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ÙWTSOIIE MEDIOINISCIIE WOOIINSCIIRIFT. 101 15. Januar. Fortsetzung der Mittheilungen Uber ein Heilmittel gegen Tuberculose. Von Professor JI. Koch, Bedim Nachdruck ist nur unter vollständiger Angabe der Quelle gestattet. Seit der vor zwei Monaten erfolgten Veröffentlichung (cf. diese ganz anders verhält es sich, wenn ein bereits tuberculös erkranktes wird. Am besten eignen sich hierzu Wochenschr. 1890, No. 46a) meiner Versuche mit einem neuen Heil- Meerschweinchen geimpft wurden. verfahren gegen Tuberculose haben viele Aerzte das Mittel erhalten Thiere, welche 4-6 Wochen vorher erfolgreich geimpft und sind dadurch in den Stand gesetzt, sich durch eigene Ver- Bei einem solchen Thier verklebt die kleine Impfwuride auch an- suche mit den Eigenschaften desselben bekannt zu machen. fangs, aber es bildet sich kein Knötchen, sondern schon am nächsten So eine eigenthümliche Veränderung an der weit ich die bisher hierüber erschienenen Publicationen und die an oder zweiten Tage tritt Dieselbe wird hart und nimmt eine dunklere Für- mich gelangten brieflichen Mittlieilungeu übersehe, haben meine Impfstelle ein. Angaben im grossen und ganzen volle Bestätigung gefunden. Da- hung an, und zwar beschränkt sich dies nicht allein auf die Impf- stelle selbst, sondern breitet sich auf die Umgebung bis zu einem rüber, dass das Mittel eine specifische Wirkung auf tuberculöses An den nächsten 'ragen stellt Gewebe austibt und infolgedessen als ein sehr feines und sicheres Durchmesser von 0,5-1 cm aus, dass die so veränderte Haut Reagens zum Nachweis versteckter und zur Diagnose zweifelhafter sich dann immer deutlicher heraus, tuberculöser Processe verwerthet werden kann , ist man wohl all- nekrotisch ist, sie wird schliesslich abgestossen, und es bleibt dann gemein einig. Auch in Bezug auf die Fleilwirkung des Mittels eine flache Ulceration zurück, welche gewöhnlich schnell und dauernd wird von den meisten berichtet, heut, ohne dass die benachbarten Lymphdräsen inficirt werden. dass trotz der verhältnissmässig ganz anders auf die kurzen Dauer der Cur bei vielen Kranken schon mehr oder weni- Die verimpften Tuberkelbacillen wirken also ger weitgehende Besserung eingetreten ist. In nicht wenigen Fällen Haut eines gesunden, als auf diejenige eines tuberculösen Meer- soll, wie mir berichtet wurde, selbst Heilung erzielt sein. Nur ganz schweinchens. Diese auffallende Wirkung kommt nun aber nicht vereinzelt ist behauptet, dass das Mittel allein bei zu weit etwa ausschliesslich den lebenden Tuberkelbacillen zu, sondern findet nicht sich ebenso bei den abgetödteten, ganz gleich, ob man sie, wie ich vorgeschrittenen Fällen gefährlich werden könne, was man ohne es anfangs versuchte, durch niedrige Temperatureu von längerer weiteres zugeben wird, sondern dass es den tuberculösen Process Dauer, oder durch Siedehitze, oder durch gewisse Chemikalien zum geradezu befördere, also an und für sich schädlich sei. Ich selbst habe seit anderthalb Monaten Gelegenheit gehabt, an etwa 150 Absterben gebracht hat. Nachdem diese eigenthümliche Thatsache gefunden war, habe Kranken mit Tuberculose der verschiedensten Art im städtischen ergab Krankenhaus zu Moabit weitere Erfahrungen liber die Heilwirkung ich sie nach allen Richtungen hin weiter verfolgt, und es von Tuberkel- und die diagnostische Verwendung des Mittels zu sammeln, und sich dann weiter, dass abgetödtete Reinculturen bacillen, nachdem sie verrieben und im Wasser aufgeschwemmt sind, kann nur sagen, dass alles, was ich in letzter Zeit gesehen habe, mit meinen früheren Beobachtungen im Einklang steht, und dass bei gesunden Meerschweinchen in grosser Menge unter die Haut ge- eine locale spritzt werden können, ohne dass etwas anderes als ich an dem, was ich früher berichtete, nichts zu ändern habe.') Tuberculöse Meerschweinchen werden dagegen So lange es nur darauf ankam, meine Angaben auf ihre Rich- Eiterung entsteht. 