfaltige Gestalten an. Vor Allem abet entfernt sich die Haupt- masse des Kbrperchens, das angeschwollene, zaekig gewordene Ende, immer mehr yon der Ge~sswand, indem das zugesehltrfte 39 Ende sich allm~hlich in einen immer l~ingeren, feinen Stiel aus- zieht, den ich bis 0,05, ja 0,07 Mm. L~nge habe erreichen sehen. Endlich aber l~st sich dieser Stiel yon dem Punkte der Wand, in dem er bisher festgesessen, und wit haben jetzt ein farbloses, etwas gl~nzendes, contractiles K~rperchen vor uns mit einigen kurzen und einem sehr langen Ausl~ufcr, dessen Gr~sse v~llig Ubereinstimmt mit der eines weissen Blutkttrperchens, in dem man nicht selten schon bei irgend einer Gestaltver~inderung im frischen Zustande, jedesfalls nach Behandlung mit Reagentien, einen oder mehrere Kerne wahrnimmt und welches mithin in keiner Weise sich unterscheidet von einem farblosen Blutk'~rperchen selbst. Es geh~rt aber ein nicht geringer Grad yon Selbsttiberwin- dung und entsagender Beschr~inkung dazu, den Blick unverweilt auf diesem einen Punkt ru.hen zu lassen. Denn w[ihrend der immerhin langen Zeit, die yon der ersten buckelartigen Hervor- treibung his zur Losliisung des Kiirperchens vergeht -- es kann sich dieser Prozess tiber eine Zeit yon mehr als zwei Stunden ausdehnen, oft allerdings auch viel rascher ablaufen, hat sich an vielen anderen Stellen der Gefiisswand eine grosse Anzahl anderer farbloser Kiirperchen hervorgesehoben,, und wenn alan einen Augen- blick alas Auge tiber den ganzen im Gesichtsfeld liegenden Ab- sehnitt der Vene hingleiten llisst, so bekommt man nebeneinander alle die Stadien zu Gesichte, welehe man so eben hintereinander an dem einen Ktlrperchen sich hatte abwickeln sehen. Kleinere und etwas griJssere buckelartige Auswtichse, birnfiirmige Elemente, mit kilrzerem oder l~ingerem Stiele in der Gef~isswand festwurzelnd, alles sieht man gleichzeitig in wechselnder Menge vor sich; yon den langgestielten Ktirperchen liegen einige vollkommen ruhig, andere aber gew~ihren das sehr eigenthilmliche Schauspiel, dass sie mit dem angeschwollenen Ende, ihrer eigentlichen KiJrpermasse, kleine schaukelnde, pendelartige Bewegungen machen, wlihrend der Stiel festhaftet. 'Allmlihlich wird aber die Zahl der hervor- tretenden farblosen Kiirperehen griisser und griisser und drei his vier Stunden etwa, nachdem die erste Ansehwellung an der Aussen- seite der Vene sieh gezr ist dieselbe rings umgeben yon einem zwar einfachen aber dichten Ring solcher K~rperchen, die gleieh starrenden Pf'dhlen um sie aufgepflanzt sind. Und noch einige Stunden sp~iter, so ist es nicht mehr eine einfache Schicht farb- 40 loser KSrperchen, welche das Gef~ss rings umschliesst, sondern ein wahrer Wald, ein Schwarm derselben breitet sich auf allen Seiten aus, 4, 6 und mehr aufeinander folgende Reihen unregel- m~issig, abet dicht stehender Kt~rperchen folgen yon innen nach aussen aufeinaader, die K~rperehen der innersten Reihe in der oben beschriebenen Weise mit ktirzeren oder l~ngeren 8tielen in der Gefiisswand festhaftend, die der zun~chst nach aussen folgen- den Reihen noch sehr deutlich gew~hnlich durch die langausgezo- genen, gegen die Vene gerichteten Forts~tze charakterisirt, die in den ~usseren Reihen immer kiirzer werden, so dass man schliess- lich nichts anderes sieht, als die gewi~hnlichen, so wechselnden Gestalten contracfiler Blut- oder EiterkDrperchen. In einigen Stunden sagte ich; doch nach dem eben Vorausgeschickten ist diess cure grano salis zu verstehen. Denn in dem ganzen Vor- gange der Entzfindung gibt es keine Phase, die unregelm~lssiger abliefe, als eben diess Hervortreten farbloser KDrperchen am lius- seren Umfang der Venen; w~hrend ich bei eiuzelnen Individuen, besonders yon Temporaria, bereits 3--4 Stunden naeh tier Bloss- legung des Mesenterium dasselbe beobachtet, sind bei anderen- 12, ja 15 Stunden und drtiber vergangen, ohne dass aueh nur leise Anf~nge deutlieh wurden; und nicht bloss bei verschiedenen Indi- viduen zeigt sich solche Ungleichheit, sondern sogar bei einem und demselben Frosehe kann man eine bestimmte Vene bereits ein oder zwei Stunden im Auge behalten, ohne dass der Gef~ss- conlour die geringste Ver~nderung zeigt, undes gentigt vielleicht, das Pr~,iparat um einen oder ein paar Millimeter zu verschieben, um sofort auf ein anderes Gefliss zu stossen, das bereits ganz von seinem Ktirperchenring umschlossen ist. W[ihrend dieses all- mlihliehen und mit der Zeit immer stiirkeren Hervortretens farb- loser Kiirperchen am ~iusseren Umfang des Gef~isses, das ich, wie ich noch bemerken will, an s~immtlichen im Gekriise verlaufenden Venen, yon den kleinsten his zu den Hauptst~immen, beobaehtet habe, erh~ilt sich im Innern derselben der vorher ausgebildete und oben eiagehender beschriebene Zustand ganz unver~indert; nach wie vor lagert in der inneren Randsehicht eine einfache, ununter- brochene Lage weisser Blutkiirperchen, innerhalb deren der rothe Strom continuirlich dahin fliesst. Nicht fiberfliissig dtirfte es end- lich sein~ noch ausdriickli~h hervorzuheben, class niemals zwisehen 41 den, an der Aussenwand des Gef'~sses hervorgetretenen farblosen Ktirperchen auch nur ein einziges rothes Blutk~rperchen zum Vorschein kommt. Diese einzige Thatsache wird gentigen, um reich gegen den etwaigen Verdaeht einer so groben T~iusehung zu schlltzen, es kiinnten jene, aussen um die Vene sieh anhliufenden Ktirperchen, sei es yon der Ferne her herangeschwemmt, sei es durch eine Verletzung des Gef'~sses selber hinausgelangt sein. In der That wird, wie ich annehmen daft, meine obige Sehilderung, so unvoll- kommen sie auch den merkwllrdigen Vorgang wiedergeben mag, doeh sehon in jedem Unbefangenen die Ueberzeugung geweekt haben, dasses sich bier um ein Hervordringen farbloser Blutktirperchen aus dem Innern der Vene dureh die intaete Gef~isswand hindureh naeh aussen handelt. Dass die aussen sich anh~iufenden Kiirperchen iden'tiseh sind mit den farblosen Eiementen des Blutes, das ist each den aufgefllhrten Kennzeiehen derselben selbstverst~indlieh; abet nut durch die so eben gegebene Deutung ist es, wie mir scheint, mtlglich, alle Details des Vorgangs zu erkl~iren. Nichts Evidenteres vollends kann es geben, als die Verfolgung des letzteren an solchen Thieren, denen man mittelst der frtiher auseinandergesetzten Verfahren einen Theft der weissen Blutktirperchen mit Farbestoffkiirnehen impr~ignirt hat; wiederholt babe ich hier gesehen, wie ein Klirn- chert yon Anilinblau fiihrendes K~lrperchen zuerst sich ruhig an einem Punkte der Gef'fisswand festlegte, wie dann each einiger Zeit der beschriebene Buckel am ~iusseren Ge~sscontour zum Vor- sehein kam, der allm~ihlich wuchs und wuchs, bald auch einzelne blaue Klirnchen zeigte, und wie schliesslich ein mit diesen erftUl- tes eontractiles farbloses Kiirperchen mit einem langen Stiel in der Venenwand festsass, w~ihrend jetzt an der entsprechenden Stelle im Innern .des Gef'~sses eine gewiihnliehe, Farbstofikiirnehen- baare weisse Blutzelle lag. Wenn abet bei den grtisseren Venen, wegen der relativ zu bedeutenden Dicke ihrer Wandung, es bei der Profilansicht~ die doch allein entscheidend sein kann, kaum mliglich sein dUrfte, den letzten und unanfechtbarsten Beweis zu ftihren, dass man niimlieh ein und dasselbe Blutkiirperchen gleich- zeitig halb aussen und halb innen an der Gef~sswand wahrnimmt, 42 so gelingt dieas um so sicherer an den kleinen Venen und ganz besonders an den Capillaren. Wir haben in dem Gange unserer Darstellung die letzteren bisher ganz bei Seite gelassen, es erscheint daher an der Zeit, aueh ihnen jetzt uasere Auhnerksamkeit zuznwenden. Um die- selbe Zeit, a18 zuerst die Arterien und sp~ter die Venen so bedeu- tend sich erweiterten, Bind auch die Capillaren, welche Anfangs oft nur ais ganz blasse Streifen, in denen relativ weuige and h~iufig ganz vereinzelte Blutk0rperchen sich fortschoben, wahrge- nommen wurden, um Vieles deutlicher und auff'dlligeP geworden. So +nahe es aber aueh, nach dem Vorausgesehickten liegt, auch diess~ auf eine Dilatation der Haarr0hrchen zu beziehen, so unter- st0tzeh doch die lVlessungen eine solehe Deutung nur wenig; aller- dings werden auch die Capillaren weiter, aber ieh babe die Zu- nahme des Durchmessers gew0hnlich nur ein Sechstheil, hie mehr als ein Viertel betragen sehen; and es kann demnaeb keinem Zweifel unterliegen, dass jener Sehein einer Erweiterung wesent- lieh nut auf einer st~trkeren und dichteren F011ung der Capillaren mit Blutk0rperehen beruht. Beil[iufig will ich bier bemerken, dass ieh spontane Verengerungen und Erweiterungen yon Capillaren, wie sie Strieker an der ausgeschnittenen Niekhaut des Frosches ,~ beobachtet bat*), im ausgebreiteten Mesenterium niemals wahr- genommen habe, ohne dass ich nattirlich desshalb behaupten m0ehte, dass dieselben nieht vorkommen k0nnten; fflr den Vor- gang, der uns beschliftigt, seheinen sie jedenfall8 unerheblieh. Was aber den Blutstrom in den Capillaren des l~ngere Zeit blossliegenden Gekr0ses betritft, so zeigt er in Bezug auf Richtuug, Geschwindig- keit und Gleichmlissigkeit ganz dieselben Schwankungen, wie in normalen Verh~tltnissen. Es gibt etliche Capillaren, in denen mit unver~nderlieher Gesehwindigkeit, in durehaus gleiehartiger Riehtung und Regelm~ssigkeit die Blutk0rperchen sich fort bewe- gen, rothe und weisse dureheinander, letztere nur, wie bereits frtlher bemerkt, gew0hnlich etwas langsamer, so dass auch wohl einmal eines kurze Zeit an der Wand kleben bleibt und in retar- dirten Etappen fortgeschoben wird. In anderen Capillaren dagegen *) Wien. akad, Sitzungsber. Math.-naturw. C1, 2. Abthlg. +LI. 16--26 u. LII. 379--394. 43 wird allm~lhlich die Bewegung der Blutkiirperchen eine immer ver- ziigertere, ja sie kann endlich ganz still stehen, so dass dann das Haarriihrchen auf ktirzere oder l~ingere Streeken vollgestopft ist yon unbewegten rothen und farhlosen Blutkiirperchen, yon denen ailer- dings, wo beide Arten beisammen liegen, die letzteren gewlihn- lich die Randschicht einnehmen. Dieser StiUstand, oder um mich des klassichen Ausdruckes zu bedienen, diese Stase kann Stunden lang anhalten, his sie dutch einen mehr oder weniger pllitzliehen Impuls wieder gellist wird, die Kiirperehen wieder in Fluss gera- then*). Endlich gibt es noch ein, so zu sagen, Mittelglied zwi- sehen jenem continuirlichen Strom und dieser Stase; in einigen besonders der weiteren Capillaren sieht man nicht selten eine ruhende und eine striimende Schicht. Es kann die erstere die ganze Peripherie, die Randzone, inne haltea, wiihrend dann im Centrum noeh K(irperehen sich fortbewegen, ebenso gut aber kann eine ganze dem einen Gef~lsscontour angrenzende Hiilfte des Lumens nut unbewegte K(irperchen enthalten, w~ihrend in der anderen H~Ufte ein continuirlieher, rascherer oder langsamer Strom fortgeht. Dabei will ieh abet ausdrtlcklieh betonen, dass die ru- hende Schieht keineswegs, wie bei den Venen, nur farblose Ele- mente enth~ilt, sondern ebensowohl ktinnen zwisehen diesen aueh rothe unbewegt der Ge~sswand anliegen. Ganz entsprechend diesen Ungleichheiten entwickelt sich nun der weitere Vorgang in sehr wechselnder Weise. An denjenigen Capillaren, in denen der Blutstrom continuirlich mit gleichmiissiger Geschwindigkeit fortgeht, tritt keinerlei Ver~inderung ein; man mag dieselben so viele Stunden lang beobachten, als man will, hie wird man die leiseste Aenderung in der Reinheit des Centrums und in dem ganzen Habitus des Gef~lsses wahrnehmen, so lange eben die *) )'on dieser Stase, die jeden hugenblick wieder riickg~tngig werden kann, ist nat/irlleh sorgffiltig zu unterseheiden ein anderer Zustand, den ich wiederholt in einzelnen oberfiiichlich gelegenen Capillaren sich habe entwickeln sehen, wenn das Mesenterium nicht feucht genug erhalten war. huch bier ist im Geffisse v(illige Ruhe, aber zugletch sind die Contouren der rothen Bltttk(ir- perchen ver]oren gegangen, der Farbstoff derselben ist diffundirt und der ganze Inhalt tier Capillare erscheint gleiehm~issig rothgefiirbt, endlich werden die Kerne der BlutkSrperchen deutltcher. Solch ein Stillstand kann niemals wieder rfickg~ingig werden, die Blutkiirperchen selbst sind bier todt, zerstSrt, wie es scheint, als Effect der Verdunstung. 