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Donnerstag .i' 20. 14. Mai I891 DEUTSCHE MTEIJICINISCHE WOCJ[ENSCI[RTFT. ffent- Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinaiwesens nach amtlichen Mittheilungen, der lichen Gesundheitspflege und der Interessen des trztlichen Standes. Begründet von Dr. Paul Borner. Siebzehnter Jahrgang. Redacteur Geh. Sanitäts-Rath Dr. S. thittmann in Berlin W. Verlag von Georg Thieme, Leipzig-Berlin. Bei Experimenten mit Katzen, welche ich im Juli vorigen I. Ueber die Einwirkung des Chloroform und Jahres anstellte, gelang es mir zuerst, greifbare Resultate zu ge- winnen. Katzen halten die Chloroformnarkose ziemlich lange aus. anderer Gifte auf' die alkalische Reaction Chioroformirt man sie bis zum Tode und prüft dann an der Leiche der Körpers.fte. die Reaction der Flüssigkeit im Herzbeutel, in der Bauchhöhle so- wie die Reaction des flüssigen Blutes und des Saftes einzelner Or- Von Dr. J. Petruschky. gane, so erhält man nicht die normale mässige Bläuung rothen Vor etwas mehr als einem Jahre hatte ich Gelegenheit, Beob- Lackmuspapiers, sondern eine deutliche Röthung blauen Papiers, achtungen über die Alkali- und Saurebildung durch bestimmte Mi- also eine ausgesprochene saure Reaction. Die Prüfung des an kroorganismen mitzutheilen'). Diese Thatsache, die zwar nicht neu, sich gefärbten Blutes auf diesem Wege macht keine besonderen aber, wie ich glaube, loch bei weitem nicht nach allen Seiten ihrer Schwierigkeiten, wenn man das Lackmuspapier, welches nicht aus Bedeutung studirt war, hatte ich damals spciell nach einer Richtung porösem Filtrirpapier, sondern aus glattem Papier hergestellt sein hin ausgearbeitet, um biologische Charaktere für die einzelnen Mi- muss, nach genügender Berührung mit dem Blute mittels neutralen die zur Unterscheidung derselben dienen könnten, kroorganismen, (gleichzeitig zu prüfenden) Wassers abspült. zu gewinnen. - Mit besonderer Freude konnte ich es begrüssen, An Kaninchen, Meerschweinchen und Mäusen, die dem Chioro- dass diese Beobachtungen mit zur Grundlage dienten für die inter- form leichter erliegen als Katzen, habe ich dann diese Beobachtung essante Beobachtung Löffler's2), dass zwischen der Tendenz zur Al- nachgeprüft. Während des Lebens und direkt nach Eintritt bestimmter beweglicher Bacterien und kali- resp. Säurebildung des Todes waren die Säfte des noch warmen Thierkörpers der Färbbarkeit ihrer Geisselfäden ganz eigenartige Beziehungen be- stets deutlich alkalisch. Erst nach Abkühlung der Leiche stehen, so dass man eigentlich erst auf Grund der Kenutniss der ging die alkalische Reaction verloren und schlug in der chemischen Reactionstendenz einer beweglichen Bacterienart das ge- Regel in eine deutlich nachweisbare saure Reaction um. eignetste Verfahren für die Färbung ihrer Geissein feststellen kann. Es besteht also die merkwürdige Thatsache, dass Chloroform Seit jener Zeit habe ich mich mit diesen Reactionseigenthüm- die Tendenz hat, die Alkalescenz der Körpersäft herab- lichkeiten weiter beschäftigt und die Bedeutung derselben für die zusetzen, dass dieser Einfluss jedoch erst einige Zeit Biologie der Mikroorganismen sowie auch für die Lebenseigenschaften nach dem Stilistande des Lebens in dem Maasse zur der höher organisirten Wesen im Auge behalten, zumal da schon Geltung gelangt, dass die alkalische Reaction der Kör- vor mehreren Jahren Behring8) zur Erklärung der Wehrkräfte des persäfte umgestossen und eine saure Reaction herbeige- Körpers gegenüber bestimmten pathogenen Mikroben die stark alka- führt wird. lische Reaction der Körperkräfte einiger Thierarten namentlich Eine hinreichende Erklärung dieser Thatsache vermag ich weisser Ratten in Anspruch genommen hatte. gegenwärtig nicht zu geben, doch kann ich noch folgende weitere In der nämlichen Arbeit von Behring findet sich nun die - Beobachtungen mittheilen. Wenn man einem zu Tode chlorofor- bisher anscheinend nicht weiter beachtete Angabe, dass das Chioro- mirten Thiere sofort eine Portion