1) schon durch die Injection von sehr geringen Mengen solcher aufge- tigkeit zu prüfen, war es nicht erforderlich zu wissen, was das schwemmten Culturen getödtet, und zwar je nach der angewendeten Mittel enthält und woher es stammt. Es musste im Gegentheil die Dosis innerhalb von 6-48 Stunden. Eine Dosis, welche eben nicht Nachprüfung um so unbefangener ausfallen, je weniger von dem mehr ausreicht, um das Thier zu tödten, kann eine ausgedehnte Mittel selbst bekannt war. Nachdem nun aber die Nachprüfung, \\Tird Nekrose der Haut im Bereich der Injectionsstelle bewirken. wie mir scheint, in hinreichendem Maasse stattgefunden und die Be- die Aufschwemmung nun aber noch weiter verdünnt, so dass sie deutung des Mittels ergeben hat, wird es die nächste Aufgabe sein, kaum sichtbar getrübt ist, dann bleiben die Thiere am Leben, und das Mittel auch über den bisherigen Bereich der Anwendung hin- aus zu studiren und womöglich die Principien, welche der Ent- es tritt, wenn die Injectionen mit ein- bis zweitägigen Pausen fort- gesetzt werden, bald eine merkliche Besserung im Zustande der- deckung desselben zu Grunde liegen, auch auf andere Krankheiten selben ein; die ulcerirende Impfwunde verkleinert sich und vernarbt anzuwenden. Diese Aufgaben verlangen selbstverständlich die volle schliesslich, was ohne eine derartige Behandlung niemals der Fall ist; Kenntniss des Mittels, und ich halte deswegen den Zeitpunkt für gekommen, dass nach dieser Richtung hin die erforderlichen An- die geschwollenen Lymphdrüsen verkleinern sich; der Ernährungszu- stand wird besser, und der Krankheitsprocess kommt, wenn er nicht gaben gemacht werden, was in Folgendem geschehen soll. bereits zu weit vorgeschritten ist und das Thier an Entkräftung zu Ehe ich auf das Mittel selbst eingehe, halte ich es zum besse- Grunde geht, zum Stillstand. ren Verständniss der Wirkungsweise desselben für geboten, ganz Damit war die Grundlage für ein Heilverfahren gegen Tuber- kurz den Weg anzugeben, auf welchem ich zur Entdeckung desselben culose gegeben. Der praktischen Anwendung solcher Aufschwem- gekommen bin. mungen von abgetödteten Tuberkelbacillen stellte sich aber der Um- Wenn man ein gesundes Meerschweinchen mit einer Reincultur stand entgegen, dass an den Injectionsstelleii die Tuberkelbacillen von Tuberkelbacillen impft, dann verklebt in der Regel die Impf- nicht etwa resorbirt werden oder in anderer Weise verschwinden, wunde und scheint in den ersten Tagen zu verheilen; erst im Laufe von sondern unverändert lange Zeit liegen bleiben und kleinere oder 10-14 Tagen entsteht ein hartes Knötchen, welches bald aufbricht grössere Eiterherde erzeugen. und bis zum Tode des Thieres eine ulcerirende Stelle bildet. Aber Das, was bei diesem Verfahren heilend auf den tuberculösen Pro- 1) In Bezug auf die Dauer der Heilung möchte ich hier anführen, dass cess wirkt, musste also eine lösliche Substanz sein, welche von den von den Kranken, welche von mir vorläufig als geheilt bezeichnet waren, die Tuberkelbacillen umspülenden Flüssigkeiten des Körpers gewisser- zwei in das Krankenhaus Moabit zur weiteren Beobachtung wieder auf- genommen sind, und dass sich seit drei Monaten keine Bacillen im Sputum 1) gezeigt haben; auch die physikalischen Symptome sind bei denselben all- Derartige Injectionen gehören zu den einfachsten und sichersten Mitteln, um Eiterungen zu erzeugen, welche frei von lebenden Bacterien sind, mälilich vollkommen verschwunden. Dieses Dokument wurde zum persönlichen Gebrauch heruntergeladen. Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Verlages. DEUTSO1I1 MEDIOINISOHE WOCHENSCHRJFT. 102 No.3 maassen ausgelaugt und ziemlich schnell in den Sliftestrom überge- Weise und zwar nachtheilig beeinflussen. Darunter befindet sich führt wird, während das, was eitererzeugend wirkt, anscheinend in ein Stoff, welcher in einer gewissen Concentration lebendes Proto- den Tuberkelbacillen zurückbleibt oder doch nur sehr langsam in plasma tödtet und so verändert, dass es in den von Weigert als Lösnng geht. Coagulationsnekrose bezeichneten Zustand übergeführt wird. In dem iiekrotisch gewordenen Gewebe findet (1er Bacillus dann so Es kam also lediglich den ini Körper sich darauf an, ab- ungünstige Ernährungsbedinguugen, dass er nicht weiter zu wachsen spielenden Vorgang auch ausserhalb desselben durchzuführen und vermag, unter Umständen selbst schliesslich ahstirbt. Auf diese womöglich die heilend wirkende Substanz für sich allein aus den Weise erkläre ich mir die auffallende Erscheinung, dass man in Tuberkelbacillen zu extrahiren. Diese Aufgabe hat viel Mühe und frisch tuberculös erkrankten Organen, z. B. in der von grauen Zeit beansprucht, bis es mir endlich gelang, mit Hülfe einer 40 bis Knötchen durchsetzten MiIz oder Leber eines Meerschweinchens, zahl- 500J0igen Glycerinlosung die wirksame Substanz aus den Tuberkel- reiche Bacillen findet, während letztere selten sind oder gar fehlen, hacillen zu erhalten. So gewonnene Flüssigkeiten sind es gewesen, wenn die colossal vergrösserte Milz fast ganz aus weisslicher, im mit denen ich die weiteren Versuche an Thieren und schliesslich Zustande der Coagulationsnekrose befindlicher Substanz besteht, wie am Menschen gemacht habe, und welche zur Wiederholung der Ver- man es häufig beim natürlichen Tode tuberculöser Meerschweinchen suche an andere Aerzte abgegeben sind. findet. Auf grosse Entfernung vermag der einzelne Bacillus des- Das Mittel, mit welchem das neue Heilverfahren wegen auch nicht Nekrose zu bewirken; denn, sobald die Nekrose gegen Tuberculose ausgeübt wird, ist also ein Glycerin- eine gewisse Ausdehnung erreicht hat, nimmt das Wachsthum des extract aus den Reinculturen der Tuberkelbacillen. Bacillus und damit die Production der nekrotisirenden Substanz ab, In das einfache Extract gehen aus den Tuberkelbacillen natür- und es tritt so eine Art von gegenseitiger Compensation ein, welche be- lich neben der wirksamen Substanz auch alle übrigen in 500/o wirkt, dass die Vegetation vereinzelter Bacillen eine so auffallend be- finden sich deswegen darin Glycerin löslichen Stoffe über, und es schränkte bleibt, wie z. B. beim Lupus, in scrophulösen Drüsen u. s. w. eine gewisse Menge von Mineralsalzen, färbende Substanzen und In solchem Falle erstreckt sich die Nekrose gewöhnlich nur über einen Einige dieser Stoffe lassen sich andere unbekannte Extractivstoffe. rfheil einer Zelle, welche dann bei ihrem weiterenWachsthum die eigen- Die wirksame Substanz ist näm- ziemlich leicht daraus entfernen. thümliche Form der Riesenzelle annimmt; ich folge also in dieser Auf- lich unlöslich in absolutem Alkohol und kann durch denselben, fassung der zuerst von Weigert gegebenen Erklärung von dem allerdings nicht rein, sondern immer noch in Verbindung mit anderen Zustandekommen der Riesenzellen. ebenfalls in Alkohol unlöslichen Extractivstoffen ausgefällt werden. Würde man nun künsilich in der Umgebung des Bacillus den Auch die Farbstoffe lassen sich beseitigen, so dass es möglich ist, Gehalt des Gewebes an