44 Blutbewegung regelm~issig andauert. Ucberall dagegen, wo ein einigermaassen anhaltender, sei es vollst~indiger, sei es partieller Stillstand sich etablirt hat, da beginnen aucl~ in kurzer Zeit neue Zust,~nde sich zu entwickeln. Das Erste, was man an solchen Stellen beobachtet, ist, dass die bisher kugligen farblosen Blut- kiJrperchen Formver~nderungen zeigen, die mehr oder weniger rasch und mehr oder weniger ausgiebig sein kiJnnen, immer aber den bekannten Charakter der ami~boiden Bewegungen zeigen. Von da ab wXihrt es denn nicht lange, dass man an einer Stelle, wo innen in der Capillare eia weisses K~rperchen liegt, aussen am Gefiiss- contour eine kleine buckelartige Erhebung oder auch wohl einen feinen stachelartigen Auswuchs sieht, der allm~ihlich grt~sser und grt~sser wird, und schliesslich, ganz wie bei den Venen, in ein farbloses K~rperchen sich verwandelt, das nut noch mittelst eines langausgezogenen Stieles mit der CapiUarwand zusammenh~lngt, um im weiteren Verlaufe sieh vSllig davon abzultisen. W~lhrend dieses oft sehr langsam sich abwickelnden Vorganges bekommt man garnicht selten jenes Bild zu Gesicht, das auch den letzten Zweifel in der Deutung desselben verscheuehen muss, das Bild eines K~rperehens nitmlich, das mit einem Theile seiner Substanz noch innerhalb, mit dem anderen bereits ausserhalb der Capillar- wand gelegen ist. Aber in den HaarrShrchen sind es nicht bloss, wie in den Venen, farblose Blutk~rperchen, welche das Inhere des Gefasses verlassen, sondern auch rothe gelangen hier dutch die Wand hindurch nach aussen. W~ihrend das Auge vielleicht noch an einer Gruppe yon farblosen Zellen h~ingt, welche mehr oder weniger vollst~indig die Capillarwand durchbrochen hubert und nun in der bekannten, oben gesehilderten Weise das Gef'~ss um- starrcn, f'dllt mit einem Male zwisehen jenen aussen am Gef'~iss- contour ein rundliches Ktirperchen auf, das durch die gelbe 6der gelbgrilne charakteristische H~imoglobinfarbe sofort sich als Theil eines rothen Blutk~rperchens kundgibt. Dieser gefiirbten Partikel finder man dann, wenn man die Capillaren durchmustert, garnicht wenige; sie haben wechsclnde Grt~sse und Gestalt, bald sind sie kaum halb so gross, wie der Kern eines rothen Blntkt~rperchens, bald tibertreffen sie diesen an Volum, bald erreichen sie selbst die Gr~sse eines halben rothen Blutktirperchens; und wIthrend die 45 kleineren yon ihuen alle ganz oder ann~ihernd kuglig erscheinen, stellen die griisseren sich oft als der Fl~iche naeh gebogene Seheiben dar. Nicht einen Augeublick aber kann man im Zweifel sein, dass alle diese Partikel wirklich Theile tother Blutki~rperehen sind; denn ganz gewiihnlieh sieht man genau an der entspreehenden Stelle im Iunern der Cal~illare die iibrige, meistens den Kern ent- haltende Masse des Kiirperchens, welche mit jenen liusseren Par- tikeln durch einen schmalen, vonder Capillarwand umsehlossenen Hals in Verbindung steht. Man sieht, es sind diess Bilder, wie sie auch Strieker in abgeschnittenen Sttlcken yon Froschlarven- sehw~lnzen erhalten und in der zweiten, oben citirten Abhandlung beschrieben hat; die Blutk~rperehen erseheinen, wie durch die Gef'~sswand hindurchgezw~ingt und von ]etzterer in Wespentaillen- form. eingeschnUrt. Und in dieser unglticklichen Situation habe ieh die BlutkSrperchen Stunden lang verharren gesehenl Vollends, wenn nun die Stase in der betreffenden Capillare sich grade wieder liist, der Blutstrom vofi Neuem in Fluss gerlith, so bekommt man oft genug das curiose Sehauspiel, dass der innerhalb des Gef~tsses befindliche Theil des so eingezw~ingten Kiirperchens unaufhiirlieh yon dem vorilberrollenden rothen und weissen Blutk(irperehen ge- peitscht und in pendelnde Bewegung versetzt wird, w~ihrend der ausserhalb gelegene die ungestiirteste Ruhe bewahrt. Aber noch klltglicher kann es ihnen ergehen. Wenn, wie es ja zuweilen ge- schieht, in einer bisher im Zustande der Stase gewesenen Capillare plStzlieh die Striimung wieder beginnt, so habe ich mehrmals gesehen, wie die innere (dann gewiihnlich gri~ssere) Hitlfle eines eingezw~ingten Blutkiirperehens mit einem Schlage vonder ~iusseren abgerissen und ~un das verstilmmelte, sieh aber zweifelsohne so- gleieh wieder in Scheibenform legende Element fortgeschwemmt wurde. Merkwiirdiger Weise aber sieht man zuweilen solehe Am- putation aueh ohne jene pllitzliche Einwirkung; gerade bei ganz allm~ihlieher Wiederherstellun~ der Str(imung habe ich gleiehfalla die Abtrennung des inneren K(irperchentheils vom ~iusseren gese- hen, gleieh als wenn die sieh zusammenschliessende Capillarwand selber das Kiirperehen zerschnitte. Indess ereilt doeh nicht alle eingezwilngte Blutk~rperchen ein so trauriges Geschick, vielmehr gelingt es etlichen, mit heiler Haut und unversehrt die Gefltsswand zu passiren Ieh habe diess zu zwei Malen mit relativ grosset 46 Geschwindigkeit vor sich gehen sehen; durch eine, sonst in keiner Weise aulf~illige Stelle der Wand einer Capillare schltlpften hinter- einander eines, dann ein zweites und ein drittes rothes Blutkiirper- chen hindurch und hinter ihnen schloss sich die Wand, ohne auch nut noch einem einzigen der hurtig fliessenden Kiirpercben den Durchtritt zu gestatten. Doch schehat diess nicht die Regel zu sein. Denn ganz tiberwiegend h/iufig beobachtet man, wie ein Ktirperchen, yon dem Anfangs nut ein ganz kleines Partikelchen aussen war, vielleicht eine Stunde spliter schon zur H~llfte ausser- halb der ~'and liegt, und wieder vielleicht eine Stunde sp[iter findet man an derselben Stelle aussen am Capillargefliss ein ganzes, in- tactes rothes Blutktirperchen, wi~hrend yon dem eingezw/ingten nichts mehr zu sehen ist. So kommt es denn, dass 12--18--24 Stunden naeh der Blosslegung des Mesenterium eine grosse Menge der Capillaren rings umgeben sind yon dichten Ringen ktirperlieher Elemente,-yon denen die Mehrzahl farblose, contractile Zellen, die Minderzahl rothe Kiirperchen sind, und zwar 1) gewi~hnliche, un- versehrte, kernhaltige Blutscheiben und 2)kleinere kuglige oder elliptisehe, kernlose und anscheinend homogene Kiirperchen, letz- tere ohne Zweifel die Rudimente der in der geschilderten Weise verstiimmelten Blutscheiben. Eine so allgemein gehaltene Zeit- angabe ist man in der That zu machen geniithigt, weil begreiflicher Weise bei der grossen Inconstanz und Unregelm~issigkeit der ganzen Vorglinge im Capillars~ystem die einzelnen Phasen derselben sich jeder, auch nur ann~ihernden Zeitbestimmung entziehen~). blachdem wir uns jetzt die Prozesse, welche an den Gef~lssen der Reihe nach ablaufen, in ihren Details vorgeftihrt haben, wird es zweckm~issig und dem Leser erwtinscht sein, den Gang unse- rcr Schilderung an dieser Stelle auf eine kurze Zeit zu unter- brechen, um zuvor jene merkwllrdigen Vorglinge, soweit es angeht, einer erkliirenden Analyse zu unterziehen. Bei diesem Versuche *) Ich habe, nach ]~ingerem Sehwanken, auf die Ahbildung der geschilderten Vorg/inge ganz verzichtet, ffir einmal weil die Bilder mit solcher Leichtigkeit und Sicherheit zu gewinnen sind, dass sie gewiss Niemandem, der nach meinen Vorschl/igen verf/ihrt, entgehen k6nnen, haupts/ichlich aber, well Vor- g~nge, wie diese, welche jeden Moment wechseln, Vorwurf einer Zeichnung nicht sein, eine Wiedergabe daher bloss h~tte falsche Vorstellungen in ihrem Gefolge haben k6nnen. 47 abet stossen wir sofort auf ein Hinderniss, das sich nicht ganz ohne Zubtilfenahme einer Hypothese beseitigen llisst. Worauf n~imlich, so fragt es sieh, beruht die Dilatation der Geflisse, der Avtorien wie der Venen? Vor Allem auf einer Liihmung ihrer Muskeln, so mtlssen wit ohne Zweifel statuiren, so lange wenig- stens alas anatomische Substrat erweiternder Vorrichtungen nicht besser festgestellt ist, als bisher. Diese L~ihmung abet kann eine directe sein, im vorliegenden Falle viclleicht dutch den Einfluss der Luft, sic kann indess ebensowohl auf reflectorischem Wege, dutch Vermittelung etwaiger scnsibler Nervenfasern zu Stande ge- kommen sein. Zwisehen diesen beiden Erkl~irungsweisen zu ent- seheiden, sehe.ieh bei dem jetzigen Stand unserer Kenntnisse und bei dem Mangel maassgebender Versuche, die auch ich nicbt an- gestellt habe, vor der Hand keine Mi~gliehkeit, und wit mtissen daher diese erste Frage zum Theft ungeliist lassen, eine Frage, deren Bedeutung tlbrigens weniger ftir den uns speeiell besehltfti- genden Fall, als bei tier Uebertragung der bier gewonnenen Re- sultate auf die Lehre yon dem Entzilndungsprozess ganz im All- gemeinen hervortritt. -- Verziehten wir abet hiernach auf die voile Aufkl~rung dieses ersten Vorganges, so stellt sieh weiterhin dee zweite als ein um Vieles einfacherer dar. Denn die Erweite- rung der Gef~isse kann an sieh, wie das wohl zuerst yon Brticke klar gezeigt worden ist*), sowohl yon einer Beschleunigung, als yon einer Verlangsamung des Blutstroms in ihnen begleitet sein. Die mit der Dilatation der Arterien einhergehende Verringerung des Widerstandes muss der ersteren, die Vergriisserung des Strom- bettes dagegen der lelzteren zu Gute kommen. A priori ist in der That nieht zu construiren, welches der beiden Motive das stltrkere sein wird, und nur die direete Beobachtung kann hier maassge- bend sein. Diese aber entseheidet, wie oben auseinandergesetzl, dahin, dass, sobald die Dilalation eine gewisse Dauer gewonnen, nut noeh das verlangsamende Moment zur Geltung kommt. Wit stoeken daher erst wieder bei dem dritten Punkte, den ich aller- dings fiir vielleicht den sehwierigsten in der ganzen Aufgabe balte, nehmlich dem Naehweise, woher es komme, class die farblosen Blutk~l,'perchen sich mit solcher Constanz *) Arch. f. physiolog. Heilkunde. IX. Jahrg. 1850. S. 493. 48 in der Randzone der vent~sen Gefiisse anh~iufen. Urn abet diesem Urnstande einigermaassen beizukomrnen, erschelnt es n~thig, vorerst dic normalen Verh~ltnisse yon diesern Gesichts- punkte aus einer ErSrterung zu unterziehen. Wir haben bereits oben gesehen, wie auch w~ihrend des nor- rnalen Kreislaufs in der yon rothen Blutk~rperchen freien, Plasma ftihrenden Randschicht der Venen regelm~issig einzelne farblose Blutk~rperchen erscheinen und mit langsamer Geschwindigkeit fort- geschoben werden. Fib' dieses eigenthUrnliche Verhltltniss siud verscbiedene Erkl~rungen beigebracht worden. Man hat den farb- losen BlutkSrperchen eine besondere Klebrigkeit vindicirt, durch welche sie der Gefdsswand mit einiger Z~ibigkeit anbaften sollten, man hat ferner gerade den gefiirbten Blutk~rperchen eine gewisse Attraction zu einander zugeschrieben, we]che die weissen zwinge, das Feld zu r~umen und sich auf die Seite zu fltichten, man hat endlich in der gr~sseren, zwar nicht specifischen, aber absoluten Schwere der -- doch nut bei den S~iugethieren gr~sserenl weissen Blutk~rperchen den Grund daftlr gesucht, lndessen keine dieser Annahmen kann, wie eine genauere Erw~gung der Verh~ilt- nisse sogleich zeigt, als genligend angesehen werden; und ich selbst kenne nut eine Erkl~rung, welche, soweit ich sehe, ziem- lich allen Anforderungen ~erecht wird, d. i. diejenige, welche Donders darilber aufgestellt hat*). Darnach wird, da nach der Axe des GeFdsses hiu die Stromgeschwindigkeit zunimmt, das kuglige weisse BlutkSrperchen in seiner der Axe zun~ichst befind- lichen H~lfte yon einem rascheren Strorne getroffen, als in der von jener abgewendeten; das Ktirperchcn erftihrt daher nicht bloss cine Fortbewegung in der directen Stromesrichtung, sondern zu- gleich eine Axendrehung, unter welchen beiden es, wie tinsehwer einzusehen, schliesslich gegen die Peripherie des Gef'~isses hin be- wegt werden muss. Die abgeplattete Gestalt der rothen Blutkbr- perchen dagegeu, welche, wie man sich aufs Evidenteste beim Frosehe Uberzeugen kann, imrner mit dern L~ngsdurchrnesser pa- rallel der Gef'dssaxe sich fortbewegen, bringt es mit sich, dass an ihnen der Strom immer gleichzeiti~ nut eine schr schmale Kante trifft, mithin eine Axendrehung nicht einzutreten braucht. Nur *) Physiologie, fibers, v. Theile, 2teAufl. S. |35. 