des noch warmen Blutes mittels formiren weisser Ratten zum Zweck der Versuche die alkalische sterilen Reagirgiases entnimmt, während es die alkalisehe Reaction so nachhaltig, dass Reaction ihres Blutes herabsetze, selbst noch nicht verloren hat, so gerinnt das Blut im Reagirglase, aber häufig chloroformirte Ratten eine bleibende Schädigung in dieser eine saure Reaction nimmt dasselbe nicht an, sondern es Richtung erleiden und dadurch in ihrer Widerstandsfähigkeit gegen behält seine schwach alkalische Reaction bei. In der Milzbrand geschwächt werden. Leiche jedoch verliert das Blut s&ine alkalisehe Reaction. Durch einen besonderen Anlass trat ich nun vor einiger Zeit Die eigentliche Säurebildung scheint demnach i den Gewebs- der Frage nach den toxischen Wirkungen des Chloroform näher und zellen stattzufinden und durch diese erst den Körpersäften initge- achtete unter anderem auch auf die Einwirkung desselben auf die getheilt zu werden. - Dass dieselbe nur von bestimmten Ge- Reaction der Körpersäfte, um eventuell ein besonderes Merkmal weben (z. B. den Muskeln allein) ausgeht, ist nicht wahrscheinlich, für den Chloroformtod an der Leiche dadurch zu gewinnen. Die da die saure Reaction im ganzen Körper, namentlich auch in der titrimetrische Messung des Alkalescenzgrades von thierisehem Blut Brust- und Baichhöhle anzutreffen ist, und eine Circulation doch ist keine ganz einfache und setzt einige Uebung voraus, wenn man nicht mehr stattfindet. Es ist also wahrscheinlich, dass alle Ge- aus der Untersuchung kleiner Blutmengen ausreichend sichere An- webe an dieser Säurebildung theilnehmen. haltspunkte gewinnen will; es würde daher die Untersuchung in der Dafür, dass die Säurebilduug durch Chloroform ihren Ursprung für die Handhabung Weise, wie sie z. B. Bebring angestellt hat, nicht im Blute selbst, sondern in den Geweben hat, spricht auch bei der Section resp. bei gerichtlichen Obductionen von Leichen folgender Versuch. Schüttelt man dem Körper entnommenes Blut nicht geeignet sein. In dem Bestreben, auf einfacherem Wege zu oder von demselben abgeschiedenes Serum mit Chloroform und einem Resultate zu gelangen, habe ich verschiedene Verfahren durch- lässt es längere Zeit mit demselben stehen, so tritt eine saure Re- probirt und bin schliesslich auf die einfache Prüfung mittels em- action niemals ein. Natürlich ist bei allen diesen Untersuchungen pfindlichen Lackmuspapiers zurückgekommen, da dieses Verfahren, sorgfältig darauf zu achten, dass das zum Versuch verwendete Chloro- wie sich bald herausstellte, bei der eigenartigen Lage der Ergeb- form nicht selbst sauer reagire. nisse schon ganz brauchbare Fingerzeige giebt. Die Säuerung der Körpersäfte unter dem Einfluss der Gift- wirkung des Chloroform muss nach alledem eine letzte Lebensfunction 1889 Bd. VE, No. 24/25 und ') Centralbl. f. Bacteriol. u. Parasitenk. der Gewebszellen sein. Dass während des Lebens selbst zwar eine 1890 Bd. VIII, No. 1/2. Herabsetzung der Alkalescenz (Behring), aber keine Säuerung statt- Centralbl. f. Bacteriol. u. Parasitenk. 1890 Bd. VII, No. 20/21. findet, kann wohl nur so erklärt werden, dass der Körper ein Behring, Ueber die Ursache der Immunität von Ratten gegen Restitutionsvermögen besitzt, durch welches die Säure mittels Alkali- Milabrand. Centralbi. f. klin. Medicin 1888, No. 38. Dieses Dokument wurde zum persönlichen Gebrauch heruntergeladen. Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Verlages. DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCRENSORRIFT. 