nekrotisirender Substanz steigern, dann aus dem Extract eine farblose trockene Substanz zu erhalten, welche würde sich die Nekrose auf eine grössere Entfernung ausdehnen, und das wirksame Princip in viel concentrirterer Form enthält, als die es würden sich damit die Ernährungsverhältnisse für den Bacillus Fur die Anwendung in der Praxis ursprüngliche Glycerinlösung. viel ungünstiger gestalten, als dies gewöhnlich der Fall ist. Theils bietet diese Reinigung des Glycerinextractes indessen keinen Vortheil, die in grösserem Umfange nekrotisch gewordenen würden alsdann weil die so entfernten Stoffe für den menschlichen Organismus in- Gewebe zerfallen, sich ablösen und, wo dies möglich ist, die ein- different sind, und also der Reinigungsprocess das Mittel nur un- geschlossenen Bacillen mit fortreissen und nach aussen befördern; nöthigerweise vertheuern würde. theils würden die Bacillen soweit in ihrer Vegetation gestört, dass es sich Ueber die Constitution der wirksamen Substanz lassen eher zu einem Absterben derselben kommt, als dies unter viel vorläufig nur Verinuthungen aussprechen. Dieselbe scheint mir ein gewöhnlichen Verhältnissen geschieht. Derivat von Eiweisskörpern zu sein und diesen nahe zu stehen, ge- Gerade in dem Hervorrufen solcher Veränderungen scheint mir sie hört aber nicht zur Gruppe der sogenannten Toxalbumine, da null die Wirkung des Mittels zu bestehen. Es enthält eine gewisse hohe Temperaturen erträgt und im Dialysator leicht und schnell Menge der nekrotisirenden Substanz, von welcher eine entsprechend durch die Membran geht. Das im Extract vorhandene Quantum grosse Dosis auch beim Gesunden bestimmte Gewebselemente, viel- der Substanz ist allem Anscheine nach ein sehr geringes; ich schätze leicht die weissen Blutkörperchen, oder ihnen nahestehende Zellen es auf Bruchtheile eines Procents. Wir würden es, wenn meine schädigt und damit Fieber und den ganzen eigenthümlichen Symp- Voraussetzung richtig ist, also mit einem Stoffe zu thun haben, tomencomplex bewirkt. Beim Tuberculösen genügt aber schon eine dessen Wirksamkeit auf tuberculös erkrankte Organismen weit über sehr viel geringere Menge, um an bestimmten Stellen, nämlich da, das hinausgeht, was uns von den am stärksten wirkenden Arznei- wo Tuberkelbacillen vegetiren und bereits ihre Umgebung mit dem- stoffen bekannt ist. selben nekrotisirenden Stoff imprägnirt haben, mehr oder weniger ausgedehnte Nekrose von Zellen nebst den damit verbundenen Folge- Ueber die Art und Weise, wie wir uns die specifische Wirkung Auf erscheinungen für den Gesammtorganismus zu veranlassen. des Mittels auf das tuberculöse Gewebe vorzustellen haben, lassen sich selbstverständlich verschiedene Hypothesen aufstellen. Ich stelle solche Weise lässt sich, wenigstens vorläufig, ungezwungen der speci- dass meine Ansicht die beste Er- fische Einfluss, welchen das Mittel in ganz bestimmten Dosen auf mir, ohne behaupten zu wollen, Die Tuberkel- tuherculöses Gewebe ausübt, ferner die Möglichkeit, mit diesen klärung abgiebt, den Vorgang folgendermaassen vor. bacillen produciren bei ihrem Wachsthum in den lebenden Geweben Dosen so auffallend schnell zu steigen, und die unter nur einiger- ebenso wie in den künstlichen Culturen gewisse Stoffe, welche die maassen günstigen Verhältnissen unverkennbar vorhandene Heilwir- lehendeii Elemente ihrer Umgehung, die Zellen, in verschiedener kung des Mittels erklären. Dieses Dokument wurde zum persönlichen Gebrauch heruntergeladen. Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Verlages.
DMW - Deutsche Medizinische Wochenschrift – Unpaywall
Published: Jan 1, 1891
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