49 auf diese Weise wird, wie mir scheint, aueb die Thatsache ver- st~indlich, dass auch in den gr~sseren Venen, die aus dem Zu- sammenfluss kleinerer sieh bilden, immer sogleich die farblosen Blutk~rperchen die Randsehieht aufsuehen und innehalten. Dass Ubrigens aueh in den Arterien die weissen Blutki~rperchen mit Vorliebe der Wand sieh anschliessen, mithin aus dem Verhalten des arteriellen Blutstromes ein Einwand gegen die Don ders'sche Hypothese nicht hergeleitet werden kann, das ergibt sich eines- thefts daraus, dass, wie oben erw~ihnt, aueh in ihnen ab und zu ein farbloses K~rperehen in der per~herischen Plasmaschieht er- scheint, ganz besonders aber aus dem gleichfalls oben geschilder- ten Verhalten bei verbreitertem und in Folge dessen verlangsamtem Blutstrom. Hier, woes eben m~glich ist, die eiuzelnen KSrper- chert besser zu erkennen, sieht man im Momente des quasi.Aus- fliessens einer Welle gerade die weissen BlutkSrperehen alle in der Peripherie, und nur der immer erneute Pulsstoss ist tier augenseheinliehe Grund, wesshalb das Ph~inomen sieh bier nicht in der Regelmlissigkeit ausbildet, wie in dem continuirlich fliessen- den Venenstrom. Wenn man diese Ansehauungen festh~lt, so ltisst sich das uns beseh~ifligende Ph~inomen der Anh~iufung der weissen Blut- k~rperchen in tier Randschicht der venSsen Gef~isse in, wie mir scheint, ziemlich plausibler Weise deuten. Es ist vor Allem die Herabsetzung der Stromgeschwindigkeit, in der die Ursaehe ge- sucht werden muss. Denn nati|rlieh muss sich dieselbe gerade in der Randschicht, in tier ohnehin tier Strom am langsamsten fliesst, am stltrksten geltend machen, und Folge dessen k~nnen die farb- losen Ktirperchen, welehe vorher in kurzen, verz~igerten Bewegun- gen fortgeschoben wurden, leicbt ganz zur Ruhe kommen und lie- gen bleiben. Indem nun aber fortw~ihrend mit jeder Systole eine neue Quantit~it Blutes mit rothen und weissen BlutkSrperchen in die Capillaren und yon da aus in die Venen hineingetrieben wird, so werden zwar die rothen in freilieh etwas verlangsamtem, indess doeh confinuirliehem Strome fortgeftihrt, die farblosen aber, yon denen diess und jenes, und dann wieder eines und allm~ihlieh immer mebr an der Wand liegen bleiben, milssen schliesslieh in dem gesarnmten Gebiet der dilatirten Venen in der Randschicht sich ansammeln. In der That sieht man, wie es oben beschrie- Archly f. pathol. Anat. Bd. XL. Hft. ! u. 2. 4 50 ben ist, immer neue Ktirperchen in der Riehtung yon den Capil- laren her die Gef~sswand entlang in das Gesichtsfeld vorrUcken, um sieh successive hier anzuhiiufen; und es bilden diese bereits yon vornherein in der Randschicht selbst befindliehen und in dieser herangeschwemmten Zellen die ganz iiberwiegend grosse MajoritY, gegenUber denen, welche aus dem Innern des Ge- flisses hervortauchen und erst unler den Augen in die Rand- schieht sich hineinbegeben. Von den-letzteren bleibt allerdings nichts welter tlbrig, als anzunehmen, dass es versehleppte Nach- ztigler sind, die aus irgend .einem Grur~de in den axialen Gegen- den der Vene zuriickgehalten worden und jetzt erst die Miiglich- keit gewonnen batten, fret den eigenen Bewegungsimpulsen zu folgen. Zu Gunsten der vorstehend entwickelten Auffassung sprieht in, wie mir scheint, beachtenswerther Weise das Verhalten jener eigenthilmlichen Stellen in den Arterien, deren Betrachtung wir uns bis zu einem splitcren Augenblicke verschoben batten. Es waren diess, wie der Leser sich erinnern $'ird, Stellen, an denen sich, ohne erkcrmbare ~iussere Ursache, das Lumen der Arterie in sehr betriichtlichem Maasse verengerte, wlihrend unmittelbar vor dcmselben, nach dem Herzen zu, meistens alas Gef~iss eine gleich- falls nut lokale, sehr erhebliche Erweiterung zeigte; und ieh habe auch sehon oben angcftihrt, dass diese Unregelmlissigkeiten sehr lange andauern und vielleicht erst nach mehreren Stunden, schein- bar ebenso grundlos, wie sie gekommen, versehwinden kiinnen. In diesem besehr~inkten Bezirk einer pli~tzlich eintretenden und endenden, dabei so bedcutenden Dilatation erleidet begreiflicher Weise der Blutstrom cine ganz gewaltige Verlangsamung; auf das Bequemste erkennt man gew~ihnlich die einzelnen Klirperche~, und wiederholt habe ich die Bewegung in diesem Abschnitte der Ar- terie augenseheinlich langsamer gesehen, als selbt in eiller benach- barten Vene. Und w~ihrend iiberall sonst in der Arterie die Pul- sation, wie wir geschen, der ruhigen Lagerung yon Zellen in d~.r Randschicht im Wege ist, daft man in eben diesem Absehnitt, in welchem aueh, aus nahelicgenden Griinden, der Pulseffeet nur zu sehr geringer Geltung kommen kanl~, falls nur die Verengerung resp. Erweiterung lange gen~lg anh~lt, mit Sieherheit darauf reeh- nen~ dass nach einiger Zeit die weissen Blutkiirperehen sieh in 51 der Randschicht ansammeln. Zwar pflegt die Anh~iufung gewiihn- lich nieht einc so dichte und gleichmlissige zu werden, wie in den Venen, indess babe ieh doeh bisweilen ein nahezu vollstiindiges Lager farbloser Zellen die inhere Wand der Arterie in diesem Bezirke austapezieren gesehen. Soviel ich urtheilen kann, erkliirt sieh diess recht gut aus tier oben vorgetragenen Ueberlegung, die mithin, wie gesagt, wieder darin iht'e Sttltze finder. Die Vorgiinge in den Capillal'en, mit der im Allgemeinen griisseren und dichteren Anh~iufung von Blutktirperchen in ihnen und den im Einzelnen so bedeutenden Schwankungen in der Stromgeschwindigkeit, der Vertheilung der K(irperchen in ihnen u. dgl. m., wie es oben eingehender zu schildern versucht wurde~ alle diese Verh~ltnisse, sage ich, erklliren sieh so einfaeh und ohne Sehwierigkeit vor Allem aus den gleichzeitigen Zustlanden tier arteriellen und venSsen Gefiisse, dasses iiberfltissig erseheint, bei ihrer Betraehtung des LUngeren zu verweilen. Somit wiiren wit denn bei derjenigen Frage angelangt, welche ohne Zweifel in tier ganzen Untersuchung am meisten geeignet ist, Jedermanns Inter- esse zu fesseln, nehmlich der Frage: auf welehe Weise kom- men die BlutkSrperchen aus den Gef~issen heraus? oder um dieselbe sogleich in die zwei aufzuliisen, aus welchen sie in Wahrheit sich zusammensetzt, auf welehem Wege und dutch welehe Kraft gelangen die KiJrperchen dutch die Gef'~sswand hindureh ins Freie? Denn, um unsere Aufmerksamkeit sogleieh dem ersten Theil der Frage zuzuwenden, dartiber wird, naeh den welter oben beigebraehten Eriirterungen, der Leser mit mir tiber- einstimmender Meinung sein, class priiformirte Wege, kantilehenar- tige Riiume in der Gef'asswand vorhanden sein mtlssen, dutch welehe die BlutkiJrperehen naeh aussen vordringen, und schwerlieh wird Jemand den Gedanken in sich aufsteigen lassen, dass lath- lose Blutktirperchen im Stande seien, eine solide, r gesehlos- sene Wand zu durehbrechen. Erwagen wit abet unter diesem Gesiehtspunkte den anatomisehen Ban der GeF',isswlinde, so ergibt sich sogleich, dass die wesentliehe Substanz aller drei eigentliehen GeFassh~iute eine bindegewebige ist. Adventitia und Intima beste- hen bekanntlich ganz aus Bindegewebe, abet aueh in der Media sind ja ~lie glatten Muskelfasern nut in eine bindegewebige Grund* lage, so zu sagen, eingebettet, wenn wir wenigstens yon den At* 4* 52 terien kleineren und mittleren Kalibers absehen, in denen aller- dings die Muskelfasern so dieht stehen und so bedeutend ent- wiekelt sind, class sie unzweifelhaft den ganz tiberwiegenden An- theil, das Haupteonstituens der Media ausmaehen; indess wir dtirfen ja diese Gef'~isse, ebenso wie die mit dem m~iehtig ent- wiekelten Lager elastisehen Gewebes in ihrer Wand ohne Gefahr bei unserer Betraehtuug bei Seite lassen, da, wie wir gesehen, aus den Arterien ttberhaupt ein Austritt yon Ktlrperehen nieht start hat. Wenn somit die Hauptmasse der Gefasswandung tiber- all sonst bindegewebiger 51atur ist, so sind unsere Erfabrungen tiber die M~gliehkeit der Fortbewegung yon Lymphktirperehen in diesem Gewebe viel zu gesiehert, um bier noeh irgend weleher Sehwierigkeit Raum zu lassen; es bleibt vielmehr lediglieh noeh die einfaehe Lage platter Epithelien iibrig, welehe die innerste Fl~iehe der Intima in Arterien und Venen tlberzieht, und der, naeh der Untersuehung der letzten Jahre, ja aueh die Capillarwand zu- gereehnet werden muss*). Von den epithelialen H~iuten, insbe- sondere den einsehiehtigen, haben uns aber die Arbeiten yon Reeklinghausen, Oedmanson u. A. ja aueh gelehrt, dass sie keine eontinuirliehe, gesehlossene Membranen bilden, sondern dass sieh in ihnea constant rundliehe oder mehr elliptisehe Oeff- nungen, yon ihnen sogenaante ,,Stomata" vorfinden, yon weehseln- der Zahl und verschiedener, ohne Zweifel auch nach bestimmten *) Auf Grund einer grossen Zahl yon Silberinjeetionen der 6efasse yon FrSsehen und Kaninehen~ die ich gelegentlich der in Rede stehenden Untersuehung ausgefiihrt, kann ich in diesem fiir racine ganze huffassung principiell wich- tigen Punkte mich nur mit roller Ueberzeugung fiir die yon huerbaeh, heby u. h. vertheidigte Lehre yore Ban der Capillaren aussprechen. Selhst- verst~indlich bin ich nicht gewillt, die Richtigkeit der Bilder in Zweifel zu ziehen, wclche Stricker und Federn als Effect der Silberinjeetion (in den Wien. akad. Sitzungsber. Math.-naturw. Cl. Bd. LIll) besehrieben und abge- bildet haben, und zwar um so weniger, als ich durch die Giite der Herren Verf. persSnlich Gelegenheit gehabt babe, reich yon der Treue der Zeich- nungen zu fiberzeugen. Indess geht hieraus meiner Meinung naeh nur her- vor, dass darch hrg. nitr. in Capillaren zwei verschiedene Liniensysteme zum Vorsehein kommen kSnnen, eines, welches in Gestalt geschl,~tngelter Ffiden, wie es scheint, das Gel'fiss umwindet, und ein zweites, das einer epithelialen Kittsabstanz entsprieht; es muss die Aufgabe weiterer Untersuehung sein, die Bedingungen ausfindig zu machen, unter denen das eine oder das andere der Systeme dutch Silber kenntlich gemacht wird. 53 physiologischen Zust~inden schwankender Grt~sse. Dass nun solche Stomata auch im Gef~tssepithel vorhanden sind, darilber gibt die Injection einer SilberlSsung sogleich die voilste Gewissheit. Nach einer solchen Injection, zu der ieh reich, bei Fr~schen wie bei Kaninchen mit dem besten Erfolge einer w~issrigen H~llensteinlt~- sung yon 1/4 pCt. Gehalt bediente, treten bekanntlich im ganzen Gefiisssystem haarscharfe, regelm~ssig mit einander anastomosi- rende schwarze Linien auf, durch welche in Arterien, Capillaren und Venen immer Felder abgegrenzt werden, in deren Mitte ein Epithelkern liegt. Diese Felder sind am schmalsten, dagegen re- lativ lang, daher ganz spindelf~rmig auf der arteriellen Seite, sie sind breiter und etwas kiirzer, daher mehr rautenf~rmig, auf der venSsen, Uberdiess sind die Contouren der arteriellen Epithelien mehr geradlinig, die der ven~sen dagegen leieht wellig; das Ca- pillarepithel h~lt zwiscben beiden Formen die Mitte und den Ueber- gang inne. Was aber sogleich gerade bei der saubersten Injection auff'~Ult, sind kleine schwarze Flecke oder auch kleine ungef'~irbte, aber yon einer schwarzen Peripherie eingefasste Kreise, durch welche die Linien der epithelialen Kittsubstanz sehr h~ufig unter- brochen sind, und zwar mit besonderer Vorliebe an Stellen, wo die Ecken mehrerer Zellen zusammenstossen. Bei Weitem am sch~trfsten und grSssten sind die Flecke, wenn die Filllung der Gef'~sse dureh die Injection eine recht pralle geworden, und die Ge~sswand in m(iglichster Gl~itte und faltenlos vor Augen liegt: ein Verhalten, das, wie mir scheint, gar sehr filr die huffassung jener Zeichnungen als Oeffnungen, Liicken sprieht. Hierauf be- ruht es auch obne Zweifel, dass die Stomata immer in griisster Zahl und Regelm~issigkeit in den Venen, demn~ichst in den Capil- laren, am schw~ichsten dagegen und in viei geringerer Menge in den hrterien zum Vorschein kommen, da eben die Venen, zumal wenn man die Injectionsmasse direct in sie (z. [L yon der Pfort- ader aus gegen den Darm) treibt, sich viel leichter und vollst~in- diger schon bald nach dem Tode des Thieres, wo doeh die Ein- spritzung ausgefilhrt werden muss, ausdehnen lassen. Hiernach darf das Vorhandensein yon Oeffnungen, can~ilehenartigen Liieken in der GeFfisswand wohl filr mehr als ein hypotbeti~s angese- hen werden, und ich meinestheils zweifie nicht, dass auch fiir die einfachen Transsudationsvorgltnge diese Kaniilchen in Betracht 54 kommen dUrften. Wenigstens in pathologisehen Zustlinden, welehe mit einer Erweiterung dee Gef'~isse einhergehen; denn es liegt auf der Hand, dass jede Gerdssdilatation den Ltichern muss zu Gute kommen, und dass mithin die so gewaltige Erweiterung, deren die Venen f'dhig sind, yon dem erheblichsten Einfluss auf die Grtisse der Stomata sein muss, wlihrend bei so engen Rtihren, wie den Capillaren, aueh eine relativ geringere husdehnung sehon eine nicht zu untersehlitzende Bedeutung haben kann. Wenn somit der Weg klargestellt ist, auf welehem die Blutkiirperehen durch die Gef'~sswand hindurch naeh aussen drin- gen, so dUrfen wit jetzt sofort an die Erw~igung der Kr~ifte ge- hen, unter deren Einwirkung die Auswanderung zu Stande kommt. Was zuniichst die farblosen Ki~rperehen betrifft, welche ja ftir die Venen allein, fur die Capillaren wenigstens hauptsliehlich mit in Betracht kommen, so wird bier die ganze Frage yon einem Ge- setze beherrseht, dessert