670 No 20 bildung neutraisirt wird, wie ja auch die vom arbeitenden Muskel und von der grauen Hirnrinde (Gscheidlen) gebildete Säure während des Lebens stets wieder neutralisirt wird (Langendorff). Bei der tödtlichen Giftwirkung des Chloroform scheint nun das alkalisirende Restitutionsvermigen des Körpers früher zu erlöschen als die pathologisch gesteigerte Säurebildung seitens der Gewebe. Beim Menschen habe ich bisher eine derartige Untersuchung über die Wirkungen der ChloroformvergifLung nicht anstellen können. An lebenden Menschen habe ich während lange dauernder Chioro- formnarkosen das durch chirurgische Operationen frisch fliessende Blut öfters auf seine Reaction geprüft und dieselbe stets alkalisch gefunden. In Leichen an verschiedenen Krankheiten Verstorbener fand ich bisher stets alkalisehe Reaction; ebenso in serösen Exsu- daten (Hydrocele, Pleuritis, Ascites), die Lebenden entnommen waren. Der titrimetrisch gefundene Werth für die zur Neutralisirung erforder- liche Säuremenge schwankte zwischen 20 O/ und 32 O/o Zehntel- normalsäure. Der einzige Leichenbefund beim Menschen, in welchem die alkalische Reaction nicht vorhanden war, betraf einen durch Arsen (Schweinfurter Grün") vergifteten Selbstmörder.1) Hier reagirte das gesammte Blut und alle Körpersäfte ausgesprochen sauer. Nur die weisse Gehirnsubstariz und die Flüssigkeit in der Schädelhöhle zeigten neutrale Reaction. Alsdann habe ich auch bei Thieren die Wirkung der Arsenvergiftung auf die Körpersäfte untersucht und dabei zur Vergiftung absichtlich den alkalisch reagirenden Liquor Kalii arseiiicosi (Fowler) benutzt. Das Ergebniss war, dass im Momeat des eben eingetretenen Todes noch alkalische, nach Ab- kühlung der Leichen jedoch ausgesprochen saure Reaction der Körper- säfte nachzuweisen war. Die Sänerung der Körpersäfte ist also offenbar eine nicht für das Chloroform specifisehe, sondern verschiedenen Giften eigene Intoxicationswirkung. Von besonderem Interesse musste es natürlich sein, ob der Rival des Chloroform beim Gebrauch als Inhalationsanlistheticum, der Aether, frei von dieser Giftwirkung sei. Es stellte sich bei ent- sprechenden Thierversuchen jedoch heraus, dass auch der Aether den nämlichen säuernden Einfluss auf die Körpersäfte 'Ton sonstigen Giften oder richtiger auf die Gewebe ausübt. habe ich bis jetzt noch die Blausäure in Gestalt von Cyankaliuin und die Oxalsäure als in demselben Sinne wirksam befunden. Auch der Umstand, dass die eigentliche Säuerung erst einige Zeit nach dem Ablauf des Lebens und nur in Berührung mit den Geweben der Leiche eintritt, traf bei diesen Giften zu. Besonders ausge- sprochen war die Säurebildung bei der Arsen- und der Blausäure- vergiftung. Bei allen diesen Vergiftungen (mit Ausnahme der KCN- Vergiftung) war überdies die Ausbildung einer besonders ausgeprägten Todtenstarre zu beobachten, ein Umstand, der bei der Chloroform- Ueber Säuerung vergiftung schon früher Beachtung gefunden hatte. der Körpersiifte habe ich indessen in der sehr umfangreichen Chloro- formlitteratur keine einzige Angabe gefunden. Auch sonst ist auf diese Art der Giftwirkung meines Wissens noch nicht geachtet worden (abgesehen von der citirten Behring'schen Beobachtung). Es ist nicht unwahrscheinlich, dass, wenn weiterhin die Reaction des Blutes bei allen Leichenuntersuchungen beachtet wird, noch eine ganze Reihe von Ursachen aufgefunden werden, welche die normale Alkalenscenz des Blutes bei tödtlicher Wirkung umstossen. Ich möchte es daher für wünschenswerth erachten, bei allen Leichenuntersuchungen, namentlich aber bei gericht- lichen Obductionen der Reaction der Körpersäfte Beach- tung zu schenken. Wenn durch Untersuchung eines möglichst grossen Materials noch zahireichere Anhaltspunkte für das Vorkommen der Reactions- änderung gewonnen sind, dürfte die Prüfung der Reaction der Körpersäfte eine allgemeinere Bedeutung gewinnen und in bestimmten Fällen (z. B. bei Chloroform- oder Blausäurevergiftung) werthvolle Aufschlüsse geben. Nach einiger Zeit hoffe ich weitere Beobachtungen über diesen Gegenstand mittheilen zu können. 1) Berm Stadtphysikus Professor Dr. Seydel, welcher mir die Unter- hierfür zu besonderem Danke suchung dieser Leiche ermöglichte, bin ich verpflichtet. Dieses Dokument wurde zum persönlichen Gebrauch heruntergeladen. Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Verlages.
DMW - Deutsche Medizinische Wochenschrift – Unpaywall
Published: May 1, 1891
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