in der obigen huseinandersetzung sehon beilliufige Erw~.hnung geschehen, und das dahin geht~ dass die weissen Blutktirperchen, so lange sie im ununter- brochenen Strome fort[aufen und unaufhtirlieh reon andern Ktlrperehen, rothen wie farblosen, beriihrt und gestossen werden, stets Kugelform innehalten, dass dagegen, sobald sie irgeudwo auf l~ingere Zeit inRuhe kommenundhtlehstens yon langsam und gleichmlissig fliessendem Plasma umsptilt wer- den, in kurzer Frist amiiboide Bewegungen an 4hnen auftreten. Es kanu an dieser Stelle auf eine theoretische Er- i~rterung dieser durch die Beobachtung festgestellten Erfahrung verziehlet werden, und nut der flUchtige Hinweis auf die nahelie- gende, auch durch anderweitige Thatsachen gesttitzte und bereits yon Andern, z. B. Kiihne, M. Schultze etc., ge~iusserte hnnahme mag gestattet sein, dass die Kugelform der 8riisstmiigliehen Con- traction der Ki~rperchen, dem, so zu sagen, Tetanus entspreche; jedesfalls, welche Bewandtniss auch immer es damit haben mlige, die Gilltigkeit des angefiihrten Gesetzes selber zu constatiren, ist zu jeder Zeit sehr leicht. Im normalen Kreislauf werden begreif- licher Weise amllboide Bewegungen an den weissen Blutktlrper- chert nur in den Capillaren zu Stande kommen ktlnnen, und auch hier, wie man sich an der Froschschwimmhaut tiberzeugen kann, nur selten in erheblicherem Grade, da gewiihnlich die Sloekungen 55 im CapiUarkreislauf zu kurze Zeit anzudauern pflegen, um der st~irkern Entwickelung des Phlinomens Raum zu geben. Anders aber in pathologischen Zust~inden, im blossliegenden Mesenterium. Schon oben, bei Gelegenheit der Schilderung der Vorg~inge in den Capillaren, habe ich hervorgehoben, dass in den ruhenden Schich- ten des eapillaren Blutstroms sehr bald energische Formver~inde- rungen def. farblosen Blutkiirperehen sich einstellen; nicht weni- get deutlieh abet liisst sieh diess an den Venen beobaehten, so- bald bier die weissen Kiirperchen in tier Randschieht sich ange- hliuft haben und zur Ruhe gelangt sind. Man sieht dann yon ihnen einen oder mehrero Fortslitze ausgehen, sie ziehen sich der Litnge nach etwas aus, die vorher abgerundeten Contouren neh- men unregehn~issige und eekige Gestalt an u. dgl. m. So wenig abet ouch yon vornhereiu die Richtuog der Fortsatzbildung eine bestimmte und vorgeschriebene is(, so ergibt sich doeh aus einer einfaeheo Ueberlegung, dass tier sehliessliche Effect der am6boiden Bewegungen immer ein Eindringen in die Gefiisswand sein muss. Sehon der zwar nieht erhebliehe, abet doch immer positive Sei- tendruck wird zweifellos die Riehtung der Formver~nderungen in gewissem Grade beeinflussen; aber wtirden aueh die Bewegungen in anderem Sinne eingeleitet werden, so k(innen dieselben doch weder in seitlicher Riehtung ein griisseres Maass erreichen, well hier ja alsbald die benachbarten farbloseu Klirperchen ein Hinder- niss ~ntgegenstellen, und noch viel weniger in der Richtung ge- gen den centralen Strom, da aueh hier erstens die re(hen Kiir- perehen ein Vorw~irtsrUekeu nicht gestatten, tiberdiess vermuthlieh das vorwitzige weisse Blutk(irperehen alsbald yore Strome gefasst und fortgezogen wttrde. Sonach bleibt allein die Miigliehkeit des Vorschiebens der Fortsiitze gegeu diejenigen Stellen der Gef~iss- wand, wo der geringste oder kein Widerstand ihnen begegnet, und diess sind die Stomata und die Kaniilchen des Bindegewebes, in welche die Ki~rperchen mithin naeh kUrzeren oder llingeren h'rfahrten immer hineingerathen mtissen, um so jenen Ausmarsch anzutreten, als (lessen Resultat wit die eigenthtimlichen Vorglinge am iiusseren Contour der Gef'~isswand kennen gelernt haben. So wohl es abet aueh gelungen sein mag, bis hieher alle Vor- giinge aus bekannten und feststehenden physiologisehen Erfahrun- gen, ohue Zuhtilfenahme einer unbewiesenen Annahme, zu erklii- 56 ren, so kann doch die so eben entwickelte Auffassung nicht fflr die rothen Blutkiirperchen genilgen, von denen wir oben geschen haben, dass auch sic die Wand der Capillaren passiren. Denn den rothen Blutkiirperchen wohnt eine Contractilit~it, wclche sic zu spontancn Formveriindcrungen bef~ihigte, nicht innc, und alle Bewe- gungen, welehe sie ausftihren, mtissen auf Impulse zuriickgcfUhrt wer- den, die yon aussen auf sic einwirken, dieselben sind passiver 5htur. Indessen hat es doch, meiner Meinung nach, keine Schwierigkeit, das Motiv aufzudecken, welches die rothen Ktirperehen aus den Ge- flissen hinaustreibt. Es ist der gesteigerte Blutdruck. Denn es leuchtet ohne Weiteres ein, dass, sobald die Arterien sich er- weitern, in Folge der damit einhergehenden Verminderung des Widerstandes in ihnen, der Druck hinter ihnen, in den Capillaren, in gleichem Maasse zunehmen muss. Ob nun diese Steigerung des Blutdruekes erheblieh genug werden kann, um die rothen Ktirperchen durch die zwar etwas gedehntc, ttbrigens abet nicht welter vorbereitete Capillarwand hindurch zu pressen, das muss dahin gestellt bleiben; jedenfalls abet wird man ohne besondere Scrupel dieselbe als dafttr ausrcichend ansehen dtlrfen, wenn zu- vet dutch emigrirte farblose Ktirperehen eine gewisse Erweiterung der Stomata, wie sic ja bei einer ttaut yon der Zartheit der Ca- pillarwand reeht wohl gedacht werden kann, bewirkt worden ist. Und in tier That sieht man rothe Ktirperchen niemals die Gefitss- wand durehbrechen, ohne dass zuvor weisse hindurehpassirt sind, und wenn man irgend we ein ganzes rothes Blutk~irperchen oder einen Theil desselben ausserhalb der Capillarwand antrilR, so kann man immer mit Sicherheit darauf rechnen, dass in der unmittel- baren Ntihe auch einige farblose Zellen in dem Gewebe um die Capillare liegen. Auf diese Weise erkl~irt es sieh ferner, dass.dem Austreten der BlutkSrperchen aus den Capillaren immer, wie oben eingehender beschrieben ist, ein Stadium partieller oder vollstlan- diger Ruhe der Blutk~rperchen in ihnen vorangehen muss, und wie andererseits aus HaarrShrchen, in dcnen der Blutstrom con- tinuirlich und ununterbrochen fortgeht, niemals K~irperchen hin- ausgelangen. Mit Rtieksieht auf diese Erfahrungen filrchte ich aueh nicht, dass Jemand, entgegen meiner Darstellung, fur die Vorgiinge in den Vcnen dem Blutdruck eine grtissere Relic zu vindiciren geneigt sein mticbte, als diejenige isb welche ich selbst 57 fur ihn in Anspruch genommen; und zwar fllrchte ich es um so weniger, als, aus bekannten Grtlnden, der Druck in den Venen schwerlich eine irgend wie nennenswerthe Steigerung w~thrend all dieser Prozesse erfahren dtlrfte. Man wird demnach das Ergeb- niss all dieser Erw~tgungen dahin feststellen mtissen, dass der wesentliche und dominirende Antheil an dem ganzen Ablauf der Erscheinungen der Contractilit~tt der farblosen Blutk~rperchen ge- bUhrt, und dass daneben, in zweiter~Linie, fur die rothen KSr- perchen in den Capillaren der Blutdruck zur Geltung kommt*). *) Ich habe, was der Leser gewiss mit Befriedigung wahrgenommen haben wird, es unterlassen, soweit es nicht eben das VersRindaiss und die Achtung vor dem Rechte Anderer erforderte, meiner Darstellung durch eine Menge von Citaten and daran geknfipfte Kritik eine ziemlich hillige und doch etwas zweifelhafte Bereicherung zu geben. Indessen kann ich doch an dieser Stelle nicht umhin, wenigsteas zweier yon den ~ilteren Autoren zu gedenken, se! es auch nur, um dem berlihmten Ausspruche des alten Rabbi auch meiner- seits die Ehre zu geben, welcbe ihm gerade in unserer Wissenschaft so reiohlich gebiihrt. In erster Linie erinnere ich an Zimmermann, der, wie sich die ~lteren unter den Lesern wohl noch erlnnern werden, mit der gr~ssten Lebhaftigkeit fortdauernd (vgl. Medicin. Zeitung des Vereins ffir Heilkunde in Preussen. Jahrg. 1852. S. 64, 144, $39) die Meinung ver- tbeidigte, alle zelligen Elemente in den entz/indlichen Exsudaten und lnfil- traten seien urspriinglich farblose BlutkSrperchen gewesen: eine Meinung, die er freilich nur auf die unhaltbare und leicht zu widerlegende Hypothese stfitzen konnte, dieselben seien aus zerrissenen Capillaren extravasirt. Mit noch grSsserem Vergniigen aber citire ich eine Ste]le aus William A ddisons Consumption and scrophula (London 1849, p. 82), auf die Herr Professor Virchow die Gfite hatte, reich aufmerksam zu machen: ,,During inflammation, so lautet wSrtlich diese Stelle, using the word in the general sense here indicated -- there is more or less marked increase of colourless elements and protoplasma in the parts affected. At first ~ in the first stage -- these elements adhere but slightly along the inner margin or boundary of the nutrient vessels, and are therefore still within the influence of the circulating current; belonging, as it were, at this period, as much or rather to the blood, thon to the fixed solid. Secondly -- in the se- cond stage -- they are more firmly fixed in the walls of the vessels, and therefore now without the influence of the clrcu]ating current. Thirdly -- in the third stage -- new elements appear at the outer border of the vessels, where they add to the texture, form a new product, or are liberated as an excretion. Hinterher, nachdem zwei Decennien unser Wissen mit einer Fdlle der wichtigsten Thatsachen bereichert haben, ist es natfirlich nicht schwer~ die zum Theil etwas fremdartigen Dcutungen und Schlfisse zu wider- 58 Wenn wir jetzt naeh diesen Ertirterungen, yon denen ieh be- daure, dass sie einen so grossen Raum erfordert haben, den Fa- den der direeten Beobaehtung des blossliegenden Mesenteriums wieder aufnehmen, so ist es glilcklieher Weise mtiglieh, alles Weitere in wenigen Worten kurz zusammenzufassen. W~ihrend an den Ge~ssen alle die Vorglinge sich ab~ewickelt haben, die wir der Reihe nach in allen ihren Einzelheiten kennen gelernt haben, hat das ilbrige Gewebe des Mesenteriums in keiner Weise sieh verlindert. Die Grundsubstanz des Bindegewebes ist genau so durchsiehtig wie vorher, die Kerne, die epithelialen sowohl wie die bindegewebigen, sind an derselben Stelle und in der gleiehen Gestalt mit ungenfinderter Klarheit und Deutlichkeit siehtbar, so- weit sie nicht etwa yon ausgetretenen Blutkiirperehen verdeckt werden. Aber freilich sind es bald nut noeh wenige Stellen, we sie dem beobaehtenden Auge ohne jedes Hinderniss sieh pr~isen- tiren; denn allm~ihlich rUeken die ausgewanderten Blutktirperehen, die in der ersten Zeit naeh dem Beginn der Emigration lediglieh in tier n~iehsten Umgebung der Gef'~sse gelagert waren, intoner weiter nach aussen, yon den Gef~ssen fort, wlihrend der Platz, den sie verlassen, alsbald yon neuen Auswanderern eingenommen wird; und einige Stunden, nachdem der Ausmarsch in ergiebige- rem Maasse angefangen, ist jede Stelle des Mesenteriums in mehr odor weniger reichliehem Maasse yon weissen Blqtktirperchen er- fiillt, mit denen sieh nattlrlieh die etwaigen pr~iexistirenden wan- dernden Bindegewebsk~h'perchen in ununterscheidbarer Weise ver- mengen. Am l~ingsten pflegt sieh gewiihnlich die Umgebung der isolirt verlaufenden Arterien und der Capillaren mit eontinuirliehem Blutstrom yon farblosen K~rperchen frei zu halten, sehliesslich aber gelangen dieselben, natUrlich yon benaehbarten Gef'~ssen her, auch ill diese Gegenden. Inzwisehen bleiben die ausgetretenen rothen Blutktirperchen meist in der nlichsten Umgebung der Ca- pillaren ruhig liegen, zuweilen wird aber aueh eines odor das an- dere gleichsam flott gemacht und mehr odor weniger weit davon- gefilhrt, ohne Zweifel durch eine zuf~llig stiirkere Transsudation oder irgend ein anderes ~iusseres Accidens. Wenn man aber in legen, welche der Autor an seine Wahrnehmungen geknfipft hat; indess wet- den wir selbstverstfindlieh desshalb nicht anstehen, der exacten und treuen Beobachtung an sich die vollste, ungetheilteste knerkennung zu zol|en. 59 dieser Weise eine Stelle des Gekr~ses ganz allmlihlich mit farb- losen, contractilen Zellen sich ftillen sieht, so ger~ith man oftmals dartiber in Verlegenheit, ob diese Kiirperchen innerhalb des Me- senterialgewebes sich fortbewegen oder auf dessen Oberfl[iche, tiber ihm. Indessen 'gibt es ein sehr einfaches Mittel, um hier- tiber ins Klare zu ko~men; man braucht nut mittelst eioes Tropfens einer i/4procentigen Hilllensteinliisung am frisch bloss- gelegten Mesenterium in der gewlihnlichen Weise das Epithel kenntlich zu machen, um hinfort einen sehr zuverl~tssigen Maas- stab fur die Lage der Kiirperchen in H~inden zu haben. Das Bild, das man dadurch erhitlt, ist genau dasselbe, wie es fiber- haupt dureh Reeklinghausen's Silbermethode am Epithel er- zielt wird, die epitheliale Kittsubstanz tritt in haarscharfen, sehwarzen Linien mit den Stomata hervor; und unter dieser Silberdeeke geht die Circulation*) und alle anderen Prozesse an den Gef'~issen, bis zur Auswanderung der Kfirpe, rchen, ga~z unge- schw~icht vor sieh, und wenn diess Verfahren tiberhaupt einen Einfluss hat auf den Ablauf dieser Vorg[inge, so ist es h~ehstens ein begtinstigender und beschleunigender. Ich will dabei allerdings nieht versehweigen, dass es kaum je, bei vorsiehtiger Application der Silberltisung, gelingt, die Epithellage in ihrer gesammten Ausdehnung in der gewollten Weise zu kennzeiehnen; indess ist die Anwesenheit solcher Lticken, wo alas Silber nicht eingewirkt hat, gerade meiner Meinung nach ein Vortheil, der die Verglei- chung sehr erleiehtert. Man fiberzeugt sieh jetzt sogleieh ohne alle Miihe, dass ein Theft der farblosen Zellen unter dem Epithel, also im Mesenterialgewebe, ein anderer Theil fiber jenem sich be- findet. In Wirklichkeit ist ja auch Beides plausibel genug. Am bequemsten iibersieht man den Saehverhalt an den relativ gros- sen, radiiir verlaufenden Mesenterialvenen, die so dick sind, dass unmittelbar fiber und unter ihnen das Epithel gelagert ist, sic selbst mithin die ganze Dieke der Gekriisplatte, zwisehen beiden Epithellagen einnehmen. Beobaehtet man eine dieser Venen in einem Mesenterium, dessen Epithel versilbert ist, so erkennt man ganz evident, wie alle zu den Seitea der Vene heraustretenden Kiirperchen sich in das Gewebe des Mesenterium begeben und in *) H6chstens leidet einmal eine sehr oberflfichlich verlaufende Capillare. 6O ihm unter dem Epithel fortrUcken; bei der Einstellung auf die dem Tubus zugekehrte Oberfl~iche der Vene dagegen, wo gewiJhn- lich die Silberzeichnung die ltickenhafteste ist, sieht man Zellen aus dem Gef'dsse hervorkommen und emporsteigen, von denen man nicht zweifelhaft sein kann, dass sie bald oberhalb des Epi- thelniveaus gelegen sind, und sobald sie sich abll~sen, auf der freicn Fl~che des letzteren fortkrieehen oder auch wohl fortschwim- men; gerade diese Zellen sind es, die, wie ich oben schon er- w~hnt habe, man garnicht selten, w~ihrend sie noch mit langen Stielen in der Gef~sswand festsitzen, mit ihrer Hauptmasse, ihrem Kt~rper kleine schaukelnde, pendelartige Bewegungen machen sieht. So tritt demnaeh ein Theil der auswandernden Blutkt~r~ perchen ganz direct auf die freie Fl~che des Peritoneum, aber auch yon denen, die ursprtinglich in das Bindegewebe des Mesen- terium hineingetreten sind, gelangen weiterhin auch noch sehr viele, ja die sehr tiberwiegende Mehrzahl an die Oberfl~che des- selben, ein Vorgang, der durch die Anwesenheit der Stomata zu einem sehr einfachen und erkltirlichen sich gestaltet. Damit ist es dann, wie man sieht, zugleich mSglieh gewesen, eine Frage zur Erledigung zu bringen, welche bereits vor einigen Jahren meh- rere Forscher besch~iftigt hat, und an deren Li~sung auch ich selbst reich mit freilich, wie ieh sehr bereitwillig zugestehe, man- gelhaften Methoden versueht habe*), n~imlieh tier Frage nach der Betheiligung des Epithels bei der Entztindung der serasen H~iute. Was ich selbst damals und mit mir Andere vermutheten, dass n~imlieh das Epithcl nichts mit der Zellbildung zu thun habe, sondern lediglich, wenn iiberhaupt, dutch Abstossung zu Grunde gehe, das hat die jetzige Untersuehung erwiesen. Wie oben her- vorgehoben, geschieht die Infiltration des Mesenterium mit weissen Blutk~rperchen bei der Entztindung in ganz gleicher Weise bei versilbertem und bei nicht versilbertem Epithel, und mehr noch, selbst wenn ein blossgelegtes 5iesenterium sieh bereits mit un- zahligen farblosen K~rperchen bedeckt, ja wenn bereits eine dUnne fibrinSs-zellige Schicht es Uberzogen hat, so gelingt es doch noeh sehr h~iufig, nach sorgf~tltiger Entfernung der letzteren, *) Dieses Archiv Bd. XXll. S. 516; ferner (Rindfleisch) Bd. XXIII. S. 519 und (Neumann) Bd. XX[V. S. 202. 6i darunter mittelst Htillenstein das Epithel zum Vorschein zu brin- gen. Zu gleichem Resultate ist tibrigens auf ~ihnlichem Wege auch sehon Oedmanson gekommen*), und auch Rindfleisch wird wohl heute seine damaliga Ansicht yon der directen Trans- formation der Epithelzellen in Eiterktirperchen kaum noch aufrecht erhalten. Wir dUrfen hier die Schilderung yon der Entwickelung und dem Verlaufe der Peritonitis abbrechen, und zwar um so eher, als in den meisten F~llen der Frosch eine so writ gediebene Entztln- dung nieht tiberlebt. Allerdings habe ich in seltenen F~illen ein Thier sich noch erholen sehen, naehdem schon eine dicke zellen- reiche Pseudomembran bride Fl~ichen des Mesenteriums und den Darm ilberzogen und ich Darm und GekrSse, gleichgiltig ob mit der Pseudomembran oder nach Abstreifung der letzteren, wieder in die BauchhShle zuriickgebracht hatte; so vollstiindig restituirten sich dann die Frllsche, dass man ihaen sp~iter in keiner Weise an- merken konnte, da~s sie eine Peritonitis durchgemacht, was iibri- gens regelmlissig geschieht, wenn man den Prozess friiher unter- bricht, die Eingeweide reponirt und die Bauchhtihlenwunde sehliesst. Diess beil~iufig; unsere Darstellung des Verlaufes der Peritonitis aber, sage ich, diirfen wir tlier abschliessen, naehdem wir den Prozess dutch alle seine Phasen, yon dem Momente an, we das zarte und durchsichtige, ganz normale Mesenterium mit der BauchhShle her- vorgezogen wurde, bis dahin begleitet haben, we es nicht bless in seinem Gewebe durchsetzt ist von dichtgedr~ingten contractilen, rnehrkernigen Zellen, sondern we aueh eine mehr oder weniger dieke zellenerfiillte fibriniise Schicht beide Fl~ichen desselben tiber- zieht. Denn miltlerweile hat natiirlich die Transsudation yon Plasma aus den Gefltssen auch nie aufgehi/rt, ja ohne Zweifel, wie bet dora gesteigerten Drucke in den Capillaren leieht verst~ndlich, war sir erheblich tiber das Normale gestiegen, und Niemand wird es Wunder nehmen, dass das transsudirte Plasma unter dem Zutritt der Luft alsbald geronnen ist and so das amorphe Material zu der Pseudo- membran geliefert hat, in wetehem die Zellen eingebettet erseheinen. Indess k(innte doch gerade dieser Umsiand in Jemandem Zweifel darilber erwecken, ob die ganzen Vorg~nge am Mesenterium aueh *) Dieses Archly Bd. XXVIII. S. 368. 62 wirklich als Typen einfach entzilndlicher Prozesse angcsehen werden dtirften, oder oh nicht vielleicht gerade der freie Zutritt tier Luft hier gcwisse Eigcnthtimlichkeiten erzeuge, welche nicht ohnc Wei- teres eine allgemeine Uebertragung auf anderwcitige EntzUndungen gestatten. In der That wird man den Einfluss der Luft, aueh ab- gesehen yon tier irritirenden, entztindungserregenden Eigensehaft, nicht gering ansehlagen diirfen; ieh erinnere nut daran, class im blossliegenden Mesenterium das Blur auch in den Venen den arte- riellen Charakter beibehalten muss, und ieh will keineswegs in Abrede stellen, dass nicht auf diese Veriinderung des Gasweehsels vielleicht einige der beobachteten Erseheinungen zuriiekzufllhren seien, obwohl wir far die Deutung und Erkl~lrung derselben mit anderen, bekannteren Motiven ausgereieht haben. Indessen lehrt das Experiment, alas hier allein entscheiden kann, class wirklich jede Entztlndung, welches auch immer ihre Ursaehe sein mtige, in derselben Weise verliiuft, wie die Prozesse atn blossliegenden Me- senterium. Es liess sieh alas sehr leieht feststellen, indem man mittelst eines der oben erwlthnten Ve,'fahren, etwa dutch Touchiren mit Arg. nitr., in der BauchhtJhle selbst eine Peritonitis erzeugte, und nun yon Zeit zu Zeit das Mesenterium untcr das Mikroskop brachte, was ja, wenn man in tier yon mir beschriebenen Weise zu Werke geht, ausserordentlich rasch ausgefllhrt werden kann. Dabei ttberzeugt man sich denn aufs Vollstlindigste, dass bier naeh einander nile jene Zustiinde sich entwickeln, mit denen unsere Un- tersuchung am blossliegenden Mesenterium uns bekannt gemacht hat; zuerst die Erweiterung der Gef~isse, weiterhin die Verlangsa- mung des Blutstroms, die Anhliufung der farblosen BlutkiJrperchen in tier Randschicht der Venen und die Stasen etc. in den Capillaren, endlich auch die Auswanderung der weissen Klirperel.,en aus Venen und Capillaren, resp. der rothen aus letzteren. C, enau auf diese Weise kommt aueh hier endlich die dichte Infiltration des mesen- terialen Bindegewebes mit farblosen, mehrkernigen Zellen zu Stande, so wie die Massenansammlung der letzteren auf der freien Flliche des GekriJses, in der Peritonealhiihle, und wir werden hinfort keinen Anstand nehmen dtirfen, diese gesammten Vorg,'inge als ein- faeh entztindliche aufzufassen und zu bezeichnen. Ebensowenig wtirde ich ziJgern, far diese ins Gewebe infiltrirten und auf die Oberflitehe exsudirten Zellen die unstreitig hequemere und kurze Bezeiehnung 63 yon ,Exsudat- oder Eiterkiirperchen" zu gebrauchen, wenn ftir einen solchen besottderen Namen jetzt noch ein Bediirfniss oder ein Motiv vorbanden w,~re, nachdem sich die 1,1cntitlit der farblosen Blutktirperchen mit ihnen noch in einem viel hiJheren Maasse herausgestellt hat, als dieselbe schon vorhcr und seit'lange von Virchow u. A. vertheidigt worden ist. Selbstverstlindlich habe ich es nicht unversucht gelassen, die in vieler Beziehung bemerkenswerthen Vor~inge, zu deren Beob- achtung das blossgelegte Mesenterium des Froscbes die Gelegenheit geboten, auch an Siiugethieren zu verifieireu. Ich benutzte zu dem Ende sanz junge Kaninchen und Kiitzcben, welche ich 5, 6 Stunden lang durch Aether in vollstliadigster Narsose erhielt. Die Thiercben waren auf einem heizbaren Objecttisch gelagert, dessert Temperatur so viel es anging, auf 38--40 o gehalten wurde; zu einer seitlichen Bauehwunde wurden ibnen nun ein Paar Dilnndarmschlingen aus der Bauehhiihle hervorgeholt and das ausgebreitete Mesenterium in lthnlieher Weise, wie beim Frosch und unter Zusatz yon Jodserum unters Mikroskop gebracht. Sehr bald tritt dann die Gef'~issdilatation ein und naeh vielleieht einigen Schwankungen aueh die Verlang- samung des Blutstroms. Weiterhiu h~iu/'en sieh nun, wie man be- sonders leiebt an kleineren Gef~issen (nieht den radiltr zum Darm sich erstreckenden, sondern solchen, welche anniihernd parallel dem Ansatze des Gekriises gerade zwischen zwei radi~iren quer ver- laufen) constatiren kann, die farblosen Blutk(irperchen in der Rand- schieht der Venen und auch Capillaren an und kommen bier zur Ruhe; und wiederholt habe ich denn auch die beginnende Aus- wanderung aus beiden direct beobachtet, ganz genau in derselben Weise wie beim Frosch, zuerst die kleine buckelartige Erhebung am ~iussern Gefiisscontour, die gr(isser und gr(isser wurde, bis endlich eomplette Ki~rperehen nur noch mit langausgezogcnem Stiel in der C, ef~isswand festhafteten, und auch dieser sich spliter ab- liiste. Diess Alles babe ieh, wie gesagt, unter meinen Augen vor sieh gehen sehen, indess ist mir ein Mehreres nicht geglUckt, ins- besondere babe ieh kei~Je st~lrkeren eitrigen lnfiltrationen des Me- senterialgewebes oder erheblichere Exsudationen erzielen kiinnen. Es hatte diess wohl wesentlich seinen Grund in den vielerlei ~usseren Schiidlichkeiten, die auf alas Object einwirkten. Ftlr einmal liess es sich, bei der augenscheinlichen Complicirtheit tier ganzen Vor- 64 richtung, trotz aller Sorgfalt doch nicht verhindern, dass nicht ein- zelne Theile der blossliegenden Eingeweide ab und zu trocken und damit nattlrlich sogleich an diesen Stellen die Circulation vernichtet wurde; ferner war es absolut unmiiglicb, die ganze Masse der vor- liegenden Darmschlingen nebst Gekr~se auf gleichm~lssiger Blut- temperatur zu erhalten, und diesen Umst~inden, im Vereine mit noch manchen andern, muss es ohne Zweifel zugeschrieben werden, dass eher nekrotische Zust~tnde, als ein entziindlieher Prozess sich entwickelte. Ueberdiess starben die Thiere auch meistens nach c. 6, 7 Stunden, was jedesfalls z. Th. auf reflectorische Einfltisse yon Seiten des blossgelegten Peritoneum auf die Innervation des Herzens zurUckgefiihrt werden muss. So sehr ich aber bei dieser Sachlage auch bedaure, nicht augenftilligere Ergebnisse mit diesen Versuchen erreicht zu haben, so halte ieh doch, was ich beobachtet, fur aus- reichend, um die Uebertragung der beim Frosch festgestellten Er- fahrungen auch auf die Stiugethiere zu rechtfertigen. Dazu kommt, dass ich wiederholt an frisch get~dteten Kaninchen in entztindeten Geweben Zustiinde habe constatiren k~nnen, welche aufs Vollst,'tn- digste den Froschbildern entspreehen, und zwar sowohl bei ktinst- licher, traumatischer Peritonitis, als insbesondere bei spontaner fibrini}s-eitriger Pleuritis und Pericarditis, wie dieselbe bekanntlich in epidemischer Weise zuweilen in Kaninchenst~lllen herrscht. Hier sah man nach vorsichtiger Entfernung der zarten Pseudomembran in der ausgebreiteten ser~sen Haut alle kleineren und mittleren Venen, sowie s~mmtliche Capillaren in ihrem ganzen Verlaufe rings begleitet, so zu sagen, eingescheidet yon mehrfachen Lagen farb- loser Blutk~irperehen, zwischen denen an den Capillaren auch ein- zelne rothe sicb fanden. Hiernach wird, yon den tbeorelischcn GrUnden ganz zu schweigen, wohl der vorhin gezogene Schluss nicht als zu ktlhn bezeiehnet werden kannen. leh hege aber zu grosse Achtung vor dem Leser, um ihm noeh mit dem ausdrUckliehen Hinweise darauf I~tstig fallen zu sollen, dass die am Mesenterium ermittelten Gesetze ganz allgemeine Gel- tung haben for die Entztlndung geflisshaltiger Organe tlberhaupt. Selbstverstlindlieh wird allerdings die besondere Anordnung und Vertheilung der Gef'fisse yon einigem Einflusse sein; dean wiihrend in dem an Venen so reiehen und an Capillaren dagegen relativ armen Mesenterium ganz unzweif,:lhaft der hiiehst ttberwiegende 65 Theil der Zellen yon den Venen geliefert wird, so wird gewiss in Organen, die mit Capillaren reichlicher ausgestattet sind, wie z. B. schon die Serosa des Darms selber, wie ferner die Pleura und und volleads das Lungengewebe, auch der Antheil der Capillaren an dem Prozess ein gr~sserer sein; ein Umstand, der nach de[n, was wit oben gesehen, sich sogleich dadurch kundgeben muss, dass die Menge der rothen Blutk~rperehen in dem entzUndlichen Infiltrat oder. Exsudat eine viel betriichtlichere ist; ich brauche aber nur an die Jedermann gel~ufige Erfahrung yon der croupi)sen Pneumonie zu erinnern, um die Wahrscheinlichkeit dieser Auffassung einleuchten zu lassen. Aber nicht fur die gefiisshaltigen Or~ane allein finden jene Thatsachen ihre Verwerthung. Auch auf die Vorg~nge bei der Keratitis werfen sie eiu helles Licht, und die Frage, welche wit oben aufgeworfen hatten, nach der Herkunft der EiterkSrperchen in der entzUndeten Hornhaut, hat dadurch ihre Beantwortung gefunden; was wir aus den Farbstoffversuchen geschlossen, dass n~imlich min- destens ein Theil der Eiterki)rperchen aus dem Blute stamme, das ist jetzt durch die directe Beobachtung erwiesen. Nichtsdestowe- niger ]iegen gerade in der Cornea die Dinge nicht so einfach, wie man nach dem Bisherigen zu glauben versucht sein ktinnte, und es ist jetzt ein um so dringenderes Bedtirfniss, aus der Geschiehte der Keratitis dasjenige nachzuholen, was wir uns noch bis sp~ter verschoben hatten, als sonst leicht gerade hierauf prineipielle Ein- wlinde gegen meine SchlUsse k6nnten gegrtindet werden. Wir haben oben die Sehilderung yon dem Verlaufe einer durch centrale Cauterisation erzeugten HornhautentzUndung vom Kaninchen in dem Augenblick unterbrochen, als, wie wir damals hervorhoben, mit der beginnenden AblSsung des Aetzschorfes gleichzeitig Com- plicationen sich entwickelten, welche fortan die Reinheit der Bilder und der aus ihnen sich ergebenden SchlUsse beeintr~ichtigen; Com- plicationen, wie sie in gleicher Art von vornherein die Beobach- tung der Keratitis beim Kaninchen stBren, welche nach Excision eines Hornhautsttickchens oder nach dem Hindurchziehen eines Fadens durch eine Stelle der Cornea entsteht. Ich denke hierbei vor Allem an jenen weisslichen, milchglasfarbenen Hof, welcher sich, wie diess schon His vollkommen richtig beschrieben, in etwas schwankender, aber immer sehr kurzer Zeit -- zuweilen schon nach 1--2, bei anderen Thieren erst in 6w8 Stunden und dar- Archiv f, pathol, Anat. nd. XL. Hft. 1 u. 2. 66 tiber --um den Faden odor um den Substanzverlust entwiekelt, und zuweilen nur sehr schmal bleibt, indess in manchen F~tllon doeh eine Breite in radi~irer Richtung yon 2 Mm. und mehr erreiehen kann. Auch in Betreff der mikroskopischen Besehaffenheit des weissliehen Holes daft ich fast vollst~indig auf die Besehreibung und Abbildung verweisen, welche His auf pag. 86 und Taf. IV. Fig. 5 seiner Beitdige yon dem yon ibm sogenannten ,engeren Reizbezirk" gegeben hat; es fallen bier vor Allem sehr sonder- bare, geradlinige, z. Th. reeht lange, r~hrenartige Bildungen auf, welche zahlreiche Kerne enthalten und dadurch oft ein perlsehnur- artiges Ansehen haben; dieselben sind gr~sstentheils radi~ir gestellt, yon dem Umfang der durch den Faden etc. erzeugten Oeffnung gegen die Peripherie der Cornea gerichtet, dabei aber kommt es nieht selten vor, dass viele nebeneinander liegende einen parallelen Verlauf innehalten und sich mit anderen schneiden und kreuzen, welche in tieferen Schichten des Gewebes gelegen sind. Auf diesen, aus so eigenthfimliehen und seheinbar fremdartigen Bildungen be- stehenden Hof, der genau so welt in die Tiefe der Hornhaut geht, als die applieirte Verletzung, folgt naeh aussen eine breite giirtel- fSrmige Zone, in weleher die Cornea vollkommen durehsiehtig ist und wo zwischen den vielen Hornhautk~rperchen kaum hier und da eine vereinzelte wandernde Zelle anzutreffen ist, und erst am Hornhautrande -- in His ,,weiterem Reizbezirke" -- triift man dann wieder auf eine reiehlichere Menge yon Eiterkiirperehen, die hier unmittelbar die Randgefitssschlingen umgeben; hat die Verletzung wirklich im Hornhautcentrum Statt gefunden, so liegt dieser ,weitere Reizbezirk" immer in der schon oben betonten Stelle des hnsatzes vom M. rectus superior, wo die reiehlir und griissten Gef'fisse an die Cornea herantreten; ist es dagegen eine vom Centrum entferntere Stelle, die verwundet war, so sind es die dieser am n~ichsten gelegenen Gef~sse, in deren Nachbar- sehaft die Infiltration des Gewebes mit Eiterkiirperchen beginnt. Man sieht, die Uebereinstimmung meiner hngaben mit denen yon His kann nicht vollst~indiger gedaeht werden. hber wie sind jene merkwtirdigen Bildungen zu deuten? Denn dass die yon His gegebene Erkllirung, dieselben seien aus Umwandlungen der fixen ttornhautkiirperchen hervorgegangen, nieht aufreeht erhalten werdon kann, dartiber gibt die Untersuehung 67 ether solchen Itornhaut nach der Vergoldung die sofortige Gewiss- heit: man sieht dann auf feinen Flachschnitten ilbera]l, selbst noch ganz dicht am Rande der Wunde, zwischen und unter den dichtgedr~ingten RShren die fixen Hornhautk~rpercben mit allerdings etwas verkilrzten und verkilmmerten Ausl~iufern, auch sonderbaren grossk~rnigen und vacuolenartigen Bildungen, aber mit dem ganz unver~nderten, einfachen, grossen klaren Kern und in der ganz regelm~ssigen Lagerung. Andererseits werden die R~hren dutch Gold ganz genau gef~rbt, wie Eiterk~rperehen selber, und auf dem geheizten Objecttisch hat es in tier That an der frisch berausge- schnittenen Hornhaut keine Schwierigkeit, sieh davon zu Uberzeugen, dass jene R~ihren nichts sind als hinter einander aufgereihte Eiter- k~rperchen. Wie vortreffiich aber aucb die Eiterzellen des ,wei- teren Reizbezirkes" auf die yon uns aufgedeckte (~uelle sich zu- rUckf0hren lassen, so wird man doch vernilnftiger Weise, in Betracht des zwischen beiden befindlichen ganz unver~nderten Hornhautgiirtels, die Zellen des engeren Bezirks davon nicht ab- leiten k~nnen; und ich leugne nicht, dass mir gerade diese Ver- hitltnisse lange Zeit nicht geringe Bedenken verursacht haben. Indessen das R~thsel hat sich auf eine, allerdings ziemlich unerwartete, aber daftlr desto einfachere Weise gel~st. Hliufig n~mlich st~sst man innerhalb des engeren Reizbezirkes, mitten zwischen jenen rShrenartigen Zellenreihen, wie diess auch Lang- hans *) ganz richtig gesehen und beschrieben hat, auf mehr oder weniger zahreiche, unzweifelhafte Fetttr~pfchen, die thetis auf oder in Zellen, theils fret im Gewebe gelegen sind, gewShnlich nur als kleine Kligelchen sich darstellen, zuweilen aber auch zu m~ichtigen Oeltropfen anwachsen k~nnen und dana als kurze, abet breite ra- ditire Fettstreifen den centralen Hof durchziehen, indem sie die Undurchsichtigkeit desselben natfirlich ganz gewaltig erh~hen. Es wilrde nun selbstverst~nd|ich im Widerspruch mit allen sonstigen biologischen Erfahrungen stehen, wollte man annehmen, dass in so kurzer Zeit -- schon nacb 2 Stunden habe ich diese Fettmassen angetroffen -- so grosstropfiges Fett sich an einem Orte sollte gebildet haben, der vorher vollst~indig fettfrei war, und mit Noth- wendigkeit wird man darauf gedr~ingt, dieses Fett als von aussen *) a. a. O. S. ~6. 5~ 68 hereingekommen anzusehen. In der That braucht man naeh der Quelle desselben nieht welt zu suchen, lm oberen inneren Winkel der Augenh6hle des Kaninchens liegt bekanntlich die m~chtige Harder'sche Drfise, die ganz den Bau einer grossen, zusammenge- setzten Talgdrtlse hat. Dem entsprechend ist das Sekret, welches diese DrUse hinter der Nickhaut in den Conjunctivalsack ergiesst, ein t~liges, und man kann niemals die sp~rliche FlUssigkeit unter- suchen, welche im normalen Zustande die Conjunctiva bespillt, ohne einige Fettktlgelchen darin zu flndea. Gerade nun, wie beim Menschen auf Beizung der Cornea eine einfach w,'isserige FlUs- sigkeit yon der Thr~lnendrUse entleert wird, so ergiesst auf den- selben Reiz die Harder'sche DrUse des Kaninchens Oel in den Conjunctivalsack. Sehr bald nach der Verletzung der Hornhaut nimmt die Menge des Fettes im Conjunctivalsack ganzgewaltig zu, und dieses Oel ist es eben, das dureh den Lidschlag tiber die ganze vordere Fl~che des Bulbus hinilbergesptUt, in das Ge- webe der Cornea eindringt, wo dasselbe er~ffnet ist, und sich in die fcinen radi~ren Bisse fortschiebt, welche z. B. der durchgezo- gene Faden erzeugt hat. Hierin liegt nun der Schlilssel auch filr die r~hrenartigen Eiterzellenreihen. Denn in Wirklichkeit ist die Bildung des mil- chigten centralen Hofes nicht der erste wahrnehmbare Effect nach der Verletzung der Hornhaut, vielmehr geht dem immer, wie die Augen~irzte seit Jahrhunderten festgestellt hahen, eine lebhafte Di- latation und verst~rkte Ftlllung, eine [njeciion der Conjunctivalge- f'~sse voran. Bei sehr reizbaren Thieren kann man schon 20-- 30 Minuten nach der Verletzung der Cornea eine starke Gef~ssin- jection in der Conjunctiva auftreten sehen, die dann oft yon einem starren Oedem der Bindehaut begleitet wird, so dass selbst in einer Stunde sich eine vollst~ndige Chemosis entwickeln kann; bei an- deren, torpideren Individuen steigert sich nach der Verwundung ganz allm~hlich die R~thung in der Conjunctiva, und 4, selbst 6 Stunden und mehr noch k~nnen vergehen, ehe die Injection eine gleiehm~ssige und dichte geworden. Hand in Hand mit dieser In- jection und Schwellung der Bindehaut geht aber immer das Auf treten yon Eiterk~rperchen im Conjunctivalsack, und wlihrend das Sekret der normalen, blassen Conjunctiva nur ganz vereinzelte L?mphi[iJrperchen enthiilt, steigert sich nach einer Verletzung der 69 Cornea die Menge derselben in mehr oder weniger kurzer Zeit in ganz enormer Weise. Hiermit ist dann aber aueh sogleich das Signal gegeben ftlr das Erscheinen der Eiterkiirperchen in der Um- gebung der verletzten Stelle, in der Hornhaut, und niemals sieht man hier frtlher EiterkSrperchen, ehe diesclben in einigermaassen reichlicher Menge den Conjunctivalsack erftlllen; sie dringen aus diesem dutch denselben Mechanismus und zun~ichst auf demselben Wege in die Hornhaut ein, wie das Oel, um allerdings weiterhin sich in die Bahnen der Saftkan~ilchen zu begeben. Mittelst dieser Auffassung begreifen sich alle, anscheinend noch so unerkl~irlichen Vorglinge ganz einfaeh. Es erkl~irt sich, wie es kommen kann, dass man das eine Mal im engeren Reizbezirk nur Fett, ein an- deres Mal nut die riihrenartigen Zellenreihen, und wieder ein anderes Mal Beides neben einander trifft: denn die Vorg~inge der Oelse- cretion und der Production yon Eiterkiirperchen sind in der Con- junctiva an verschiedene, yon einander unabhlingige Apparate ge- bunden; cs erkl~irt sich, wie nach einem central applicirten Reiz, tier nur nicht zugleich das Gewebe der Cornea erilffnet, wie z. B. der Cauterisation mittelst des Lapis, ein solcher centraler Reizbe- zirk nicht entsteht, und erst dann die Eiterkiirperchen in der Umgebung des Schorfes auftreten, wenn dieselben entweder yon der Peripherie heran gedrungen sind oder aber die hbl~lsung des Schorfes sich bereits eingeleitet hat; es erkl[trt sich endlich ohne Schwierigkeit, warum beim Frosch, der erstens eine Fett secernirende Drtise nicht hat und bei dem zweitens, vermtige der verschwinden- den Entwickelung einer CoDjunctiva, eine Anh~iufung yon Eiterkiir- perchen in dem Raum zwischen Cornea und Nickhaut hie in be- merkenswerther Weise zu Stande kommt, ein solcher ,engerer Reizbezirk" sogleich nach einer Verletzung oder Misshandlung der Hornhaut sich nicht ausbildet. Allerdings bin ich nun bis heute nieht in der Lage entscheiden zu kiinnen, ob und einen wie grossen Antheil an dem huftreten der Eiterkiirperchen im Con- junctivalsack die Epithelien desselben haben, oder ob, was ja nahe genug liegt anzunehmen, auch ftir sie die Quelle allein in den Blutgef~ssen zu suchen ist; immerhin aber wird Jedermann jetzt zugcben, dass eine, die Entstehung der Eiterkiirperchen in der Hornhaut selbst negirende Auffassung in diesen scheinbar wider- sprechenden Verhliltnissen eine neue Sttltze gewonnen hat. 70 Dieser in der obigen Weise begrilndeten Lehre von tier Ge- schichte der Keratitis werden, so hoffe ich, auch die Ophthalmo- logen unbedenklich beitreten k~nnen. Nicht nut ist es den Augen- ~irzten seit Alters her gel~iufig, dass jede acute Keratitis mit einer Injection der Conjunctivalget~sse einhergeht, ja beginnt, sondern man unterscheidet ja auch besondere Formen der Hornhautentzlin- dung unter dem Namen der marginalen, der Randkeratitis, die ohne Weiteres in der hier vorgetragenen Auffassung ihre Begrtindung finden, man weiss ferner, dass jede diffuse Keratitis bis zum Rand reicht und ganz gewShnlich in der N~ihe der normalen Randgefiisse ihre gr~sste Intensit~it zeigt; und ich erinnere vollends an die so- genannte btlschelf'6rmige Keratitis, bei der die vordrin~enden Ge- fiisse immer, wie man sagt, ,ein Exsudat vor sich herschieben". Alsdann ist es ja m~glich gewesen, die aUtltgliche Erfahrung, dass gerade um einen eingedrungenen Fremdk~rper sich die eitrige In- filtration entwickelt, auf einfach mechanische Verh~iltnisse zurllck- zufUhren. Wenn endlich die klinische Beobachtung ganz unzweifel- haft zeigt, dass das sogenannte torpide Hornhautinfiltrat ganz gewShnlich mit einer Verf~irbung an irgcnd einer beliebigen Stelle der Cornea beginnt, so darf doch auch hier die seit lange festste- hende Erfahrung nicht vernachl~issigt werden, dass der h~iuflgste Ausgangspunkt dieser Affection eine Verletzung der Hornhaut ist; ja, vielleicht geh~rt unter diese Kategorie auch ein grosset Theil der tibrigen F~ille bei Thr~inensackleiden, wo nur das Trauma, wie so leicht m~glich, tibersehen worden. Jedenfalls aber muss, bei dem Mangel jeder histologischen Untcrsuchung von frischen F~Ulen solcher Infiltrate, auch noch die MSglichkeit often gehalten bleiben, dass eine an einer Stelle der Hornhaut auftretende Verf'~rbung nicht immer auf einer Infiltration yon Eiterki~rperchen beruht, sondern dass vielmehr irgend welche Ver~nderungen im Intercellulargewebe oder irgcnd welche nekrotisirende Prozesse vorliegen, zu denen erst die Eiterinfiltration als ein Secund~ires hinzutritt. Und ftlrs zweite darf man, wenn man die Geschichte eitriger Infiltrate in der Horn- haut vom blossen Auge wiirdigen will, nicht vergessen, dass iiber die ganze Ausdehnung der Cornea, ganz besonders die peripheren Theile, schon eine sehr grosse Zahl von Eiterk6rperchen verbreitet sein kann, ohne dass dieselben desshalb far die makroskopische Betrachtung sich kundgeben, w~ihrend ganz die gleiche Menge so- 71 fort erheblich auff'~illt, sobald sic zusammenriicken und sich auf einen ganz kleinen Raum concentriren. Wie man sieht, llige noch keine Nothwendigkeit vor, selbst gegenUber positiv entgegenstehen- den Erfal~rungen die Waffen zu strecken, die ich indess, wie ge- sagt, noch nicht ftlr hinreichend sichergestellt ansehen kann. Nachdem jetzt, [lurch die auf den letzten Seiten mitgetheilten Untersuchungsresultate, auch eine Gefahr beseitigt ist, welche unscre gesammte Aufstellung zu bedrohen schien, werden wir uns nicht l~ingcr der Fragc entziehen wollen, ob tiberhaupt neben dcm in der vorliegenden Untersuchung nachgewiesenen Vorgang noch ein ande- rer Modus der Genese der Eiterkiirperchen zuzulassen ist, und ein wie grosser Antheil an der entztlndlichen Production in diesem Falle der Exsudation, oder wie man wohl zweckm~issiger es be- zeichnen wtirde, der Emigration zugeschrieben werden mtisse, gegentiber den anderen etwaigen Prozessen. Abet dutch die vor- stehende Untersuchung hat, wie mir scheint, auch diese Fragestel- lung eine Verschiebung erfahren. Denn wenn, bei dem gegenwiir- tigen Standpunkt der Wissenschaft, ausser den Gef~issvorg~ingen tibcrhaupt nut noch an eine Herleitung der Eiterkiirperchen yon den im Gewebe pr~iexistirenden Zellen gedacht werden kann, so ist im Eingang dieser Arbeit der Nachweis gefilhrt worden, dass die fixen KSrperchen des Bindegewebes in keiner Weise bei der Zellen- production betheiligt sind; und es bleibt hiernach, wie bereits oben betont, nut tibrig, auf die wandernden Ktirperchen zu recurriren. Nun aber wird, nach den in diesem Aufsatz mitgetheilten Beob- achtungen, Niemand sich der Ueberzeugung verschliessen wollen, dass auch die normaler Weise im Bindegewebe vorkommenden Iymphkiirperchenartigen Elemente ursprUnglich aus dem Blute stammen, ausgewanderte weisse Blutkiirperchen sind. Man braucht ja nur an die so leicht auftretenden, vortibergehenden Stauungen in gewissen Bezirken des Venensystems, vollends abet an die so gewi~hnlichen, partiellen Stockungen im Capillarkreislauf zu denken, um ein vereinzeltes Austreten weisser Blutkiirperchen begrciflich genug zu finden; und wenn bei den obigen Farbstoffversuchen nicht auch einmal ein farbstofffiihrendes Kiirperchen in der normalen Hornhaut, dem normalen Bindegewebe iiberhaupt angetroffen wurde, so crkl~irt sich diess ganz einfach daraus, dass die Bewegungen der mit fremden Partikeln Uberladenen Kiirperchen, wie durch die di- 72 recte Beobachtung festgestellt ist, triiger sind, als die der davon freien. Unter diesen Umst~inden wird mithin die Frage so gestellt werden milssen, ob die weisseu Blutk~rperchen, nachdem sie das Gef'dss verlassen, im Stande sind, aus sich heraus neue farblose Elemente zu erzeugen, oder, mit anderen Worten ausgedrUckt, ob jemals, im normalen und im entziindeten Zustande, mehr farblose Blutk~rperchen in den Geweben auftreten k~nnen, als aus den Ge- fiissen ausgewandert sind. Diese Frage mit voller Sicherheit zu entscheiden, das bin ich, wie ich bereitwillig zugebe, nicht im Stande; ganz unzweifelhaft ist die Emigration nur festgestellt ftir diejenigen Zellen in der Keratitis, welche, nach der Injection yon Anilinblau ins Blut, Farbstoflk~rnchen enthalten, und diess war doch nur ein Bruchtheil der ganzen Menge. Aber auf der einen Seite muss man sich erinnern, dass der ganze Vorgang der Emigration nicht etwa ein sp~irlicher und vereinzelter ist, sondern dass, wie wir gesehen haben, unz~ihlige Mengen yon KSrperchen die Get~sse verlassen, Mengen, die an sich vSllig ausreichen, das Gesammtre- sultat, die Endproducte des entztlndlichen Prozesses zu liefern. Und im Gegensatze dazu muss ich jetzt aufs Nachdrtlcklichste be- tonen, worauf ich schon oben andeutungsweise hingewiesen, dass der ganze Vorgang der Theilung von Eiterk~rperchen und der daraus hervorgehenden Neubildung derselben nur ein hypotbetischer, nicht ein bewiesener ist. Noch Niemand hat selbst wenn er le- bende EiterkSrperchen unter den allergiinstigsten Verhllltnissen viele Stunden lang beobachtet hat, aus einem EiterkSrperchen zwei oder mebrere entstehen sehen; uud auch mir selbst, der ich doch gewiss an einem zweckm~issigen Orte und unter zweckmllssigen Bedingungen, am blosgelegten Mesenterium untersucht habe, ist niemals auch nur eine Andeutung eines derartigen Herganges zu Gesichte gekommen; m~gen die Formver~tnderungen noch so leb- haft sein, so kann daraus woh! eine sehr ausgiebige Locomotion resultiren, das Eiterk6rperchen bleibt aber immer Eines und unge- tbeilt. Denn es gen~lgt natUrlich nicht, dass man einmal w~ihrend der Formver~inderungen ein Partikelchen vo/n ZellkSrper sich ab- schnUren, auch wohl weiterhin eigene Contractilit~itsvorg~inge an diesem auftreten sieht, man muss es vielmehr bis zu der GrSsse eines Eiterk~rperchens wachsen sehen, und vor Allem aucll Kerne in ihm nachweisen k~nnen: und das ist noch yon Keinem Be- 73 schehen. Darnach soil also die MSglichkeit, dass an jedem belie- bigen Orte aus alten weissen BlutkSrperchen neue entstehen k6nnen, nicht geleugnet werden, aber wissenschaftlicli sichergeste|lt ist dieser Vorgang bisher nicht, und wit miissen daher, wie mir scheint, unser Urtheil vorl~ufig dahin zusammenfassen: das Eine ist bypothetisch, das Andere bewiesen. Wenn: aber Jemand gegen diese Deduction den Einwurf erheben sollte, dass es unmiiglich scheine, die enormen Mengen Eiterkiirperchen, welche bei einer aeuten Phlegmone, einer Peritonitis producirt wtirden, lediglich auf die Gesammtmenge der im Biute kreisenden farblosen KSrperchen zurtickzufiibren, so habe ich darauf Mehreres zu erwidern. FUr einmal unterschiitzt man die Zahl der im Kreislauf des normalen Individuum befindlichen weissen Blutktirperchen. Ich leugne es nicht, dass in einem aus der Ader gelassenen Tropfen Blut erst auf c. 300--400 rothe ein farbloses Kiirperchen kommt; abet diess ist nicht das Verh~iltniss, das innerhaib der Circulation selbst Start hat. Wenigstens nur im Herzen und in den griisseren Geftissen, allenfalls in allen Arterien; in den kleinen Venen und Capillaren dagegen ist die Menge der farblosen Elemente eine relativ viel griissere, und wepn das Blut aus tier Ader gelassen wird, so fliessen aus diesen die weissen BlutkSrperehen nur zum geringsten Theil aus, sie kleben dort lest und werden, so zu sagen, zurtickgehalten. Man lasse ein Thief sich aus den durehsehnittenen HalsgeFfissen verbluten, immer wird man, wenn man vorsichtig einen an kleinen Gefiissen reichen Kiir- pertheil desselben unter das Mikroskop bringt, doch bestimmt in ihnen noch eine Anzahl farbloser antreffen, die nicbt mit ausge- flossen sind; und ebenso ist es eine alte Erfahrung, dass wenn man yon der Aorta aus: das Gef~sssystem eines Thieres mittclst Serum oder dgl. auszuwaschen versucht, es ohne Sehwierigkeit ge- lingt, die rothen, niemals dagegcn alle farblosen Blutklirperehen hinauszudr~ingen. LiC~r demnach an sich schon die Verhiiltnisse fiir die Emigration g i!n~stige~ ats es naeh den gewiihnlichen An- vahmen scheinen sollte, so kommt dazu noeh ein anderer, ent- sehieden viel wichtigerer Umsta~d. ~,aC~allerdings dis Zahl der in einem gegebenom~i~blieke~ ~ih~erhalb eines bestimmten Geflissbezirkes befindliehen:'W~issen Blutl~rperehen viel zu gerin: sein, um Material for eine irgend namhafte Anh~iufung yon Eiter- kSrperehen im Gewebe herzugeben; aber man darf bier nicht ausser 74 Aeht lassen, dass dutch den Blutstrom an den betreffenden Ort immer neue und neue Mengen farbloser Elemente geftihrt werden, die nun daselbst dem Schicksal der Exmission verfallen. W~ihrend dieser Zeit nun, die doch iiber Stunden und Tage sich auszudehnen pflegt, geht ununterbrochen die Neubildung farbloser BlutkSrperchen vor sich, und zwar an denjenigen Orten und in denjenigen Or~ ganen, yon denen wir durch sichere physiologische Erfahrungen wissen, dass in ihnen solche Elemente erzeugt werden, nlimlich den Lymphdrtisen und der Milz; und in der That gerathen w~ihrend der entziindlichen Prozesse gerade diese Organe in einen Zustand ausgesprochenster Hyperplasie; wir sehen bei einer Phlegmone sehr friih schon die benachbarten Lymphdriisen anschwellen, wir constatiren bei einer biliiisen Pneumonie immer den frischen Milz- tumor, nnter dessen Einfluss die Leukocytose sich ausbildet, auf welche bei allen diesen Zust~inden Virchow schon vor vielen Jahren aufmerksam gemacht hat. Man sieht, es ist nut niithig, die bisherigen Anschauungen in der Weise zu modificiren, dass man den Ort der Zellenneubildung aus dem Bindegewebe in die Lymphdrtisen, resp. die Milz verlegt; in derselben Zeit und mit dem- selben Material, in der und aus welchem die Bindegewebskiirperchen die Ftille der neuen Zellen zu erzeugen vermochten, werden auch die Lymphdrtlsen und die Milz es kiinnen, und zwar zweifelsohne noch besser, da ja in ihnen yon Anfang an die ph),siologischen Bedingun8en ttlr die Production farbloser Blutkiirperehen gege- ben sind. Durch die auf den vorstehenden Bl~ittern mitgetheilten Ver- suche und Beobachtungen wird es nun, wie mir seheint, n~thig, die bisherige Theorie yon tier acuten Entztindung in einigen Ba- ziehungen zu modificiren. Wenigstens von derjenigen Form der acuten Entztindung, welehe mit einer Eiterung (ira allgemeinen Sinne des Wortes, gleiehviel ob zelliger oder eitriger Infiltration, ob Abscess, ob Exsudat) einhergeht, d. i. aber, wie sogleich in die Augen flillt, diejenige Form, fur welehe seit Alters her der legitime Name der ,,Entztindung" in Gebraueh ist, yon der die bertihmten vier Cardinals~mptome des Tumor, Dolor, Calor und Rubor aufgestellt sind und an die jeder Arzt zuerst denkt~ wenn 75 er die Bezeichnung ,,Entziindung" hiirt. Fiir diese Species der Entztindung treten hinfort die Gefiisse wieder mehr in den Vor- dergrund. Ohnc Geflisse keine Entztindung, die Geflisserweite- rung, die Injection und Ityperlimie ist das nothwendig erste Sta- dium jener; in gef~sshaltigen Theilen sind es eben die hier be- findliehen Gefitsse selber, in gefiisslosen die der Nachbarschaft, welche, wie sic in normalen Vcrhiiltnissen der Evnlihrung jener vorstehen, so auch der Ausgangspunkt der entztindlichen Vorg~inge werden. Als zweites Postulat fiir das Zustandekommen eitriger Prozesse hat sich die Anwesenheit yon Hohlr~lumen ergeben, welche eine Fortbewegung und eine Anhliufung der farblosen Blutzellen gestatten. Da nun doch nut sehr wenige Blutgefiisse direct an die gri~sseren Hi~hlen des K(irpers grenzen, so muss lfier vor Allem ein Gewebe in Betracht kommen, das canli|chenartige, dilatirbare Riiume enth~ilt, und diess ist das Bindegewebe. Darin liegt derGrund, warum nach wie vor die Eiterung an das Bindegewebe gekntipft bleibt, und zwar an alles Bindegewebe, soweit es derartige Kan~ile darin gibt. Man kennt aber unter den Geweben der Bindesubstanz nur eines, in dem solche R~iume nicht vorhanden sind, n~imlich den Knorpel. Die Knorpelhiihlen sind abgeschlossen, sic communi- ciren nicht mit einander, und im Knorpel mit der festen und un- nachgiebigen, dabei nicht unterbrochenen Intercellularsubstanz kiinnen Lymphkiirperchen daher nicht wandern. Abet im Knorpel hat auch noch Niemand eine wirklicheEiterung beobachtet. Wenn man durch den Bulbus des Frosches einen Faden hindurch- zieht und ihn sechs, sieben Tage lang liegen l~isst, so ist nach dieser Zeit das ganze Auge vereitert, nut in der doch zweimal durchstochenen, knorpligen Sklera kommt, wie bereits oben or- wlihnt, niemals ein EiterkiJrperchen zum Vorschein, sie bleibt 8anz unver~indert; und wenn man dutch den Knorpeltiberzug der Condylen des Femur oder der Tibia yore Kaninchen einen Faden hindurch- legt, so entsteht bald die heftigste, eitrige Knie~elenkentztindung, welche vielleicht selbst den Tod des Thieres nach sich ziehen kann, niemals aber sieht man im Knorpcl, ausser der directen Zerstii- rung dutch Nadel und Faden und ausser einer ~iusserst schmalen kiirnigten Zone dicht um die Wunde, irgend eine Ver:dnderung, niemals, selbst nach fflnf, sechs Tagen auch nut ein einziges Eiter- kiirperchen im Gewebe desselben. Selbstverstiindlich leugne ich 76 night, dass auch der Knorpel Veritnderungen erfahren kann; sieht man doch im Laufe mannigfacher Prozesse die erheblichsten StG- rungen in ihm sigh entwickeln, abet diese StGrungcn haben Nights zu thun mit entztindlichen Vorg~lngen der Art, wie sie uns bier besch~ftigcn, die Producte dieser Ver~nderungen sind nicht con- tractile Elemente, also keine, die den EiterkGrperchen k~nnten gleichgestcllt werden. Alles Ubrige Bindegewebe abet fUhrt, wie bekannt, kan~llchenartige Hohlr~umc, dasselbe ist mithin das eigent- liehe Terrain dcr Eiterung, und so erkl~irt es sigh denn auch, dass die eitrigen Prozesse in den zusammengesetzten Organen ihren Ab- lauf im interstitiellen Gewebc nehmen. Allerdings haltc ich reich nun noch welt davon entfernt, etwa eine neue Theorie der Entziindung aufstellen zu kGnnen. Schon in der obigen Darstellung habe ich ausdrtleklich betont, dass ich gleich die ersten Vorg~inge an den Gef'dssen, die Dilatation derselben, night ohne Zuhtilfcnahme unbewiesener Hypothesen deuten kGnne. Eine andere, erhebliche Schwierigkeit liegt darin; wie zu erkil~ren, dass nieht aus Venen, die in Folge einer Stauung dilatirt sind, die KGrperchen auswandern; wiewohl der Unterschied zwischen dem zwar mit vcrringerter Oeschwindigkeit, aber doch continuirlich fliessenden Blutstrom der Gef'dsse eines entzUndeten Organs und jenem in einer gestauten Vene auf der Hand liegt. Und am wenigsten bin ich im Stande, eine Erkll~rung dafUr zu geben, warum die ausgetretenen BlutkGrperchen sigh immer an die Stelle des Reizes hinbegeben; wiewohl auch hierftlr das Beispiel der verwundeten Hornhaut uns die Nothwendigkeit des Individualisirens gezeigt hat. Alle diese und flhnliche Fragen kGnnen natUrligh night durch einfache theoretische Erw~gungen, sondern nur auf Grund experimenteller Prtlfung einer Erledigung entgegengeftlhrt werden, aber es ist, glaube ich, doch schon ein Gewinn, dass es mGgligh geworden, die Fragen zu pr~tcisiren. Ueberdiess abet ergeben sigh aus den in diesem Aufsatze niedergelegten Thatsachen einige.Folgerun- gen und Schlilsse, welchc, wie ich hoffe, dem Arzte und Anatomen night unwillkommen sein werden. Vor Allem, was ich schon mehr- faeh hervorgehoben, hat die ftir die klinische Beobachtung so auff'dl- lige Initialhyper~mie ihre sichere Begrtindung gefunden. Weiterhin erkl~irt sich jetzt ohne Schwierigkeit die t~gliche Beobachtung, dass eine bereits eingcleitcte Entztindung ohne alle Sch~ldigung der In. 77 tegrit~it des betroffenen Theiles wieder riickg~ingig werden kann; man sieht die schon getrUbte Cornea sieh vollst~indig wieder auf- heilen, eine bereits sehmerzhaft intumescirte, lebhaft gertithete Stelle der Haut und des Unterhautgewebes wieder erblassen und voll- stiindig wieder abschwellen : was ist jetzt einfacher, als die Deutung, dass ebenso wie das transsudirte Plasma wieder resorbirt wird, so auch die aus den Gefiissen herbeigewanderten Lymphktirperchen den Platz wieder verlassen, sieh in die Nachbarschaft und die Lymphgef'~isse ,,vertheilen" und so das noch nicht passiv we- sentlich geseh~idigte Gewebe unver[indert zUrtickbleibt? Ieh erinnere ferner daran, dass nun eine durchaus rationelle Erklltrung ftir die yon allen guten Praktikern jeder Zeit anerkannte, heilsame Wirkung loealer und allgemeiner Blutentziehungen gegeben ist; und daran, wie plausibel jetzt die alte Erfahrung erscheint, dass unter dem Ein- fluss energischer K~ilte, welche eine Erweiterung der Gef~isse nicht zu Stande kommen l~isst, auch die Entwickelung der Eiterung ge- hemmt wird, w~ihrend im Gegentheil erhiihte W~irme dieselbe be- giinstigen muss. Und ferner um noch ein Paar Erfahrungen mehr anatomischer Art herausgreifen, so erinnere ich an eine Thatsache, auf die Traube sehon seit lange die Aufmerksamkeit gelenkt hat, dass niimlich bei jeder Nephritis Eiterki~rperchen im Harn auftreten, ohne dass" die anatomische Untersuchung irgend eine complicirende Cystitis oder Pyelitis nachweist: es sind diess aus den Glomeruli emigrirte farblose Blutkiirperchen; und schliesslieh mtichte ich noch mit besonderem Naehdrucke auf die Pneumonie hinweisen, in deren Verlauf so enorme Mengen yon Eiterki~rperchen in den Alveolen sieh anhiiufen kiinnen, ohne dass doch das dieselben umschliessende Bindegewebe irgend eine Spur einer Ver~inderung zeigt, und ohne dass man auch in den platten Epithelien der Alveolen, deren Existenz Uberhaupt erst dutch einen mehrj~ihrigen erbitterten Kampf hat gesiehert werden miissen, irgend Etwas wahrnimmt, was be- reehtigen kiinnte, in ihnen die Quelle der Eiterkiirperchen zu suehen. Berlin, im Mai 1867. Nachtrag. Seitdem die vorsiehenden Bl~itter niedergesehrieben worden, haben ia No. 31 des Centralbl. f. d. med. Wiss. v. 1867, v. 78 13. Juli die Herren Hoffmann und Recklinghausen eine kurze Mittheilung publicirt, welche dieselbe Frage behandelt, deren LSsung in obiger Arbeit versucht wurde; und wenngleich jene Mittheilung nur als eine vorliiufige angesehen werden darf, so mag es mir dennoch .gestattet sein, mit wenigen Worten meinen Standpunkt gegeniiber derselben anzudeuten, und zwar um so mehr, als die Herren Verfasser schon durch die Ergebnisse ihrer bisherigen Yersuche in einen directen Widerspruch mit den yon mir gezogenen Schliissen gerathen zu sein glauben. In Wirklichkeit freilich halte ich diesen Widerspruch nut fiir einen scheinbaren. Denn nicht bloss ist in jener Publication keine meiner positiven Angaben bestritten, sondern meines Erach- tens niJthigt auch keiner der Versuche der Herren Verfasser zu Schliissen, welche mit den meinigen unvertr~iglich w~iren. Wenn sie einestheils bei ihren Farbstoffversuchen Gewicht darauf legen, dass nach Einbringung yon Zinnober in die Schenkellymphs~icke des Frosehes rothe Kiirnchen auch frei in der Gewebsfltlssigkeit verschiedener Organe angetroffen wurden, so babe ich selbst, im Bewusstsein der Mebrdeutigkeit der au den Lymphs~icken ange- gestellten Experimente die wesentliche Entscheidung in Versuehen erstrebt, bei denen ich den Farbstoff direct in die Blutgefiisse ein- ftihrte: Versucbe, die ich gerade in den letzten zwei Woeben, seit der vorl~iufigen Mittheilung der Wtirzburser Autoren, mehrfaeh wiederholt habe, ohne dasses mir jemals gelungen w~ire, ausser- halb der Blutwege Farbstoffkiirnehen anzutreffen, die nicht im In- nern von Zellen sieh befanden. -- Dass andererseits die genann- ten Herren nach Einbringung von Zinnober in die Schenkell),mph- s~icke des Frosches aueh in der normalen, nicht entzllndeten Hornhaut, sowie in dem interstitiellen Bindegewebe der ilbrigen Organe spltrliche, zinnoberhaltige wandernde K(irperchen angetrof- fen haben, ist eine Thatsache, von der zwar ich selbst mich nicht babe mit Sicherheit iiberzeugen ki~nnen, miiglieher Weise aber nur desshalb, weil ich zu geringe Massen des Farbstoffes applicirt hatte; jedenfalls steht dieselbe aber so wenig im Gegen- satze zu meinen oben entwickelten Anschauungen, dass ich sie vielmehr ohne Weitercs in meinem Sinne verwerthen kiinnte. Eine noch griissere Bedeutung messen aber die Herren Verfasser ihrem Versuch 4 bei, dureh welchen allerdings, wie es scheint, 79 der unzweifelhafte Beweis geliefert ist, dass eine vom Organismus abgetrennte Hornhaut in sich selbst neue contractile Zellen pro- duciren kann. Hier ist mm leider in der kurzen Mitthcilung keine Andeutung dariiber enthalten, (lurch welche Vorg~inge diese Zellenneubildung zu Stande kommc; indess wird man nach dem, was Recklinghausen selbst frfiher angegeben und was ich im Eingange des vorliegenden Aufsatzes beigcbracht habe, yon den fixen, sternfiirmigen Kiirpern fiiglich absehen diirfen, und wesent- lich auf die wandernden recurriren wollen. In Betreff dieser abet' habe ich, wie der Leser sich erinuern wird, derartige Vorg~inge keinesweges in Abrede gestellt. Ich habe ausdrticklich die Miig- lichkeit der Bildung neuer Elemente aus ihnen zugelassen, und nur bestritten, dass dieser Vorgang ein bereits bewiesener sei: wozu ich doch bis vor der in Rede stehenden vorliiufigen Mitthei- lung ein unbestreitbares Recht hatte. Wenn jetzt durch den Ver- such der beiden Herren diese Thatsache ganz sichergestellt ist, so wird Niemand bereitwilliger sein, als ich, dieselbe zu acceptiren. Die Frage aber wird dann erst recht so gestellt werden mtissen, wie ich es bereits oben im Texte angedeutet habe, wie viel im Verlaufe der entztindlichen Prozesse im Organismus auf den yon mir nachgewiesenen Modus der Zellenaus-, resp. Einwanderung, wie viel auf die Zellenneubildung aus den bereits im Gewebe pr~i- formirten Zellen in loco komme. Eine Frage, wie diese, schon jetzt, ohne eingehende, neue Versuche in dieser Richtung, beant- worten und entscheiden zu wollen, davon bin ich welt entfernt; so viel sich indess einstweilen tibersehen l~isst, so scheint eines- thefts die unfehlbare Constanz der Dilatationsvorgiinge an den Ge- fiissen im Anfange der Entztindung, zusammengehalten wit der Massenhaftigkeit der Auswanderungsph~inomene, anderntheils abet ganz besonders die oben beschriebenen Versuche tiber den r~ium- lichen Ablauf der einfachen traumatischen Keratitis doch meiner Meinung nach gar sehr dafiir zu sprechen, dass bei der acuten exsudativen oder eitrigen Entztindung -- und yon einer anderen haben wir ja tibcrhaupt nicht gehandelt -- den EMigrations- und Immigrationsvorg~ingen ein grosser, vermuthlich tiberwiegcnder Antheil zugeschrieben werden muss. Berlin, 26. Juli 1867.

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Archiv für Pathologische Anatomie und Physiologie und für Klinische MedicinUnpaywall

Published: Sep 1, 1867

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